TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/5 W197 2211302-2

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Veröffentlicht am 05.04.2019
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Entscheidungsdatum

05.04.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W197 2211302-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , russischer Staatsangehöriger, vertreten durch RA Dr. Astrid WAGNER, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 760627802-181067663 zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der BF ist Staatsbürger der russischen Föderation, reiste 2006 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag. Seine Identität steht fest.

1.2. Der dem BF am 05.09.2008 durch den Asylgerichtshof zuerkannte Status des Asylberechtigten wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2016, Zahl aberkannt und festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt. Ihm wurde auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreisewurde dem BF nicht gewährt ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt. Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 09.04.2018 die Beschwerde des BF gegen den Bescheid vom 22.02.2016 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. als unbegründet abgewiesen. Spruchpunkt III. wurde mit der Maßgabe abgewiesen, dass dem BF gemäß § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, weiters wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkten IV. und VI. wurde stattgegeben, der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos aufgehoben und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wurde ebenfalls abgewiesen.

1.4. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der eingebrachten Revision abgelehnt und an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision des BF mit Beschluss vom 04.09.2018 zurückgewiesen.

1.5. Die Rückkehrentscheidung, einem unbefristeten Einreiseverbot und die Feststellung, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist, erwuchs daher mit 09.04.2018 in II. Instanz in Rechtskraft. Der BF reiste in der Folge nicht freiwillig aus.

1.5. Mit Bescheid der Behörde vom 06.12.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Die Anhaltung in Schubhaft erfolgt seit 07.12.2018, 08.00 Uhr nach Entlassung aus der Strafhaft.

1.6. Am 08.11.2018 hat der BF einen Folgeantrag auf internationalen Schutz eingebracht. Am 03.12.2018 wurde der BF in der Justizanstalt Stein von der Behörde über seinen Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Dabei dem BF der Bescheid über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes mündlich verkündet und beurkundet. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 11.12.2018 festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG und § 22 BFA-VG rechtmäßig ist.

1.7. Mit gekürzter Ausfertigung vom 09.01.2019 des in der Beschwerdeverhandlung am 20.12.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses wies das BVwG die Schubhaftbeschwerde des BF gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 9 FPG idgF als unbegründet ab und stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF, §76 Abs. 2a FPG idgF, § 76 Abs. 3 Z 9 FPG idgF fest, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

1.8. Dem BF wurde anlässlich seiner Einvernahme vor dem BVwG am 20.12.2018 vorgehalten, dass gegen ihn am 09.12.2015 eine Ordnungsstrafe wegen unerlaubtem Besitzes eines Mobiltelefons erlassen wurde. Am 11.01.2016 wurde eine Ordnungsstrafe wegen eines Harntests, der positiv auf THC war, erlassen. Mit Bescheid vom 28.07.2016 habe er eine Ordnungsstrafe wegen Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt erhalten. Mit Straferkenntnis vom 04.07.2017 haben er wiederum eine Ordnungsstrafe wegen Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt erhalten und am 07.07.2017 habe er eine Ordnungsstrafe wegen Abgabe von Fremdharn erhalten. Einmal sei der BF in einen Raufhandel in der Haft verwickelt gewesen, weswegen er auch verurteilt wurde. Die Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Harnabgabe stehen offensichtlich in Zusammenhang mit dem illegalen Konsum von Marihuana. Dazu gab der BF an: Ja, Marihuana. Ich möchte mich zu all diesen Vorfällen nicht äußern. Was die Körperverletzung betrifft, hatte ich in XXXX eine Verhandlung, ich habe mich nur gewehrt, der Gegner hat zuerst zugeschlagen, so kam es zur Körperverletzung.

1.9. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsvertreterin in der Schubhaftbeschwerde, wonach sich der BF in Zwischenzeit in der Haft geläutert hätte, setzte er bis zuletzt sein unkooperatives und ordnungswidriges Verhalten fort. Wegen des mehrfachen Fehlverhaltens des Fremden in der Schubhaft wurde am 19.12.2018 im Zuge eines Zellenfilzes hinter dem Bett des Fremden ein Mobiltelefon aufgefunden, weshalb dieser in eine Einzelzelle verbracht wurde. Am 05.01.2019 wurde erneut ein Zellenfilz durchgeführt. Dabei konnte neuerlich ein Mobiltelefon sichergestellt werden, worauf der BF neuerlich in eine Einzelzelle verlegt wurde.

1.10. Die Behörde hat das Verfahren zur Erlangung eines HRZ rechtzeitig eingeleitet und führt es prioritär fort. Der BF war als Minderjähriger im Pass der Mutter eingetragen, sodass seine Identifizierung für die russischen Behörden möglich ist. Zuletzt wurde der BF über Ersuchen der Behörde am 01.03.2019 zur Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation zwecks Befragung zur Identität vorgeführt. Dabei weigerte sich der BF wiederholt auf die Fragen der Botschaft zu antworten oder auch nur seinen Namen zu nennen. Der Anwalt habe ihm geraten, nichts zu unterschreiben oder auszusagen. Auch als er darauf hingewiesen wurde, dass es sich lediglich um ein Personenfeststellungsverfahren handle, weigerte er sich mitzuwirken. Er meinte, dass er nicht nach Tschetschenien zurückreisen werde, da er dort Probleme befürchte und in Österreich bleiben möchte. Außerdem würde es ihn nicht stören lange - selbst 18 Monate - in Schubhaft zu bleiben. Der Fremde sagte außerdem, dass er - wenn er dürfte - seine russische Staatsangehörigkeit zurücklegen würde, worauf er vom Vertreter der Russischen Föderation darauf hingewiesen wurde, dass er dieses Ansinnen als Hinweis auf seine Staatsangehörigkeit zur Russischen Föderation werten könne.

1.11. Mit Schreiben vom 12.03.2019 ersuchte das Ministerium für Innere Angelegenheiten der Russischen Föderation, Hauptverwaltung für Migrationsfragen, aufgrund der Tatsache, dass die von der österreichischen Seite vorgelegten Unterlagen zu wenige Angaben beinhalten um die Identität der überprüften Person festzustellen und bestimmen zu können, ob diese Person Staatsbürger der Russischen Föderation ist, um Fristverlängerung, damit die entsprechenden Überprüfungen vorgenommen werden können und eine Entscheidung in der Sache getroffen werden kann.

1.12. Durch sein bisheriges Verhalten hat der BF eindeutig unter Beweis gestellt, dass er nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten. Der BF fällt seit Jahren durch sein rechtswidriges Verhalten auf. Das Verbüßen von langjährigen Haftstrafen hat ihn auch nicht veranlasst, sein Verhalten zu ändern. Festzustellen ist über die Jahre auch eine massive Steigerung seiner kriminellen Energie. So wurde er bereits 2012 vier Mal rechtskräftig wegen Geschwindigkeitsübertretungen, sieben Mal wegen Abgabenverkürzung nach dem Parkometergesetz, einmal wegen Überholens, einmal wegen Fahrens auf Gehwegen, drei Mal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, zwei Mal wegen Fahrens ohne Führerschein, drei Mal nach dem KFG wegen der Fahrzeugzulassung und einmal wegen der Verletzung der Ausweispflicht gemäß dem FPG verwaltungsbehördlich bestraft. Da er die verhängten Geldstrafen nicht beglich, wurde über ihn Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. 2013 wurde der BF neuerlich wegen Geschwindigkeitsübertretung, fünf Mal wegen Abgabenverkürzung nach dem Parkometergesetz, zwei Mal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, sechs Mal nach dem KFG wegen der Fahrzeugzulassung und einmal wegen Störung der öffentlichen Ordnung verwaltungsbehördlich bestraft. Da er die verhängten Geldstrafen nicht beglich, musste er neuerlich Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen. Die Landespolizeidirektion Vorarlberg ermittelte gegen den BF wegen des Verdachts der Veruntreuung eines Mercedes Benz CLS 350, den er am 12.01.2012 geleast, jedoch, nachdem er mit den Raten in Rückstand geraten ist, am 29.04.2013 nicht zurückgestellt habe. Es waren €

33.778,00 aushaftend. Der BF wurde 2014 und 2015 einmal rechtskräftig wegen der Überlassung des Fahrzeuges an eine Person ohne erforderliche Lenkberechtigung, einmal wegen Fahrens ohne Führerschein, einmal wegen Verletzung der Höchstgeschwindigkeit, einmal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, einmal wegen Verletzung des Meldegesetzes, drei Mal wegen Verweigerung der Lenkerauskunft nach dem KFG und zwei Mal wegen Missachtung der Pickerlpflicht verwaltungsbehördlich bestraft. Am 09.04.2015 wurde der BF festgenommen und bis 23.04.2015 in Untersuchungshaft genommen. Im Anschluss verbüßte er bis 13.07.2015 die Ersatzfreiheitsstrafen für 43 Verwaltungsstrafen, im Anschluss daran befand er sich bis 22.09.2015 wieder in Untersuchungshaft.

1.13. Am 20.01.2015 ersuchte die Landespolizeidirektion Vorarlberg um die Einziehung des Konventionsreisepasses des BF wegen des Verdachts der Verbindung zum islamischen Extremismus/Terrorismus. Der Konventionsreisepass wurde am 20.03.2015 im Zuge einer Verkehrskontrolle eingezogen. Im Zuge der Erhebungen zum Antrag des BF auf Entlassung in den elektronisch überwachten Hausarrest gab er an, in Syrien an Kampfhandlungen auf Seiten der Free Syrian Armee von Oktober 2013 bis April 2014 teilgenommen zu haben.

1.14. Der BF wurde in Österreich insgesamt vier Mal von sreafrechtlich verurteilt. Mit Urteil des BG XXXX vom 05.08.2011 wurde der BF wegen Hehlerei gem. §164/2 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (320,00 EUR) im NEF 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 22.09.2015 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG im Tatzeitraum Frühjahr 2014 bis April 2015 in einem das 15-fache der Grenzmenge überschreitenden Ausmaß zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt und der Geldbetrag von € 31.800,- für verfallen erklärt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 27.02.2017 wurde der BF wegen Mitgliedschaft zu einer terroristischen Vereinigung und wegen Ausbildung zu terroristischen Zwecken gem. § 278b (2) und § 278e (2) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 03.04.2018 wurde der BF wegen Körperverletzung gem. § 83 (1) StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (400,00 EUR) im NEF 50 Tage verurteilt. Der BF verbüßte in Österreich eine mehrjährige Haftstrafe, er wurde zuletzt am 07.12.2018 aus der Strafhaft entlassen.

1.15. Der BF wurde in Schubhaft zwischen 02.01. und 26.03.2019 (12 Wochen) insgesamt 9 Mal von Angehörigen und Bekannten besucht, darunter seine Lebensgefährtin, mit der er seit 12.09.2018 verheiratet ist. Dem stehen 26 Besuche von Schubhaftbetreuung, Rechtsvertreter und Rechtsanwalt gegenüber. Unter Rechtsanwalt sind zuletzt Besuche am 11., 19. und 22. 3. 2019 verzeichnet.

1.16. Die Rechtsanwältin des BF brachte mit Schriftsatz vom 23.11.2018 vor, dass der BF verheiratet wäre und bei seiner Ehefrau leben könne. Der Mietvertrag laufe auf deren Mutter. Er wäre dort für die Behörden greifbar und würde sich dem Verfahren nicht entziehen. Die Ehefrau übe den Beruf einer Nageldesignerin aus und verdient € 700,- monatlich. Darüber hinaus werde sie von ihrer Mutter finanziell unterstützt. Es bestehe daher weder Fluchtgefahr noch ein Sicherungsbedarf, die Behörde könne mit einem gelinderen Mittel das Auslangen finden.

1.17. Der BF hat 2011 bis 2013 während einiger Monate unregelmäßig gearbeitet, seine Lehre hat er abgebrochen. In der Folge bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Suchtgifthandel. Er hat sich mehrere Monate nach Syrien abgesetzt und war dort Mitglied einer kriminellen Vereinigung. Der BF ist mittellos und nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt in Österreich auf legale Art zu erwirtschaften. Der BF hat Schulden. Der BF befand sich jahrelang in Strafhaft. Er hat in den vergangenen Jahren daher weder mit seiner jetzigen Gattin noch mit Freunden oder Verwandten im gemeinsamen Haushalt gelebt. Von seiner jetzigen Gattin hat er sich zudem bereits einmal scheiden lassen. Mit ihr hat er lediglich 2012 drei Monate zusammengelebt. Bei seinen Eltern hat er zuletzt 2015 gewohnt. Legt man die Zahl der Haftbesuche der letzten drei Monate zu Grunde, kann von einem intensiven Kontakt zu seiner Lebensgefährtin, seinen Angehörigen und Freunden nicht ausgegangen werden. Im Schnitt erfolgten die Besuche alle 9-10 Tage.

1.18. Der BF will dezidiert nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren. Er ist 28 Jahre alt und gesund.

1.18. Die Behörde legte die Akten vor und beantragte unter Hinweis auf den Akteninhalt auszusprechen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Feststellungen:

1.1. Die zitierten Feststellungen der Vorentscheidungen werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben. Die im Verfahrensgang als Feststellungen formulierten Punkte werden der Entscheidung ebenfalls zu Grunde gelegt.

1.2. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig, es besteht akute Fluchtgefahr und offenkundiger Sicherungsbedarf. Der BF ist nach wie vor nicht bereit, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandebringung mitzuwirken. In diesem Sinne versucht er weiter vor den russischen Behörden seine Identität zu verschleiern. Im Falle seiner Freilassung wird sich der BF daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörde durch Untertauchen entziehen. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der gänzlichen Vertrauensunwürdigkeit des BF das Auslangen nicht gefunden werden.

1.3. Die Behörde hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den BF eingeleitet und fortgeführt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikats hinsichtlich des Herkunftsstaates Russland ist möglich. Da er nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren will, dauert das Verfahren der russischen Behörden zur Ausstellung eines HRZ länger, als wenn der BF freiwillig zurückkehren würde. Im Hinblick auf sein Verhalten ist der BF selbst ursächlich für die Dauer der Schubhaft verantwortlich.

1.4. Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

1.5. Festgestellt wird, dass ein dringendes öffentliches Interesse besteht, rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältige, straffällige Fremde außer Landes zu bringen.

1.6. Eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes hat sich seit dem Überprüfungserkenntnis vom 20.12.2018 im Verfahren nicht ergeben und wurde auch nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Verfahrensgang, die entscheidungswesentlichen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und der Stellungnahme des Rechtsvertreters. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte daher wegen geklärten Sachverhalts abgesehen werden.

2.2. Behörde und Rechtsvertreter brachten im Verfahren insbesondere hinsichtlich der Fluchtgefahr, des Sicherungsbedarfs, der Weigerung freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren, der Integration und der Wohnmöglichkeit vor wie im letzten Überprüfungsverfahren, sodass diesbezüglich auch die Beweiswürdigung des Vorerkenntnisses der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt wird. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht vor.

2.3. Es sind keine Umstände hevorgekommen, wonach die Ausstellung eines HRZ durch Russland innerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht möglich ist. Bei nicht rückkehrwilligen Personen benötige die russische Vertretungsbehörde einen längeren Zeitraum zur Prüfung bzw. Ausstellung von Heimreisezertifikaten. Da der BF absolut nicht rückkehrwillig ist und an seinem Abschiebeverfahren nicht mitwirkt, ist er alleine dafür verantwortlich, dass sich die Ausstellung eines Heimreisezertifikates verzögert und sich die Schubhaft verlängert.

2.4. Der BF ist haftfähig, die Schubhaft ist auch im Hinblick auf die Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung aller Umstände verhältnismäßig. Der BF hat keine Umstände vorgebracht, dass die Dauer der Haft für ihn ein besonderes Unbill darstellen würde, solches kann auch nicht festgestellt werden. Vielmehr hat der BF selbst angegeben, dass es für ihn kein Problem wäre, auch 18 Monate in Haft zu bleiben.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.4. Hinsichtlich der Dauer der Schubhaft bestimmt § 80 Abs. 4 FPG wie folgt:

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum

Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokuments, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates

nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt ( §13)

widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren

entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat,

gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhaltes abweichend von Abs 2 Z 2 und

Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Im vorliegendem Fall ist die gesetzlich mögliche Dauer der Frist bei weitem nicht ausgeschöpft, zumal die sonstigen Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft gegeben sind.

3.5. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der Beschwerdeführer hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird.

3.6. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt

B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung,
Überprüfung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2211302.2.00

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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