Entscheidungsdatum
09.04.2019Norm
AlVG §10Spruch
L503 2196833-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. ENZLBERGER und Mag. SIGHARTNER über den Antrag von XXXX , vertreten durch RA Dr. Herbert Pochieser, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2018, Zl. L503 2196833-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, beschlossen:
A.) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom 26.2.2018 sprach das AMS aus, dass der nunmehrige Antragsteller den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG im Zeitraum vom 23.1.2018 bis zum 19.3.2018 verloren habe; Nachsicht werde nicht erteilt. Begründend führte das AMS aus, der Antragsteller habe die Aufnahme einer möglichen Beschäftigung bei der Firma R. GmbH vereitelt.
Dagegen erhob der Antragsteller fristgerecht Beschwerde, in der er vorbrachte, wie ihm die tschechische Polizei bestätigt habe, seien ein "EU-Haftbefehl" und eine "Aufenthaltsermittlung" gegen ihn erst am 8.2.2018 aufgehoben worden. Er hätte die Stelle (im Sicherheitsdienst) somit gar nicht antreten können.
2. Mit Bescheid vom 7.5.2018 wies das AMS die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid vom 26.2.2018 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung ab.
Begründend führte das AMS - soweit hier relevant - insbesondere aus, die Vermittlung der verfahrensgegenständlichen Stelle sei am 23.1.2018 veranlasst worden. Der Antragsteller habe am 17.1.2018 - somit vor der Zuweisung - einen Strafregisterauszug erhalten, in dem keine Verurteilung aufscheine; er hätte somit die Anforderungen für die Stelle erfüllt.
Dagegen stellte der Antragsteller fristgerecht einen Vorlageantrag.
3. Mit Erkenntnis vom 26.07.2018, Zl. L503 2196833-1/5E, wies das BVwG die Beschwerde des Antragstellers näher begründet ab, wobei - soweit hier relevant - auszugsweise folgende Feststellungen getroffen wurden:
"Mit rechtskräftigem Beschluss des OLG Linz vom 27.11.2002 war die Auslieferung des BF nach Tschechien aufgrund einer dort rechtskräftig verhängten fünfjährigen Freiheitsstrafe für nicht zulässig erklärt worden, zumal das dem BF zur Last gelegte Delikt (näher bezeichnete Steuerhinterziehung) in Österreich nicht gerichtlich strafbar wäre. Ein von Tschechien ausgestellter Haftbefehl blieb dessen ungeachtet zunächst weiter aufrecht und war aus diesem Grunde ein vom BF gestellter Antrag auf Ausstellung einer Strafregisterbescheinigung von der BPD Linz mit Bescheid vom 12.6.2012 abgewiesen worden. Am 17.1.2018 wurde dem BF von der LPD Oberösterreich dann jedoch, wie bereits festgestellt, antragsgemäß eine Strafregisterbescheinigung ausgestellt, in der keine Verurteilung des BF aufscheint.
Der tschechische Haftbefehl wurde am 8.2.2018 aufgehoben. [...]"
(Hervorhebung durch das BVwG)
4. Mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 12.3.2019 beantragte der Antragsteller die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem BVwG gemäß § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Begründend verwies der Antragsteller auf eine ihm nunmehr zugekommene, beglaubigte und dem Antrag beigelegte Übersetzung einer erteilten Auskunft der tschechischen Republik. Demzufolge war dem Antragsteller auf dessen Anfrage vom 23.2.2018 seitens des Polizeipräsidiums der Tschechischen Republik per E-Mail die Auskunft erteilt worden, dass die gesamtstaatliche Fahndung nach ihm (erst) am 8.2.2018 widerrufen wurde. Dabei handelt es sich um jenes E-Mail, das der Antragsteller seiner Beschwerde vom 27.2.2018 in tschechischer Sprache beigelegt hatte und das vor Erlassung der gegenständlichen Entscheidung vom 26.7.2018 einer Übersetzung durch eine Dolmetscherin zugeführt worden war (vgl. den Eingang der Übersetzung beim BVwG OZ 3) [Anmerkung des BVwG].
Zu diesem nunmehr nochmals in Vorlage gebrachten E-Mail führte der Antragsteller in seinem Antrag auf Wiederaufnahme aus, dass daraus hervorgehe, dass entgegen der Auskunft der LPD Oberösterreich vom 17.1.2018 bei ihm keine Vorstrafe "freigegeben" gewesen sei und er damit die Voraussetzungen für die Beschäftigung als Security-Mitarbeiter in einem österreichischen Sicherheitsunternehmen zur Zeit der infrage stehenden Stellenzuweisung "Ende Dezember 2017 / Anfang Jänner 2018" nicht erfüllt habe. Von dieser Urkunde habe er im Verfahren ohne Verschulden nicht Gebrauch gemacht und wäre diese geeignet gewesen, eine stattgebende Entscheidung in Bezug auf die von ihm gegen den Bescheid des AMS erhobene Beschwerde herbeizuführen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Im Erkenntnis vom 26.07.2018, Zl. L503 2196833-1/5E, stellte das BVwG unter anderem wie folgt fest: "Der tschechische Haftbefehl wurde am 8.2.2018 aufgehoben."
Diese Feststellung beruhte auf einem vom Antragsteller anlässlich seiner Beschwerde selbst vorgelegten Antwort-E-Mail auf seine Anfrage vom 23.2.2018 an das Polizeipräsidium der Tschechischen Republik, wonach die gesamtstaatliche (tschechische) Fahndung nach ihm (erst) am 8.2.2018 widerrufen wurde. Dieses E-Mail war vom BVwG vor Erlassung des Erkenntnisses vom 26.7.2018 einer Übersetzung zugeführt worden (vgl. den Eingang der Übersetzung beim BVwG am 20.7.2018, OZ 3).
1.2. Den gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme begründet der Antragsteller mit eben diesem E-Mail, wobei er begründend ausführt, es sei ihm nunmehr am 1.3.2019 eine beglaubigte Übersetzung dieses E-Mails zugekommen. Daraus gehe hervor, dass die tschechische Fahndung nach dem Antragsteller (erst) am 8.2.2018 aufgehoben wurde, sodass er seinerzeit die Voraussetzungen für die Beschäftigung als Security-Mitarbeiter nicht erfüllt hätte und die Bezugssperre somit unzulässig gewesen wäre.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des AMS.
Die getroffenen Feststellungen gehen daraus unmittelbar hervor. So folgt aus dem Akteninhalt zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren Zl. L503 2196833-1/5E, dass das nunmehr zur Begründung des Antrags auf Wiederaufnahme herangezogene E-Mail des Tschechischen Polizeipräsidiums (Anfrage durch den Antragsteller am 23.2.2018) bereits in diesem Verfahren im Rahmen der Beschwerde vorlag, vom BVwG einer Übersetzung durch eine Dolmetscherin zugeführt worden war (vgl. OZ 3 vom 20.7.2018) und vom BVwG in der gegenständlichen Entscheidung insofern berücksichtigt worden war, als im erwähnten Erkenntnis ausdrücklich festgestellt worden war, dass die tschechische Fahndung nach dem Antragsteller (erst) am 8.2.2018 aufgehoben wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens
3.1. Rechtliche Grundlagen
§ 32 VwGVG lautet auszugsweise:
Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
[...]
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, [...]
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
[...]
3.2. Im gegenständlichen Fall bedeutet dies:
Der Antragsteller stützt seinen Antrag auf das Antwort-E-Mail des Polizeipräsidiums der Tschechischen Republik auf seine Anfrage vom 23.2.2018, wonach die gesamtstaatliche (tschechische) Fahndung nach ihm (erst) am 8.2.2018 widerrufen wurde.
Eben dieses E-Mail hatte der Antragsteller allerdings bereits vor Abschluss des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme nunmehr beantragt wurde, im Zuge seiner Beschwerde in Vorlage gebracht und wurde dieses E-Mail seinerzeit vom BVwG einer Übersetzung durch eine Dolmetscherin zugeführt (vgl. OZ 3 vom 20.7.2018) und vom BVwG im gegenständlichen Verfahren insofern berücksichtigt, als im Erkenntnis des BVwG vom 26.7.2018 ausdrücklich festgestellt worden war, dass die tschechische Fahndung nach dem Antragsteller (erst) am 8.2.2018 aufgehoben wurde (vgl. etwa die seinerzeit getroffenen
Feststellungen des BVwG: "Der tschechische Haftbefehl wurde am 8.2.2018 aufgehoben"; vgl. etwa auch die diesbezügliche
Beweiswürdigung: "[...] die Feststellungen zum diesbezüglichen Haftbefehl (einschließlich dessen Aufhebung am 8.2.2018) [...] ergeben sich aus den vom BF selbst vorgelegten, im Akt befindlichen Unterlagen.")
Somit handelt es sich hier aber nicht um ein neues, nachträglich hervorgekommenes Beweismittel, das vom Antragsteller nicht geltend gemacht werden konnte, sondern hatte der Antragsteller dieses Beweismittel seinerzeit vielmehr bereits im Rahmen seiner Beschwerde vorgelegt und wurde dieses vom BVwG - nach Einholung einer Übersetzung (OZ 3 vom 20.7.2018) - im gegenständlichen Erkenntnis vom 26.7.2018 auch entsprechend berücksichtigt. Vom Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes im Sinne von § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG kann vor diesem Hintergrund in denkmöglicher Weise nicht gesprochen werden, sodass es diesbezüglich keiner weiteren Ausführungen bedarf.
Daran vermögen im Übrigen die Ausführungen des Antragstellers in seinem Antrag, es sei ihm (erst) am 1.3.2019 eine beglaubigte Übersetzung des E-Mails vom Februar 2018 zugekommen, nichts zu ändern, zumal dieses E-Mail vom Februar 2018 dem BVwG seinerzeit, wie eben ausgeführt, bereits vorlag, einer Übersetzung zugeführt und im Erkenntnis entsprechend berücksichtigt worden war, wobei der Vollständigkeit halber auch angemerkt sei, dass der Antragsteller tschechischer Staatsangehöriger ist und sämtlichen E-Mail-Verkehr mit dem Tschechischen Polizeipräsidium auf Tschechisch führte, sodass in denkmöglicher Weise nicht erhellt, inwieweit hier der Umstand eine Rolle spielen sollte, dass er selbst (erst) am 1.3.2019 eine Übersetzung einholte.
Folglich ist der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens spruchgemäß gemäß § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG abzuweisen.
Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch ein Eingehen auf den Antrag, dem Antrag auf Wiederaufnahme die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wobei der Vollständigkeit halber angemerkt sei, dass einem Wiederaufnahmeantrag die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, K27 zu § 32 VwGVG).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dass ein Beweismittel, welches bereits vor dem rechtskräftigen Verfahrensabschluss in Vorlage gebracht und entsprechend berücksichtigt worden war, keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund im Sinne von § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG darzustellen vermag, folgt klar aus dieser Gesetzesbestimmung und einer diesbezüglich einheitlichen Rechtsprechung des VwGH. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest.
Schlagworte
Haftbefehl, Wiederaufnahme, WiederaufnahmegrundEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L503.2196833.2.00Zuletzt aktualisiert am
25.06.2019