Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2019 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Marco C***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 17. Oktober 2018, GZ 21 Hv 36/18i-95, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den unter einem verkündeten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Marco C***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (I./), des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (II./) sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er – soweit für das Nichtigkeitsverfahren relevant – am 11. Mai 2017 in B***** in der Sammelgarage der Wohnanlage ***** an einer fremden Sache eine Feuersbrunst verursacht, indem er das Fahrzeug seiner Mutter Christina C***** mit dem amtlichen Kennzeichen ***** ohne deren Einwilligung unter Verwendung von Aceton in Brand setzte, woraufhin die in unmittelbarer Nähe abgestellten Fahrzeuge der Olga T*****, der Patrizia G***** und des Pierre C***** mit den amtlichen Kennzeichen *****, ***** und ***** abbrannten und mehrere andere Fahrzeuge sowie auch die bauliche Substanz der Sammelgarage in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, „9b“ und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt:
Die undifferenziert aus „§ 281 Abs 1 Z 5 und § 281 Abs 1 Z 5a StPO“ vorgetragene Urteilskritik gibt zunächst Anlass zur Klarstellung, dass das Gesetz die Urteilsanfechtung mittels Mängelrüge (Z 5) nur im Fall der entscheidende Tatsachen betreffenden Undeutlichkeit (erster Fall), Unvollständigkeit (zweiter Fall), eines inneren Widerspruchs (dritter Fall), einer fehlenden oder offenbar unzureichenden Begründung (vierter Fall) sowie der Aktenwidrigkeit (letzter Fall) ermöglicht. Einwände der Art, es seien die im Urteil enthaltenen Feststellungen „logisch nicht nachvollziehbar“, die dazu führenden Begründungen „unbrauchbar“, bloß auf „verba legalia“ gegründet bzw „nicht richtig“ und das Erstgericht „irre sich“, verfehlen diesen Anfechtungsrahmen.
Der von den Tatrichtern vorgenommene Schluss vom gezeigten Verhalten des pyrotechnisch erfahrenen Angeklagten auf dessen innere Intention (US 13 f) ist weder unstatthaft (RIS-Justiz RS0116882; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452) noch besteht insofern ein innerer Widerspruch (Z 5 dritter Fall; vgl dazu: RIS-Justiz RS0099651) zum psychischen Gesundheitszustand des Genannten im Tatzeitpunkt (US 8).
Dass aus der – als Schutzbehauptung eingestuften (US 13) – Einlassung des Angeklagten andere, für ihn günstigere Schlussfolgerungen hätten gezogen werden können, ist auch nicht geeignet, jene erheblichen Bedenken darzutun, auf welche der herangezogene Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO abstellt (RIS-Justiz RS0099674).
Die Kritik der Tatsachenrüge (Z 5a), es fehlten „Feststellungen zum tatsächlichen Grad der Alkoholisierung und Medikamentenbeeinträchtigung“ „gänzlich“, verabsäumt eine Bezugnahme auf in der Hauptverhandlung vorgekommenes, Bedenken gegen die darauf bezogenen Urteilserwägungen (US 5, 8, 13 ff) fundierendes Beweismaterial (RIS-Justiz RS0119424).
Soweit die Rechtsrüge („Z 9b“, richtig: Z 9 lit c) die Anwendung des § 166 Abs 1 StGB (
Begehung im Familienkreis) und demgemäß einen Freispruch wegen Vorliegens eines Privatanklagedelikts reklamiert, indem sie von einer Sachbeschädigung zum Nachteil der Mutter des Angeklagten ausgeht und dessen Vorsatz auf Herbeiführung einer Feuersbrunst sowie auf Gefährdung einer unbestimmten Zahl von Personen (US 7 f, 13 f) schlicht in Abrede stellt, verfehlt sie den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0099810).
Weshalb die Tatsachenbasis des Urteils (US 7 f, 13 f), wonach der Angeklagte es (ua) ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand, dass das von ihm durch Entzünden des über den Autoreifen seiner Mutter und den Tiefgaragenboden gegossenen Acetons entfachte Feuer eine große, von einem Menschen nicht mehr beherrschbare Ausdehnung erreichte, mit gewöhnlichen Mitteln nur mühsam oder überhaupt nicht mehr beherrschbar und solcherart abstrakt geeignet war, Leib und Leben einer unbestimmten Anzahl von Personen, nämlich der Bewohner des – neun bewohnte Wohneinheiten enthaltenden – Hauses ***** sowie der im Einsatz befindlichen Feuerwehrmänner, zu gefährden, in subjektiver Hinsicht für die rechtsrichtige Beurteilung des Sachverhalts als Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB nicht ausreichen (vgl dazu Leukauf/Steininger/Tipold StGB4 § 169 Rz 5; Kienapfel/Schmoller StudB BT III² §§ 169–170 RN 11; Flora SbgK § 169 Rz 39 und 42; Murschetz in WK² StGB § 169 Rz 6; RIS-Justiz RS0130775), sondern vielmehr eine abweichende Beurteilung nach §§ 125 ff StGB verlangen sollte, lässt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht erkennen. Die (auch unter dem Aspekt der Z 5 vorgetragene) Beschwerdekritik, die getroffenen Feststellungen deckten „zwar die Vorsätzlichkeit des Brandlegungsakts“ an sich, nicht aber die Annahme des subjektiven Unrechtselements „in Ansehung von Art und Umfang des entfesselten Schadenfeuers im Sinn einer Feuersbrunst“ ab, entbehrt jeder Erklärung, welche weiteren Feststellungen (über die im Urteil enthaltenen Annahmen hinaus; vgl US 6 ff) insofern vermisst werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der (impliziten) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E125346European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00043.19V.0509.000Im RIS seit
25.06.2019Zuletzt aktualisiert am
25.06.2019