TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/8 I416 2165475-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.02.2019
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Entscheidungsdatum

08.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 2165475-1/10E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DER AM 23.01.2019

MÜNDLICH VERKÜNDETEN ENTSCHEIDUNG

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Liberia, vertreten durch 1.) RA Mag. Dr. Vera M. WELD und 2.) Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.01.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein liberianischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen von Ungarn kommend ins Bundesgebiet ein und stellte am 08.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.11.2015 gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen an, dass er XXXX heißen würde, am XXXX in XXXX in Liberia geboren, der Volksgruppe der Mandingo angehöre, muslimischen Glaubens sei, traditionell verheiratet sei und zwei Kinder habe. Er gab weiters an, dass er zwölf Jahre die Schule besucht habe und zuletzt als Schmuckhändler gearbeitet habe. In Liberia würden neben seiner Frau und seinen Kindern noch seine Eltern und seine vier Brüder leben. Zu seiner Fluchtroute führte er aus, dass er im Juli 2014 mit dem Motorrad in die Elfenbeinküste gefahren und von dort mit dem Flugzeug nach Istanbul geflogen sei. Von dort sei er mit dem Schlauchboot nach Athen und dem Zug nach Thessaloniki und weiter zu Fuß über Serbien nach Ungarn und mit dem Zug nach Österreich. Seinen Reisepass habe er im Meer verloren und sei sein Asylantrag in Ungarn negativ entschieden worden. Befragt zu seinen Fluchtgründen führte er aus, dass er mit dem Geheimbund der "PORO" zusammengearbeitet habe und diese Vereinigung gegen die liberische Regierung arbeiten würde. Er gab weiters an, dass er diese Vereinigung verlassen habe wollen und deshalb bedroht worden sei. Er habe sein Land verlassen, da er mit dem Tod bedroht worden sei, weiter Fluchtgründe habe er keine. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er um sein Leben.

2. Am 05.07.2017 wurde der Beschwerdeführer zu seinem Antrag auf internationalen Schutz von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, wiederholte er im wesentlichen seine Angaben aus der Ersteinvernahme und führte ergänzend dazu aus, dass er neben der Schule in Liberia auch zwischenzeitlich eine Flüchtlingsschule in Guinea besucht habe, dass er seit 2005 verheiratet sei, sein Sohn zehn Jahre alt und seine Tochter neun Jahre alt seien und dass er bis zu seiner Ausreise im Juli 2014 mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in XXXX gelebt habe. Er gab weiters an, dass in Liberia noch seine Brüder und seine Tante leben würden seine Frau und seine Kinder würden in Guinea leben. Seinen Lebensunterhalt habe er als Geschäftsmann bestritten, er sei Vertreter eines Unternehmens namens

XXXX gewesen und habe er mit Gold gehandelt. Nachgefragt führte er aus, dass er als Handelsvertreter gearbeitet habe und in verschiedenen Grafschaften im Busch Gold und kleine Diamanten gekauft habe. Der Beschwerdeführer legte dazu ein Schreiben vor, welches er nach eigenen Angaben vorweisen habe müssen, wenn er im Busch auf Regierungsvertreter getroffen sei, um sich zu schützen. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte er zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass es in Liberia einen Geheimbund gebe, der die Bewegungsfreiheit der Menschen im Busch einschränken würde, wenn man nicht Mitglied dieser Vereinigung sei. Er gab weiters an, dass er über einen Freund diesem Geheimbund beigetreten sei, um sich beim Goldkauf frei bewegen zu können. Er führte weiters aus, dass 2014 dieser Geheimbund einen Imam und dessen Familie entführt und in den Busch gebracht habe. Im Rahmen einer von ihm und seinem Freund organisierten Befreiungsaktion, bei der der Imam und seine Familie befreit wurden, kam es zum Kampf mit den Männern von "PORO" vor Ort und wurden dabei zwei Männer umgebracht. In der Früh seien dann die Einsatzkräfte der Polizei gekommen und hätten viele Menschen festgenommen. Er selbst habe flüchten können und sei mit einem Motorradtaxi zur Grenze der Elfenbeinküste gefahren und habe so das Land verlassen. Zwei, drei Wochen später habe er dann von seiner Frau gehört, dass sein Freund von der Polizei verhaftet und an den Geheimbund ausgeliefert worden sei und von diesen umgebracht worden sei. Letztlich führte er aus, dass er sich nicht in einem anderen Ort von Liberia niederlassen könne, da diese überall seien und sie einen sogar erwischen könnten, wenn man in Sierra Leone oder Guinea ist und dass diese ihn im Falle seiner Rückkehr, umbringen wollen, da sie Mohamed schon umgebracht haben. Der Beschwerdeführer legte eine Teilnahmebestätigung über einen "Nachhilfekurs Deutsch" vom 07.06.2017 und die Kopie eines Schreibens bezeichnet als "Payment Form" datiert mit 08.10.2013 vor.

3. Mit dem Bescheid vom 07.07.2017, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Liberia gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt, wurde "gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen und "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Liberia zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

4. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 07.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschrechte Österreich, Alser Straße 20/5, 1090 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

5. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 21.07.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer monierte darin Rechtswidrigkeit des Inhaltes, mangelhafte bzw. unrichtige Bescheidbegründung, sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde im Wesentlichen nach Wiederholung seines Vorbringens ausgeführt, dass die liberianischen Sicherheitsbehörden nicht willig und imstande seien ihm den notwendigen Schutz zu gewähren, es keine innerstaatliche Fluchtalternative gebe, da die Mitglieder des Geheimbundes "Poro" eng mit der Regierung zusammenarbeiten würden und der Beschwerdeführer überall von diesen gefunden werden könnte. Es wurde weiters ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Aussagen inhaltlich aufrecht halte er habe am Verfahren mitgewirkt und alle Fragen beantwortet, sein Vorbringen sei detailliert und genügend substantiiert in sich schlüssig mit den Länderfeststellungen vereinbar und daher plausibel. Letztlich wurde ausgeführt, dass es die Behörde unterlassen habe, durch die richtige Fragestellung den richtigen Sachverhalt zu ermitteln und habe die Behörde die Fluchtgründe nicht richtig ermittelt. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Liberia zuerkennen, in eventu die Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig erklären, in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen, sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

6. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 26.07.2017 vorgelegt

7. Mit Schriftsatz vom 08.08.2017 legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung über die regelmäßige Teilnahme an einem Deutschunterricht vor. Mit Schriftsatz vom 19.12.2018 legte der Beschwerdeführer Schulbesuchsbestätigungen des BPI XXXX über den Besuch des HTL-Vorbereitungslehrgangs XXXX, das Schuljahr 2017/2018 betreffend und die Kopie eines Zeitungsausschnittes der XXXX (Woche 29/2016).

8 Am 23.01.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.

9. Mit Schriftsatz vom 05.02.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 06.02.2019, erfolgte einerseits eine Vollmachtsbekanntgabe und wurde andererseits die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, Staatsangehörigen von Liberia und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Weitere Feststellungen zu seiner Identität können allerdings nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und bekennt sich zum Christentum. Der Beschwerdeführer ist im Entscheidungszeitpunkt in Liberia traditionell verheiratet und hat zwei Kinder.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen seines Gesundheitszustandes. Er ist jung, gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer hat laut eigenen Angaben eine mehrjährige Schulbildung und hat in Liberia seinen Lebensunterhalt für sich und seine Familie dadurch bestritten, dass er nach Gold gegraben und dieses dann weiterverkauft hat und war vor seiner Ausreise zuletzt bei einer Firma Namens XXXX." beschäftigt. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung hat er eine Chance auch hinkünftig am liberianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer hat neben seiner Frau und seinen Kindern noch familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und Brüder sowie weitere Verwandte, nicht festgestellt werden kann, dass diese sich in Guinea und nicht in Liberia aufhalten. Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt mit seiner Frau und seinem Vater.

Der Beschwerdeführer hält sich seit mindestens 08.11.2015 in Österreich auf. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.

Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seiner Integration Schulbesuchsbestätigungen des BPI XXXX über den Besuch des HTL-Vorbereitungslehrgangs XXXX, das Schuljahr 2017/2018 betreffend und die Kopie eines Zeitungsausschnittes der XXXX (Woche 29/2016) vorgelegt. Der Beschwerdeführer hat außer seinen Deutschkursen und dem Vorbereitungslehrgang an keinen beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer Deutsch spricht, es wird aber auch festgestellt, dass der Beschwerdeführer während der gesamten Verhandlung auf einen Dolmetscher angewiesen war und keine Unterlagen bezüglich abgelegter Deutschprüfungen vorlegen konnte. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine nennenswerten sozialen Kontakte und ist auch kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Institution.

Insbesondere aufgrund der kurzen Dauer seines Aufenthaltes kann nicht von einer nachhaltigen Integrationsverfestigung gesprochen werden. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Liberia einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Der Beschwerdeführer konnte keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend machen. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung/Bedrohung durch den Geheimbund der "PORO" kann mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Liberia aufgrund staatlicher Verfolgung verlassen hat. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten habe.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Liberia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Nicht festgestellt werden kann auch, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Liberia die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre, darüberhinaus verfügt er noch über vielfältige familiäre Anknüpfungspunkte.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Liberia:

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Liberia übermittelt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden zudem eine Accord Anfrage bezüglich der "Poro"-Gesellschaft und Recherchen des erkennenden Richters zum Thema "Poro" erörtert. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Liberia ist eine Präsidialrepublik nach amerikanischem Vorbild. Der Präsident wird für jeweils sechs Jahre und höchstens zwei Amtsperioden direkt vom Volk gewählt. Er ist Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Regierungschef und ernennt das Kabinett mit Zustimmung des Senats. Die Legislative besteht aus dem Senat mit 30 Mitgliedern, die eine Amtsperiode von neun Jahren haben, und aus einem Repräsentantenhaus mit 64 Mitgliedern, die vom Volk für jeweils sechs Jahre gewählt werden. 1984 wurde durch Volksabstimmung eine neue Verfassung in Kraft gesetzt, die sich, wie die vorhergehende, eng an das US-amerikanische Modell anlehnt. Verwaltungsmäßig gliedert sich Liberia in 15 Verwaltungsbezirke ("Counties"), die je nach Größe in unterschiedlich viele Distrikte unterteilt werden. Die liberianische Regierung ernennt die Verwaltungschefs (County Superintendent und District Commissioner) dieser nachgeordneten Einheiten. Städte verfügen über gewählte Bürgermeister und Stadträte. Neben dieser "modernen" politischen Struktur existiert eine traditionelle Führung auf unterschiedlichen Ebenen (Town Chief, Clan Chief und Paramount Chief), die vor allem in ländlichen Gebieten über beträchtlichen Einfluss verfügen. Dieser Dualismus setzt sich auch im Rechtswesen fort, wo öffentliche und traditionelle Gerichtsbarkeit nebeneinander bestehen.

Seit 2006 war Ellen Johnson Sirleaf Präsidentin und Regierungschefin des Landes. Bei den am 10.10.2017 stattfindenden (Parlaments-) und Präsidentschaftswahlen konnte sie nicht mehr kandidieren. Schwerpunkte ihrer Regierungsarbeit waren die Rehabilitierung der Straßen- und Energieinfrastruktur sowie der Wiederaufbau des Bildungs- und Gesundheitssektors. Trotz Fortschritten in der Wirtschaft, dem Erlass fast aller Auslandsschulden im Rahmen der Initiative für hochverschuldete arme Länder (Heavily Indebted Poor Countries - HIPC), der Erhöhung staatlicher Einnahmen, der Verabschiedung wichtiger Gesetze, der Stabilisierung von Institutionen und Erfolgen bei der Verbesserung der Transparenz in der Rohstoffindustrie, steht Liberia weiterhin vor gewaltigen Herausforderungen. Verbreitete Korruption sowie mangelnde Kapazitäten in Verwaltung und Justiz erschweren die Durchführung der Entwicklungspläne.

Bei der Stichwahl am 26. Dezember 2017 erhielt der 51-Jährige George Manneh Weah 61,5 Prozent der Stimmen, während sein Gegner, Vizepräsident Joseph Boakai von der regierenden Einheitspartei (UP), 38,5 Prozent der Stimmen erhielt. Der ehemalige George Manneh Weah Fußballstar wurde somit zum neuen Präsidenten Liberias gewählt. Vizepräsidentin wird damit Jewel Howard Taylor. Am 22. Januar 2018 wurde Weah zum Präsidenten vereidigt. Seine Antrittsrede hielt er im Fußballstadion in XXXX vor mehr als 35.000 Zuschauern und einem Dutzend Staatsoberhäuptern. Einige Stunden vor der offiziellen Zeremonie ist das Samuel Kanyon Doe Stadion voll.

Eines der wichtigsten Themen darin war sein Versprechen, die Korruption nachhaltig zu bekämpfen. Viele arme Menschen in Liberia setzen große Hoffnungen in Weah, der selbst in einem Slum in XXXX aufgewachsen ist. Für Liberia ist es die erste Amtsübergabe zwischen zwei demokratisch gewählten Regierungschefs seit 1944. Darüber hinaus hat Weah versprochen, die Schaffung von Wohlstand und Arbeitsplätzen in den Mittelpunkt seiner Präsidentschaft zu stellen.

Auch 14 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs und seit dem Übergang der Sicherheitsverantwortung an die nationalen Behörden im Juli 2016 ist die Sicherheitslage in Liberia zwar unter Kontrolle, aber weiterhin fragil. Die Friedenstruppe UNMIL ist noch bis Ende März 2018 vor Ort, wenn auch ressourcenmäßig weiter reduziert und primär als Unterstützer für einen evtl. Krisenfall). Die Anwesenheit von immer noch fast 12.000 ivorischen Flüchtlingen (laut BMEIA 20.000) in der Grenzregion stellt auch weiterhin eine starke humanitäre Belastung und ein potentielles zusätzliches Sicherheitsrisiko dar.

Die Ebola-Epidemie 2014/2015 stellte eine enorme Herausforderung für die staatlichen Strukturen Liberias dar. Präsidentin Johnson Sirleaf verhängte zeitweilig sogar den Staatsnotstand. Nach drei örtlich und bezüglich der Zahl der Infizierten eng begrenzten Folgeausbrüchen (zuletzt Ende März 2016; alle im Großraum XXXX) erklärte die WHO Liberia am 9.6.2016 wieder für Ebola-frei.

Unter dem Begriff poro werden eine Vielzahl in ganz Westafrika verbreiteter Geheimbünde zusammengefasst. Die poro-Geheimbünde, denen nur Männer angehören, erfüllen wichtige Aufgaben bei der Initiation von Jungen und allen Aspekten des politischen und religiösen Lebens. Die poro waren vor der Ankunft staatlicher und kirchlicher Bildungsinstitutionen die zentrale Erziehungsinstitution in dieser Region und sorgten für die Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung.

Die Zugehörigkeit zu Poro ist nur Männern vorbehalten, der Beitritt zu einem Bund ist freiwillig, erfolgt aber häufig unter sozialem Druck. Auch ist bei den Geheimbünden nicht die Mitgliedschaft ein gehütetes Geheimnis, vielmehr das erworbene Wissen. Der Wissenserwerb ist wiederum nur in zeitlich auseinanderliegenden Phasen möglich, meist sind zu jeder neuen Phase Prüfungen oder Rituale vorgeschrieben. Ein Austritt aus einem Geheimbund ist nicht vorgesehen, um die Kontrolle über das Geheimwissen nicht zu verlieren. Innerhalb der Geheimbünde besteht eine hierarchische Struktur, die nicht deckungsgleich mit der vorgefundenen sozialen und politischen Struktur sein wird.

Die Bünde zeigen sich auch bewusst in der Öffentlichkeit: durch den Auftritt ihrer Masken. Diese zeigen sich z.B. zu sogenannten Initiationsriten (Übergangsrituale vom Kind zum Erwachsenen) oder wenn bedeutende Persönlichkeiten ins Dorf kommen. Diese Auftritte sind immer wieder ein großes Ereignis, wenn die Geheimbünde auf die Bühne treten!

Von den drei Bünden ist Poro der bedeutsamste. Die gesamte einheimische Bevölkerung untersteht seiner Gerichtsbarkeit. Er stellt im Wesentlichen eine Art Freimaurerloge bzw. Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit dar, dessen Hauptaspekte sich auf sowohl im Religiösen (Initiation des Heranwachsenden) als auch auf das zivile Leben erstrecken. Hier werden Gesetze gemacht und über Krieg und Frieden entschieden.

Der Poro verfügt über ein umfangreiches Repertoire an Ritualen, Begriffen, Tätowierungen und Symbolen, deren Details für Außenstehende unbekannt sind, da die beeidete Geheimhaltung unverbrüchlich ist. Man versammelt sich in der Trockenzeit, zwischen Oktober und Mai im Urwald. Ein umzäunter Bereich mit aus Matten errichteten von überhängenden Bäumen bedachten Wohnungen dient als Versammlungsraum.

Die Hierarchie umfasst dabei drei Grade: der Erste für die Häuptlinge und prominenten Männer, der Zweite für die "Fetisch" Priester und der Dritte für die Gemeinde. Die Zeremonien des sierra-leonischen Purrah werden vom Poro-Teufel, einem Mann im Fetischkleid, geleitet der die Gemeinde durch ein langes hölzernes Rohr anspricht.

In Liberia tritt der Poro-Teufel bei Anwesenheit von Frauen, Kindern und Nichtmitgliedern nicht in Erscheinung. Der Gbetoo ist die einzige "Fetisch, der mit einem langen hölzernen Rohr" bekleidet und als solche Hülle sichtbar ist. Dieser Poro-Teufel ist selbst den meisten Mitgliedern unsichtbar.

Poro vermag sein Tabu auf alles oder jedes zu setzen; und da kein Einheimischer riskieren würde, seine Macht anzutasten, führte es zu erheblichen Versorgungsproblemen, als das Getreide mit dem Tabu belegt wurde. 1897 erließen die britische bzw. die lokale Regierung eine Verordnung, die das Auferlegen eines Tabus auf alle einheimischen Nahrungsgüter generell verbot.

In Liberia war der Poro ein Versuch der indigenen Bevölkerung die Kolonisten und deren Staat in die lokalen Beziehungsnetzwerke einzubinden. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass der Poro in Vielem den bei den schwarzen Siedlern, den so genannten Americo-Liberianern, weit verbreiteten Freimaurerlogen und deren Ritualen glich. In den 1950er Jahren unternahm der liberianische Staat Versuche den Poro bei der Ausweitung seiner Herrschaft über die ethnischen Gruppen des Hinterlandes einzusetzen. Diese Bestrebungen gipfelten darin, dass der Präsident Liberias seit den 1950er Jahren auch das Oberhaupt aller Poro-Bünde des Landes ist. Der Poro wandelte sich somit von einer Institution, mit dem die indigene Bevölkerung die Vertreter des Kolonialstaates zu kontrollieren versuchte, zu einem Herrschaftsinstrument mit dem der Staat versuchte seine Herrschaft über die indigene Bevölkerung auszudehnen.

Es gibt keinerlei Hinweise auf Kannibalismus in diesen regulären poro- Geheimbünden. Jedoch gab es seit dem späten 19. Jahrhundert immer wieder Berichte über in noch größerer Verborgenheit operierende Geheimbünde, den so genannten Leopardmenschen oder Alligatormenschen, die angeblich magischen Kannibalismus praktizierten, um ihre mentalen und physischen Kräfte zu mehren. Berichte über die Aktivitäten dieser Geheimbünde sind auch im 20. Jahrhundert immer wieder aufgetaucht, es kam auch zu vereinzelten Prozessen in beiden Ländern. Seit dem 16. Jahrhundert spielte in dieser Region eine weitere Form von Geheimbünden eine wichtige Rolle bei der Kriegsplanung und -führung. Diese exklusiven Bünde, in manchen Gegenden unter dem Namen wunde bekannt, waren nur ausgewählten Mitgliedern der regulären poro-Bünde vorbehalten und praktizierten nach zeitgenössischen Berichten magischen Kannibalismus in ihren Kriegszeremonien.

Das Justizministerium ist für die Umsetzung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der Ordnung im Land zuständig, mitunter für die Beaufsichtigung der LNP (Liberia National Police) und weiterer Strafverfolgungsbehörden. Die Streitkräfte von Liberia (Armed Forces Liberia) sind für Landesverteidigung bzw. die äußere Sicherheit zuständig. Sie haben aber auch Aufgaben in Bezug auf die innerstaatliche Sicherheit, insbesondere die Küstenwache. Die United Nations Mission in Liberia (UNMIL) hat bereits offiziell die volle Sicherheitsverantwortung an Liberia zurückgegeben, obwohl eine Resttruppe von 1.240 Soldaten und 606 U.N.-Polizisten übrig ist.

Die zivilen Behörden haben im Allgemeinen wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte beibehalten.

Eine Reihe von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen arbeiteten ohne staatliche Einschränkung und untersuchten und veröffentlichten ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte waren im Allgemeinen kooperativ und reagierten auf ihre Ansichten, auch wenn sie manchmal nur langsam auf Ersuchen um Unterstützung bei Ermittlungen im Zusammenhang mit der Verfolgung von Personen reagierten, die während des Bürgerkriegs Gräueltaten begangen hatten.

Die Abteilung des Justizministeriums für den Schutz der Menschenrechte unterhält monatliche Sitzungen und bietet so ein Forum für nationale und internationale Menschenrechts-NGOs, um der Regierung Angelegenheiten (einschließlich Gesetzesvorschläge) vorzustellen. Das UN-Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) fungiert als unabhängige Kontrollinstanz im Rahmen ihres Auftrags, Menschenrechtsverletzungen im Land zu überwachen.

Die Menschenrechtssituation hat sich im ganzen Land kontinuierlich gebessert. Seit Ende des Krieges hat Liberia Fortschritte bei der Gewährung internationaler Menschenrechte gemacht. Trotzdem gilt es noch, eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen, vor allem in der Rechtsprechung und Rechtsstaatlichkeit, wo es immer noch gravierende Unzulänglichkeiten im Justizsystem gibt. Staatliche Sicherheitskräfte verhafteten manchmal Journalisten, weil sie angeblich kriminell verleumderische Meinungen veröffentlichen und die Regierung kritisieren. Darüber hinaus nehmen Sicherheitskräfte weiterhin willkürliche Verhaftungen vor, angeblich um kriminelle Aktivitäten zu verhindern.

Die unabhängige nationale Kommission für Menschenrechte (Independent National Commission on Human Rights - INCHR) ist seit 2009 für die Förderung der nationalen Umsetzung und Einhaltung der von Liberia unterzeichneten internationalen und regionalen Menschenrechtsverträge zuständig, ist aber öffentlich bisher nur punktuell in Erscheinung getreten.

Neben den Organisationen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit sind verschiedene kirchliche und private Hilfswerke in Liberia aktiv. Cap Anamur hat bis Mitte 2010 in XXXX eine Klinik für psychisch kranke Menschen - oft traumatisierte Bürgerkriegsopfer - unterhalten. Misereor-Partnerorganisationen kümmern sich um kriegsgeschädigte Kinder in Liberia und eröffnen ihnen Perspektiven für ein Leben im Frieden. Außerdem berät Misereor Gesundheitseinrichtungen. Die Diakonie Katastrophenhilfe war bei der Behandlung von Ebolapatienten aktiv tätig und hat zusammen mit Brot für die Welt und dem Deutschen Institut für Ärztliche Mission (Difäm) Menschen vor Ort im Kampf gegen Ebola gestärkt und über die kirchlichen Gesundheitseinrichtungen eine Basisversorgung aufrecht erhalten. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat ein Ebola-Behandlungszentrum betrieben, das aber auf Grund des deutlichen Rückgangs der Ebola-Neuinfektionen in Liberia keine Ebola-Patienten behandelt hat. Stattdessen wurde das Behandlungszentrum für eine temporäre Unterstützung des liberianischen Gesundheitssystems bei der Behandlung von Nicht-Ebola-Infektionskrankheiten eingesetzt und nach einigen Monaten geschlossen. Brot für die Welt und die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) unterstützen liberianische Nichtregierungsorganisationen durch die Entsendung von Entwicklungshelfern und Friedensfachkräften, im Bildungsbereich zum Beispiel das Kofi-Annan-Institut für Konflikttransformation (KAICT) der liberianischen Universität und den Nationalen Verband für Erwachsenenbildung in Liberia (NAEAL).

Die Verfassung sieht Rede- und Pressefreiheit vor und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Die Medien operieren weitgehend ohne Beschränkungen durch die Regierung. Für die meisten Bürger Liberias ist der Rundfunk die wichtigste Informationsquelle. Am 21.7.2012 hat Präsidentin Johnson Sirleaf die Table Mountain Declaration unterzeichnet, ein Schritt hin zur Abschaffung von repressiven Maßnahmen gegenüber afrikanischen Journalistinnen und Journalisten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit 2017 belegt Liberia Platz 94 von 180.

Die Verfassung sieht die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Für öffentliche Versammlungen sind Genehmigungen erforderlich. Oppositionsparteien können frei für ihre Ziele werben. Zivilgesellschaftliche Organisationen, zum Beispiel Straßenhändler, protestierten wiederholt und blockierten Hauptstraßen ohne Belästigung. Bei Eskalationen, übten Exekutivbeamte weiterhin exzessive Gewalt aus.

Die Verfassung gewährleistet Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Die Regierung respektierte diese Rechte im Allgemeinen in der Praxis. Jedoch unterzogen Beamte der LNP (Liberia National Police) und des Immigrationsbüros gelegentlich Reisende willkürlichen Durchsuchungen oder erpressten Schmiergelder von ihnen an offiziellen und inoffiziellen Kontrollpunkten.

Während sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert und die Stabilität gestärkt haben, ist der Lebensstandard kaum gestiegen. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung lebt in bitterer Armut. Liberia zählt stets zu den ärmsten Ländern der Welt. Im Human Development Index (HDI) belegte Liberia 2014 Platz 177 von

188. Fast 90 Prozent der Bevölkerung leben von weniger als USD 3,10 pro Tag. Liberia ist reich an natürlichen Ressourcen. Allein die Eisenerzvorkommen werden auf zwei bis fünf Milliarden Tonnen geschätzt. Vor der Küste wurden Erdölvorkommen entdeckt, deren Förderbarkeit und kommerzieller Wert jedoch noch geprüft werden müssen.

Wichtigste Exportgüter bleiben Rohstoffe, vor allem Eisenerz und Rohkautschuk, aber auch Palmöl und Holz sowie Gold und Diamanten, Kaffee und Ananas (AA 3.2017a; vgl. GIZ 3.2018b). Das liberianische Schifffahrtsregister zählt zu den größten der Welt und sorgt für einen Großteil der Deviseneinkünfte des westafrikanischen Landes. Gleichzeitig müssen Lebensmittel - vor allem Reis - und Treibstoffe teuer importiert werden. Trotz dieses Fortschritts und den enormen Rohstoffvorkommen ist die Handelsbilanz Liberias defizitär.

Darüber hinaus sind seit 2015 - insbesondere in Folge der Ebola-Epidemie deutliche Wachstumseinbußen zu verzeichnen. Viele ausländische Unternehmen reduzierten ihr internationales Personal oder zogen es ganz ab. Liberia hatte sich in den letzten zehn Jahren wirtschaftlich positiv entwickelt. Seine Wirtschaft ist in diesem Zeitraum durchschnittlich um mehr als sechs Prozent pro Jahr gewachsen.

Es gibt gute Voraussetzungen für nachhaltige Landwirtschaft, die derzeit noch mehr als 60 Prozent des BIP erbringt. Die wichtigsten makroökonomischen Kennzahlen waren in den Jahren vor Ausbruch der Ebola-Epidemie gut. Liberia hatte hohe Wachstumsraten bei nur moderater Staatsverschuldung - nach Erlass von rund 4,6 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden.

Liberia ist eines der am stärksten urbanisierten Länder der Region, etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt in städtischen Gebieten, etwa ein Drittel in der Hauptstadt. Dies ist zum Teil das Vermächtnis des Bürgerkriegs, als die Städte vergleichsweise sicher waren und Binnenflüchtlinge anzogen. Der Industriesektor ist klein, und die Chancen in der städtischen Wirtschaft sind gering. Private Unternehmen dominieren die Wirtschaft und gelten als Motoren der Entwicklung.

Die Arbeitslosigkeit, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit, bleibt weiterhin sehr hoch. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung dürften unterbeschäftigt bzw. im informellen Sektor tätig sein, bestätigte Zahlen dazu gibt es jedoch nicht. Die Inflation lag 2016 bei etwa 8,7 Prozent, ausgelöst durch den weltweiten Anstieg der Nahrungsmittelpreise und den fallenden Kurs des liberianischen Dollars.

Vor allem in ländlichen Gebieten ist der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen aufgrund der schlechten Transportinfrastruktur weiterhin sehr schwierig. Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/ oder hygienisch problematisch. Die ärztliche Versorgung auch in XXXX ist aufgrund des Mangels an Fachärzten begrenzt.

Zurzeit werden noch drei Viertel aller medizinischen Einrichtungen von - zumeist ausländischen - Nichtregierungsorganisationen betrieben, aber dieser Anteil wird in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach deutlich sinken. Die liberianische Regierung ist daher bemüht, mehr Fachkräfte für den Gesundheitssektor auszubilden. Das hat noch einmal an Bedeutung gewonnen, nachdem sich während des Ebolaausbruchs 2014/15 mehr als 200 Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger mit dem Ebola-Virus infiziert haben und ca. 100 davon gestorben sind. Selbst vor dieser Krise gab es in Liberia nur einen Arzt für 10 000 Menschen.

Die Regierung arbeitete mit dem Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und weiteren humanitären Organisationen und Geberländern zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 3.3.2017). UNHCR arbeitet mit der Regierung von Liberia und der Liberia Refugee Repatriation and Resettlement Commission (LRRRC) zusammen und stellt NGOs finanzielle Mittel zur Verfügung, um Flüchtlingen und Asylsuchenden Schutz und Hilfe bereitzustellen.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG 2005 in seinen Heimatstaat Liberia unzulässig wäre. Eine nach Liberia zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia eine Verletzung von Art. 2 oder 3 der EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Es wird weiters festgestellt, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, wobei im gegenständlichen Fall dazu festgestellt wird, dass er auf einen Familienverband zurückgreifen kann. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Liberia allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.

Eine nach Liberia zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB Auskunftsverfahren wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weiters Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Liberia, einer Accord-Anfrage und Internetrecherchen zum Thema Poro-Geheimbund in Liberia.

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Herkunft und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Religionszugehörigkeit ergeben sich auch aus den vorgelegten Unterlagen und seinen Aussagen vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen vor dem BFA (AS 57) und in der mündlichen Verhandlung. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellungen zur Ausbildung, zur Berufserfahrung und zur Familie des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Aussagen vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung. Dass nicht festgestellt werden konnte, dass sich seine Familie nicht mehr in Liberia aufhält, sondern nach Guinea geflohen ist, gründet sich auf den persönlichen Eindruck des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung, in der der Beschwerdeführer selbst auf Nachfrage ausweichende, widersprüchliche und nicht nachvollziehbare Angaben dazu machte, die auch mit dem zeitlichen Ablauf der Geschehnisse nicht in Einklang zu bringen sind, wie der Auszug aus der Niederschrift der niederschriftlichen Einvernahme (AS 131) und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zeigt:

"LA: Wer von ihren Angehörigen lebt derzeit in Liberia?

VP: Meine Brüder und meine Tante."

(...)

"RI: Hat Ihre Familie in Liberia Besitztümer gehabt?

BF: Ja, mein Vater besitzt ein Haus.

RI: Wer lebt in diesem Haus?

BF: Zuvor haben meine Tante und mein Bruder gewohnt. Sie sind jedoch beide nach Guinea übersiedelt.

RI: Wie viele Familienangehörige haben Sie?

BF: Ich habe noch meine Eltern, Tanten, Brüder, zwei Kinder und eine Ehefrau.

RI: Wer lebt noch in Liberia?

BF: Niemand.

RI: Wo sind Sie?

BF: Alle sind nach Guinea gezogen.

RI: Wann sind Ihre Familienmitglieder aus Liberia geflohen?

BF: Das war 2016.

RI: Was war der Grund?

BF: Sie befürchteten verhaftet zu werden.

RI: Von wem?

BF: Von der Regierung.

"RI: Sie haben am Anfang der Befragung ausgesagt, dass Ihre Familie von der Regierung verfolgt wird. Können Sie mir sagen warum?

BF: Poro und die Regierung arbeiten zusammen. Wenn man kein Mitglied von Poro ist, kann man bestimmte Positionen in der Regierung überhaupt nicht bekommen.

Der RI wiederholt die Frage.

BF: Man hatte meine Familie verhaftet, damit man meiner habhaft wird. Ich habe die Poro nämlich enttäuscht.

RI: Wie konnte Ihre Familie nach Guinea gelangen, wenn sie verhaftet wurden?

BF: Ich habe nicht gesagt, dass man meine Familie verhaftet hat. Ich habe gesagt, dass man sie verhaftet hätte, wenn sie nicht nach Guinea gegangen wären."

Dass der Beschwerdeführer darüberhinaus noch in seiner Ersteinvernahme (AS 19) angegeben hat, dass diese Vereinigung gegen die Regierung arbeiten würde, um dementgegen nun eine staatliche Verfolgung aufgrund der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Poro zu behaupten, ist ein weiteres Indiz für seine persönliche Unglaubwürdigkeit.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Liberia in der Lage war für sich und seine Familie den Lebensunterhalt zu bestreiten, ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Aussagen in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig ist und Leistungen aus der Grundversorgung bezieht ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage aus dem Betreuungsinformationssystem und seiner damit übereinstimmenden Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte und über kein schützenswertes Privatleben im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben, ebenso, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Der Beschwerdeführer hat unbestritten im Laufe seines Aufenthaltes integrative Schritte gesetzt. Es wird vom erkennenden Richter auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse aufweist, es wird aber auch nicht verkannt, dass er bislang keine Deutschprüfung abgelegt hat und während der gesamten mündlichen Verhandlung auf einen Dolmetscher angewiesen war. Es ist auch durchwegs positiv zu werten, dass der Beschwerdeführer laut eigenen Angaben ehrenamtlich einen Monat lang für zwei Stunden täglich im Altersheim in Krems gearbeitet hat, sowie dass er einen zweisemestrigen Lehrgang als außerordentlicher Schüler des Berufspädagogischen Institutes XXXX für das Schuljahr 2017/2018 besucht hat, es wird aber auch nicht verkannt, dass der Abschluss des Lehrganges bereits im Juni 2018 gewesen ist und außer den genannten keine weiteren Unterlagen darüber vorgelegt worden sind. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer weder Mitglied in einem Verein ist, abgesehen von zwei Teilnahmebestätigungen über Deutschkurse und dem Lehrgang keine sonstigen Kurse besucht bzw. an Aus- und Weiterbildungen teilgenommen hat, sodass diese Integrationsbemühungen insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK entsprechen.

Auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachten privaten Kontakte, entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für Ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.

Der zeitliche Faktor ergibt sich aus der Dauer seines Aufenthaltes und dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst, hinsichtlich der Intensität hat er weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie etwa Heirat oder Vaterschaft) behauptet, um eine Entscheidungsrelevanz daraus abzuleiten.

Dabei wurde insbesondere berücksichtigt, dass er auf die Fragen, wie er seine Freizeit verbringe und ob er Freunde in Österreich habe, im Rahmen der mündlichen Verhandlung wörtlich antwortete: "Ich hätte gerne auch eine Beschäftigung während meiner Freizeit, hatte bisher jedoch noch nicht die Gelegenheit dazu." (...) "Ich kann sagen, dass meine Deutschlehrer meine Freunde sind."

Aus den obgenannten Unterlagen und Ausführungen ergeben sich insgesamt durchaus Integrationsbemühungen, aus denen jedoch aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer von 3 1/4 Jahren, keine entscheidungsmaßgebliche Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben der Gemeinschaft abgeleitet werden kann und somit insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK entsprechen.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers und müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach, seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).

Der erkennende Richter geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung, den obigen Ausführungen und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der Beschwerdeführer den angegebenen Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte; dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer hat bei seinen Einvernahmen, insbesondere in der Gegenüberstellung der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2017 und der Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 23.01.2098 in wesentlichen Punkten lückenhafte, widersprüchliche und unplausible Angaben gemacht.

So war es dem Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht möglich den Namen der Firma, bei der er für mehr als 1 1/2 Jahre beschäftigt gewesen sein will, richtig wiederzugeben, wie der Vergleich mit der von ihm vorgelegten Kopie und seiner Schreibweise im Rahmen der mündlichen Verhandlung belegt, ebenso konnte der Beschwerdeführer im Vergleich zwischen Einvernahme und mündlicher Verhandlung keine stringenten und nachvollziehbaren Angaben hinsichtlich seiner Arbeit angeben und machte divergierende Angaben bezüglich der Orte an denen er gegraben haben will ( AS 151), wie der nachstehende Auszug aus der mündlichen Verhandlung in Gegenüberstellung mit seinen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme (AS vor der belangten Behörde zeigt:

"RI: Erzählen Sie mir etwas über Ihre Tätigkeit, bevor Sie bei dieser Firma gearbeitet haben.

BF: Ich habe zusammen mit meinen Jungs nach Gold gegraben. Dazu sind wir in den Wald gegangen. Ich habe ihn dann das Gold abgekauft und in der Stadt verkauft. Dann sind wir wieder zusammengekommen, um nach Gold zu graben. Ich habe das bis zu jenem Zeitpunkt gemacht, an dem mich das Unternehmen angestellt hat.

RI: Haben Sie immer dieselben Arbeiter beschäftigt?

BF: Prinzipiell waren das immer dieselben. Wenn ich jedoch mehr Profit gemacht habe, habe ich weitere Arbeiter angestellt.

RI: Haben Sie für Ihre Tätigkeiten eine Genehmigung der Regierung gebraucht?

BF: Ich selbst hatte keine Dokumente. Der Eigentümer des Grundstückes hatte sich jedoch bei der Regierung registriert. Um auf seinem Grundstück arbeiten zu können, musste man ihn prozentuell am Erlös beteiligen.

RI: Wo war dieses Grundstück?

BF: Der Name des Dorfes war XXXX. Das war ein guter Platz, an dem man immer etwas gefunden hat.

RI: Haben Sie sonst noch wo gegraben?

BF: Es gab noch ein anderes Dorf in der Nähe, in dem wir ebenfalls nach Gold gegraben haben. Der Name dieses Ortes war XXXX. Dort bin ich mit meinen Jungs hingegangen und wir haben manchmal etwas gefunden."

Auch seine Ausführungen, dass er diesem Geheimbund beigetreten ist, um sich frei bewegen zu können und ungestört reisen zu können, sind dahingehend zu relativieren, dass er im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu diesem Themenkreis folgendes ausführte:

"RI: Haben Sie während Ihrer Tätigkeit bzw. bevor Sie beim Unternehmen begonnen haben, Probleme mit den Behörden und der Regierung gehabt?

BF: Nein, ich hatte mit niemanden Probleme.

(...)

RI: Vor diesem Vorfall: Hatten Sie da schon Probleme mit einem Geheimbund gehabt?

BF: Nein, wenn sie eine Straße blockiert haben, blieb man drinnen einfach, hatte man keine Probleme mit ihnen."

(...)

"RI: Wieso sollten diese Personen Straßensperren errichten?

BF: Sie machen das einfach, keiner weiß, warum. Wenn sie zB auf einmal hier auftauchten würden, müssten alle Nichtmitglieder sich sofort verstecken bzw. in die Häuser zurückziehen. So läuft das bei uns.

RI: Sind Sie auch in so eine Straßensperre geraten?

BF: Auch mir ist so etwas schon passiert, aber ich bin dann gleich in einen Raum gegangen, das heißt nach Drinnen.

RI: Wie oft ist das passiert?

BF: Manchmal ist es drei Mal die Woche passiert, manchmal zwei Mal. Hier spreche ich nur von Lofa Bridge, über andere Orte kann ich nichts sagen.

Grundsätzlich ist ein Verfolgungsschicksal von einem Antragsteller glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der Beschwerdeführer berichtete aber auch nicht von sich aus über die Geschehnisse im Rahmen einer narrativen und konkludenten Wiedergabe, so wie eben Menschen berichten, welche das Erzählte tatsächlich erlebt haben. Diese Feststellung kann insofern getroffen werden, als es aus der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts notorisch ist, dass detailreiche Aussagen mit Realkennzeichen in der Regel für die Glaubwürdigkeit des entsprechenden Vortrages sprechen. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, unter Angabe der eigenen Gefühle und unter spontaner Rückerinnerung an unwesentliche Details und Nebenumstände berichten. Beim Erzählen der eigenen Lebensgeschichte ist zu erwarten, dass der Erzählende nicht nur Handlungsabläufe schildert, sondern sich selbst in die Schilderung einbaut; dass eigene Emotionen, Erlebniswahrnehmung und Verhalten zu erklären versucht werden; dass Dialoge und Interaktionen mit anderen Personen geschildert werden. Dies gilt insbesondere bei derart prägenden Ereignissen, die so gravierend auf die Lebenssituation eines Menschen einwirken, dass dieser sich letztlich veranlasst sieht, sein Heimatland zu verlassen.

Seinen Aussagen fehlt auch generell jene Detailliertheit, die bei einem tatsächlich erlebten Sachverhalt gegeben sein müsste. Das Vorbringen weist in seiner Gesamtheit, insbesondere auch in Bezug auf die Auseinandersetzung und die daraus resultierende Bedrohung im Rahmen der freien Schilderung bei weitem nicht die Realkennzeichen eines wahrheitsgemäßen Vorbringens auf. Es fehlt beispielweise die logische Konsistenz, als auch die strukturierte Darstellung und der quantitative Detailreichtum und blieb der Beschwerdeführer jegliche Interaktionsschilderung bzw. Wiedergabe von Gesprächen die Schilderung ausgefallener und nebensächlicher Einzelheiten, wie sie typischer Weise bei einem wahrheitsgetreuen Vorbringen auftreten, schuldig.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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