TE Bvwg Beschluss 2019/4/10 L515 2204585-1

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Veröffentlicht am 10.04.2019
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Entscheidungsdatum

10.04.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L515 2204585-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer in Bezug auf das Verfahren betreffend den Bescheid des Sozialministerumservices, Landesstelle XXXX , vom XXXX 2018, OB:

XXXX , Antragsteller: XXXX , am XXXX geb., beschlossen:

A) Das Verfahren wird gem. §§ 28 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm 6 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1 Die beschwerdeführende Partei (nachfolgend auch: "BF" bzw. beschwerdeführende Partei: "bP") ist Inhaber eines bis 31.03.2018 befristeten Behindertenpasses mit einem GdB von 60 % sowie der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" im Behindertenpass.

I.2. Die bP beantragte am im Akt ersichtlichen Datum die Ausstellung eines Behindertenpasses sowie die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass.

I.3. Die bB führte ein Ermittlungsverfahren durch (GdB 50, Unzumutbarkeit wurde verneint, Nachuntersuchung 01/2019) und gewährte der bP ordnungsgemäß das Parteiengehör, indem sie ihr die entsprechenden Unterlagen an ihre als Abgabestellte bekanntgegebene Meldeadresse zustellte.

I.4. Mit Schreiben vom 14.05.2018 erhob die bP "Einspruch" gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme und führte aus, dass es der untersuchenden Ärztin nicht aufgefallen sei, dass sich an ihrer Beeinträchtigung nichts gebessert habe. Sie habe keinen festen Stand und könne sich nicht richtig festhalten, weswegen sie kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen könne.

I.5. Mit Schreiben des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom XXXX 2018 wurde der bP ein entsprechender Behindertenpass (im Scheckkartenformat) übermittelt. Das Gutachten des medizinischen Sachverständigen vom 24.04.2018 wurde dem Schreiben beigelegt.

I.6. In weiterer Folge leitete die bB ein Beschwerdevorentscheidungsverfahren ein und lud die bP zu einer Untersuchung, welcher die bP nicht Folge leistete. Mit Schreiben der bB vom 25.07.2018 wurde die bP letztmalig zur Untersuchung bei einem Neurologen am 27.08.2018 eingeladen.

I.7. Da die bP nicht zur Untersuchung erschienen ist und die Frist für das Beschwerdevorentscheidungsverfahren bereits am 09.08.2018 abgelaufen war, wurde der "Einspruch" gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 30.08.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

I.8. Am 10.4.2019 beschloss der zuständige Senat, das Beschwerdeverfahren einzustellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Da das gegenständliche Verfahren einzustellen ist, erfolgt die Erledigung der Rechtssache durch Beschluss.

Zu A)

Gem. Art 132 Abs. 1 BV-G kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, weshalb sich im gegenständlichen Fall die Frage stellt, ob das als Einwand bezeichnete Schreiben vom 14.05.2018 als Beschwerde im Sinne des Art. 132 Abs. 1 BV-G bzw. § 9 VwGVG anzusehen ist. Zur Beantwortung dieser Frage ist einleitend festzustellen, dass der höchstgerichtlichen Judikatur folgend [vgl. etwa Erk. des VwGH vom 24.11.2000, Zahl 96/19/3212) für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens sein wesentlicher Inhalt, der sich aus den gestellten Antrag erkennen lässt und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend ist. Es kommt nämlich nicht auf die Bezeichnungen und zufällige Verbalform an, sondern auf den Inhalt des Anbringens oder erkennbar oder zu schließende Ziel des Parteischrittes. Ist etwa erkennbar, dass ein Antrag entgegen seinem Wortlaut auf etwas anderes abzielt, kommt es auf die erkennbare Absicht des Einschreiters an (Vgl. auch Erk d. VwGHs vom 24.4.1985, 85/11/035, E. v. 22.12.1998, 87/17/0197, E. v. 8.4.1992, 91/13/0123, E. v. 21.5.2003, 2003/17/0089, E. v. 26.2.2003, 2002/17/0279, E. v. 21.4.1998, 98/11/0019, E. v. 21.5.1997, 95/19/1137 mwN).

Auf den gegenständlichen Einzelfall umgelegt ergibt sich aus den soeben beschriebenen Überlegungen, dass aus der Bezeichnung "Einwand" noch nicht geschlossen werden kann, dass es sich beim genannten Schreiben um keine Beschwerde handelt, sondern ist weiter das mit der Einbringung des genannten Schreibens angestrebte Ziel der Partei zu erkunden. Hierbei stellt sich zweifelsfrei heraus, dass sich die bP mit ihrem Schreiben vom 14.05.2018 nicht gegen den Bescheid vom XXXX 2018, sondern gegen das ihr zur Kenntnis gebrachte Gutachten vom 17.04.2018 richtet.

Beim als "Einwand" bezeichneten Schreiben der bP vom 14.05.2018 handelt es sich somit um keine Beschwerde gem. § 9 VwGVG, sondern um eine Abgabe einer Stellungnahme zur Beweisaufnahme gem. § 45 Abs. 3 AVG, zumal es unmöglich ist, eine Beschwerde gegen einen Bescheid zu erheben, welcher noch nicht einmal erlassen wurde.

Da keine weitere Eingabe vorliegt, welche als Beschwerde zu qualifizieren wäre und auch keine Rechtsnorm ersichtlich ist, welche das ho. Gericht zur amtswegigen Führung eines Beschwerdeverfahrens ermächtigt, ist das ho. Gericht mangels Vorliegens eines Beschwerdegegenstandes nicht sachlich zuständig, über den gegenständlichen Antrag neuerlich meritorisch zu entscheiden, bzw. die - zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsene - Entscheidung vom XXXX 2018 auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Viel mehr ist das eingeleitete Beschwerdeverfahren mangels Vorliegens eines Beschwerdegegenstandes einzustellen.

Die Durchführung einer Verhandlung konnte gem. § 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Wortlaut der genannten Bestimmungen kann als eindeutig betrachtet werden und lässt keine andere als die hier getroffene Auslegung zu. Darüber hinaus orientierte sich das ho. Gericht an der einheitlichen Höchstgerichtlichen Entscheidung zur Frage der Vorgangsweise in einem Rechtsmittelverfahren, wenn kein Rechtsmittel vorliegt.

Es liegt somit keine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung vor, welche einer Klärung durch den VwGH bedürfte.

Schlagworte

Beschwerdegegenstand, Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2204585.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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