TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/12 98/21/0155

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Veröffentlicht am 12.02.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AVG §38;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerden des RP, geboren am 15. März 1960, und des NS, geboren am 10. Mai 1962, beide in Dobl, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark je vom 29. Jänner 1998, Zl. FR 41/1997 und Zl. FR 40/1997, jeweils betreffend Aussetzung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 29.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen inhaltsgleichen Bescheiden setzte die belangte Behörde die Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes "bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage" aus.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die erstinstanzliche Behörde habe jeweils ein auf § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 8 sowie die §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, gestütztes Aufenthaltsverbot erlassen. Die Beschwerdeführer seien durch Beamte des Arbeitsinspektorates am Arbeitsort einer bestimmten Firma angetroffen worden; da die genannte Firma nicht die erforderliche Beschäftigungsbewilligung gehabt habe und die Beschwerdeführer nicht im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen seien, läge eine unerlaubte Beschäftigung vor. Das Arbeitsinspektorat habe die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG beantragt und dieses Verwaltungsstrafverfahren sei derzeit anhängig.

Gemäß § 38 AVG 1991 sei die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zu Grunde zu legen; sie könne aber auch das Verfahren aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bilde oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht werde.

Für die Berufungsbehörde sei die Beantwortung der Vorfrage für die Entscheidung der Hauptfrage unentbehrlich. Da das Verwaltungsstrafverfahren gegen die genannte Firma, bei der die Beschwerdeführer nach Ansicht des Arbeitsinspektorates illegal beschäftigt gewesen seien, noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und der rechtskräftige Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebend sei, werde das fremdenpolizeiliche Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 38 AVG lautet:

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrundezulegen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Der Verwaltungsgerichtshof sprach bereits im Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0083, aus, dass die rechtskräftige Bestrafung des Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH wegen nach dem AuslBG rechtswidriger Beschäftigung eines Fremden keine Vorfrage für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 8 FrG darstelle. Die (damals) belangte Behörde sei zu Unrecht von einer Bindung an dieses Straferkenntnis ausgegangen und habe es unterlassen, Feststellungen auf Grund eines Ermittlungsverfahrens eigenständig zu treffen.

Die belangte Behörde belastete dadurch, dass sie eine Bestrafung wegen unrechtmäßiger Beschäftigung nach dem AuslBG als Vorfrage für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 8 FrG ansah, die angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb diese gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.

Die Entscheidung über den - in dieser Höhe beantragten - Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998210155.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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