Entscheidungsdatum
27.03.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G304 2202428-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Helmut WEIß als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 13.06.2018, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist schwer hörbehindert" nicht vorliegen, zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF. iVm. §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 22/1970 idF. BGBl. I Nr. 138/2013 wird die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 11.01.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist schwer hörbehindert" in den Behindertenpass ein.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 19.03.2018 eingeholt.
In diesem Gutachten wurde nach am 15.03.2018 durchgeführter Begutachtung der BF ein Gesamtgrad der Behinderung von 100 v.H. und die fünfte festgestellte Gesundheitsschädigung "rechtsbetonte Innenohrschwerhörigkeit" nach Positionsnummer "12.02.01" der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Behinderungsgrad von 10 v.H. eingeschätzt und das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "ist schwer hörbehindert" verneint.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.06.2018 wurde der Antrag der BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist schwer hörbehindert" gem. §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990, idgF, abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten von März 2018 als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden sei. Gemäß § 42 Abs. 1 BBG seien zusätzliche Eintragungen in den Behindertenpass, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, auf Antrag des behinderten Menschen zulässig und seien die Eintragungen von der belangten Behörde vorzunehmen. Gemäß § 45 Abs. 2 BBG sei ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt oder der Pass eingezogen werde. Die Eintragung "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist schwer hörbehindert" ist bei einer beiderseitigen Hörstörung und ab einem Grad der Behinderung von 50 % vorzunehmen. Da das ärztliche Begutachtungsverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen, sei der Antrag der BF abzuweisen.
4. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Die BF wies auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen hin und betonte, hochgradig sehbehindert und am rechten Ohr sogar gehörlos zu sein.
5. Am 01.08.2018 langten der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.
6. Mit Schreiben des BVwG vom 07.11.2018, Zl. G304 2202428-1/2Z, wurde Dr. XXXX, HNO-Ärztin, ersucht, ein Sachverständigengutachten aufgrund der Einschätzungsverordnung zu erstellen und dieses "binnen sechs Wochen ab Zustellung dieser Verfügung" dem BVwG zu übermitteln.
Mit Schreiben des BVwG vom 07.11.2018, Zl. G304 2202428-1/2Z, wurde die BF aufgefordert, sich am 15.12.2018 um 09:00 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
7. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 15.12.2018 wurde nach Durchführung einer Begutachtung der BF am 15.12.2018 "rechts Taubheit und links geringgradige Schwerhörigkeit" festgestellt und diese Gesundheitsschädigung nach Positionsnummer "12.02.01" der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit 30 v.H. eingeschätzt.
8. Mit Verfügung des BVwG vom 08.02.2019, Zl. G304 2202428-1/4Z, der BF zugestellt am 14.02.2019, wurde der BF das eingeholte Sachverständigengutachten vom 15.12.2018 übermittelt und ihr zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung Stellung zu nehmen.
9. Eine Stellungnahme dazu ist bis dato beim BVwG nicht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist schwer hörbehindert" liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXX, HNO-Ärztin, vom 15.12.2018 nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
In diesem Sachverständigengutachten wurde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung einer schweren Hörbehinderung der BF verneint und die festgestellte Taubheit rechts und geringgradige Schwerhörigkeit links auf der Grundlage der Positionsnummer "12.02.01" der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Behinderungsgrad von 30 v.H. eingeschätzt.
Als Stellungnahme zum Vorgutachten wurde angeführt:
"In der Zwischenzeit erfolgte eine Radikaloperation am rechten Ohr, dieses ist seit der Operation taub. Dadurch ergibt sich nun eine Erhöhung des GdB auf 30%."
Hinsichtlich der festgestellten Sehbehinderung wurde von einem Dauerzustand ausgegangen.
Da die BF dem ihm im Rahmen des Parteiengehörs vorgehaltenen Sachverständigengutachten vom 15.12.2018 mit keiner Einwendung entgegengetreten ist, wird dieses gegenständlicher Entscheidung vollinhaltlich in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 1 lit. c der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, idF. BGBl. II Nr. 263/2016, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
"1. die Art der Behinderung, etwa, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
c) gehörlos oder schwer hörbehindert ist;
die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der
Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010,
bzw. einem Grad der Behinderung von 70% aufgrund der Position 643 nach der
Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965, vorzunehmen.
Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad der Behinderung von 50% auf der
Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, bzw. der
Position 643 nach der Richtsatzverordnung, vorzunehmen.
Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 10. Lebensjahr muss ein Grad der
Behinderung von 90%, vom 11. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ein Grad der
Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorliegen."
Im gegenständlichen Fall erfüllt das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholte ärztliche Gutachten von Dr. XXXX vom 15.12.2018, den Anspruch der Schlüssigkeit im vollen Umfang. Das Gutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Da die BF keine Einwendung gegen das ihr vorgehaltene Sachverständigengutachten vom 15.12.2018, wonach dem Hörverlust der BF entsprechend der Grad der Behinderung ihrer Hörschädigung 30 v.H. beträgt, erhoben wurde, wird diesem Gutachten gefolgt, nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "schwer hörbehindert" ausgegangen und die gegenständliche Beschwerde abgewiesen.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 15.12.2018, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt.
3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2202428.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.06.2019