TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/25 G311 2173326-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2019
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Entscheidungsdatum

25.04.2019

Norm

AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G311 2173326-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef EBERHARD und Thomas WIEDNER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch OBERHAMMER Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX, vom 28.07.2017, GZ: XXXX, betreffend Nichtbestätigung einer EU-Entsendung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Gleichzeitig wird gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG das Vorliegen der Voraussetzungen für eine EU-Entsendung von XXXX, StA. Indien, für die berufliche Tätigkeit als Automatisierungstechniker von 06.07.2017 bis 06.07.2017 festgestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die XXXX GmbH mit Firmensitz in Deutschland (im Folgenden: Beschwerdeführerin) meldete am 30.06.2017 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (ZKO) die Entsendung des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Indien (im Folgenden: Arbeitnehmer) für die berufliche Tätigkeit der "Advanced Simulation" gemäß § 19 Abs. 3 Lohn-Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) mit ZKO3 XXXX.

Als Arbeitgeberin wurde die Beschwerdeführerin und als inländische Auftraggeberin die XXXX AG & Co KG, etabliert in XXXX (im Folgenden: Auftraggeberin), angeführt. Der Meldung wurden folgende Unterlagen beigefügt:

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Kopie des indischen Reisepasses des Arbeitnehmers

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Kopie des unbefristeten deutschen Aufenthaltstitels des Arbeitnehmers

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Kopie des Arbeitsvertrages des Arbeitnehmers mit der Beschwerdeführerin mit Beginn der Tätigkeit "Konstrukteur Robotersimulation" mit 01.08.2011

-

A1-Bescheinigung des Arbeitnehmers und der Beschwerdeführerin nach den VO (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 der "Deutschen Rentenversicherung Bund" vom 06.07.2017

Mit Schreiben vom 04.07.2017 wurde die Beschwerdeführerin seitens des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), zur Vorlage näher bezeichneter Unterlagen samt allfälliger deutscher Übersetzung bis 19.07.2017 aufgefordert. Es erging weiter der Hinweis, dass ansonsten eine Entscheidung aufgrund der Aktenlage vorgenommen werde.

Die fehlenden Unterlagen wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.07.2017, GZ XXXX, wurde der Antrag vom 30.06.2017 auf Bestätigung der EU-Entsendung des Arbeitnehmers für die berufliche Tätigkeit als "Automatisierungstechniker (DI)" gemäß § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl 218/1975, idgF abgewiesen und die Entsendung untersagt.

Begründend dafür führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei mit Schreiben vom 04.07.2017 aufgefordert worden, bis 19.07.2017 noch näher angeführte Angaben bzw. Unterlagen (im Original sowie in deutscher Übersetzung einzubringen). Da diese angeforderten Unterlagen nicht vollständig beigebracht worden seien, könne nicht festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um eine Betriebsentsendung handelt. In der Rechtsmittelbelehrung findet sich der Hinweis, dass die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung habe.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid vom 28.07.2017 aufheben und bzw. oder die EU-Entsendebestätigung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG ausstellen. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die bescheidmäßige Ablehnung eines nicht eingebrachten und gesetzlich nicht vorgesehenen Antrages aufgrund der Nichtvorlage von Unterlagen, die gesetzlich nicht eingefordert werden dürfen, rechtswidrig und somit unzulässig gewesen sei. Die von der belangten Behörde eingeforderten Unterlagen würden über die gesetzlich vorgeschriebenen und festgesetzten Verwaltungsanforderungen des § 19 Abs. 3 LSD-BG und/oder der Richtlinie 2014/67/EU bzw. der Richtlinie 96/71/EG hinausgehen.

Der Beschwerde wurden nachfolgende Unterlagen beigelegt:

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Kopie des angefochtenen Bescheides (Beilage ./1)

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ZKO3 Meldung vom 30.06.2017 (Beilage ./2)

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Kopie des Reisepasses des Dienstnehmers (Beilage ./3)

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Kopie der unbefristeten Niederlassungserlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland für den Dienstnehmer (Beilage ./4)

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Arbeitsvertrag des Dienstnehmers mit der Beschwerdeführerin (Beilage ./5)

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Aufstellung der gemäß Art. 4 der LR 96/74/EG eingerichteten und bekannt gegebenen Verbindungsbüros und Überwachungsstellen (Beilage ./6)

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Angaben zur Datenanwendung der belangten Behörde (Beilage ./7)

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Datenverarbeitungsregisterauszug für die belangte Behörde (Beilage ./8)

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A1-Bescheinigung des Dienstnehmers mit der Beschwerdeführerin (Beilage ./9)

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Handelsregisterauszug der Beschwerdeführerin (Beilage ./10)

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Geschäftsbericht der Beschwerdeführerin des Jahres 2016 (Beilage ./11)

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Überweisungsbestätigung Eingabengebühr (Beilage ./12)

Am 13.10.2017 langte beim BVwG die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

Am 11.01.2018 wurde im Verfahren G304 2173442-1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, in einem weiteren Beschwerdeverfahren der Beschwerdeführerin betreffend denselben Sachverhalt, jedoch einen anderen Arbeitnehmer, eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher die Sach- und Rechtslage betreffend § 19 Abs. 3

LSD-BG erörtert wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist das in Deutschland ansässige Unternehmen "XXXX GmbH" und Tochterunternehmen des börsennotierten und operativ tätigen XXXX-Konzerns, der aus der XXXX Aktiengesellschaft und den Geschäftsbereichen "XXXX", "XXXX" und "XXXX" besteht.

Die Beschwerdeführerin hat folgende Aufgabenbereiche zum Unternehmensgegenstand:

"Entwicklung, Planung, Konstruktion, Herstellung, Errichtung, Vertrieb, Betrieb und Wartung von Anlagen, einschließlich Industrieanlagen, von Maschinen und von Werkzeugen der Montage- und Produktionstechnik sowie Handel mit Erzeugnissen auf den vorgenannten Gebieten und alle hiermit zusammenhängenden Geschäfte".

Die Beschwerdeführerin hat von einem Kunden in Österreich - XXXX AG & CO KG (der Auftraggeberin) - den Auftrag erhalten, diverse Leistungen für die Auftraggeberin zu erbringen, wofür es erforderlich gewesen war, dass bestimmte Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin teilweise auch vor Ort bei der Auftraggeberin in Österreich anwesend sind. Einer dieser Mitarbeiter ist der vom gegenständlich angefochtenen Bescheid betroffene Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin, welcher indischer Staatsangehöriger ist und der über eine zuletzt am 26.01.2015 ausgestellte, unbefristete Niederlassungserlaubnis im Sitzstaat seiner Arbeitgeberin - der Beschwerdeführerin - in Deutschland verfügt. Der Arbeitnehmer war von 06.07.2017 bis 06.07.2017 für eine Entsendung von Deutschland nach Österreich vorgesehen.

Am 31.08.2016 bestellte die Auftraggeberin aus Österreich bei der Beschwerdeführerin Teile einer Anlage und hielt in der "Einzelbestellung" fest, dass die bestellte Lieferung bei der Auftraggeberin in Österreich ab Dezember 2016 einlangen, die Anlage ab Jänner 2017 montiert und diese ab Fertigstellung der Anlage in Betrieb genommen werden sollte. Am 26.10.2016 überwies die Auftraggeberin der Beschwerdeführerin einen Geldbetrag in Höhe von €

5.028.0000,- brutto, bestehend aus einem Nettobetrag von € 4.190.000 und Mehrwertsteuer in Höhe von € 838.000. Die Beschwerdeführerin stellte am 05.12.2016 beim zuständigen Finanzamt einen "Antrag auf Bescheinigung über das Vorliegen einer Betriebsstätte" in Österreich, wobei als "Art der Tätigkeit" die "Errichtung einer Anlage zur Herstellung von Karosserien" angeführt wurde (vgl dazu die Feststellungen und die entsprechende Beweiswürdigung im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2018, G304 2173442-1, Seiten 4 und 10f).

Die Auftraggeberin bestellte mit Bestellung vom 31.08.2016 bei der Beschwerdeführerin Anlagenteile, wobei in der "Einzelbestellung" festgehalten wurde: "Lieferung im Werk des AG eintreffend: ab Dezember 2016"; "Montagezeitraum: ab Jänner 2017", "Inbetriebnahme:

laufend ab Fertigstellung der Anlagen".

Unter "Garantie- /Gewährleistungsfristen" wurde in dieser Bestellung angeführt (vgl dazu die Feststellungen und die entsprechende Beweiswürdigung im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2018, G304 2173442-1, Seiten 4 und 10f):

"Für einwandfreie Materialbeschaffenheit, Ausführung und Funktion leistet der AN volle Garantie auf die Dauer von 24 Monaten (60 Monate auf konstruktiven Stahlbau) ab Abnahme unabhängig von der Betriebsdauer. Für alle Fremderzeugnisse und Zukaufteile, die durch den AN geliefert und eingesetzt werden leistet der AN volle Gewährleistung auf die Dauer von 24 Monaten unabhängig von der Betriebsdauer."

Am 30.06.2017 meldete die Beschwerdeführerin bei der "Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung" (im Folgenden: ZKO) für den Zeitraum von 06.07.2017 bis 06.07.2017, im Ausmaß von acht Stunden von 08:30 bis 16:30 Uhr, die Entsendung des Arbeitnehmers indischer Staatsangehörigkeit für die Ausübung einer Tätigkeit der "Advanced Simulation" nach Österreich an. Diese Meldung wird als Antrag auf Bestätigung der EU-Entsendung für den betreffenden indischen Staatsangehörigen für die berufliche Tätigkeit als Automatisierungstechniker gewertet.

Zur Tätigkeit des Arbeitnehmers:

In einem Arbeitsvertrag mit vereinbarter "Tätigkeit: Konstrukteur Robotersimulation" und darin angeführtem Arbeitsbeginn "01.08.2011" wurde zwischen der Beschwerdeführerin und dem für eine Entsendung nach Österreich angemeldeten Arbeitnehmer auszugsweise Folgendes vereinbart:

"[...]

Aufgabengebiet/Versetzungsvorbehalt:

"Die Firma behält sich vor, dem Mitarbeiter auch andere Aufgaben zu übertragen, die seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen, wenn dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen erforderlich ist. Dieser Einsatz kann nach gegenseitiger Abstimmung auch bei Beteiligungsgesellschaften der (Beschwerdeführerin) erfolgen. Der Mitarbeiter wird seine Arbeitskraft, seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen für die Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben einsetzen. Sofern betrieblich oder persönlich erforderlich, ist der Mitarbeiter verpflichtet, an einem anderen Ort tätig zu werden. Dies umfasst auch die Verpflichtung zur Durchführung von Dienstreisen. Das Recht der Firma, dem Mitarbeiter eine andere Tätigkeit zu übertragen, wir durch eine längere Verwendung auf demselben Arbeitsplatz nicht beschränkt.

[...]"

Am 19.07.2017 wurde von der belangten Behörde schriftlich festgehalten, im Zeitraum von "06.07.2017 bis 07.07.2017" (sic!) sei eine EU-Betriebsentsendung zur Auftraggeberin in Österreich an näher angeführtem Ort der Betriebsstätte vorgesehen gewesen, diese Entsendung werde jedoch, weil die angeforderten Unterlagen nur teilweise eingebracht worden seien, abgelehnt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.07.2017 wurde diese als Antrag auf Bestätigung der EU-Entsendung zu wertende Meldung bei der ZKO mit der Begründung abgewiesen, dass bestimmte von der Beschwerdeführerin angeforderte Unterlagen nicht nachgereicht worden seien und deshalb nicht festgestellt werden habe können, ob es sich tatsächlich um eine Betriebsentsendung handle. Die Entsendung sei somit zu untersagen gewesen.

Zum Konzern, dem die Beschwerdeführerin angehört:

Der XXXX Konzern (im Folgenden: Konzern) bestand im Geschäftsjahr 2016 nachweislich aus der XXXX Aktiengesellschaft (im Folgenden: AG), die die geschäftsleitende Holding des Konzerns darstellt, und aus mehreren Geschäftsbereichen, darunter auch dem Geschäftsbereich der Beschwerdeführerin "XXXX" (im Folgenden: SY.) besteht.

Im Geschäftsbereich der Beschwerdeführerin (Geschäftsbereich SY.) werden ihren Kunden Komplettlösungen zur Automatisierung von Fertigungsprozessen angeboten. Sie plant, projektiert und errichtet automatisierte Produktionsanlagen. Das Angebot deckt die gesamte Wertschöpfungskette einer Anlage ab: von einzelnen Systemkomponenten, Werkzeugen und Vorrichtungen über automatisierte Produktionszellen bis hin zu kompletten Anlagen, die schlüsselfertig erstellt werden. Das Know-how der Beschwerdeführerin liegt in der Automation einzelner Produktionsverfahren wie Schweißen und Fügen, in der Bearbeitung unterschiedlicher Werkstoffe sowie in der Integration verschiedener Produktionsschritt zu einer vollautomatischen Anlage.

Automatisierte Großanlagen die Beschwerdeführerin vor allem an die Automobil-Industrie für den Karosseriebau und zur Montage von Motoren und Getrieben. Vom Stammsitz in Deutschland werden die Märkte in Deutschland und Europa betreut. Die Beschwerdeführerin verfügt weiters über Sitze in den USA und China und betreut von dort aus die weltweiten Märkte durch Projektierung und Lieferung von automatisierten Montagelinien sowie Test- und Prüfständen für Motoren und Getriebe. Ein weiterer Geschäftsbereich der Beschwerdeführerin, der Bereich "XXXX" (im Folgenden: I.) bietet weltweit Füge- und Bearbeitungstechnologien, Laser- und Sonderschweißverfahren, sowie alle Prozessschritte im Gießereibereich sowie in der Photovoltaik- und Batterieproduktion an.

Zu Märkten und Wettbewerbspositionen des Konzerns und der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin hat eine marktführende Position in der Automobilindustrie. Die Automobilkunden sind für den Konzern und die Beschwerdeführerin seit jeher von großer Bedeutung. Sie sind sehr wichtige Technologie- und Innovationstreiber. Vor allem die deutschen Premiummarken übernehmen hier eine bedeutende Rolle. Die Beschwerdeführerin betätigt sich in unterschiedlichen strategischen Marktsegmenten, wobei der Bereich "XXXX" (im Folgenden: A.) das wichtigste und erfolgreichste Segment ist, welches im Jahr 2016 etwa 50 % des Gesamtumsatzes ausmachte.

Zur Ertragslage des Konzerns:

Im Berichtsjahr 2016 verzeichnete der Konzern Auftragseingänge in Höhe von EUR 3.422,3 Mio. - eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahreswert (2015: EUR 2.838,9 Mio.). Im Geschäftsjahr 2017 erreichte der Auftragseingang bei der Beschwerdeführerin im Geschäftsbereich "SY." - einen Wert in Höhe von EUR 1.530,2 Mio.

Die Umsatzerlöse des Konzerns erreichten im Jahr 2016 einen Wert von EUR 2.948,9 Millionen und lagen damit nahezu auf dem Niveau des Vorjahres in Höhe von EUR 2.965,9 Millionen. Der Geschäftsbereich SY. konnte im Jahr 2016 Umsatzerlöse in Höhe von 1.395,5 Mio. €

erzielen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Das erkennende Gericht nahm weiters Einsicht in den Verwaltungs- und Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl

G304 2173442-1.

Die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes im Erkenntnis vom 28.09.2018, Zahl G304 2173442-1/10E, werden der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin, dem ihr übergeordneten Konzern und den im Jahr 2016 erwirtschafteten Umsatzerlösen beruhen auf dem im Verwaltungsakt einliegenden Geschäftsbericht 2016 und dem darin enthaltenen zusammengefassten Lagebericht. Die Feststellung zum "Gegenstand des Unternehmens" ergibt sich aus einem Auszug aus einem vom Niederlassungsmitgliedstaat "Deutschland" eingeholten Handelsregisterauszug vom 06.04.2017, der zusammen mit weiteren nachgeforderten Unterlagen im Zuge der Beschwerdeerhebung von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurde.

Die Feststellungen zum Auftrag der Beschwerdeführerin durch die Auftraggeberin, dem Auftragsvolumen und die Erforderlichkeit der Anwesenheit des Arbeitnehmers in Österreich ergibt sich aus den Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes im Erkenntnis vom 28.09.2018. Es wird auf die diesbezüglichen Beweismittel verwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht führte in seiner Beweiswürdigung dazu aus:

"Dass die BF im Jahr 2016 von einem "Kunden" in Österreich den Auftrag erhalten hat, diverse Leistungen für ihn zu erbringen und dafür die Anwesenheit bestimmter Dienstnehmer der BF teilweise auch vor Ort beim Kunden in Österreich gefordert war, wurde vom Rechtsvertreter der BF in der Beschwerde bekannt gegeben. Welches Material konkret vom Kunden in Österreich von der BF bestellt wurde, ergibt sich aus der der belangten Behörde vorgelegten vom Kunden in Österreich an die BF gerichteten "Einzelbestellung". Mit einem dem Verwaltungsakt einliegenden Zahlungsaviso vom 27.12.2016 wurde die am 26.10.2016 erfolgte Überweisung eines Geldbetrages vom Kunden in Österreich an die BF in Deutschland in Höhe von € 5.028.0000,-

brutto bestätigt. Die Überweisung dieses in einen Netto- und einen Mehrwertsteuerbetrag (€ 4.190.000,- und 838.0000,-) aufgeteilten Geldbetrages an die BF war auch aus einer "Umsatzsteuervoranmeldung 12/2016" ersichtlich. Dass bei der BF am 05.10.2016 von einem anderen Unternehmen ein Nettobetrag von € 2.574,06 und von einem weiteren Unternehmen am 02.11.2016 ein Nettobetrag von € 290,00 eingelangt ist, ergibt sich aus entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen im Verwaltungsakt."

Die für den Entsendezeitraum von 06.07.2017 bis 06.07.2017 in Österreich vorgesehene Tätigkeitsumfang ergibt sich aus der dem Verwaltungsakt einliegenden an die ZKO erfolgte "Meldung einer Entsendung nach Österreich", in welcher unter Punkt 8.10. als Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers "Advanced Simulation" aufscheint. Unter diesem Punkt war jedoch nur die Verwendungsart, nicht jedoch eine nähere Tätigkeitsbeschreibung angeführt. Der ZKO3 Meldung war jedoch auch der Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers mit der Beschwerdeführerin beigelegt, aus welchem sich die Tätigkeit "Konstrukteur Robotersimulation" hervorging.

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und der unbefristeten Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers im Sitzstaat seiner Arbeitgeberin ergibt sich aus den entsprechenden Beilagen zur ZKO3 Meldung (Kopie des indischen Reisepasses sowie der Niederlassungsbewilligung).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Unionsrechtlich regelt weiters die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.1996 die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie). Gemäß Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie ist diese anzuwenden (liegt ein Anwendungsfall der Art. 56 und 57 AEUV vor), soweit Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

"[...]

a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

b) (...), oder

c) als Leiharbeitsverhältnis oder als einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsenden, das seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat und dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitsunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht."

Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Entsenderichtlinie gilt als entsandter Arbeitnehmer jener Arbeitnehmer, der während eines begrenzten Zeitraums seine Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates als demjenigen erbringt, in dessen Hoheitsgebiet er normalerweise arbeitet.

Die RL 2014/67/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 15.05.2014 zur Durchsetzung der RL 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems ("IMI-Verordnung") enthält folgenden, mit "Feststellung einer tatsächlichen Entsendung und Verhinderung von Missbrauch und Umgehung" betitelten Art. 4:

"(1) Bei der Durchführung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG führen die zuständigen Behörden eine Gesamtbeurteilung aller tatsächlichen Umstände durch, die als notwendig erachtet werden, einschließlich insbesondere derjenigen, die in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels genannt sind. Diese Umstände sollen den zuständigen Behörden bei Überprüfungen und Kontrollen behilflich sein sowie dann, wenn die Behörden Grund zur Annahme haben, dass ein Arbeitnehmer möglicherweise nicht als entsandter Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 96/71/EG angesehen werden kann. Bei diesen Umständen handelt es sich um Anhaltspunkte für die vorzunehmende Gesamtbeurteilung, weswegen sie nicht isoliert betrachtet werden dürfen.

(2) Um zu beurteilen, ob ein Unternehmen tatsächlich wesentliche Tätigkeiten ausübt, die über rein interne Management- und/oder Verwaltungstätigkeiten hinausgehen, nehmen die zuständigen Behörden unter Berücksichtigung eines weiten Zeitrahmens eine Gesamtbewertung aller tatsächlichen Umstände vor, die die von einem Unternehmen im Niederlassungsmitgliedstaat und erforderlichenfalls im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübten Tätigkeiten charakterisieren. Diese Umstände können insbesondere Folgendes umfassen:

a) der Ort, an dem das Unternehmen seinen Sitz und seine Verwaltung hat, Büroräume nutzt, Steuern und Sozialabgaben zahlt und gegebenenfalls nach nationalem Recht eine gewerbliche Zulassung besitzt oder bei der Handelskammer oder entsprechenden Berufsvereinigungen gemeldet ist;

b) der Ort, an dem entsandte Arbeitnehmer eingestellt werden und von dem aus sie entsandt werden;

c) das Recht, das auf die Verträge anzuwenden ist, die das Unternehmen mit seinen Arbeitnehmern und mit seinen Kunden abschließt;

d) der Ort, an dem das Unternehmen seine wesentliche Geschäftstätigkeit ausübt und an dem es Verwaltungspersonal beschäftigt;

e) die Zahl der im Niederlassungsmitgliedstaat erfüllten Verträge und/oder die Höhe des Umsatzes, der dort erteilt wird, wobei beispielsweise der Situation von neu gegründeten Unternehmen und von KMU Rechnung zu tragen ist;

(3) Bei der Beurteilung, ob ein entsandter Arbeitnehmer seine Tätigkeit vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat als dem ausübt, in dem er normalerweise arbeitet, sind sämtliche für die entsprechende Arbeit charakteristischen tatsächlichen Umstände sowie die Situation des Arbeitnehmers zu prüfen. Diese Umstände können insbesondere Folgendes umfassen:

a) ob die Arbeit für einen begrenzten Zeitraum in einem anderen Mitgliedstaat verrichtet wird;

b) an welchem Datum die Entsendung beginnt;

c) ob die Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat erfolgt als denjenigen, in dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine Tätigkeit üblicherweise gemäß Rom I und/oder dem Übereinkommen von Rom ausübt;

d) ob der entsandte Arbeitnehmer nach Erledigung der Arbeit oder nach Erbringung er Dienstleistungen, für die er entsandt wurde, wieder in den Mitgliedstaat zurückkehrt, aus dem er entsandte wurde, oder dies von ihm erwartet wird;

e) die Art der Tätigkeiten;

f) ob Reise, Verpflegung und Unterbringung von dem Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer entsendet, bereitgestellt oder die Kosten von ihm erstattet werde, und wenn ja, sollte angegeben werden, wie dies geschieht, oder die Erstattungsmethose dargelegt werden;

g) vorangegangene Zeiträume, in denen die Stelle von demselben oder einem anderen (entsandten) Arbeitnehmerbesetzt wurde.

(4) Die Nichterfüllung eines oder mehrerer der in den Absätzen 2 und 3 genannten tatsächlichen Umstände schließt nicht automatisch aus, dass eine Situation als Entsendung angesehen werden kann. Die Bewertung dieser Umstände ist an den jeweiligen Einzelfall anzupassen und muss den Besonderheiten des Sachverhalts Rechnung tragen."

Der mit "Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen" betitelte Art. 9 der RL 2014/67/EU lautet auszugsweise:

"(1) Die Mitgliedstaaten dürfen nur die Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen vorschreiben, die notwendig sind, um eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Pflichten, die aus dieser Richtlinie und der Richtlinie 96/71/EG erwachsen, zu gewährleisten, vorausgesetzt, sie sind im Einklang mit dem Unionsrecht gerechtfertigt und verhältnismäßig.

Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere folgende Maßnahmen vorsehen:

a) die Pflicht des in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers zur Abgabe einer einfachen Erklärung gegenüber den zuständigen nationalen Behörden spätestens zu Beginn der Erbringung der Dienstleistung in (einer) der Amtssprache(n) des Aufnahmemitgliedstaats oder in (einer) anderen von dem Aufnahmemitgliedstaat akzeptieren Sprache(n), die die einschlägigen Informationen enthält, die eine Kontrolle der Sachlage am Arbeitsplatz erlauben, dies umfasst unter anderem:

i) die Identität des Dienstleistungserbringers;

ii) die voraussichtliche Zahl klar identifizierbarer entsandter Arbeitnehmer;

iii) die unter den Buchstaben e und f genannten Personen;

iv) die voraussichtliche Dauer sowie das geplante Datum des Beginns und des Endes der Entsendung;

v) die Anschrift(en) des Arbeitsplatzes; und

vi) die Art der die Entsendung begründenden Dienstleistungen;

b) die Pflicht zur Bereithaltung oder Verfügbarmachung und/oder Aufbewahrung in Papier- oder elektronischer Form des Arbeitsvertrags oder eines gleichwertigen Dokuments im Sinne der Richtlinie 91/533/EWG des Rates (13), einschließlich - sofern angebracht oder relevant - der zusätzlichen Angaben nach Artikel 4 jener Richtlinie, der Lohnzettel, der Arbeitszeitnachweise mit Angabe des Beginns, des Endes und der Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie der Belege über die Entgeltzahlung oder der Kopien gleichwertiger Dokumente während des Entsendezeitraums an einem zugänglichen und klar festgelegten Ort im eigenen Hoheitsgebiet, wie dem Arbeitsplatz oder der Baustelle, oder bei mobilen Arbeitnehmern im Transportgewerbe an der Operationsbasis oder in dem Fahrzeug, in dem die Dienstleistung erbracht wird;

c) die Pflicht, nach der Entsendung auf Ersuchen der Behörden des Aufnahmemitgliedstaats die unter Buchstabe b genannten Dokumente innerhalb einer angemessenen Frist vorzulegen;

d) die Pflicht zur Vorlage einer Übersetzung der unter Buchstabe b genannten Dokumente in die (oder eine der) Amtssprache(n) des Aufnahmemitgliedstaats oder in (eine) andere von dem Aufnahmemitgliedstaat akzeptierte Sprache(n);

e) die Pflicht, den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats gegenüber, in dem die Dienstleistungen erbracht werden, einen Ansprechpartner zu benennen, der bei Bedarf Dokumente und/oder Mitteilungen verschickt und entgegennimmt;

f) erforderlichenfalls die Pflicht zur Benennung einer Kontaktperson als Vertreter, durch den die einschlägigen Sozialpartner während des Zeitraums der Dienstleistungserbringung versuchen können, den Dienstleistungserbringer zur Aufnahme von Kollektivverhandlungen im Aufnahmemitgliedstaat gemäß dem nationalen Recht und/oder den nationalen Gepflogenheiten zu bewegen. Diese Person kann eine andere als die unter Buchstabe e genannte Person sein und muss nicht im Aufnahmemitgliedstaat anwesend sein, muss jedoch bei einer angemessenen und begründeten Anfrage verfügbar sein.

(2) Die Mitgliedstaaten können weitere Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen vorschreiben, falls sich angesichts einer Sachlage oder neuer Entwicklungen abzeichnet, dass die bestehenden Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen nicht ausreichend oder effizient genug sind, um die wirksame Überwachung der Einhaltung der Pflichten, die aus der Richtlinie 96/71/EG und dieser Richtlinie erwachsen, zu gewährleisten, sofern diese gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.

[...]"

Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit enthält eine Sonderregelung und legt fest:

"Eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaates, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst."

Nummer 1 des Beschlusses Nr. A2 vom 12. Juni 2009 zur Auslegung des Artikels 12 der Verordnung (EG) NR. 883/2004 sieht Folgendes vor:

"Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gilt für einen Arbeitnehmer, der aufgrund einer Beschäftigung bei einem Arbeitgeber den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats (Entsendestaat) unterliegt und von diesem Arbeitgeber zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in einen anderen Mitgliedstaat(Beschäftigungsstaat) entsandt wird.

Es ist davon auszugehen, dass eine Arbeit für Rechnung des Arbeitgebers des Entsendestaats ausgeführt wird, wenn feststeht, dass diese Arbeit für diesen Arbeitgeber ausgeführt wird und dass eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, der ihn entsandt hat, fortbesteht.

Zur Feststellung, ob eine solche arbeitsrechtliche Bindung weiter besteht, somit für die Frage, ob der Arbeitnehmer weiterhin dem Arbeitgeber untersteht, der ihn entsandt hat, ist ein Bündel von Merkmalen zu berücksichtigen, insbesondere die Verantwortung für Anwerbung, Arbeitsvertrag, Entlohnung (unbeschadet etwaiger Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber im Entsendestaat und dem Unternehmen im Beschäftigungsstaat über die Entlohnung der Arbeitnehmer), Entlassung sowie die Entscheidungsgewalt über die Art der Arbeit.

[...]

Um erforderlichenfalls oder im Zweifelsfall festzustellen, ob ein Arbeitgeber gewöhnlich eine nennenswerte Tätigkeit im Gebiet des Mitgliedstaats verrichtet, in dem er niedergelassen ist, muss der zuständige Träger dieses Staates in einer Gesamtschau sämtliche Tätigkeiten dieses Arbeitgebers würdigen. Zu berücksichtigen sind dabei u.a. der Ort, an dem das Unternehmen seinen Sitz und seine Verwaltung hat, die Zahl der im Mitgliedstaat seiner Betriebsstätte bzw. in dem anderen Mitgliedstaat in der Verwaltung Beschäftigten, der Ort, an dem die entsandten Arbeitnehmer eingestellt werden, der Ort, an dem der Großteil der Verträge mit den Kunden geschlossen wird, das Recht, dem die Verträge unterliegen, die das Unternehmen mit seinen Arbeitnehmern bzw. mit seinen Kunden schließt, der während eines hinreichend charakteristischen Zeitraums im jeweiligen Mitgliedstaat erzielte Umsatz sowie die Zahl der im entsendenden Staat geschlossenen Verträge". Diese Aufstellung ist nicht erschöpfend, da die Auswahl der Kriterien vom jeweiligen Einzelfall abhängt, und auch die Art der Tätigkeit, die das Unternehmen im Staat der Niederlassung ausübt, zu berücksichtigen ist."

Der angeführte Beschluss Nr. A2 zur Auslegung des Artikels 12 der VO (EG) Nr. 883/2004 dient damit der Auslegung einer unmittelbar in den Mitgliedstaat anwendbaren Rechtsvorschrift.

Diese Auslegung ist zudem auch mit Art. 56 AEUV über die Dienstleistungsfreiheit vereinbar, weist die genannte Bestimmung doch nur darauf hin, dass das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen können, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.

Art 13 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, betitelt mit "Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten" lautet:

"(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt:

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) wenn sie im Wohnmitgliedstaat keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt,

i) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie bei einem Unternehmen bzw. einem Arbeitgeber beschäftigt ist, oder

ii) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Unternehmen oder Arbeitgeber ihren Sitz oder Wohnsitz haben, wenn sie bei zwei oder mehr Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in nur einem Mitgliedstaat haben, oder

iii) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber außerhalb des Wohnmitgliedstaats seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie bei zwei oder mehr Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihre Sitze oder Wohnsitze in zwei Mitgliedstaaten haben, von denen einer der Wohnmitgliedstaat ist, oder

iv) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, sofern sie bei zwei oder mehr Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, von denen mindestens zwei ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten außerhalb des Wohnmitgliedstaats haben.

(...)

(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden."

Der mit "Nähere Vorschriften zu den Artikeln 12 und 13 der Grundverordnung" betitelte Art. 14 der VO (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009 zu Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit lautet:

"(1) Bei der Anwendung von Artikel 12 Absatz 1 der Grundverordnung umfassen die Worte "eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird" auch eine Person, die im Hinblick auf die Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat eingestellt wird, vorausgesetzt die betreffende Person unterliegt unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen, bei dem sie eingestellt wird, seinen Sitz hat.

(2) Bei der Anwendung von Artikel 12 Absatz 1 der Grundverordnung beziehen sich die Worte "der gewöhnlich dort tätig ist" auf einen Arbeitgeber, der gewöhnlich andere nennenswerte Tätigkeiten als reine interne Verwaltungstätigkeiten auf dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen niedergelassen ist, ausübt, unter Berücksichtigung aller Kriterien, die die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens kennzeichnen; die maßgebenden Kriterien müssen auf die Besonderheiten eines jeden Arbeitgebers und die Eigenart der ausgeübten Tätigkeiten abgestimmt sein.

[...]

(5) Bei der Anwendung von Artikel 13 Absatz 1 der Grundverordnung beziehen sich die Worte "eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt" insbesondere auf eine Person,

a) die eine Tätigkeit in einem Mitgliedstaat beibehält, aber zugleich eine gesonderte Tätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, und zwar unabhängig von der Dauer oder der Eigenart dieser gesonderten Tätigkeit;

b) die kontinuierlich Tätigkeiten alternierend in zwei oder mehr Mitgliedstaaten nachgeht, mit der Ausnahme von unbedeutenden Tätigkeiten, und zwar unabhängig von der Häufigkeit oder der Regelmäßigkeit des Alternierens.

(8) Bei der Anwendung von Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung bedeutet die Ausübung "eines wesentlichen Teils der Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit" in einem Mitgliedstaat, dass der Arbeitnehmer oder Selbständigedort einen quantitativ erheblichen Teil seiner Tätigkeit ausübt, was aber nicht notwendigerweise der größte Teil seiner Tätigkeitsein muss.

Um festzustellen, ob ein wesentlicher Teil der Tätigkeit in einem Mitgliedstaat ausgeübt wird, werden folgende Orientierungskriterien herangezogen:

a) im Falle einer Beschäftigung die Arbeitszeit und/oder das Arbeitsentgelt und

b) im Falle einer selbständigen Erwerbstätigkeit der Umsatz, die Arbeitszeit, die Anzahl der erbrachten Dienstleistungen und/oder das Einkommen.

Wird im Rahmen einer Gesamtbewertung bei den genannten Kriterien ein Anteil von weniger als 25 % erreicht, so ist dies ein Anzeichen dafür, dass ein wesentlicher Teil der Tätigkeit nicht in dem entsprechenden Mitgliedstaat ausgeübt wird.

[...]"

Der mit "Verfahren bei der Anwendung von Artikel 13 der Grundverordnung" betitelte Art. 16 der VO (EG) Nr. 987/2009 lautet auszugsweise:

"(1) Eine Person, die in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten eine Tätigkeit ausübt, teilt dies dem von der zuständigen Behörde ihres Wohnmitgliedstaats bezeichneten Träger mit.

(2) Der bezeichnete Träger des Wohnorts legt unter Berücksichtigung von Artikel 13 der Grundverordnung und von Artikel 14 der Durchführungsverordnung unverzüglich fest, welchen Rechtsvorschriften die betreffende Person unterliegt. Diese erste Festlegung erfolgt vorläufig. Der Träger unterrichtet die bezeichneten Träger jedes Mitgliedstaats, in dem die Person eine Tätigkeit ausübt, über seine vorläufige Festlegung.

(3) Die vorläufige Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften nach Absatz 2 erhält binnen zwei Monaten, nachdem die von den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaatsbezeichneten Träger davon in Kenntnis gesetzt wurden, endgültigen Charakter, es sei denn, die anzuwendenden Rechtsvorschriften wurden bereits auf der Grundlage von Absatz 4 endgültig festgelegt, oder mindestens einer der betreffenden Träger setzt den von der zuständigen Behörde des Wohnmitgliedstaats bezeichneten Träger vor Ablauf dieser zweimonatigen Frist davon in Kenntnis, dass er die Festlegung noch nicht akzeptieren kann oder diesbezüglich eine andere Auffassung vertritt.

[...]"

Gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG gilt als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. d AuslBG ist ein ausländischer Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 AuslBG auszustellen ist, Arbeitgebern gleichzuhalten.

Gemäß § 3 Abs. 1 und 2 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen und ein Ausländer die Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde [...].

Gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

Gemäß § 34 Abs. 44 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2017 tritt die mit diesem Bundesgesetz abgeänderte Bestimmung des § 18 Abs. 12 AuslBG mit 01.10.2017 in Kraft und ist auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem 30.09.2017 ereignet haben. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Beschluss vom 27.06.2018, Ra 2018/09/0077, entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung zu den Übergangsbestimmungen des AuslBG (hier in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2017) ausgesprochen, dass als "Sachverhalt" iSd § 34 Abs. 44 AuslBG idF BGBl. I Nr. 66/2017 jene Sachlage anzusehen ist, die im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung verwirklicht war. Demnach ist im gegenständlichen Fall die geltende Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes anzuwenden.

Maßgeblich für den gegenständlichen Fall ist somit § 18 Abs. 12 AuslBG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 66/2017. Dieser lautet:

"(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Abs. 3 bis 6, § 4 Abs. 2 bis 5 und § 5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl. Nr. 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß § 10 AÜG, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 und 5 und § 6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und

3. im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß § 18 Abs. 1 AÜG vorliegt.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (Zentrale Koordinationsstelle) hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter oder überlassener Ausländer gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG, darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung begonnen werden."

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs. 12 AuslBG ist Voraussetzung für die Erlangung einer EU-Entsendebestätigung, dass die Ausländer zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Erfüllung eines dem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR erteilten Auftrages entsandt werden. Dies entspricht der Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 96/71/EG (VwGH 19.03.2014, Zl. 2013/09/0159).

Weiters führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass eine Untersagung der Entsendung dann in Betracht kommt, wenn die angezeigte Beschäftigung der Sache nach sich gar nicht als Entsendung (iSd Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 96/71 und § 18 Abs. 12 AuslBG), sondern als eine andere Form der Beschäftigung erweist (VwGH 06.11.2012, 2012/09/0130; 19.03.2014, 2013/09/0159).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich noch ausgesprochen, dass im Verfahren betreffend Bestätigung von EU-Entsendungen die zentrale Frage ist, "ob das entsendende Unternehmen einen von einer reinen Arbeitskräfteüberlassung zu unterscheidenden "vorübergehenden Ortswechsel von Arbeitnehmern" (dem entspricht die in § 18 Abs. 12 AuslBG enthaltene Wortfolge: "Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung") vornimmt, um eine Dienstleistung im Aufnahmemitgliedstaat zu verrichten [...]" (VwGH 06.11.2012, 2012/09/0130).

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 09.08.1994 in der Rechtssache C-43/09 Vander Elst u.a. ausgeführt, dass die Arbeitnehmer, die von einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen beschäftigt und vorübergehend zur Erbringung einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden, keinen Zutritt zum Arbeitsmarkt dieses zweiten Staates verlangen, da sie nach Erfüllung ihrer Aufgabe in ihr Herkunfts- oder Wohnland zurückkehren (ebendort, Rz 21).

Im Urteil C-168/04 Kommission/Österreich vom 21.09.2006 hat der EuGH festgehalten, dass ein Mitgliedstaat kontrollieren darf, ob ein Unternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und von dort Arbeitnehmer aus einem Drittstaat entsendet, den freien Dienstleistungsverkehr nicht zu einem anderen Zweck als dem der Erbringung der betreffenden Dienstleistung nutzt, beispielsweise dazu, sein Personal kommen zu lassen, um Arbeitnehmer zu vermitteln oder Dritten zu überlassen (ebendort, Rz 56).

In Österreich sind die Bestimmungen der EU-Entsenderichtlinie (RL 96/71 EG) und der Richtlinie zur Durchsetzung der Entsenderichtlinie (RL 2014/67/

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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