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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1970 geborenen AR, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juli 1996, Zl. 117.769/2-III/11/95, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, welcher noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, beantragte am 24. Juli 1995 im Weg über die österreichische Botschaft in Preßburg die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Diesem Antrag, welcher am 1. August 1995 bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz einlangte, legte der Beschwerdeführer eine Kopie seines Reisepasses bei. Dort findet sich ein am 8. Juni 1995 von der österreichischen Botschaft in Manila ausgestellter Touristensichtvermerk mit Gültigkeit vom 14. Juni 1995 bis 14. August 1995, sowie ein Einreisestempel mit Datum 14. Juni 1995.
Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 13. Oktober 1995 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juli 1996 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer sei nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage am 15. Juni 1995 mit einem bis 14. August 1995 gültigen Touristensichtvermerk eingereist und habe seinen damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Es liege der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG vor und es erübrige sich im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes das Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen, weil das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 25. November 1996, Zl. B 2903/96-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb auf den gegenständlichen Beschwerdefall die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 nicht anzuwenden war.
Mit Schriftsatz vom 14. April 1998 gab der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bekannt, dass ihm am 5. Februar 1998 von der österreichischen Botschaft in Manila ein Visum D mit einer Wirksamkeit bis 4. August 1998 erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer vertrete die Ansicht, daß eine (bisher nicht erteilte) Aufenthaltsbewilligung rechtlich nicht ident mit einem Visum D sei. Gehe der Beschwerdeführer jedoch davon aus, dass ihm durch die Erteilung eines derartigen Visums gleiche Rechte wie im Fall der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zustünden, dann sei der Beschwerdeführer dadurch hiemit "klaglos gestellt" worden.
Es kann dahinstehen, ob dieser in sich widersprüchlichen Erklärung einer "bedingten" Klaglosstellung (wobei der Beschwerdeführer diesen Begriff verkennt, vgl. die bei Dolp3, S. 306 f zitierte hg. Judikatur, - vielmehr käme allenfalls "Gegenstandslosigkeit" der Beschwerde in Betracht) überhaupt ein vom Verwaltungsgerichtshof zu beachtender Erklärungswert hinsichtlich des Wegfalls des rechtlichen Interesses an einer Sachentscheidung zukommt, weil die Frage, ob der Beschwerdeführer noch ein Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat, nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, weil es dieser andernfalls in der Hand hätte, anstelle der Zurückziehung einer Beschwerde auf eine Gegenstandslosigkeitserklärung auszuweichen und damit die Kostenfolgen einer Zurückziehung zu vermeiden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1998, Zl. 97/19/0731,1288).
Hier ist keine Gegenstandslosigkeit der Beschwerde eingetreten. Im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides aufgrund der vorliegenden Beschwerde wäre das Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 112 FrG 1997 als Verfahren zur Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung fortzuführen. Dass der hier beantragten Aufenthaltsbewilligung nunmehr eine Niederlassungsbewilligung entspricht, geht auch aus den Übergangsbestimmungen des § 113 Abs. 3, 4 und 5 leg. cit. hervor. Die Erteilung eines Visums D nach § 6 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1997 ist jedoch nicht mit der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vergleichbar.
Nach § 6 Abs. 1 Z 4 sowie Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997 gilt das Aufenthaltsvisum (Visum für den längeren Aufenthalt, Visum D) als Einreisetitel und berechtigt zu einem drei Monate übersteigenden Aufenthalt in Österreich. Abs. 3 des § 6 legt fest, dass Visa für die Einreise zu einem sechs Monate nicht übersteigenden Aufenthalt ausgestellt werden dürfen, wobei die Ausübung einer Erwerbstätigkeit außer im Rahmen von Geschäftsreisen nicht zugelassen ist. Ein Aufenthalt in Österreich auf Grundlage des Visums D würde daher im gegenständlichen Fall eine Niederlassung auf Dauer ebensowenig zulassen wie den beantragten Aufenthaltszweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit (außer im Rahmen von Geschäftsreisen). Schon aus diesem Grund ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer durch die zwischenzeitige Erteilung eines derartigen Visums eine Bewilligung erhalten hatte, die der von ihm angestrebten Berechtigung entsprach. Von einer Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann daher im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht ausgegangen werden. Es war somit eine Sachentscheidung zu treffen.
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden.
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."
§ 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
....
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG bereits dann gegeben, wenn sich ein Antragsteller in dem für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluss an eine mit Touristensichtvermerk erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0534). Ein nahtloser Anschluss an den Touristensichtvermerk ist demgegenüber zur Verwirklichung des Versagungstatbestandes des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG nicht erforderlich (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zl. 96/19/3427, 3428).
Der Beschwerdeführer tritt der Bescheidfeststellung, er sei mit Touristensichtvermerk, ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Manila, gültig bis zum 14. August 1995, eingereist und habe seinen damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen, nicht entgegen. Der Beschwerdeführer hat den angefochtenen Bescheid am 2. August 1996 persönlich an seiner Wiener Adresse übernommen; er war somit im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Anschluss an eine mit Touristensichtvermerk erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufhältig.
Vor diesem Hintergrund kann die Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG verwirklicht, nicht als unrichtig erkannt werden. Wenn sich der Beschwerdeführer auf § 19 FrG beruft, so ist ihm zu entgegnen, dass diese Bestimmung nach ihrem klaren Wortlaut im Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht zur Anwendung gelangt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1998, Zl. 97/19/1432).
Soweit der Beschwerdeführer durch seine Hinweise auf den Aufenthalt seiner österreichischen Ehegattin im Bundesgebiet einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und 2 AufG behaupten wollte, ist er darauf zu verweisen, dass ein solcher Rechtsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 AufG nur dann besteht, wenn kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorliegt. Da nach dem bisher Gesagten der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG, somit ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG, verwirklicht ist, besteht ein solcher Rechtsanspruch im vorliegenden Fall nicht.
Schließlich vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf Art. 8 MRK der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 6 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg.Nr 13.497, genannten Gründen nicht in Betracht kommt.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997190227.X00Im RIS seit
02.05.2001