TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/15 L515 2207383-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L515 2207383-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA der Republik Armenien, vertreten durch: Zentrum für europäische Integration und globalen Erfahrungsaustausch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.9.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 1 VwGVG BGBL I 33/2013 idgF, § 68 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF, §§ 57 10 AsylG 2005 BGBl I 100/2005 idgF iVm 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie §§ 52 Abs. 2 Z 1 und Abs. 9, 46 und 55, sowie 53 FPG 2005 BGBl I 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1.1 Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge "bP" bzw. Beschwerdeführer "BF") ist ein männlicher Staatsangehöriger der Republik Armenien. Sie stellte erstmals im März 2007 im Vereinigten Königreich einen Asylantrag und kehrte nach negativem Ausgang des Asylverfahrens nach ca. 6 - 8 Monaten wieder nach Armenien zurück. Im März 2012 reiste die bP laut ihren eigenen Angaben mit ihrer Gattin, ihrem Halbbruder und dessen Familie in die Ukraine. Im Mai 2015 reiste die bP gemeinsam mit ihrem Halbbruder schlepperunterstützt nach Österreich und stellte am 04.05.2015 in der Erstaufnahmestelle Ost einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.1.2. Zusammengefasst brachte die bP vor, dass sie im Jahr 2007 politische Gründe gehabt habe, die Heimat zu verlassen. Sie sei damals mit der Ehefrau nach London gegangen, nach negativem Asylverfahren von dort aber nach ca. 6 - 8 Monaten selbständig wieder nach Armenien zurückgekehrt.

Im Jahr 2012 sei der BF erneut gezwungen gewesen aus politischen Gründen die Heimat zu verlassen. Diesmal sei er mit seiner Frau, seinem Halbbruder und dessen Familie in die Ukraine gereist. In der Ukraine sei Krieg ausgebrochen und zudem hätten sie dort einen Konflikt mit den Leuten von XXXX gehabt. Da sie nicht ausreichend Geld gehabt hätten, seien nur er und sein Halbbruder nach Österreich gereist.

(Auszugsweise Wiedergabe der damaligen Angaben zum Ausreisegrund vor der belangten Behörde [bB]):

...

Auff.: Nennen Sie bitte Ihre konkreten Fluchtgründe, die Sie dazu veranlasst haben, Armenien zu verlassen?

A: Konkret ist folgendes, man hat versucht, meinen Freund zu töten, er war und ist bis heute ein wichtiger Politiker, namens XXXX . Ich war rein zufällig am Tatort, und ich konnte es sehen und wahrnehmen, wer das alles organisiert hat. Das heißt ich bin ein Zeuge. Diese Leute sind sehr einflussreiche Leute, ich habe Angst vor diesen Leuten.

F: Wie wurden Sie konkret bedroht?

A: Ich wurde verbal und physisch bedroht, ich wurde telefonisch bedroht. Sie haben mich einmal mitgenommen und zur Polizeistation gebracht.

F: Machen Sie bitte genauere Angaben über Ihre Erlebnisse. Wann wurden Sie bedroht und wie wurden Sie geschlagen?

A: Um den 15. Jänner 2006 haben die Männer auf mich gewartet, sie haben mich sehr stark geschlagen und ich landete im Krankenhaus.

...

F: Schildern Sie genauer den Vorfall, wo sie geschlagen wurden?

A: Nach dem Arbeitstag ist das alles passiert. Mein Auto ist am Parkplatz gestanden auf der Straße. Ich gehe zu meinem Auto, neben meinem Auto ist ein Auto gestanden, als sie mich sahen, sind sie ausgestiegen, einmal in Uniform, zwei Männer in Zivil, sie haben zu mir gesagt, du fahrst jetzt zu uns und du kommst jetzt zur Polizei. Ich habe gesagt, fahren sie und ich Folge Ihnen. Einer von ihnen hat eine Pistole rausgeholt und lehnte sie an meinen Seitenbauch und sagte zu mir, du kommst jetzt mit. Sie haben mich auf der Straße beschimpft. Irgendwo haben sie mich dann in eine Art Garten oder Park gebracht. Dort haben Sie mich geschlagen.

..."

In ihre Heimat Armenien könne sie aus politischen Gründen nicht zurückkehren, in die Ukraine könne er nicht, weil dort Krieg herrsche.

Außer seinem Halbbruder würden sich in Österreich keinerlei Verwandte befinden.

1.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.2.1. Die bB ging davon aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die bP in Armenien asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätte.

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft.

I.2.1. Gegen den unter Punkt I.2. genannten Bescheid wurde eine Beschwerde eingebracht. Mit ho. Erkenntnis vom 27.10.2017, L515 2159307-1/5E wurde diese in allen Spruchpunkten abgewiesen. Das Erkenntnis wurde der Vertretung der Partei am selben Tage zugestellt und erwuchs somit in Rechtskraft.

I.3. Die bP ließ die Frist für die freiwillige Ausreise ungenutzt verstreichen, ignorierte ihrer gesetzliche Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen und verharrte als rechtswidrig aufhältiger Fremder in diesem.

I.4. Die bP stellte am 2.2.2018 einen weiteren Antrag auf die Gewährung von internationalen Schutz. Dazu wurde sie in den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.

I.4.1. Im Wesentlichen begründete die bP ihren nunmehrigen Antrag, dass laut einem Schreiben des Ermittlungskommitees der Republik Armenien vom 15.12.2017 der bP vorgeworfen werde, sie hätte am 14.6.2017 einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Mensch getötet worden sei. Wegen dieser Angelegenheit sei am 17.9.2017 eine Gerichtsverhandlung in der Abwesenheit der bP durchgeführt worden, in der die bP schuldig gesprochen und im Anschluss zur Fahndung ausgeschrieben worden sei. Sie hätte diesen Unfall jedoch nicht verursacht und sei das Strafverfahren von jenen Personen initiiert worden, welche sie in ihrem Erstverfahren als ihre Verfolger nannte

Die bP legte ein Schreiben vor, welches den oa. Umstand bescheinigen solle.

Gesundheitliche Gründe wurden seitens der bP zur Begründung ihres Antrages nicht genannt.

Die bP gab weiters an, in Österreich keine Angehörigen zu haben. Sie lebe von der Grundversorgung. Weitere relevante sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet wurden nicht genannt.

I.4.2. Mit im Spruch ersichtlichen Bescheid (in weiterer Folge als "Zweitbescheid" bezeichnet) wurde der Antrag gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den bereits genannten Herkunftsstaat zulässig ist.

Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise. (Spruchpunkt II).

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich weder in der Sach- noch in der Rechtslage eine wesentliche Änderung im Vergleich zu jenem Bescheid ergab, in denen letztmalig inhaltlich über den Antreg entschieden wurde.

Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts liegen nicht vor und insbesondere stellte eine Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familien-leben der bP dar.

1.4. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Rpublik Armenien traf die belangte Behörde unter nachvollziehbarer Nennung der Erkenntnisquellen ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen Feststellungen ergibt sich eine im Wesentlichen unbedenkliche Sicherheitslage, sowie der Umstand, dass die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist. Ebenso besteht eine flächendeckende medizinische Versorgung und ist davon auszugehen, dass Abgeschobene, die im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachten, mit keinen Repressalien zu rechnen haben.

Im genannten Bescheid wurde auch darauf eingegangen, dass der bisherige Premierminister nach Massenprotesten im April 2018 zurücktrat und der bisherige Oppositionsführer, Nikol Pashinian zum Ministerpräsidenten ernannt wurde.

1.4.1. Gegen den oa. Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde auf das bisherige Vorbringen verwiesen, welche laut Dafürhalten der bP bzw. deren Vertretung einen neuen relevanten Sachverhalt darstelle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den in Punkt I dargelegten Ausführungen.

In Bezug auf die Lage der bP ergibt sich kein neuer wesentlicher Sachverhalt, insbesondere nicht zum Nachteil der bP.

In Bezug auf die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat schließt sich das ho. Gericht den Ausführungen der bB an.

Das ho. Gericht weist auch darauf hin, dass es sich bei der Republik Armenien zwischenzeitig um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt.

2. Beweiswürdigung

Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben.

Aufgrund der vorliegenden, unbedenklichen und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Aus dem beschriebenen Verfahrensgang ergibt sich eindeutig, dass sich jener Sachverhalt, welchen die bP zur nunmehrigen Begründung ihres Antrags heranzieht, vor dem Eintritt der Rechtskraft des ho. Erkenntnis vom 27.10.2017, L515 2159307-1/5E behauptetermaßen ereignet hätte.

Die seitens der bB zur Beurteilung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogenen Quellen stellen sich als schlüssig und aktuell dar. Auch traten die bP diesen nicht substantiiert und konkret entgegen.

Da es sich bei der Republik Armenien zwischenzeitig um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, kann vom Grundsatz der normativen Vergewisserung Armeniens ausgegangen werden (in Bezug auf detaillierte Ausführungen zum Grundsatz der vormativen Vergewisserung Armeniens vgl. ho. Erk. vom 14.8.2018, L515 2197191-1/16E).

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013

liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die die belangte Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das ho. primär in der Sache selbst entscheiden. Hierzu zählt auch die Beurteilung der Frage, ob die bB zu Recht von entschiedener Sache ausging.

II.3.4. Entschiedene Sache

II.3.4.1. Prüfungsumfang der "Entschiedenen Sache"

Einleitend ist festzustellen, dass gem. dem. Erk. des VwGH vom 24.11.2000, Zahl 96/19/3212 für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens sein wesentlicher Inhalt, der sich aus den gestellten Antrag erkennen lässt und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend ist. Es kommt nämlich nicht auf die Bezeichnungen und zufällige Verbalform an, sondern auf den Inhalt des Anbringens oder erkennbar oder zu schließende Ziel des Parteischrittes. Ist etwa erkennbar, dass ein Antrag entgegen seinem Wortlaut auf etwas anderes abzielt, kommt es auf die erkennbare Absicht des Einschreiters an (Vgl. auch Erk d. VwGHs vom 24.4.1985, 85/11/035, E. v. 22.12.1998, 87/17/0197, E. v. 8.4.1992, 91/13/0123, E. v. 21.5.2003, 2003/17/0089, E. v. 26.2.2003, 2002/17/0279, E. v. 21.4.1998, 98/11/0019, E. v. 21.5.1997, 95/19/1137 mwN).

Im gegenständlichen Fall liegt der -durch eine in rechtlichen Angelegenheiten im Allgemeinen und in asyl- Fremdenrechtssachen im Besonderen besonders versierte Person bzw. Organisation- klar erkennbare Wille der bP in der Einbringung eines weiteren Antrages auf internationalen Schutz, weshalb nicht festgestellt werden kann, dass sie abweichend von der allfällig zufällig gewählten Wortwahl mit seinem Einschreiten etwas anderes Bezweckte als die (neuerliche) Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, weshalb eine "Umdeutung" des Antrages auf ein anderes Begehren aufgrund dieses klar erkennbaren Parteienwillens ausscheidet. Das erkennende Gericht hat daher zu prüfen, ob in Bezug auf jene Entscheidung, als der Antrag der bP letztmalig inhaltlich geprüft wurde, entschiedene Sache vorliegt:

Im gegenständlichen Fall behauptet die bP, es liege nunmehr ein Sachverhalt vor, welcher die Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat nicht zulässig erscheinen ließe. Hierzu wird im Lichte des Erk. d. VwGH vom 19.2.2009, Zl. 2008/01/0344 (vgl. aber auch VfGH U 1533/10-12, U 1534/10-12; VfGH U 1518/11-15) Folgendes erwogen:

Die bP stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Antrag auf internationalen Schutz ist das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 2 Z. 13 AsylG). Im gegenständlichen Fall ist daher neben dem asylrelevanten Sachverhalt gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK (Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung) als auch im Hinblick auf dir subsidiären Schutzgründe gem. Art. 15 RL 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen ("wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde") zu prüfen, ob entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorliegt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266). Selbiges gilt, wenn sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt (etwa das Begehren der Gewährung von internationalem Schutz), die Partei dieses Begehren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage jedoch anders begründet (vgl. ho. Erk. v. 6.10.2011, Zl. E10 417.640-2/2011/3E, E10 417.639-2/2011/3E, Zl. E10 417.641-2/2011/3E).

Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, ho. Erk. vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahren ist somit nur die Frage, ob die bB zu Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz (nunmehr: vor der Verwaltungsbehörde) zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung ("Beschwerde") gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG bzw. 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).

Ob der Sachverhalt, welcher sich vor dem Eintritt der Rechtskraft im Erstverfahren von der Partei vorgetragen wurde oder nicht, ist nicht von Relevanz. Auch ein nicht vorgetragener Sachverhalt ist von der Rechtskraftwirkung bzw. des Rechtsgrundsatzes des ne bis in idem umfasst.

Im gegenständlichen Fall trat die Rechtskraft des ho. Erkenntnis vom 27.10.2017, L515 2159307-1/5E am 27.10.2017 ein. So soll sie bereits am 17.9.2017 verurteilt und zur Fahndung ausgeschrieben worden sein. Dieser behauptete Sachverhalt ist somit von der Rechtskraftwirkung des ho. Erkenntnis vom 27.10.2017, L515 2159307-1/5E mitumfasst. Hieran ändert sich auch nichts, wenn er bzw. dessen Folgen über das Datum der Rechtskraft nachwirken sollte.

Aufgrund der im Vorabsatz ausgeführten Überlegungen konnten auch weitere Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung entfallen.

II.3.4.1.1. Entschiede Sache in Bezug auf den asylrelevanten Sachverhalt

Im gegenständlichen Fall ergab sich vor dem Hintergrund der oa. Ausführungen weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die bP betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in den sonstigen in der bP gelegener Umstände.

Soweit es in Armenien zur für die Verfahrensparteien als notorisch bekannt anzusehenden sog. "Samtenen Revolution" kam und die Republik Armenien zu einem sicheren Herkunftsstaat erklärt wurde, ergibt sich im Lichte des § 68 Abs. 1 AVG kein relevanter neuer Sachverhalt für die bP. Jedenfalls kann nicht festgesellt werden, dass sich die Lage der bP potentiell verschlechtert hätte. Eine allfällige potentielle Verbesserung ist von dem Schutzzweck des Art. 1 Abschnitt A Ziffer der der GFK und des § 68 Abs. 1 AVG im Lichte des gegenständlichen Prüfungssmaßstab nicht relevant.

Ebenso ergab sich kein sonstiger unter die Tatbestandesmerkmale des Art. 1 Abschnitt A Ziffer der der GFK zu subsumierender Sachverhalt.

Eine Änderung der relevanten Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung des vorliegenden Antrages neuerlich gebieten würde, kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor, weshalb die inhaltliche Prüfung des gegenständlichen Antrages ausscheidet. Auch wurden von den bP keine Anträge insbesondere gem. §§ 32, 33 VwGVG gestellt.

Es sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass der höchstgerichtlichen Judikatur folgende davon ausgegangen werden kann, dass ein sicherer Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG gewillt und befähigt ist, seine Bewohner zu schützen.

II.3.4.1.2. Entschiedene Sache in Bezug auf den zur Prüfung der Voraussetzung der Zuerkennung des Statuts des subsidiär Schutzberechtigten relevanten Sachverhalt

Weder aus dem Vorbringen der bP, noch aus dem sonstigen Ermittlungsergebnis ergaben sich Hinweise, dass sich neue subsidiäre Schutzgründe ergeben hätten. Insbesondere wurde bereits im Erstverfahren das Bestehen einer Existenzgrundlage bejaht und wurden keine krankheitsbedingten Abschiebehindernisse festgestellt und konnte in diesem Punkt keine Änderung festgestellt werden.

Soweit die bP ihre bisherigen behaupteten subsidiären Schutzgründe wiederholt bzw. bekräftigt, wird auf die entsprechenden rechtlichen Ausführungen unter Punkt 6.1. verwiesen.

II.3.5. Rückkehrentscheidung

Die Fragen der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung wurde bereits im ho. Erkenntnis vom 27.10.2017, L515 2159307-1/5E ausführlich geprüft und bejaht und kann nicht festgestellt werden, dass sich seit dem 27.10.2017 Umstände ergeben hätten, welche zu Gunsten der bP zu berücksichtigen wären. Aus dem bloßen Verstreichen von Zeit seit der letztmaligen inhaltlichen Entscheidung und den damit typischer Weise einhergehenden Umständen kann noch keine wesentliche Änderung im Lichte des Art. 8 EMRK zu Gunsten gesehen werden. So ging der VwGH bei folgenden Konstellationen von keiner wesentlichen Änderung des Sachverhalts im Sinne der oa. Erwägungen aus (exemplarische und auszugsweise Zitierung der Judikatur ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

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Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0094: Weder ein Zeitablauf von ca. zwei Jahren [Anm.: in einem anderen Erk. 2, 5 Jahre] zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen stellen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b NAG 2005 idF vor 2012/I/087 dar (Hinweis E 22. Juli 2011, 2011/22/0138; E 9. September 2013, 2013/22/0215).

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Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0108: Ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag (dem im Hinblick darauf, dass der Fremde mangels entsprechender Deutschkenntnisse keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hat, die Relevanz abgesprochen wurde) und auch der bloße Besuch eines Deutschkurses durch die Fremde können keine umfassende Neubeurteilung iSd Art 8 MRK nach sich ziehen (vgl. E 10. Dezember 2013, 2013/22/0362; E 29. Mai 2013, 2011/22/0013).

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Erk. vom 19.11.2014, 2012/22/0056: Die Behörde hat die Sprachkenntnisse des Fremden und die Einstellungszusage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Behörde in diesen Umständen keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts sah, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. E 13. Oktober 2011, 2011/22/0065).

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Er. vom 19.11.2014, 2013/22/0017: Mit Patenschaftserklärungen wird letztlich nur die finanzielle Unterstützung des Fremden dokumentiert und keine iSd Art. 8 MRK relevante Integration dargelegt (vgl. E 22. Juli 2011, 2011/22/0112).

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Erk. vom 30.7.2014: 2013/22/0205: Aus den vom Fremden neu vorgebrachten Umständen - den vorgelegten Empfehlungsschreiben und seinem sozialen Engagement beim Roten Kreuz - allein musste die Behörde nicht auf eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes schließen (vgl. E 11. November 2013, 2013/22/0250, und 2013/22/0217).

Den exemplarisch zitierten Einzelfallentscheidungen ist zu entnehmen, dass nicht jede Änderung in Bezug auf die privaten und familiären Anknüpfungspunkte zur Erforderlichkeit einer neuerlichen meritorischen Prüfung des Antrages führt, sondern dass dies nur dann der Fall ist, wenn der Änderung eine nicht nur bloße untergeordnete Tatbestandsrelevanz zukommt (vgl. zur erforderlichen Tatbestandsrelevanz auch Erk. d. VwGH vom 19.2.2009, Zl. 2008/01/0344, wo dieser sichtlich von vergleichbaren Überlegungen in Bezug auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Lichte des Art. 3 EMRK und § 68 (1) AVG ausging).

Aus den oa. Ausführungen ergibt sich somit keine Änderung in den privaten Anknüpfungspunkten der bP zu ihren Gunsten im Lichte des Art. 8 EMRK.

Zu Ungunsten der bP ist sehr wohl anzuführen, dass sie nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise weiterhin im Bundesgebiet verharrte. Hierbei handelt es sich um einen Sachverhalt mit sehr hohem sozialten Unwert (dieser manifestiert sich auch in den sehr hohen Strafdrohungen des § 120 FPG), welche im Rahmen der öffentlichen Interessen des Art. 8 Abs. 2 EMRK schwer wiegen.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung wiegen somit die öffentlichen Interessen nach wie vor weitaus schwerer als die privaten, weshalb im Rahmen einer Interessensabwägung im Lichte des Art. 8 EMRK davon auszugehen ist, dass im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben jedenfalls zulässig ist.

II.3.6. Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 AsylG wurden weder seitens der bP behauptet, noch ergab sich derartiges bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen auch nicht aus der Aktenlage.

II.3.7. Umstände, welche das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung begründen würden, kamen nicht hervor. Ebenso ergibt sich aus den oa., sowie den im bereits genannten Asylverfahren in Rechtkraft erwachsenen Ausführungen, welchen noch ausreichende Aktualität zukommt und den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht wurden, dass keine Umstände vorliegen, welche eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Armenien unzulässig erscheinen würden.

II.3.8 Letztlich war festzustellen, dass gem. § 55 Abs. 1a FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht besteht, zumal der gegenständliche Antrag gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war.

II.3.9. Da innerhalb der Frist des § 17 Abs. 1 BFA-VG entschieden wurde, stellt sich die Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht.

II.3.10. Einreiseverbot

Da von der bB kein Einreiseverbot erlassen wurde, ist hierüber seitens des ho. Gerichts mangels Vorliegens eines Beschwerdegegenstandes nicht zu entscheiden.

Der Vollständigkeit halber erlaubt sich das ho. Gericht darauf hinzuweisen, dass aufgrund des Falls, dass die bP die Frist für die freiwillige Ausreise ungenützt verstreichen ließ, auf Art. 11 der Rückführungsrichtlinie, RL 2008/115/EG vom 18.12.2008 zu Anwendung gekommen wäre ("... Rückkehrentscheidungen gehen mit einem

Einreiseverbot einher, a) ... oder b) falls der

Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. ...") bzw. nach wie vor anwendbar ist, welcher im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation des § 53 FPG zur berücksichtigen (gewesen) wäre und auf die lediglich demonstrative Aufzählung der Tatbestände des Abs. 2 leg. cit. hingewiesen.

II.3.11. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

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1.-der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.-die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

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der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint

oder

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sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Es sie an dieser Stelle nachmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und aufgrund der normativen Vergewisserung der Sicherheit dieses Staates diesbezügliche Fragen jedenfalls als geklärt anzusehen sind und keiner weiteren Verhandlung bedürfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

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Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

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Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen-

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In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des Behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.

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Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

Der VwGH wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN). Daraus ist jedoch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das ho. Gericht von ihm einen positiven Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).

Im gegenständlichen Fall wurden zum einen die seitens der bP getätigten Äußerungen zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt und letztlich der für die bP günstigste Sachverhalt, wie er sich darstellen würde, wenn sich das Gericht im Rahmen einer Verhandlung einen positiven Eindruck verschafft hätte, der rechtlichen Beurteilung unterzogen, weshalb auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung keine Verhandlung durchzuführen war.

Zur Frage der Erforderlichkeit einer weiteren Befragung der bP ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon bei der bB stattgefundenen persönlichen Anhörung (das hierbei erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahme wurde in einer entsprechenden Niederschrift, der die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fallunterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung. Ebenso erstattete die bP kein Vorbringen, welche die normative Vergewisserung der Sicherheit Armeniens in Zweifel gezogen hätte.

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens, bzw. zur Bindungswirkung bereits rechtskräftig vorliegender Entscheidungen abgeht. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 17 BFA-VG auf § 37 AsylG aF).

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltstitel,
berücksichtigungswürdige Gründe, Einreiseverbot, entschiedene Sache,
Folgeantrag, freiwillige Ausreise, Frist, Gesamtbetrachtung,
Identität der Sache, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Privat- und Familienleben, private Interessen, Rechtskraft der
Entscheidung, Rechtskraftwirkung, res iudicata,
Rückkehrentscheidung, sicherer Herkunftsstaat, subsidiärer Schutz,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L515.2207383.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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