TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/4 W261 2168255-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W261 2168255-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz vom 27.07.2017 nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 29.05.2018 und am 20.02.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am 06.09.2014 in die Republik Österreich ein und stellte am selben Tag gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung am 08.09.2014 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu an, dass sein Vater im Jahre 2001-2002 im Krieg getötet worden sei. Daraufhin hätten er und seine Familie im Jahr 2003 Afghanistan verlassen und sei nach Pakistan gezogen. Dort hätte ihn ein Onkel väterlicherseits, der Kommandant der islamischen Partei Afghanistans ist, gedrängt, in den Jihad zu gehen. Er sei daher schlepperunterstützt nach England geflohen, und sei von dort jedoch wieder nach Afghanistan abgeschoben worden. Sein Onkel habe ihn misshandelt und habe gewollt, dass er für die islamische Partei arbeite und in den Krieg gegen die Amerikaner ziehe. Er sei zunächst von der Partei als Fahrer eingesetzt worden sei dann gezwungen worden, in Krieg für sie zu kämpfen. Da er dies nicht mehr gewollt habe, sei er erneut geflüchtet.

Am 08.06.2017 erfolgte die niederschriftliche Ersteinvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge belangte Behörde) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu. Er gab an, er sei in der Provinz Baghlan geboren und sei Analphabet. Er habe für die Hezb-e Islami als Chauffeur gearbeitet, er habe das Auto und die Kalaschnikow verkauft und sei weggelaufen. Seine gesamte Familie sei bei der Hezb-e Islami gewesen, sein Onkel sei ein Kommandant der Hezb-e Islami. Dieser hätte gewollt, dass der BF für die Partei in den Jihad ziehe, was der BF nicht gewollt hätte. Er hätte auch Schwierigkeiten mit den Taliban gehabt, diese hätten die Parteimitglieder festgenommen und ihnen die Hände abgeschnitten und sie geblendet. Er habe Angst um sein Leben gehabt und habe befürchtet, dass ihm das auch passieren würde. Baghlan sei groß, am wisse nicht, wer zu den Taliban und wer zur Regierung gehöre. Im Falle seiner Rückkehr werde er getötet werden. Der BF legte eine Reihe von Integrationsunterlagen vor.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte die belangte Behörde dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle einer Rückkehr stellte die belangte Behörde insbesondere fest, der BF habe die behauptete Bedrohung durch die Hezb-e Islami nicht glaubhaft gemacht. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, weswegen die Hezb-e Islami ehemalige Mitglieder verfolgen solle. Die Vertreter der Hezb-e Islami hätten mit der Regierung ein Friedensabkommen geschlossen, dass der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische Taten" zusichere. Es sei daher auch nicht plausibel, dass der BF von der Regierung wegen seiner Parteizugehörigkeit verfolgt werde. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF einer konkreten persönlichen asylrelevanten Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt gewesen sei, bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätte. Zudem bestehe für den BF eine taugliche innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative. Der BF sei volljährig, gesund und arbeitsfähig und könne seinen Lebensunterhalt in Kabul bestreiten. Er liefe nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse nicht befriedigen zu können und in eine aussichtlose Lage zu geraten.

Der BF erhob mit Eingabe vom 11.08.2017, bevollmächtigt vertreten durch den Verein Menschenrechte Östrereich, gegen diesen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte begründend aus, dass die Beurteilung, dass dem BF aufgrund seiner Tätigkeit für die Hezb-e Islami keine Verfolgung drohen würde, nicht richtig sei. Vielmehr habe der BF Afghanistan verlassen, weil er sich vor einer Bedrohung durch Parteimitglieder der Hezb-e Islami und der Taliban fürchte. Bereits sein Vater sei für die Partei tätig gewesen, und auch sein Onkel hätte den BF gezwungen, für die Hezb-e Islami zu arbeiten, obwohl der BF das nicht gewollt habe. Ihm werde vorgeworfen, gegen den Verhaltenskodex der Partei verstoßen zu haben. Er werde auch von den Taliban verfolgt, weil die Hezb-e Islami mit der Regierung in Verhandlung getreten sei, weswegen die Taliban Vertreter der Hezb-e Islami als Verräter ansehen würden. Er habe bei seinen Einvernahmen die Wahrheit gesagt, und könne daher nichtnachvollziehen, weswegen die belangte Behörde seinen Aussagen keinen Glauben geschenkt habe. Nach seiner Ansicht gehöre er zur sozialen Gruppe jener Personen, die sich wohlbegründet vor Verfolgung durch Mitglieder der Hezb-e Islami und der Taliban fürchten würden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe ihm in Kabul aufgrund der schlechten Sicherheitslage nicht zur Verfügung. Er verweise auf zitierte Länderinformationen, wonach sich die Situation in Kabul in den letzten Jahren verschlechtert habe. Er beantrage daher, seiner Beschwerde stattzugeben, und ihm internationalen Schutz zu gewähren, in eventu ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigen einzuräumen, in eventu die Rückkehrentscheidung aufzuheben und auszusprechen, dass die Abschiebung nach Afghanistan nicht zulässig sei, in eventu ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen und eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 21.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein.

Der BF legte Eingabe vom 15.01.2018 eine Reihe von Integrationsunterlagen vor.

Das BVwG führte am 29.05.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm. Der BF wurde im Beisein seiner Vertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt und wurde ihm Gelegenheit gegeben, zu den aktuellen Feststellungen zur Situation in Afghanistan Stellung zu nehmen. Dabei führte er im Wesentlichen das aus, was er bereits vor der belangten Behörde ausgesagt hatte, wobei er über Nachfragen detaillierte Angaben machte. Er legte eine von Unterlagen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der Hezb-e Islami und hinsichtlich seiner Integration in Österreich vor. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.

Das Bundesveraltungsgericht stellte am 30.05.2018 eine Anfrage an die Staatendokumentation im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Hezb-e Islami, Zwangsrekrutierungen bei der Hezb-e Islami, Unterstützung in Shamshatu, Kommandanten und Aktivisten der Hezbe-Islami und dem Verhältnis zwischen den Taliban und Vertretern der Hezb-e Islami.

Die Staatendokumentation übermittelte dem BVwG aufgrund dieser Anfrage folgende Anfragebeantwortungen: AFGHANISTAN, Baghlan, Kommandanten und Aktivisten der Hezb-e Islami vom 18.07.2018, AFGHANISTAN, Verfolgung ehemaliger Mujaheddin durch Taliban und staatliche Stellen vom 20.12.2017, AFGHANISTAN, Hezb-e Islami:

Unterstützung in Shamshatu, Rekrutierung, Verfolgung durch Taliban, Aktivitäten in der Provinz Baghlan vom 18.07.2018.

Das BVwG führte am 15.02.2019 eine Abfrage im GVS System durch, wonach der BF seit 08.09.2014 Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung bezieht. Aus dem vom BvWG am 15.02.2019 eingeholten Auszug aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass der BF im Strafregister der Republik Österreich für den BF keine Verurteilungen aufscheinen.

Am 20.02.2019 fand eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung statt, im Zuge derer dem BF die genannten Länderinformationen, sowie das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Fassung vom 08.01.2019, die aktuelle UNHCR Richtlinie vom 30.08.2018, Auszüge aus den EASO Leitlinien vom Juni 2018 und der Landinfo Report Afghanistan "Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne" ausgefolgt wurde. Das BVwG räumte den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Nach Rückübersetzung der Niederschrift vom 29.05.2018 setze die erkennende Richterin die Einvernahme des BF fort. Dabei gab dieser an, dass er nach wie vor befürchte, von der Hezb-e Islami und im Besonderem von seinem Onkel, der ein Kommandant dieser Bewegung sei, getötet zu werden. Er selbst habe keine einflussreiche Position bei der Partei gehabt. Er könne nicht nach Afghanistan zurückkehren. Abschließend erläuterte der BF der erkennenden Richterin über deren Nachfrage, dass er aus einem bedeutenden paschtunischen Stamm stamme, dessen Vertreter in einflussreichen Positionen, unter anderem auch in Jalalabad, Mazar-e Sharif, Baghlan und auch in Kabul tätig seien. Innerhalb des Stammes helfe man sich untereinander, auch finanziell, das sehe Paschtunwali so vor.

Mit Schreiben vom 28.02.2019 übermittelte das BVwG den Parteien des Verfahrens ergänzend eine weitere Anfragebeantwortung zu AFGHANISTAN, Hezb-e Islami Friedensvertrag vom 18.01.2019, und räumte diesen die Möglichkeit ein, hierzu binnen einer bestimmten Frist eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Der BF führte in seiner Stellungnahme, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich im Wesentlichen aus, dass der BF aufgrund seiner Tätigkeit für die Hezb-e Islami asylrelevant Verfolgung befürchte. Er habe sein Fluchtvorbringen während des gesamten Verfahrens gleichlautend und frei von Widersprüchen geschildert. Dieses Vorbringen stelle sich auch im Lichte der in das Verfahren eingebrachten Länderinformationen als plausibel dar. Es sei richtig, dass die Hezb-e Islami mit der Regierung ein Friedensabkommen abgeschlossen habe, er befürchte jedoch Verfolgung durch die Partei selbst. Auch wenn seit seiner Flucht einige Jahre vergangen seien, befürchte er eine aktuelle Verfolgung, da sein eigener Onkel Kommandant der Hezb-e Islami sei. Durch seine Flucht habe der BF Schande über seine Familie gebracht, die seit Jahren für die Partei tätig gewesen sei, wobei diese Partei sogar nach dem Tod des Vaters die Familie finanziell unterstützt habe. Die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan lasse eine Rückkehr des BF nach Afghanistan nicht zu. Kabul scheide laut UNHCR als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative jedenfalls aus. Auch in den anderen Städten würden nur äußerst begrenzte Beschäftigungsmöglichkeiten und unzureichende Unterkünfte bestehen. Es liege ein unzureichender Hygienestandard vor, und auch der Zugang zu Wasser sei begrenzt. Auch werde im Norden des Landes die Situation durch die Dürre deutlich verschärft. Angesichts dieser Ausführungen sei dem BF internationaler Schutz zu gewähren.

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers (BF)

Der BF führt den Namen XXXX , geb. XXXX in der Provinz Baghlan, im Distrikt XXXX im Dorf XXXX und ist afghanischer Staatsbürger. Der BF gehört zur Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem. Er ist Mitglied des Stammes der XXXX .

Dem Stamm der XXXX gehören namhafte Personen in Afghanistan an, wie beispielsweise Kommandant XXXX , XXXX , der Vorsitzende der Loy Jirga. Vertreter des Stammes der XXXX leben unter anderem in Jalalabad, Mazar-e Sharif, Kabul und in Baghlan. Die Vertreter des Stammes der XXXX fühlen sich dem Paschtunwali verpflichtet und helfen anderen Stammesmitgliedern, bei Bedarf auch finanziell.

Der BF ist gesund, kinderlos und ledig. Die Muttersprache des BF ist Paschtu. Der BF spricht auch Dari, Urdu, Hindi, Englisch und etwas Deutsch. Der BF ist Zivilist.

Der Vater des BF, XXXX , war Mitglied der Hezb-e Islami. Er verstarb im Jahr 2003. Seine Mutter heißt XXXX , sie ist ca. 55 Jahre alt und lebt nach wie vor im Heimatdorf des BF. Der BF hat drei Schwestern, wovon eine Schwester in London lebt, und drei Brüder, wovon ein Bruder im Jahr 2013 getötet wurde, ein zweiter Bruder lebt in Italien und der dritte Bruder lebt bei der Mutter des BF.

Die Familie des BF ist Eigentümerin eines Hauses und von Grundstücken. Die Familie des BF lebte gemeinsam mit dem Onkel väterlicherseits und dessen Familie, die aus seiner Ehefrau, zwei Töchtern und vier Söhnen besteht. Die Familie des BF lebt nach wie vor in der Provinz Baghlan.

Auch der Onkel des BF ist Mitglied der Hezb-e Islami. Der BF war seit dem Jahr 2004 Mitglied der Hezb-e Islami (Islamische Partei oder Hezb-e Islamie-i-Gulbuddin).

Die Hezb-e Islami unterstütze die Familie des BF finanziell. Die Familie des BF hielt sich oftmals im Lager Shamshatu in Pakistan auf, weil die Mutter des BF dort medizinische Betreuung erhielt. Der BF arbeitete ca. ab seinem 14 Lebensjahr für die Hezb-e Islami, er lud Munition in Autos ein und aus.

Der BF besuchte keine Schule, hat jedoch bereits Berufserfahrungen durch seine Tätigkeiten für die Partei gesammelt.

Er floh erstmals im Jahr 2013 nach London, wo seine Schwester XXXX mit deren Familie lebt. Dort wurde er von den britischen Behörden aufgegriffen, und er beantragte am 09.09.2013 Asyl mit der Begründung, dass sein Vater Mitglied der Hezb-e Islami sei, und er aus diesem Grund von der afghanischen Regierung verfolgt werde. Dieser Antrag wurde in letzter Instanz am 09.10.2013 abgewiesen und der BF wurde am 22.10.2013 nach Afghanistan abgeschoben.

Der BF kehrte in seinen Heimatort zurück und arbeitete in weiterer Folge wieder für die Hezb-e Islami als Fahrer. Sein Onkel väterlicherseits wollte ihn darauf vorbereiten, für die Hezb-e Islami in den Krieg zu ziehen. Der BF wollte dies nicht und floh erneut aus Afghanistan nach Europa.

Der BF stellte am 06.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

1.2 Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich

Der BF befindet sich seit seiner Antragstellung am 06.09.2014 auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet. Er bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der BF spricht bereits sehr gut Deutsch, hat die Deutschprüfung auf Niveau A2 bestanden. Er ist Mitglied eines Faustballvereines und ist ehrenamtlich als Schiedsrichter in der Landesliga tätig. Da der BF keine Arbeitserlaubnis hat, kann er in Österreich nicht arbeiten. Der BF hat bereits eine Einstellungszusage in einer Fleischerei in dem Dorf, in dem er aktuell lebt. Der BF hat in Österreich keine Familienangehörigen. Neben Freundschaften konnten keine weiteren substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens des BF in Österreich festgestellt werden.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.3 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Dem BF droht wegen seiner Mitgliedschaft bei der Hezb-e Islami mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit weder von dieser Partei, noch von den Taliban eine psychische und/oder physische Bedrohung. Ebenso wenig droht ihm aufgrund seiner Mitgliedschaft zur Hezb-e Islami Gefahr seitens der staatlichen Behörden.

Der BF war in seinem Heimatland Afghanistan keiner psychischen oder physischen Gewalt aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt, noch hat er eine solche, im Falle seiner Rückkehr, zu befürchten.

1.4 Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem BF bei einer Überstellung in seine Herkunftsprovinz Baghlan aufgrund der volatilen Sicherheitslage und der dort stattfinden willkürlichen Gewalt im Rahmen von internen bewaffneten Konflikten ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Dem BF steht als interstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung, wo es ihm möglich ist, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben. Dem BF droht bei seiner Rückkehr in diese Stadt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

Der BF ist jung und arbeitsfähig. Seine Existenz kann er in Mazar-e Sharif - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, eine einfache Unterkunft zu finden. Der BF hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen, sodass er im Falle der Rückkehr - neben den eigenen Ressourcen - auf eine zusätzliche Unterstützung zur Existenzsicherung greifen kann. Diese Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls auch die notwendigen Kosten der Rückreise. Er hat zwar keine Schulausbildung, hat jedoch bereits in Afghanistan Berufserfahrung als Fahrer gesammelt, die er auch in Mazar-e Sharif wird nutzen können. Er hat die Zeit in Österreich genutzt, um sich alphabetisieren zu lassen. Er spricht mehrere Sprachen, auch dies wird ihm bei einer Neuansiedlung in Mazar-e Sharif hilfreich sein. Als Mitglied des Stammes der XXXX , deren Stammesmitglieder auch in Mazar-e Sharif leben, kann er sich auf den Paschtunwali berufen und diese um Hilfe und Unterstützung bitten, welche diese ihm nach der paschtunischen Tradition auch gewähren müssen. Der BF verfügt in Mazar-e Sharif demnach über ein familiäres Netzwerk.

Der BF ist gesund. Der BF läuft im Falle der Rückkehr in eine nach Mazar-e Sharif nicht Gefahr, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder dass sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern wird. Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

1.5 Zur Situation im Herkunftsstaat

Zur Lage in Afghanistan werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 08.01.2019, in den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018, den EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018, die in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.07.2018 "AFGHANISTAN: Hezbe- Islami: Unterstützung in Shamshatu, Rekrutierung, Verfolgung durch die Taliban, Aktivitäten in Baghlan, die in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 20.12.2017 "AFGHANISTA: Verfolgung ehem. Mujaheddin durch Taliban und staatliche Stellen", die in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.07.2018 "Afghanistan: Baghlan, Kommandanten und Aktivisten der Hezb-e Islami" und die in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.01.2019 zu

AFHANISTAN: Hezb-e Islami Friedensvertrag enthaltenen folgenden

Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:

1.5.1 Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren.

1.5.1.1 Herkunftsprovinz Baghlan

Baghlan, die Herkunftsprovinz des BF, liegt in Nordostafghanistan und gilt als eine der industriellen Provinzen Afghanistans. Ihre Hauptstadt heißt Pul-i-Khumri und ist als Wirtschaftszentrum bekannt. Die Provinz besteht aus folgenden Distrikten: Andarab, Baghlan-e-Jadid/Baghlan-e Markazi, Burka, Dahana-e-Ghori, Dehsalah/Banu, Doshi, Fereng Wa Gharu, Guzargah-e-Nur, Khenjan, Khost Wa Fereng, Nahrin, Pul-e-Hasar, Pul-e-Khumri, Tala Wa Barfak/Barfak, Jalga/Khwajahejran. Im Nordosten grenzt Baghlan an die Provinzen Panjsher, Takhar und Kunduz, im Westen an Samangan und Bamyan, im Süden grenzt sie an die Provinz Parwan. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 943.394 geschätzt.

Im Februar 2017 galt Baghlan als eine der am schwersten umkämpften Provinzen des Landes. Die Sicherheitslage hatte sich seit Anfang 2016 verschlechtert, nachdem die Taliban anfingen, koordinierte Angriffe in Schlüsseldistrikten in der Nähe der Hauptstadt auszuführen. Dies führte zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften. Quellen zufolge versuchen regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen ihre Aktivitäten in einigen Schlüsselprovinzen des Nordens und Nordostens zu verstärken. Nichtsdestotrotz gehen die afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte mit Anti-Terrorismus-Operationen gegen diese Gruppierungen vor. Als einer der Gründe für die sich verschlechternde Sicherheitslage wird vom Gouverneur der Provinz die Korruption angegeben, die er gleichzeitig zu bekämpfen versprach. Baghlan gehört zu jenen Provinzen, in denen eine hohe Anzahl an Zivilisten aufgrund explosiver Kampfmittelrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben kam.

Im Zeitraum 01.01.2017-30.04.2018 wurden in der Provinz 102 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden von UNAMA 222 zivile Opfer (66 getötete Zivilisten und 156 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von Blindgängern/Landminen und gezielten Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 38% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

In Baghlan werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden der Provinz von Aufständischen zu befreien. Bei diesen Militäroperationen werden Aufständische und in manchen Fällen auch ihre Anführer getötet.

Berichten zufolge waren im August 2017 die Taliban im Nordwesten der Provinz aktiv. Anfang 2017 fiel der Distrikt Tala Wa Barfak an die Taliban; später wurde er jedoch von den Regierungsmächten wieder eingenommen. In Baghlan stellen Kohlenbergwerke, nach der Drogenproduktion, eine der Haupteinnahmequellen der Taliban dar, nachdem im Jahr 2017 einige Bergwerke der Provinz unter Kontrolle aufständischer Gruppierungen gekommen war.

Bei der Provinz Baghlan handelt es laut den EASO Richtlinien vom Juni 2018 um einen Landesteil Afghanistans, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr festgestellt werden kann, dass der BF ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte - vorausgesetzt, dass er aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse von derartigen Risikofaktoren konkret betroffen ist.

1.5.1.2 Provinz Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden.

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt. Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.

Bei der Provinz Balkh handelt es sich laut EASO um einen jener Landesteile Afghanistans, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

1.5.2 Wirtschafts- und Versorgungslage

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Im Norden und im Westen des Landes konnte die Armut reduziert werden.

In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten im Jahr 2018 als arbeitslos oder unterbeschäftigt. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut auch im Jahr 2018 weiterhin zu.

Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant.

1.5.2.1 Mazar- e Sharif

Die Stadt Mazar-e Sharif, die innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative für den BF, ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar. Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren.

In Mazar-e Sharif besteht laut EASO grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Als Alternative dazu stehen ferner günstige Unterkünfte in "Teehäusern" zur Verfügung. Generell besteht in Mazar-e Sharif laut EASO, trotz der im Umland herrschenden Dürre, keinerlei Lebensmittelknappheit. In Mazar-e Sharif haben die meisten Leute laut EASO Zugang zu erschlossenen Wasserquellen sowie auch zu besseren Sanitäreinrichtungen. Schulische Einrichtungen sind in Mazar-e Sharif vorhanden.

1.5.3 Sichere Einreise

Die Stadt Mazar-e Sharif ist über den internationalen Flughafen sicher erreichbar. Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher.

1.5.4 Medizinische Versorgung

Medizinische Versorgung ist in Afghanistan insbesondere in größeren Städten wie etwa auch in Mazar-e Sharif sowohl in staatlichen als auch privaten Krankenhäusern verfügbar. In Mazar-e Sharif zählt dazu das Alemi Krankenhaus. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar.

1.5.5 Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten.

Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.

Ethnische Paschtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pasht. Die Paschtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

Paschtunen siedeln in einem halbmondförmigen Gebiet, das sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben.

Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Paschtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen.

1.5.6 Religion

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten, wie es auch der BF ist.

1.5.7 Hezb-e Islami

Die Hezb-e Islami hat ihren Ursprung im Kampf der Mujaheddin gegen die Sowjetunion (1979 bis 1988). Daraus entstanden sieben Gruppierungen der Mujaheddin, die von Pakistan unterstützt wurden. Die Islamische Partei - Hezb-e Islami-i-Gulbuddin wurde im Jahr 1977 gegründet. Deren Führer, Gulbuddin Hikmatyar, ist ein fundamentalistischer Paschtune. Diese Partei erhielt mehr ausländische Hilfe von Pakistan, der USA und Saudi-Arabien als alle anderen Parteien.

Sie teilte sich in weiterer Folge in eine weitere Gruppierung, die Hezbe- Islami-Khalis. Diese Partei wurde von Mawlawi Mohammad Yunis Khalis gegründet. Er stammt aus der Provinz Nangharhar.

Die Hezb-e Islami erhielt in den 1980er Jahren von der paktistanischen Regierung die Kontrolle über das Lager Shamshatu, sowie Unterstützung in Form von Waffen und Geld. Viele, aber nicht alle Flüchtlinge in Shamshatu waren Mitglieder der Hezb-e Islami, oder mussten, wenn sie humanitäre Hilfe wollten, der Hezb-e Islami beitreten.

Die Rekrutierung von Mitgliedern der Hezb-e Islami erfolgt über parteinahe Familiennetzwerke. Zwangsrekrutierung durch Aufständischengruppen ist in Afghanistan unbekannt, da Entscheidungen dazu meist von Familien oder Dorfgemeinschaften getroffen werden, wobei die Betroffenen dann keine Möglichkeit hätten, sich der Rekrutierung zu entziehen. Es gibt zwar Berichte über Zwangsmaßnahmen bei Rekrutierungen, jedoch keine Information über die Art und die Häufigkeit des Zwanges.

Es gibt Berichte, wonach in der Vergangenheit Jugendliche und deren Familien aus dem Flüchtlingslager Shamshatu verbannt wurden, wenn sich diese einer anderen Gruppierung als der Hezb-e Islami anschlossen. Für die Zeit nach 2011 wird berichtet, dass die Hezbe-Islam aufgrund der Strukturen und Mittel Schwierigkeiten hätte, die Organisation aufrecht zu erhalten und weiter aktiv zu bleiben. Seit 2014 sind die militärischen Aktivitäten der Hezb-e Islami rückläufig, seit 2016 vernachlässigbar. Der letzte bestätigte Anschlag der Hezb-e Islami fand im Jahr 2014 in Kabul statt.

Eine Quelle berichtet im März 2018, dass drei leitende Mitglieder aus der Partei Hezb-e Islami ausgeschlossen wurden, weil sie Beziehungen zu andern politischen Gruppierungen unterhielten, wobei es den ausgeschlossenen Personen, laut Angaben der Hezb-e Islami, freistünde, auf friedlichem Weg eine andere Partei zu gründen.

Die Provinz Baghlan war eine der Hochburgen der Hezb-e Islami. In den Jahren nach 2011 ging deren Einfluss sukzessive zurück und die Provinz fiel an die Taliban.

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen, welches letzterer Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen. Das Friedensabkommen beinhaltet auch die Vergabe von Grundstücken sowie von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst für Mitglieder der Hezb-e Islami.

Das Abkommen beinhaltete unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für den historischen Anführer der Hezb-e-Islami, Gulbuddin Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen. Tatsächlich wurde dieser im Februar 2017 von der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates gestrichen. Am 04.05.2017 kehrte Hekmatyar nach Kabul zurück. Die Rückkehr Hekmatyars führte u. a. zu parteiinternen Spannungen, da nicht alle Fraktionen innerhalb der Hezb-e Islami mit der aus dem Friedensabkommen von 2016 erwachsenen Verpflichtung sich unter Hekmatyars Führung wiederzuvereinigen, einverstanden sind. Der innerparteiliche Konflikt dauert weiter an.

Nach einem Bericht des Afgahn Analyst Networks vom 29.09.2016 über das Friedensabkommen zwischen der Hezb-e Islami von Gulbuddin Hekmatyar und der afghanischen Regierung sind nach 2011 Kämpfer der Hezbe- Islami anderen bewaffneten Gruppierungen des gesamten politischen Spektrums beigetreten: Lokal Milizen, der Afghan Local Police oder anderen regierungsfreundlichen Milizen, den Afghanischen Nationalen Sicherheitskräften, den Taliban und dem Islamischen Staat. Andere Kämpfer kehrten zum normalen Leben zurück.

Nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens kündigten die Taliban an, dass Hekmatyar den Zorn Allahs erfahren würde.

1.5.8 Terroristische und aufständische Gruppierungen

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte grundsätzlich vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden: das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus. Die Taliban haben hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet. Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten.

1.5.9 Rückkehrer

In der Zeit von 2012 bis 2017 sind 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt, wobei der Großteil der Rückkehrer aus Pakistan und dem Iran kommen. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück. In der Provinz Balkh ließen sich von den insgesamt ca. 1,8 Millionen Rückkehrer/innen in der Zeit von 2012 bis 2017 109.845 Personen nieder.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen.

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA Staatendokumentation 4.2018). Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist.

Die Großfamilie ist für Zurückkehrende die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen. Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren.

Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit sowie zu den Aufenthaltsorten, Familienangehörigen, Sprachkenntnissen, der Schulbildung und Berufserfahrung des BF beruhen auf dessen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens. Die Angaben dienen zur Identifizierung im Asylverfahren.

2.3 Zu den Feststellungen zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Betreffend das Privatleben und insbesondere die Integration des BF in Österreich wurden dessen Angaben in der Beschwerdeverhandlung sowie die vorgelegten Unterlagen den Feststellungen zugrunde gelegt.

Die Feststellung der Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers

Bereits die belangte Behörde wertete das Vorbringen des BF betreffend eine asylrelevante Verfolgungsgefahr insoweit es die behauptetet Bedrohung durch die Hezb-e Islami betrifft, nicht als glaubhaft.

Zwar stellte die belangte Behörde fest, dass der BF Mitglied der Hezb-e Islami war, jedoch seien bei den vom BF vorgelegten Briefen, die belegen sollen, dass der BF von der Partei gesucht und verfolgt werde, massive Widersprüche aufgetreten, die der BF nicht hinreichend zu entkräften vermochte. Auch die vom BF vorgelegten Fotos, die belegen sollen, dass der BF geschlagen worden sei, hätten keine Aussagekraft, da die Person auf diesen Fotos nicht erkennbar sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weswegen die Hezb-e Islamie ehemalige Mitglieder verfolgen solle, zumal es seit 2016 ein Friedensabkommen zwischen dieser Partei und der Regierung gäbe.

Das BVwG schließt sich diesen Argumenten der belangten Behörde an. Auch für das BVwG sind die Aussagen des BF, dass er Mitglied der Hezb-e Islami war glaubhaft. Es deckt sich auch mit den eingeholten Länderinformationen, dass die Rekrutierung von Mitgliedern für diese Partei im Familienverband erfolgt, wie dies auch bei der Familie des BF der Fall war. Auch die sinngemäßen Aussagen des BF, dass es schwierig ist, sich dieser Mitgliedschaft als Jugendlicher zu entziehen, wenn die gesamte Familie darauf drängt, dass man Mitglied wird, ist im Lichte der Länderinformationen zur Hezb-e Islami nachvollziehbar. Dem BF ist es im Zuge des Beschwerdeverfahrens auch gelungen darzutun, weswegen sich seine Familie mehrfach im Lager Shamshatu aufhielt, welches nach den eingeholten Länderinformationen zu der Zeit von der Hezb-e Islami betrieben und von Pakistan finanziert wurde. Eine Inanspruchnahme der Leistungen dieses Lagers, wie es für die medizinische Betreuung der Mutter des BF erforderlich war, ist auch nur dann möglich, wenn die Familie Mitglied der Hezb-e Islami ist.

Nachdem der BF bereits im Jahr 2014 Afghanistan verließ, ist es auch nachvollziehbar, dass der BF über kurz oder lang an Kampfhandlungen für die Hezb-e Islami hätte teilnehmen müssen, was dieser nicht gewollt habe. Nur hat sich seit dem Jahr 2014 die Situation rund um die Hezb-e Islami massiv geändert, wie dies aus den zitierten Länderinformationen ersichtlich ist. Die Hezb-e Islami schloss im September 2016 ein Friedensabkommen mit der Regierung, welches Mitgliedern der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Partei, alle militärischen Aktivitäten einzustellen. Demgemäß kann der BF im Falle seiner Rückkehr nicht mehr gegen seinen Willen für militärische Aktivitäten der Hezb-e Islami eingesetzt werden. Seit dem Jahr 2016 sind die militärischen Aktivitäten der Hezb-e Islami nach den Länderinformationen vernachlässigbar.

Eine staatliche Verfolgung als Mitglied der Hezb-e Islami hat der BF nach diesem Friedensabkommen jedenfalls seit dem Jahr 2016 auch nicht zu befürchten.

Wie der BF selbst bei der letzten Verhandlung am 20.02.2019 ausführt, war er in keiner exponierten Position bei der Hezb-e Islami tätig (vgl. S 8 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 20.02.2019). So gesehen ist auch nicht nachvollziehbar, weswegen ausgerechnet die Taliban ein Interesse daran haben sollten, den BF zu töten. Dem BF ist auch entgegen zu halten, dass er selbst jahrelang als aktives Mitglied der Hezb-e Islami in Baghlan, einer der neuen Hochburgen der Taliban lebte, ohne jemals von diesen als aktives Mitglied dieser Partei bedroht worden zu sein, wiewohl er mehrfach von der theoretischen Möglichkeit sprach, bedroht zu werden (vgl. beispielsweise S 20 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 29.05.2018). Eine begründete Frucht vor Verfolgung durch die Taliban vermochte der BF damit nicht glaubhaft zu machen.

Bleibt noch die Frage zu klären, ob dem eine Bedrohung von der Hezb-e Islami erwarten kann. Aus den in diesem Verfahren eingeholten Länderinformationen lässt sich nicht entnehmen, dass ehemalige Mitglieder der Hezb-e Islami von dieser verfolgt werden. Vielmehr belegen die Länderinformationen, dass Mitglieder der Partei nun auch - ungestraft - für andere Gruppierungen tätig sind, bzw. einige von ihnen kehrten wieder in ein normales Leben zurück. Der BF hat sich ja bereits einmal im Jahr 2013, als er nach London zu seiner Schwester floh, von der Hezb-e Islami weg ins Ausland abgesetzt. Nach seiner Abschiebung aus London kehrte er wieder vollkommen unbehelligt zur Partei zurück und arbeitete in weiterer Folge als Fahrer für diese Bewegung.

Der BF behauptet nun zur Untermauerung seines Fluchtvorbingens, dass diesmal die Situation eine andere sei, weil er zur Finanzierung der Flucht ein Auto, das im Eigentum der Hezb-e Islami gestanden sei, und seine Waffe verkauft habe, weswegen er von seinem Onkel, der ein Kommandant der Hezb-e Islami sei, getötet werde. Zum Beleg dafür legte der BF bereits bei der belangten Behörde zwei Briefe, die der BF von seinem Onkel erhalten haben will, wonach einmal die Sicherheitsposten und Durchsuchungstruppen aufgefordert werden würden, den BF festzuhalten und im zweiten Brief, der an die Dorfältesten erging, seien diese aufgefordert worden, den BF auszuliefern. Wie schon die belangte Behörde ausführlich, in sich schlüssig und nachvollziehbar in deren Beweiswürdigung ausführt, ist dieses Vorbringen des BF nicht glaubhaft. Vielmehr geht auch das BVwG, der Argumentation der belangten Behörde folgend, davon aus, dass es sich bei den Aussagen zum vermeintlichen Auto- und Waffenverkauf um eine Schutzbehauptung handelt, um internationalen Schutz zu erhalten. Selbst wenn diese Angaben des BF stimmen, so ist es nicht nachvollziehbar, weswegen ein Mann wegen eines Autos und einer Waffe, die er zu Geld machte, getötet werden soll. Auch die in der letzten Stellungnahme des BF vom 08.03.2019 angeführte Frage der Ehre, die mit dem Verlassen der Hezb-e Islami und den genannten Verkäufen verbunden sei, vermochte der BF nicht schlüssig und nachvollziehbar darzustellen. Auch wenn es sich beim BF und seiner Familie um einen Paschtunen handelt, und Ehre bei dieser Ethnie einen ganz besonderen Stellenwert innehat, vermochte der BF nicht darzutun, worin er konkret eine Ehrverletzung sehen will. Und selbst für den Fall, dass eine solche Ehrverletzung vorliegen sollte, würde es sich im konkreten Fall um eine familieninterne Streitigkeit handeln, welche keinen Bezug zu einer der in der GFK genannten Gründe hat.

Weswegen der BF ausgerechnet von seinem Onkel, der ein enges Familienmitglied ist, mit dem der BF auch in einem gemeinsamen Haushalt lebte (vgl. S 7 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 29.05.2018), und der bereits einmal nach der Rückkehr des BF aus London dafür sorgte, dass er wieder bei der Partei arbeiten konnte, den BF nun bei einer neuerlichen Rückkehr töten sollte, vermochte der BF demnach nicht glaubhaft zu machen. Seine Mutter und sein Bruder leben mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nach wie vor im Heimatdorf des BF, und falls dies der Fall ist, auch nach wie vor im selben Haus dem Onkel des BF und dessen Familie. Die Aussage des BF bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 29.05.2018, wonach er seit sechs Monaten keinen Kontakt zu seiner Mutter habe (vgl. S 7 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 29.05.2018), wird als Schutzbehauptung im Lichte der Ausführungen in der Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gesehen, wo dieses ausführt, dass die Familie des BF nach wie vor unbehelligt im Heimatort lebt.

Zudem hat sich die Situation rund um die Hezb-e Islami, wie schon oben ausgeführt, seit dem Zeitpunkt der Ausreise sehr geändert, sodass nach eingehender Würdigung der vorliegenden Länderinformationen zur Hezb-e Islami und dem Vorbringen des BF die Feststellung zu treffen ist, dass dieser mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit weder von der Hezb-e Islami, noch von den Taliban, noch von staatlicher Seite eine Bedrohung zu befürchten hat.

Nachdem der BF keine anderen Fluchtgründe vorbrachte, wird festgestellt, dass er in seinem Herkunftsstaat keiner psychischen oder physischen Gewalt aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt war und in Zukunft sein wird.

2.4 Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Rückkehr des BF nach Afghanistan ergeben sich aus den o.a. Länderfeststellungen unter Berücksichtigung des vom BF in seiner Beschwerde, in seinen Stellungnahmen zur Gefährdungslage in Afghanistan diesbezüglich angeführten Länderberichtsmaterials in Zusammenschau mit den vom BF glaubhaft dargelegten persönlichen Umständen.

Im Einklang mit seinen Stellungnahmen kommt die erkennende Richterin unter Berücksichtigung der aktuellen Länderinformationen, wonach die Provinz Baghlan zu den relativ instabilen Provinzen Afghanistans zählt, die in den letzten Jahren eine Zunahme der durch Taliban verursachten Gewalt erlebt hat, zum Ergebnis, dass ihm eine Rückkehr in diese Provinz allein schon aufgrund der Sicherheitslage nicht möglich ist.

Entgegen den Ausführungen des BF in seinen Stellungnahmen ist es ihm hingegen möglich, in die Stadt Mazar-e Sharif als innerstaatliche Flu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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