TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/11 W186 2216952-1

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Veröffentlicht am 11.04.2019
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Entscheidungsdatum

11.04.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W186 2216952-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2019, Zl: 1224255506-190318576, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Am 28.03.2019 wurde die BF seitens des Bezirkspolizeikommandos

Villach einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

" ....

Where do vou want to qo?

I want to qo to Vienna.

What do you want in Austria?

I want to visit my husband, he lives in Vienna.

Do vou have any Problems with vour health or take some medicals?

I have stomacheache but i don't take anv medicals vet.

Do VOU have some relatives or friends in Austria?

Yes, my husband lives in Vienna, i want to visit him and then qo back to italy."

1.2. Mit Bescheid vom 28.03.2019 wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Der Bescheid enthält die folgenden Feststellungen:

"Zu Ihrer Person:

-

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

-

Sie geben an Bauchschmerzen zu haben jedoch keine Medikamente zu nehmen.

-

Es konnte nicht festgestellt werden, ob Sie verheiratet sind.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

-

Sie halten sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

-

Sie unterliegen einem Verfahren nach der Dublin Verordnung.

-

Es wird ein Konsultationsverfahren nach der Dublin-Verordnung mit Italien eingeleitet.

-

Gegen Sie wurde ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung eingeleitet. Dieses ist noch nicht durchführbar. Sie halten sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

-

Sie verfügen über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

- Sie sind nach Österreich illegal eingereist.

-

Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie sich dem Verfahren der französischen und italienischen Behörden entzogen haben.

-

Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluß nicht legal verlassen.

-

Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie illegal nach Österreich eingereist sind und vorhatten sich in Österreich aufzuhalten.

-

Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz. Eine private oder familiäre Anbindung konnte nicht festgestellt werden.

? Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

-

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

-

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die getroffene Sicherungsmaßnahme einen maßgeblichen Eingriff in Ihr Privat- oder Familienleben darstellt."

In rechtlicher Hinsicht fand die Behörde:

Gemäß § 76 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-Verordnung) vorliegen.

Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen, dieser ist gem. § 57 AVG zu erlassen. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gem. § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Wird gemäß § 76 Abs. 5 FPG eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Gemäß Art. 28 Dublin-Verordnung dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger, als bei angemessener Handlungsweise notwendig, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn die zu überstellende Person in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Überstellung führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringliche Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb der Sechswochenfrist statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

Zur Fluchtgefahr definiert Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein zu überstellender Fremder dem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Diese Kriterien sind im nationalen Recht zu regeln, was in § 76 Abs. 3 FPG erfolgt ist.

Für die Anordnung der Schubhaft muss neben der Fluchtgefahr auch Verhältnismäßigkeit vorliegen.

Die Schubhaft dient der Sicherung des angeführten Verfahrens bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.2.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). In diesem

Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen zur Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Sie weisen einen Eurodactreffer von Frankreich auf und wiesen sich bei Ihrer illegalen Einreise nach Österreich mit einem abgelaufenen permesso di soggiorno aus. Sie haben von der Möglichkeit Ihren Titel in Italien zu verlängern anscheinend nicht Gebrauch gemacht und haben stattdessen Italien verlassen, um sich in Österreich aufzuhalten. Sie sind somit unrechtmäßig eingereist und haben in Österreich keinen aufrechten Wohnsitz sowie keine glaubhafte familiäre oder private Anbindung. Es steht fest, dass Sie sich den französischen und italienischen Verfahren durch Ihre Ausreise nach Österreich entzogen haben, weswegen auch begründet angenommen werden kann, dass Sie dasselbe Verhalten gegenüber den österreichischen Behörden entgegenbringen werden, zumal Sie im BG weder über einen aufrechten Wohnsitz noch über irgendwelche Anbindungen verfügen.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da das BFA durch die EAST West ein Konsultationsverfahren mit Italien einleiten wird.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Für die entscheidende Behörde steht fest, dass Sie in Frankreich einen Asylantrag gestellt haben und sich zuletzt in Italien aufgehalten haben. Ihr italienisches permesso di soggiorno ist abgelaufen. Dadurch steht für die entscheidende Behörde fest, dass Sie sich bisher den Verfahren der französischen als auch italienischen Behörden entzogen haben, weswegen auch begründet angenommen werden kann, dass Sie dasselbe Verhalten gegenüber den österreichischen Behörden entgegenbringen werden.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Sie halten sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und verfügen zudem auch über keinen Wohnsitz. Die Angabe, dass Sie lediglich nach Wien reisen wollten um sich bei Ihrem Ehegatten aufzuhalten stellt nach Ansicht der entscheidenden Behörde lediglich eine Schutzbehauptung dar.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Sie gaben an Bauchschmerzen zu haben jedoch keine Medikamente zu nehmen. Ihre Hafttauglichkeit wird noch von einem Amtsarzt untersucht werden.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

1.3. Am 25.03.2019 langte die gegenständliche Schubhaftbeschwerde bei Gericht ein.

Die Beschwerde führt Folgendes an:

"1. Der angefochtene Schubhaftbescheid wurde der BF am 28.03.2019 ausgefolgt. Die Erhebung der gegenständlichen Beschwerde erfolgt jedenfalls binnen offener Frist, zumal sich die BF nach wie vor in Schubhaft befindet.

Die Schubhaft wurde mittels Mandatsbescheid durch das Organ ADir Spendier des BFA- Regionaldirektion Kärnten - angeordnet. Diese Bezeichnung ergeht gemäß § 9 Abs 4 VwGVG.

Die BF, eine nigerianische Staatsbürgerin, verfügt über ein permesso di soggiorno iav. subordinato in Italien. Vor Ablauf ihres Aufenthaltstitels stellte die BF rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels. Einen entsprechenden Nachweis über den rechtzeitigen Verlängerungsantrag trug die BF bei sich und liegt dieser der belangten Behörde somit auch vor.

Die BF reiste mit ihrem Aufenthaltstitel, den Nachweis über die Verlängerung des Aufenthaltstitels, einer italienischen Identifikationskarte sowie einem gültigen nigerianischen Reisepass in das Bundesgebiet ein. Sie verfügt über eine Unterkunft bei ihrem Lebensgefährten, führte Bank- bzw. Kreditkarten mit sich und auch eine italienische Sozialversicherungskarte. Da die BF ihren Aufenthaltstitel rechtzeitig verlängerte und auch eine entsprechende Bestätigung mit sich führte (Postaufgabebestätigung), ging die BF davon aus, dass sie auch weiterhin zum visumsfreien Aufenthalt in Österreich von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen berechtigt ist.

Beweis: Fotografien der im Depot der BF im PAZ RL befindlichen gültigen

Reisepasses, italienischen Aufenthaltskarte, Postaufgabebestätigung, italienischen Identifikationskarte und italienischen Sozialversicherungskarte

Im Bundesgebiet wollte die BF ihren Lebensgefährten XXXX in 1100 Wien, XXXX , Tel: XXXX , besuchen. Dort wollte die BF ebenfalls Unterkunft nehmen und hätte sich dort auch entsprechend angemeldet. Danach wollte die BF wieder nach Italien zurückkehren. Auf keinen Fall wollte die BF ihren visumsfreien Aufenthalt in Österreich überschreiten.

Lt. Bescheid fand eine niederschriftliche Einvernahme statt (S. 2 im angefochtenen Bescheid) und wurde im Anschluss mit dem hier angefochtenen Mandatsbescheid gegenüber der BF die Schubhaft "zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens" verhängt.

Eine Nachfrage hinsichtlich der stattgefundenen Verlängerung des italienischen Aufenthaltstitels bei italienischen Verbindungsbehörden wurde nicht durchgeführt.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde. Bei einer ordnungsgemäßen Erhebung des Sachverhaltes und einer ordnungsgemäßen Würdigung hätte die belangte Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass keinesfalls erhebliche Fluchtgefahr iSd Dublin lll-VO vorliegt.

2. Erhebliche FEuchtgefahr iSd Dublin lll-VO liegt nicht vor

Da im vorliegenden Fall die Schubhaft nach der Dublin lll-VO verhängt wurde, sind zur Beurteilung des Sachverhaltes die in Art 28 der Dublin lll-VO festgelegten Kriterien heranzuziehen. Auch im Fall, dass die nunmehrige innerstaatliche Rechtslage den Anforderungen des Unionsrechtes entsprechen sollte, darf gern. Art 28 Abs 2 eine Person nur nach Durchführung einer Einzelfallprüfung in Haft genommen werden und wenn erhebliche Fluchtgefahr vorliegt, und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

Bereits zur Vorgängerverordnung (Dublin II) hat der VwGH ausgesprochen, dass bei Fällen mit Dublin-Bezug Schubhaft keine Standardmaßnahme darstellen darf (vgl VwGH 28.02.2008, 2007/21/0391). Aus dem Wortlaut der Dublin lll-VO lässt sich zweifelsfrei ableiten, dass die Verhängung der Schubhaft im Anwendungsbereich der Verordnung grundsätzlich die Ausnahme sein soll. Es ist daher im jeweiligen EinzelfaEt erforderlich, dass das Vorliegen einer solchen Ausnahmesituation konkret und schlüssig begründet wird (vgl zb BVwG 06.07.2015, W137 2109510-1, BVwG 07.09.2015, W154 2113394-1).

Die belangte Behörde begründete im vorliegenden Fall die erhebliche Fluchtgefahr damit, dass die BF einen Eurodactreffer in Frankreich aufweisen würde und sie sich bei der Einreise nach Österreich mit einem abgelaufenen italienischen Aufenthaltstitel, einem permesso di soggiorno lav. subordinato ausgewiesen hätte. Die BF hätte von ihrer Möglichkeit in Italien ihren Aufenthaltstitel zu verlängern nicht Gebrauch gemacht und sei unrechtmäßig nach Österreich eingereist. Sie habe in Österreich keinen aufrechten Wohnsitz und keine familiäre Anbindung. Dem französischen und italienischen Verfahren habe sich die BF entzogen.

Hierbei handelt es sich zum einen um bloße von der belangten Behörde angestellte Vermutungen, welche nicht zutreffen. Zum anderen begründen diese auch nicht eine derartige Ausnahmesituation, dass von einer erheblichen Fluchtgefahr ausgegangen werden kann.

Die BF stellte rechtzeitig vor Ablauf ihres permesso di soggiorno lav. subordinato einen Verlängerungsantrag bei den italienischen Behörden. Bei Nachfrage bei einer italienischen Verbindungsbehörde hätte die belangte Behörde auch konkrete Informationen darüber einholen können, ob die BF tatsächlich rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels gestellt hat.

Die BF stellte in Österreich nachdem sie aufgegriffen wurde auch keinen Asylantrag. Wäre die BF tatsächlich nach Österreich eingereist, weil ihr Aufenthalt in Italien illegal wurde, so hätte die BF wohl nachdem sie aufgegriffen wurde versucht ihren Aufenthalt etwa durch Stellung eines Asylantrages zu legalisieren. Das Verhalten der BF spricht daher dafür, dass sie davon ausging, dass sie aufgrund der rechtzeitigen Verlängerung ihres Aufenthaltstitels in Italien davon ausging, dass sie weiterhin zu einem visumsfreien Aufenthalt von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen in anderen europäischen Staaten berechtigt ist.

Insgesamt ergibt sich aus dem Verhalten der BF, dass diese sehr darum bemüht ist die Rechtsvorschriften einzuhalten und nach diesen zu handeln.

Aus dem Verhalten der BF lässt sich keine Fluchtgefahr ableiten, jedenfalls nicht in dem von der Dublin lll-VO geforderten erheblichen Ausmaß. Im Gegenteil hatte die BF geplant selbstständig wieder nach Italien zurückzukehren. Dies zeigt sich auch darin, dass die BF auch bereit ist freiwillig wieder nach Italien zurückzukehren. Seitens der Rechtsberatung der BF wurde auf Wunsch der BF auch bereits Kontakt mit der VMÖ Rückkehrberatung aufgenommen und mitgeteilt, dass die BF um einen Besuch im Polizeianhaltezentrum ersucht um die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nach Italien besprechen zu können.

Zum Beweis dafür, dass die BF ohnehin bereit ist freiwillig wieder aus dem

Bundesgebiet auszureisen und grundsätzlich sehr darum bemüht ist die italienischen.

österreichischen und europäischen fremdenrechtlichen Vorschriften zu beachten, wird

die Einvernahme der BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Auch die Feststellung der belangten Behörde, dass die BF über keine sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt ist vollkommen verfehlt. Der Lebensgefährte der BF XXXX lebt im Bundesgebiet. Diesen wollte die BF auch besuchen und bei diesem Unterkunft in 1100 Wien, XXXX nehmen. Eine entsprechende Meldung hätte die BF durchgeführt, nachdem sie Unterkunft genommen hätte.

Zum Beweis der sozialen Kontakte der BF im Bundesgebiet und ihrer gesicherten Unterkunft im Bundesgebiet wird die zeugenschaftliche Einvernahme des Lebensgefährten der BF XXXX , p.A. 1100 Wien, XXXX , Tel: XXXX . beantragt.

Zudem tut die belangte Behörde selbst mit den von ihr fälschlicherweise angenommenen Argumenten für das angebliche Vorliegen einer Fluchtgefahr keine Umstände dar, die über jene hinausgehen, die ohnehin in jedem "Dublin-Fall" typischerweise gegeben sind. Aus der illegalen Weiterreise vom ersten Mitgliedstaat in einen weiteren Mitgliedstaat alleine kann noch keine erhebliche Fluchtgefahr abgeleitet werden.

Exemplarisch wird auf das Erkenntnis des BVwG vom 23.06.2015 zur Zahl W137 2108591-1 verwiesen:

"Überdies liegen zwar einige der oben angeführten Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft im gegenständlichen Faii vor, es wird allerdings im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend präzise ausgeführt, warum diese für den konkreten Fall eine "erhebliche Fluchtgefahr" indizieren sollten. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass sich aus dem Wortlaut der Dublin lll-VO (Art. 28 Abs. 1 und 2) zweifelsfrei ergibt, dass Schub ha ft im Zuge von Verfahren nach dieser Verordnung nur in besonderen Ausnahmefällen verhängt werden soll und dementsprechend auch konkret und schlüssig begründet werden muss. Soweit im angefochtenen Bescheid also Tatbestände zur Begründung der Schubhaft herangezogen werden, die für ein solches Verfahren geradezu typisch sind (illegale Einreise, geringe Bannittel, "bloße" Unwilligkeit zur Ausreise) sind diese nicht geeignet, eine "erhebliche Fluchtgefahr" zu begründen. Auch zum Entscheidungszeitpunkt ist eine, sich aus dem zuvor gesetzten Verhalten des Beschwerdeführers abgeleitete, erhebliche Fluchtgefahr (noch) nicht gegeben

Derartige Umstände liegen im Fall der BF - wie bereits dargelegt - allerdings nicht einmal vor. Die BF verfügt über eine gesicherte Unterkunft im Bundesgebiet und auch über Barmittel. Zudem ist sie auch bereit freiwillig wiederdas Bundesgebiet zu verlassen.

Auch wurde erst nach Festnahme der BF ein Verfahren zur Anordnung zur Außerlandesbringung nach Italien eingeleitet.

In einem früheren Verfahrensstadium braucht es nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl VwGH 23.09.2010, 2007/21/0432) besonderes ausgeprägter Flinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendiqunq. um die Verhängung der Schubhaft zu

rechtfertigen. Dies ist insbesondere deshalb nicht anzunehmen, da die ohnehin bereit ist freiwillig nach Italien zurückzukehren.

Die belangte Behörde hat sich allerdings nicht damit auseinander gesetzt, ob derartige Hinweise tatsächlich vorliegen. Im angefochtenen Bescheid arbeitet die belangte Behörde lediglich mit Stehsätzen, ohne diese näher auszuführen. So führt sie z.b. aus, dass sich die BF im bisherigen Verfahren unkooperativ verhielt indem sie sich dem Verfahren der französischen und italienischen Behörde entzogen hat (S. 3 im angefochtenen Bescheid). Allerdings führt sie nicht die konkreten Umstände an, aus denen die belangte Behörde schließt, dass sich die BF dem Verfahren entzogen hat. Insbesondere hinsichtlich der italienischen Behörde wird dieser Stehsatz entschieden zurückgewiesen. Die BF verfügt über einen italienischen Aufenthaltstitel, dessen Verlängerung sie rechtzeitig beantragt hat. Bereits aus diesem Umstand lässt sich die kooperationsbereitschaft der BF schließen, denn anderenfalls wäre es ihr wohl nicht gelungen einen Aufenthaltstitel zu erhalten.

Abgesehen davon leidet der angefochtene Bescheid an einem wesentlichen Begründungsmangel:

Die belangte Behörde führt in der Begründung des angefochtenen Bescheides zwar die gesetzlichen Bestimmungen an, unter anderem auch die Kriterien für "Fluchtgefahr" gern § 76 Abs 3 FPG. Jedoch wurde eine ordnungsgemäße Subsumtion unterlassen, indem in der Begründung nicht angeführt wird, welche der in § 76 Abs 3 FFG festgeleaten Kriterien durch

welchen konkreten Sachverhalt verwirklicht sind.

Im Übrigen führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zwar an, es bestehe aufgrund der aufgezählten Umstände "Fluchtgefahr" (vgl S. 6 im angefochtenen Bescheid). Dies legt jedoch nahe, dass die belangte Behörde von einem falschen Maßstab ausgeht. In Dublin-Fällen ist nämlich das Bestehen "einfacher" Fluchtgefahr nicht ausreichend für die Schubhaftverhängung, vielmehr ist eine qualifizierte Fluchtgefahr, nämlich "erhebliche Fluchtgefahr" erforderlich. Da die belangte Behörde mit keinem Wort geltend macht, aus welchem Verhalten der BF eine "erhebliche Fluchtgefahr" abgeleitet werde, erweist sich die Begründung des angefochtenen Bescheides auch aus diesem Grund als mangelhaft, vgl hierzu BVwG 15.11.2016, W117 2139104-1:

"Zunächst haftet dem neuerlichen Mandatsbescheid, losgelöst von der Frage des Vorliegens der Verletzung des gesetzlichen Richters durch denselben, die inhaltliche Rechtswidrigkeit an, den angenommenen Sachverhalt lediglich unter dem Aspekt des Vorliegens von Ffuchtgefahr und nicht von "erheblicher" Fluchtgefahr, wie in Art 28 Abs 2 Dublin-lll-VO gefordert, geprüft zu haben, führte sie doch ausdrücklich in ihrem Bescheid aus: Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in ihrem Fall eine Fluchtgefahr'

Dieselbe Formulierung wird auch im angefochtenen Bescheid verwendet, weshalb dem Bescheid ein Begründungsmangel vorliegt, da der Sachverhalt lediglich unter dem Aspekt des Vorliegens von "Fluchtgefahr" und nicht - wie eigentlich erforderlich - unter dem Aspekt von "erheblicher Fluchtgefahr" geprüft wurde.

Da das Vorliegen von Fluchtgefahr, noch dazu im geforderten erheblichen Ausmaß, von der belangten Behörde nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, erweist sich die Begründung des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig.

3) Selbst bei Bestehen einer erheblichen Fluchtgefahr - was ausdrücklich in Abrede gestellt wird - ist die Schubhaft nur bei Vorliegen von Verhältnismäßigkeit zulässig und nur wenn gelindere Mittel nicht zur Zweckerreichung geeignet wären (§ 77 Abs 1 FPG und Art 28 Abs 2 Dublin lll-VO). Grundsätzlich gilt der Vorrang des gelinderen Mittels (VfGH 03.10.2012, G140/11 ua - G 86/12 ua). Hier wäre es an der belangten Behörde gelegen, darzulegen, warum ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft nicht in Frage kommt. Dies ist jedoch nicht in nachvollziehbarer Weise erfolgt.

Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, warum gelindere Mittel im Fall der BF nicht ausreichend sind, beschränken sich auf allgemeine textbausteinartige Formulierungen ohne Bezug zum konkreten Fall.

Nicht nachvollziehbar ist, warum nicht die periodische Meldung bei einer Dienststelle der Landespolizeidirektion gern § 77 Abs 3 FPG als gelinderes Mittel geprüft wurde.

Warum die BF einem gelinderen Mittel in Form einer periodischen Meldeverpflichtung oder der angeordneten Unterkunftnahme nicht Folge leisten würde, wird im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar dargelegt. In diesem Zusammenhang ist nochmals auszuführen, dass die BF im Zuge ihres Aufenthalts in Österreich bei ihrem Lebensgefährten XXXX in 1100 Wien, XXXX Unterkunft genommen hätte.

Hätte die belangte Behörde der BF aufgetragen, sich in periodischen Abständen bei der Behörde zu melden, wäre die BF dieser Weisung nachgekommen, insbesondere, da sie auch eine gesicherte Unterkunft in Österreich hat. Ebenso wäre die Beschwerdeführerin einer angeordneten Wohnsitznahme in vom Bundesamt genannten Unterkünften nachgekommen.

4) Aus den genannten Gründen wird beantragt, das BVwG möge

• eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme der BF und des beantragen Zeugen XXXX zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;

• den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidrigerWeise erfolgte;

• im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung der BF nicht vorliegen;

• der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gern VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die die BF aufzukommen hat, auferlegen."

1.4. Das BFA legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Im Einzelnen führt das die Behörde aus:

"Stellungnahme des zuständigen Referenten:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl informiert über gegenständliches Verfahren und übermittelt die angeforderten Unterlagen zur SCHUBHAFTBESCHWERDE zur do. Verwendung. Aufgrund der eingebrachten Beschwerde erlaubt sich das BFA folgende Stellungnahme abzugeben:

Die Fremde reiste am 28.03.2019 um 00:30 im Linienbus "REGIOJET" illegal nach Österreich ein. Im Zuge der Masterplankontrolle wurde sie einer fremdenrechtliche Kontrolle unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass sie keine für die Einreise in das Bundesgebiet erforderlichen Dokumente vorweisen konnte.

Eine im Anschluss durchgeführte ED-Behandlung ergab, dass sie einen Eurodactreffer von Frankreich aufwies. Im Zuge der Amtshandlung legte sie ihren nigerianischen Reisepass, ihren italienischen Personalausweis sowie ein abgelaufenes permesso di soggiorno vor. Die Fremde wurde im Anschluss gem. § 40 BFA-VG festgenommen, niederschriftlich einvernommen und in das PAZ-Klagenfurt überstellt. Bei der niederschriftlichen Einvernahme gab sie an, dass sie nach Wien wollte und dass sie Bauchweh hat jedoch keine Medikamente zu sich nimmt.

Am 28.03.2019 wurde gegen sie ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung eingeleitet. Am selben Tag wurde der Fremden mittels Verfahrensanordnung ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und über sie um 17:39 Uhr die Schubhaft verhängt.

Die Entscheidung des BFA/RD K IFA 1224255506 - 190318576 wurde am 28.03.2019 durchsetzbar.

Am 29.03.2019 wurde durch die EAST/West Dublinbüro eine Anfrage an die französischen Behörden zur Rückübernahme der Fremde gem. der Dublin III Verordnung gestellt. Eine Zustimmung zur Rückübernahme ist bis dato noch nicht beim EAST/West Dublinbüro eingetroffen, jedoch wurden die französischen Behörden ersucht bis spätestens 12.04.2019 eine Zustimmung zur geplanten Überstellung nach Frankreich abzugeben.

Es darf festgehalten werden, dass die Fremde zum Zeitpunkt der Einreise über keine gültigen Reisedokumente verfügte und einen Eurodactreffer der Kategorie 1 für Frankreich aufwies. Im Zuge der Amtshandlung legte die Fremde entgegen den Ausführungen in der eingebrachten Beschwerde, weder den österreichischen Sicherheitsorganen noch dem BFA/RD K einen Antrag um Verlängerung Ihres Aufenthaltstitels von Italien vor. Selbst die Vorlage eines Antrages um Verlängung des Aufenthaltstitels von Italien hätte nichts an dem Umstand geändert, dass die Fremde illegal nach Österreich eingereist ist.

Zu dem ergab eine historische Abfrage im Melderegister der Republik Österreich vom 28.03.2019, dass die Fremde entgegen den Ausführungen in der eingebrachten Beschwerde an keinem Wohnsitz in Österreich gemeldet war und lediglich vorgehabt hätte sich in Österreich an einer Unterkunft anzumelden.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. die Beschwerde als unbegründet abweisen unzulässig zurückzuweisen,

2. gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,

3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum Sachverhalt und zur Person:

Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein, ist nigerianischer Staatsangehöriger und als solcher Fremder i.S.d. FPG.

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Es besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot gegen den BF.

Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist tatsächlich und zeitnah zu erwarten.

Der BF ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf:

Gegen den BF besteht eine durchführbare Rückkehrentscheidung in Bezug auf Nigeria. Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen und hat sich der Behörde mehrfach entzogen.

Zur familiären/sozialen Komponente:

Der BF verfügt im Inland über keine Angehörigen, keine nennenswerten Kontakte und hat im Verfahren keine wesentlichen Merkmale für seine Integration darlegen können. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine wesentlichen Deutschkenntnisse.

Der BF verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

Ein gesicherter Wohnsitz ist nicht vorhanden.

2. Beweiswürdigung:

Zur Person und zum Verfahrensgang:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten (Asyl- u. Fremdenakten) der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Die von der Behörde zur Person getroffenen Feststellungen wurde in Beschwerde nicht bestritten.

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Das Vorliegen einer rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten. Es trifft insbesondere nicht zu, dass dem Beschwerdeführer auf Grund des Folgeantragsverfahrens faktischer Abschiebschutz zukäme.

Die Feststellung der Haftfähigkeit ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor.

Dass die Abschiebung faktisch und bald möglich ist, ergibt sich aus der von der Behörde vorgelegten Stellungnahme.

Zum Sicherungsbedarf:

Die Feststellung dazu ergibt sich im Wesentlichen aus den diesbezüglichen Angaben im Akt. Dass sich der BF mehrfach der Behörde entzogen hat, insbesondere er sich dem gelinderen Mittel entzogen hat, wurde von der Beschwerde nicht substantiell bestritten.

Familiäre/soziale Komponente:

Sämtliche Feststellungen zu diesem Punkt basieren auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom 02.11.2018. Dass in der Beschwerde erstmals ein Bekannter namhaft gemacht wird, vermag an diesem Umstand - keine maßgebliche soziale Verankerung des BF im Inland - nichts zu ändern.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:

Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfer

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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