TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/29 VGW-141/081/668/2018

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Veröffentlicht am 29.05.2018
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Entscheidungsdatum

29.05.2018

Index

L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WSHG §15 Abs1
WSHG §25
WSHG §26 Abs1
WSHG §34 Abs3
ASVG §330a
VwGVG §27

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerde der Frau A. B., Wien, C.-Straße, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Stabsstelle Sozialrechtlicher Support, vom 06.12.2017, Zahl ..., mit welchem die Beschwerdeführerin verpflichtet wurde, dem Sozialhilfeträger Fonds Soziales Wien (FSW) gemäß §§ 25 iVm 26 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG), LGBl. für Wien Nr. 11/1973 idgF, Ersatz für die Kosten zu leisten, die dem FSW durch die Finanzierung der Pflege und Betreuung (einschließlich Lebensunterhalt) entstanden sind,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Spruchpunkt IV.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Stabsstelle Sozialrechtlicher Support, vom 6. Dezember 2017, Zahl ..., ersatzlos behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 6. Dezember 2017, wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet dem Fonds Soziales Wien für die durch die Finanzierung der Pflege und Betreuung im Zeitraum von 18. September 2017 bis 8. November 2017 entstandenen Kosten von insgesamt EUR 9.913,73 Ersatz zu leisten. Dabei wurde die Rechtsmittelwerberin in den Spruchpunkten I.) bis III.) zur Leistung eines Kostenersatzes auf Grund ihres Einkommens und Pflegegeldes in der Höhe von insgesamt EUR 1.944,34 sowie in Spruchpunkt IV.) des Bescheides zum Kostenersatz auf Grund ihres Vermögens in der Höhe von EUR 7.969,39 verpflichtet. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Zeitraum die Leistung „Pflegehaus mit ärztlicher Betreuung - Allgemeine Pflege und Betreuung“ und somit Pflege im Sinne des § 15 des Wiener Sozialhilfegesetzes im Pflegewohnhaus D. unter Kostenbeteiligung des Fonds Soziales Wien als Träger der Pflege in Anspruch genommen habe. Die Beschwerdeführerin verfüge auf Grund des Bezugs von Pflegegeld der Stufe 4 in Höhe von EUR 677,60 monatlich und einer Pension der PVA in der Höhe von EUR 869,54 monatlich über Mittel und Einkommen, die zum Kostenersatz heranzuziehen wären. Weiters hätte bei der Rechtsmittelwerberin zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Pflegeheim ein Vermögen in Form eines Barvermögens in der Höhe von EUR 12.000,-- bestanden, wobei ein Freibetrag von EUR 4.000,-- berücksichtigt worden wäre. Dieses Barvermögen stelle hinreichendes Vermögen im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 WSHG dar und wäre somit bei der Bemessung des Kostenersatzanspruchs zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin habe am 18. September 2017 den Antrag auf Gewährung einer Förderung zum Zwecke der Pflege unterzeichnet, wobei in diesem Antrag festgehalten wäre, dass sie zum Ersatz der für sie aufgewendeten Kosten verpflichtet sei, soweit sie über hinreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt oder hierzu gelangt.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde, welche sich ausschließlich gegen Spruchpunkt IV.) dieses Bescheides richtet, brachte die Beschwerdeführerin Nachstehendes vor:

„II. Beschwerde

Für den Fall, dass die Behörde meinen Antrag auf (bloße) Einstellung des vermögensbezogenen Sozialhilfe-Rückersatzverfahrens ablehnt (Kostenersatz von € 7.969,39).

erhebe ich gegen den Punkt IV) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, MA 40, vom 6.12.2017, ..., zugestellt am 15.12.2017, innerhalb offener Frist

Beschwerde

und begründe diese wie folgt:

Wie oben ausgeführt, hat der Gesetzgeber ab 1.1.2018 den Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten für unzulässig erklärt und gleichzeitig angeordnet, dass laufende Verfahren einzustellen sind (§§ 330a, 707a Abs. 2 ASVG)

Der angefochtene Bescheid ist per 1.1.2018 noch nicht in Rechtskraft erwachsen, per 1.1.2018 besteht somit ein laufendes Verfahren.

Durch die §§ 330a, 707a Abs. 2 ASVG wird dem laufenden Sozialhilfe-Rückersatz-Verfahren ab 1.1.2018 die Rechtsgrundlage entzogen.

Ich stelle daher den

Antrag,

den angefochtenen Bescheid in seinem Punkt IV.)

- entweder ersatzlos aufzuheben

- oder in dem Sinn abzuändern, dass keine Kostenersatzverpflichtung besteht

Allenfalls möge das rückersatzverfahren im Zuge der Beschwerde im Umfang des Punktes IV.) des angefochtenen Bescheides eingestellt werden, sodass ich im Ergebnis nicht verpflichtet bin, Rückersatz von € 7.969,39 zu leisten.“

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. Februar 2018 wurde dem Fonds Soziales Wien die Möglichkeit geboten, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen abzugeben.

Mit Eingabe vom 9. März 2018 legte der Fonds Soziales Wien Nachstehendes dar:

„Frau A. B. erhielt in der Zeit vom 18.9.2017 bis 8.11.2017 stationäre Pflege unter Förderung des FSW.

Die behördlichen Feststellungen zum Kostenbeitrag aufgrund des Einkommens (Pkt. I - III) wurden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Es ist dazu aber seitens des FSW festzuhalten, dass die Pension von Frau B. zwischenzeitlich rückwirkend von € 869,54 auf € 1.086,79 erhöht wurde (dazu Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 24.11.2017). Dieser Umstand machte eine Nachverrechnung erforderlich. Auf die beiliegenden Vorschreibungen und die Forderungsaufstellung darf verwiesen werden.

Zu den Ausführungen in der Beschwerde betreffend §§ 330a und 707a Abs. 2 ASVG ist Folgendes festzuhalten:

Die Auslegung von § 707a ASVG, wonach ab 1.1.2018 keine weiteren wie immer gearteten Forderungen um Zusammenhang mit stationärer Pflege zu zahlen wären, führt nach Ansicht des FSW zu einer groben Ungleichbehandlung der Ersatzpflichtigen. Dies würde nämlich bedeuten, dass jene Kundinnen bzw. Ersatzpflichtigen, die die Zahlungen rechtswidrig verweigert haben, um den rechtmäßig zu Stande gekommenen Forderungen mit 1.1.2018 befreit werden, während der große Anteil der Kundinnen des FSW, die ihrer Verpflichtungen im Sinne des WSHG nachgekommen sind und Zahlungen rechtzeitig getätigt haben, einen Nachteil erleiden sollen. Der FSW geht daher davon aus, dass auch eine Verfassungsbestimmung - wie die Übergangsregelung des § 707a ASVG - im Sinne des Gleichheitssatzes verfassungskonform interpretiert werden muss, sodass die vor dem 1.1.2018 geltenden gemachten und nicht dem Grund nach bestrittenen Forderungen zu zahlen sind. auch kann nach Ansicht des FSW nicht beabsichtigt sein, dass eine Ersatzpflicht von der Dauer eines Verfahrens abhängig gemacht wird.

Bedauerlicherweise hat der Bund von der Möglichkeit Übergangsbestimmungen zu erlassen, trotz der unklaren Auslegung der „neuen“ Bestimmungen des ASVG, keinen Gebrauch gemacht, sodass nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch bei den Sozialhilfeträgern weiterhin Rechtsunsicherheit herrscht. die Interpretation der Bestimmungen zum „Verbot des Pflegeregresses“ blieben bisher in der Literatur umstritten, sodass einzig die Möglichkeit bleibt, die durch die Bestimmungen der §§ 330a und 707a Abs. 2 ASVG geschaffenen offenen Rechtsfragen höchstgerichtlich zu klären.“

Nach Durchführung des Beweisverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Die am ...1920 geborene Beschwerdeführerin, eine österreichische Staatsangehörige, beantragte mit Eingabe vom 18. September 2017 die Förderung für Wohnen und Pflege in einem Wohn- und Pflegehaus durch den Fonds Soziales Wien. Dieser Antrag wurde seitens des Fonds Soziales Wien bewilligt und die Beschwerdeführerin im Pflegewohnhaus D. im Zeitraum von 18. September 2017 bis 8. November 2017 untergebracht, wobei ihr die Leistung „Pflegehaus mit ärztlicher Betreuung – Allgemeine Pflege und Betreuung“ zukam. Das Pflegeentgelt für das von ihr in Anspruch genommene Pflegewohnhaus betrug dabei EUR 231,66 pro Pflegetag. Insgesamt entstanden der Stadt Wien für die Aufnahme der Rechtsmittelwerberin im Pflegewohnhaus D. im Zeitraum vom 18. September 2017 bis 8. November 2017 Kosten von EUR 12.046,32.

Die Beschwerdeführerin bezog ab September 2017 eine Pension der Pensionsversicherungsanstalt in der Höhe von EUR 1.086,79 monatlich sowie Pflegegeld der Stufe 4 in der Höhe von EUR 677,60 monatlich.

Die Rechtsmittelwerberin verfügte zu Förderbeginn über ein Barvermögen in der Höhe von EUR 12.000,--.

Mit Eingabe vom 30. Oktober 2017 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides betreffend die gegenständliche Kostenersatzverpflichtung.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG abgesehen werden, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich dem Akteninhalt entnehmen lässt und die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Belehrung im angefochtenen Bescheid im Beschwerdeschriftsatz nicht die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Auch die belangte Behörde hat von der Beantragung der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung im Vorlageschreiben vom 10. Jänner 2018 abgesehen.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes – WSHG hat die Sozialhilfe jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

Gemäß § 1 Abs. 2 des Wiener Sozialhilfegesetzes umfasst die Sozialhilfe die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, die Hilfe in besonderen Lebenslagen und die sozialen Dienste.

Gemäß § 7 des Wiener Sozialhilfegesetzes hat der Hilfesuchende auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes einen Rechtsanspruch.

Gemäß § 8 Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Gemeinschaft oder Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

Gemäß § 10 Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes ist Hilfe nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

Gemäß § 11 Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes gehören zum Lebensbedarf

1. Lebensunterhalt,

2. Pflege,

3. Krankenhilfe,

4. Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen,

5. Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung.

Gemäß § 11 Abs. 2 des Wiener Sozialhilfegesetzes kann der Lebensbedarf in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gesichert werden.

Gemäß § 13 Abs. 9 des Wiener Sozialhilfegesetzes ist den in Anstalten oder Wohn- und Pflegeheimen untergebrachten Hilfesuchenden über 15 Jahren ein angemessenes Taschengeld zur Deckung kleinerer persönlicher Bedürfnisse zu sichern.

Gemäß § 15 Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes umfaßt die Pflege die körperliche und persönliche Betreuung von Personen, die auf Grund ihres körperlichen oder geistig-seelischen Zustandes nicht imstande sind, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen. Die Pflege kann innerhalb oder außerhalb von Pflegeheimen gewährt werden.

Gemäß § 25 des Wiener Sozialhilfegesetzes ist für Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen vom Empfänger der Hilfe, von seinen Erben, seinen unterhaltspflichtigen Angehörigen und von sonstigen Dritten Ersatz zu leisten, gegen die der Empfänger der Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes ist der Empfänger der Hilfe zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet,

1. soweit er über hinreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt oder hiezu gelangt, oder

2. wenn er innerhalb der letzten drei Jahre vor der Zeit der Hilfeleistung, weiters während der Hilfeleistung oder innerhalb von drei Jahren nach ihrer Beendigung durch Rechtshandlungen oder diesbezüglich wirksame Unterlassungen, wie etwa die Unterlassung des Antrittes einer Erbschaft, die Mittellosigkeit selbst verursacht hat.

Der Ersatz darf insoweit nicht verlangt werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet würde.

Gemäß § 26 Abs. 2 des Wiener Sozialhilfegesetzes sind die Kosten der folgenden Leistungen vom Empfänger der Hilfe jedenfalls nicht zu ersetzen:

1. aller Leistungen, mit Ausnahme der in Abs. 3 angeführten, die ihm vor Erreichung der Volljährigkeit gewährt wurden,

2. der Hilfe für werdende Mütter oder Wöchnerinnen

3. der Leistungen anläßlich einer Erkrankung an einer anzeigepflichtigen Krankheit im Sinne des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186,

4. der Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung.

Gemäß § 26 Abs. 3 des Wiener Sozialhilfegesetzes ist für Leistungen aus der stationären Pflege, wenn der Hilfeempfänger Pflegegeld bezieht, zunächst dieses zum Kostenersatz entsprechend heranzuziehen.

Gemäß § 34 Abs. 3 des Wiener Sozialhilfegesetzes ist Träger der Sozialhilfe im Hinblick auf die Gewährung von Unterkunft in einem Haus für Obdachlose (§ 14) und von Pflege (§ 15) der Fonds Soziales Wien.

Gemäß § 330a ASVG ist ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig.

Gemäß § 707a Abs. 2 ASVG tritt § 330a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017 mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.

Das Wiener Sozialhilfegesetz sieht an zu erbringenden Sachleistungen insbesondere die Pflege in oder außerhalb von Pflegeheimen vor (vgl. § 15 Abs. 1 WSHG). Dabei ist gemäß § 26 Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes der Empfänger der Hilfe zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, soweit er über hinreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt oder hiezu gelangt bzw. wenn er innerhalb der letzten drei Jahre vor der Zeit der Hilfeleistung, weiters während der Hilfeleistung oder innerhalb von drei Jahren nach ihrer Beendigung insbesondere durch Rechtshandlungen die Mittellosigkeit selbst verursacht hat. Die mit 1. Jänner 2018 in Kraft getretene Bestimmung des § 330a ASVG normiert jedoch, dass ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist. Des Weiteren sieht die Verfassungsbestimmung des § 707a Abs. 2 ASVG vor, dass ab 1. Jänner 2018 Ersatzansprüche gemäß § 330a ASVG nicht mehr geltend gemacht werden dürfen und laufende Verfahren einzustellen sind. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Schließlich können nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.

Unbestrittenermaßen steht fest, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 18. September 2017 bis 8. November 2017 im Pflegewohnhaus D. die Leistung „Pflegehaus mit ärztlicher Betreuung – Allgemeine Pflege und Betreuung“ in Anspruch genommen hat. Des Weiteren ist erwiesen, dass dem Fonds Soziales Wien für die Aufnahme der Rechtsmittelwerberin im Pflegewohnhaus D. in diesem Zeitraum auf Grund des im Jahr 2017 geltenden Pflegetarifs von EUR 231,66 täglich Kosten von insgesamt EUR 12.046,32 entstanden sind. Unbestrittenermaßen steht auch fest, dass die Rechtsmittelwerberin im Jahr 2017 eine Pension der Pensionsversicherungsanstalt und Pflegegeld der Stufe 4 in der Höhe von EUR 677,60 monatlich bezog sowie zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in das Pflegewohnhaus über Barvermögen in der Höhe von EUR 12.000,-- verfügte.

Der gegenständliche Bescheid vom 6. Dezember 2017 wurde am 15. Dezember 2017 der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß zugestellt und somit erlassen. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte auf Grund der §§ 25 f. des Wiener Sozialhilfegesetzes die Festsetzung des im angefochtenen Spruchpunkt IV.) verfügten Kostenersatzes zu Recht. Jedoch erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 2. Jänner 2018, eingelangt am 8. Jänner 2018, fristgerecht die mit aufschiebender Wirkung ausgestattete Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Mit den oben wiedergegebenen, am 1. Jänner 2018 in Kraft getretenen Verfassungsbestimmungen der §§ 303a und 707a Abs. 2 ASVG wurde der Pflegeregress – somit der Rückgriff der Bundesländer auf das private Vermögen einer pflegebedürftigen Person oder auch auf das Privatvermögen der Angehörigen dieser pflegebedürftigen Person – bundesweit abgeschafft und normiert, dass ab diesem Zeitpunkt Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden dürfen und insbesondere auch laufende Verfahren einzustellen sind. Des Weiteren wurde festgesetzt, dass dem entgegenstehende Landesgesetze zu diesem Zeitpunkt außer Kraft treten. Von der in der Bestimmung des § 707a Abs. 2 ASVG vorgesehenen Möglichkeit der Schaffung von Übergangsbestimmungen hat der Bundesgesetzgeber abgesehen. Somit kann auch im vorliegenden Verfahren ein Ersatzanspruch durch Zugriff auf das Vermögen der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Angehörigen oder Geschenknehmer nicht mehr geltend gemacht werden und war daher der angefochtene Spruchpunkt IV.) des Bescheides vom 6. Dezember 2017 ersatzlos zu beheben.

Soweit der Fonds Soziales Wien in seiner Stellungnahme vom 9. März 2018 darlegte, eine Auslegung des § 707a Abs. 2 ASVG dahingehend, dass ab 1. Jänner 2018 keine wie immer gearteten Forderungen im Zusammenhang mit stationärer Pflege zu zahlen wären, führe zu einer groben Ungleichbehandlung der Ersatzpflichtigen, weil jene Kunden des Fonds Soziales Wien, die ihre Zahlungen rechtzeitig getätigt haben, einen Nachteil erleiden würden und nicht beabsichtigt sein könne, die Ersatzpflicht von der Dauer eines Verfahrens abhängig zu machen, ist dem einleitend entgegen zu halten, dass gehörig kundgemachte Gesetze anzuwenden sind. Bei den eindeutig und klar formulierten Bestimmungen der §§ 303a und 707a Abs. 2 ASVG handelt es sich darüber hinaus um Verfassungsbestimmungen des Bundesgesetzgebers, welche lediglich auf ihre Übereinstimmung mit den leitenden Prinzipien der Bundesverfassung überprüft werden können. Eine derartige Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen ist jedoch nach Ansicht des gefertigten Mitglieds des Verwaltungsgerichts Wien nicht ersichtlich. Auch kann nicht nachvollzogen werden, inwiefern sich die Bestimmung des § 707a Abs. 2 ASVG als unklar darstellt, zumal ihr eindeutig entnommen werden kann, dass Ersatzansprüche im Sinne des § 303a ASVG ab dem 1. Jänner 2018 nicht mehr geltend gemacht werden können und laufende Verfahren einzustellen sind. Kostenersatzverfahren im Sinne des § 303a ASVG, welche am 1. Jänner 2018 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wurden, dürfen daher auf Grund der Bestimmung des § 707a Abs. 2 ASVG nicht weitergeführt werden und sind damit noch nicht rechtskräftige diesbezügliche Bescheide ersatzlos zu beheben.

Zum Vorbringen des Fonds Soziales Wien in seiner Stellungnahme vom 9. März 2018, wonach die Pension der Rechtsmittelwerberin rückwirkend erhöht worden sei, sodass eine Nachverrechnung erforderlich wäre, ist anzumerken, dass eine diesbezügliche Abänderung der Spruchpunkte I.) bis III.) des Bescheides durch das Verwaltungsgericht Wien mangels Zuständigkeit nicht möglich ist, zumal sich die Beschwerde ausdrücklich und ausschließlich gegen Spruchpunkt IV.) des Bescheides vom 6. Dezember 2017 betreffend eine Kostenersatzverpflichtung auf Grund hinreichenden Vermögens richtet (vgl. § 27 VwGVG). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beschränkung der Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichts durch den Anfechtungsumfang der Beschwerde voraus, dass der im angefochtenen Bescheid enthaltene Abspruch rechtlich in mehrere selbständige Teile trennbar ist, die unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen können (vgl. VwGH vom 24.2.2016, Zl. Ra 2015/09/0138, und vom 29.11.2017, Zl. Ro 2017/04/0020, mwN). Der mit Spruchpunkt IV.) des Bescheides festgesetzte Ersatz der Kosten, die dem Fonds Soziales Wien durch die Finanzierung der Pflege und Betreuung im Zeitraum von 18. September 2017 bis 8. November 2017 entstanden sind, auf Grund hinreichenden Vermögens der Beschwerdeführerin kann jedoch ohne weiteres selbständig ohne die weiteren Spruchpunkte I.) bis III.) betreffend die Festsetzung eines Kostenersatzes auf Grund hinreichenden Einkommens bestehen. Dies indizieren auch die Bestimmungen der §§ 330a und 707a Abs. 2 ASVG, wonach ein Zugriff auf das Vermögen von insbesondere in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist und ab 1. Jänner 2018 derartige Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden dürfen sowie laufende Verfahren einzustellen sind. Die Spruchpunkte I.) bis III.) des Bescheides sind daher mangels Anfechtung nach Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft erwachsen und ist somit eine entsprechende Abänderung durch das Verwaltungsgericht Wien nicht möglich.

                    

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Sozialrecht; Sozialhilfe; Kostenbeitrag; Kostenersatz; Vermögen; Pflegeregress; Pflegeleistung; Spruchpunkte; Trennbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.141.081.668.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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