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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §63 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des Dr. K in Wien, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 14. Juli 1998, Zl. 03/01 97/3916, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Rechtsanwaltskammer Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 9. August 1932 geborene Beschwerdeführer wurde am 24. März 1964 bei der Rechtsanwaltskammer Wien in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen. Am 18. Dezember 1995 wurde über sein Vermögen der Konkurs eröffnet. Mit Beschluss vom 23. Jänner 1996 stellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien fest, dass die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 Abs. 1 RAO erloschen ist. Am 31. März 1996 erklärte der Beschwerdeführer gegenüber der Rechtsanwaltskammer Wien, auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zu verzichten. Am 4. August 1997 beantragte er bei der Rechtsanwaltskammer Wien unter Hinweis auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt von 1964 bis 1995, die Leistung der vorgeschriebenen Pensionsbeiträge und die Vollendung des 65. Lebensjahres am 9. August 1997, ihm ab diesem Zeitpunkt die "zustehenden Pensionszahlungen" zu gewähren.
Mit Bescheid vom 16. Juni 1998 wies die Abteilung VI des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien "den Antrag auf Gewährung einer Altersrente ab 9. August 1997 (1. September 1997) gemäß § 50 RAO in Verbindung mit § 5 VersSt Wien ab". Begründend wurde (sinngemäß) dargelegt, es bestehe dem Grunde nach kein Anspruch auf Gewährung der Altersrente, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung. Er machte im Wesentlichen geltend, im Hinblick auf die Erfüllung der Wartezeit lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Alterspension vor. Andernfalls wäre die Regelung verfassungswidrig, weil es gegen das Sachlichkeitsgebot verstoße, dem Beschwerdeführer nach Vollendung des 65. Lebensjahres und nach Entrichtung von Beiträgen durch 32 Jahre die Alterspension zu versagen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Plenum des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien die Vorstellung zurück. Begründend wurde dargelegt, der am 18. Dezember 1995 eröffnete Konkurs sei noch aufrecht. Der Masseverwalter habe den Anspruch auf Altersrente nicht gemäß § 119 Abs. 5 KO aus der Konkursmasse ausgeschieden und dem Beschwerdeführer zur freien Verfügung überlassen. Die Vorstellung sei daher mangels "Verfahrenslegitimation" des Beschwerdeführers zurückzuweisen. Auch in materieller Hinsicht könnte die Vorstellung aber nicht erfolgreich sein, weil die §§ 1, 2 und 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien klarstellten, dass zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versorgungsfalles - das sei das Erreichen des 65. Lebensjahres - der die Altersrente Beanspruchende noch Kammermitglied sein müsse. Dies sei beim Beschwerdeführer im Hinblick auf das Erlöschen der Ausübung der Rechtsanwaltschaft vor Erreichen des 65. Lebensjahres nicht der Fall gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende (ohne Beteiligung oder Genehmigung des Masseverwalters erhobene) Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich unter anderem im Recht auf meritorische Erledigung seiner Vorstellung verletzt.
Die belangte Rechtsanwaltskammer hat die Akten des Verfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 KO wird durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen.
Als Partei eines Verwaltungsverfahrens oder eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kommt somit ab der Konkurseröffnung und Bestellung eines Masseverwalters nur dieser als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners in Betracht, wenn sich das betreffende Verwaltungsrechtsverhältnis auf das der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners bezieht (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 24. März 1995, Zl. 93/17/0387 mwN, und den Beschluss vom 14. Dezember 1998, Zl. 98/10/0379).
Die Zurückweisung eines Begehrens unter Berufung auf die Wirkungen des Konkurses ist somit rechtmäßig, wenn das den Gegenstand des betreffenden Verwaltungsrechtsverhältnisses darstellende Recht Aktiv- oder Passivbestandteil der Konkursmasse ist. Ob letzteres der Fall ist, richtet sich im Hinblick auf die in § 1 Abs. 1 KO normierte Anknüpfung an das der Exekution unterworfene Vermögen nach exekutionsrechtlichen Vorschriften. Dazu zählt § 290a Abs. 1 Z. 4 EO, wonach u.a. Ruhe- und Versorgungsbezüge nur nach Maßgabe des § 291a oder des § 291b - somit beschränkt - gepfändet werden dürfen.
In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werden Bezüge aus den Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern als Bezüge im Sinne des § 290a Abs. 1 Z. 4 EO behandelt (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 29. Jänner 1999, Zl. 95/19/1145).
Nach §§ 291a und 291b EO ist die in Rede stehende Altersrente nicht zur Gänze der Exekution unterworfen. Die Bezüge aus der Altersrente fallen daher nicht zur Gänze in die Konkursmasse. Soweit es - wie hier - um den Grund des Anspruches geht, ist die Antrags- und Rechtsmittellegitimation des Gemeinschuldners (ohne Beteiligung bzw. Genehmigung des Masseverwalters) zu bejahen; ob und inwieweit die Sache auch in den Wirkungsbereich des Masserverwalters fällt, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zu untersuchen (vgl. hiezu z.B. das Erkenntnis vom 2. Juli 1997, Zl. 95/12/0234 mwN, und das bereits erwähnte Erkenntnis vom 29. Jänner 1999).
Die Zurückweisung unter Berufung auf die mangelnde Rechtsmittellegitimation des Beschwerdeführers wegen des über sein Vermögen anhängigen Konkurses entsprach somit nicht dem Gesetz; der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998100336.X00Im RIS seit
20.11.2000