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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §7 Abs1 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch den Erziehungsberechtigten Ing. A, dieser vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien I, Elisabethstraße 22, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 28. September 1998, Zl. 1.000/15-III/A/4b/98, betreffend Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 1997/98 die 7. Klasse eines Oberstufenrealgymnasiums. Mit Entscheidung der Klassenkonferenz vom 25. Juni 1998 wurde ihm aufgrund negativer Jahresbeurteilungen in den Pflichtgegenständen Deutsch, Englisch und Italienisch die Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht erteilt.
Gegen diese Entscheidung brachte der Beschwerdeführer Berufung an den Stadtschulrat für Wien ein. In dieser Berufung werden sämtliche drei negativen Jahresbeurteilungen bekämpft. Zur Begründung wurde bezüglich des Pflichtgegenstandes Englisch unter anderem ausgeführt, die mündliche Prüfung vom 13. Juni 1998 sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1998 änderte der Stadtschulrat für Wien die Jahresbeurteilung in Deutsch auf "Genügend" und bestätigte die negativen Jahresbeurteilungen aus Englisch und Italienisch.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er neuerlich vorbrachte, die mündliche Prüfung im Pflichtgegenstand Englisch vom 13. Juni 1998 sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Der von der belangten Behörde beigezogene pädagogische Amtssachverständige teilte der belangten Behörde mit, aus den vorliegenden Unterlagen betreffend den Pflichtgegenstand Englisch könne nicht festgestellt werden, ob die auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung richtig oder unrichtig sei, weil die Beurteilungen der Schularbeiten zwar generell nachvollziehbar seien, die Texte der "Listening Comprehension" aber nicht vorlägen. Was die mündliche Prüfung vom 13. Juni 1998 betreffe, könne aufgrund des Umfanges der Aufgabenstellung zumindest nicht ausgeschlossen werden, daß die vorgesehene Prüfungszeit nicht ausgereicht habe. Auch die Zweckmäßigkeit und Zulässigkeit einer Aufgabenstellung, die die Korrektur von Fehlern erfordere, sei unter Experten nicht unumstritten. Hiezu komme der Umfang auch und gerade dieser Teilaufgabe.
Die belangte Behörde unterbrach das Verfahren und ließ den Beschwerdeführer zu einer kommissionellen Prüfung im Gegenstand Englisch zu. Diese Prüfung bestand der Beschwerdeführer nicht.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. September 1998 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und stellte fest, daß er zum Aufsteigen in die 8. Klasse eines Oberstufenrealgymnasiums nicht berechtigt ist.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich nur mehr durch die negative Beurteilung im Pflichtgegenstand Englisch beschwert, weil er im Fach Italienisch mittlerweile eine Wiederholungsprüfung abgelegt und diese bestanden habe. Er bringt vor, das Fehlen von Unterlagen sei kein Grund für die Abhaltung einer kommissionellen Prüfung. Die belangte Behörde hätte vielmehr diese Unterlagen beschaffen müssen. Es sei dem Beschwerdeführer auch das Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen pädagogischen Amtssachverständigen nicht zur Kenntnis gebracht worden. Hätte er von diesem Gutachten Kenntnis erlangt, dann hätte er darauf hinweisen können, daß die Texte der "Listening Comprehension" beizuschaffen seien.
Nach § 71 Abs. 4 SchUG hat die Schulbehörde bei der Entscheidung über Berufungen gegen die Verweigerung der Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe, insoweit sich die Berufung auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit "Nicht genügend" stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, daß eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Berufungswerber zu einer kommissionellen Prüfung zuzulassen.
Der Beschwerdeführer hat im Verfahren behauptet, daß die mündliche Prüfung im Gegenstand Englisch am 13. Juni 1998 nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Der pädagogische Sachverständige konnte nicht ausschließen, daß die Prüfungszeit nicht ausreichte; weiters bezeichnete er die Zulässigkeit einer Aufgabenstellung als umstritten. Auf Grund dieser Darlegungen konnte die Behörde zu Recht davon ausgehen, daß eine zweifelsfreie Feststellung, ob die aus den bis zu dieser Prüfung vorliegenden Leistungsbeurteilungen und der diese Prüfung betreffenden Leistungsbeurteilung ermittelte Jahresbeurteilung im Pflichtgegenstand Englisch unrichtig oder richtig war, nicht möglich war. Somit waren die Voraussetzungen für die Durchführung einer kommissionellen Prüfung gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1989, Zl. 88/10/0181).
Da bereits aufgrund der Bedenken gegen die Prüfung vom 13. Juni 1998 die Voraussetzungen für die Durchführung einer kommissionellen Prüfung vorlagen, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob (auch) das Fehlen der Unterlagen über die "Listening Comprehension" die Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 Abs. 4 zweiter Satz erfüllte. Aus diesem Grund braucht auch nicht auf die mit dem Fehlen dieser Unterlagen zusammenhängenden Ausführungen über eine behauptete Verletzung des Parteiengehörs eingegangen werden.
Der Beschwerdeführer bemängelt weiters, daß Prüferin bei der kommissionellen Prüfung jene Person gewesen sei, die im Schuljahr 1997/98 seine Lehrerin und Prüferin gewesen sei. Vorsitzende sei die Landesschulinspektorin K. gewesen; diese habe auch den Bescheid der Schulbehörde erster Instanz vom 13. Juli 1998 unterzeichnet. Es liege Befangenheit vor.
Nach § 71 Abs. 5 SchUG gelten für die Durchführung der kommissionellen Prüfung die Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung (§ 23 Abs. 6) mit der Maßgabe, daß die Prüfung unter dem Vorsitz eines Schulaufsichtsbeamten oder eines von diesem bestimmten Vertreters stattzufinden hat und für den Fall, daß eine rechtzeitige ordnungsgemäße Zusammensetzung der Prüfungskommission nicht möglich ist, der Vorsitzende einen für den betreffenden Unterrichtsgegenstand (das Prüfungsgebiet) lehrbefähigten Lehrer als Prüfer und einen weiteren Lehrer als Beisitzer zu bestellen hat. Wenn eine Einigung über die Beurteilung des Ergebnisses dieser Prüfung nicht zustandekommt, entscheidet der Vorsitzende.
Nach § 23 Abs. 6 SchUG, auf den § 71 Abs. 5 leg. cit. verweist, hat die Beurteilung der Leistungen des Schülers durch den Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes in der betreffenden Klasse (Prüfer) gemeinsam mit einem zweiten vom Schulleiter zu bestimmenden Lehrer (Beisitzer) zu erfolgen.
Das Schulunterrichtsgesetz ordnet demnach ausdrücklich an, daß der Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes in der betreffenden Klasse bei der kommissionellen Prüfung als Prüfer zu fungieren hat. Die vom Beschwerdeführer behauptete Befangenheit liegt nicht vor.
Die Landesschulinspektorin K. hat den Berufungsbescheid des Stadtschulrates unterfertigt und als Vorsitzende der Prüfungskommission bei der kommissionellen Prüfung fungiert.
Nach § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG haben sich Verwaltungsorgane im Berufungsverfahren der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben.
Selbst wenn die Landesschulinspektorin als befangen im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden könnte, wäre daraus für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Die Befangenheit eines Verwaltungsorgans kann nur dann mit Erfolg als Verfahrensmangel geltend gemacht werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen den Bescheid ergeben (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 167, angeführte Rechtsprechung). Derartige Bedenken gibt es nicht. Die Prüfung wurde laut Prüfungsprotokoll von der Prüferin und dem Beisitzer negativ beurteilt. Daß und aus welchen Gründen diese Beurteilung unrichtig sein sollte, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Die Landesschulinspektorin hat lediglich in einem Vermerk festgehalten, sie schließe sich der Auffassung der Prüferin an; dies war überdies ohne Belang, da das Prüfungsergebnis allein durch die Beurteilung durch Prüfer und Beisitzer entschieden wurde. Bedenken in der Richtung, daß das Prüfungsergebnis infolge Mitwirkung eines befangenen Organs an der Prüfung unrichtig sei, ergeben sich angesichts dieses Sachverhaltes nicht.
Auf die Frage, ob die Landesschulinspektorin als befangen anzusehen war, braucht daher nicht eingegangen werden.
Schließlich bemängelt der Beschwerdeführer noch, die belangte Behörde gehe nicht auf die Argumente in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ein. Der angefochtene Bescheid sei insoweit begründungslos.
Die belangte Behörde konnte ihre Entscheidung auf das Ergebnis der kommissionellen Prüfung stützen. Von einem begründungslosen Bescheid kann keine Rede sein.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.
Wien, am 15. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998100377.X00Im RIS seit
02.07.2001