TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/17 L521 2133502-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2018
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Entscheidungsdatum

17.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zl. 1049464500-180457536, zu Recht erkannt und beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Im Übrigen wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid im Umfang seiner Spruchpunkte IV., V. und VI. aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte im Gefolge seiner schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 04.01.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Wien am 05.01.2015 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen seiner Ausreise befragt an, er habe in Bagdad als Security am Flughafen gearbeitet. Schiitische Milizen hätten ihn mit dem Umbringen bedroht, wenn er ihnen keine Informationen liefere.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 16.02.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter niederschriftlich einvernommen.

Zum Ausreisegrund befragt führte der Beschwerdeführer aus, er Fahrer eines Generals der Luftwaffe der irakischen Armee gewesen sei. Da dieser Sunnit gewesen sei und er selbst Schiit, hätten ihn die schiitischen Milizen mehrmals aufgefordert, Nachrichten über den General an sie zu liefern. Da er dies nicht getan habe, hätten sie ihm Drohungen nach Hause geschickt. Insgesamt sei er drei Mal bedroht worden. Sein Vater sei im März 2015 von den Milizen entführt und aufgefordert worden, den Beschwerdeführer zur Rückkehr zu bewegen, was er aber nicht getan habe. Im April 2015 sei sein Vater ermordet worden. Einen Beweis über den Tod des Vaters könne er nicht in Vorlage bringen. Die Familie habe nicht einmal den Leichnam des Vaters erhalten. Die Entführer des Vaters seien auch zur Mutter nach Hause gekommen, um sie dazu zu bewegen, Druck auf den Beschwerdeführer auszuüben, damit dieser zurückkomme. Er habe sich auch unbefugt vom Dienst bei den irakischen Streitkräften entfernt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2016, Zl. 1049464500-150006451, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ebenso abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden habe können. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung subsidiären Schutzes habe eine Gefahr im Sinne des § 8 AsylG nicht festgestellt werden können.

4. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde im Irak von schiitischen Milizen verfolgt und habe sich unbefugt vom Dienst bei den irakischen Streitkräften entfernt, habe sich als nicht glaubwürdig erwiesen.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen dieses Erkenntnis weder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, noch Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Er verfügte sich vielmehr in die Bundesrepublik Deutschland, wo ihm zunächst am 21.05.2017 die Einreise verweigert und er am folgenden Tag nach Österreich zurückgeschoben wurde. In der Folge gelang es dem Beschwerdeführer, in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen, wo er am 29.11.2017 in Bielefeld erkennungsdienstlich behandelt wurde und einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

6. Am 14.05.2018 wurde der Beschwerdeführer von den deutschen Behörden in das Bundesgebiet rücküberstellt und stellte am folgenden 15.05.2018 verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am Tag der Antragstellung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Polizeiinspektion Traiskirchen EASt erstbefragt.

Zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung befragt führte der Beschwerdeführer aus, er habe eine österreichische Staatsangehörige als Freundin und erwarte mit dieser ein Kind. Er wolle bei seiner Freundin und seinem Kind sein und stelle deshalb einen neuen Asylantrag.

Das Verfahren wurde in der Folge nicht zugelassen.

7. Am 04.10.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ort, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers sowie eines Rechtsberaters und seiner Lebensgefährtin in arabischer Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter zu seinem neuerlichen Asylantrag niederschriftlich einvernommen.

Seitens des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen vorgebracht, er stelle einen neuen Antrag auf internationalen Schutz, da er in Österreich mittlerweile eine Familie und ein Kind habe. Weitere Gründe für die neuerliche Antragstellung gebe es nicht. In Deutschland habe er "[s]ein Glück versuchen" wollen, nachdem er in Österreich keinen positiven Asylbescheid erhalten habe. Das in das Verfahren eingeführte Länderinformationsblatt wolle erhielt übernehmen, da er sich für die Geschehnisse im Irak nicht interessieren würde.

8. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zl. 1049464500-180457536, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I und Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).

Unter einem wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1

BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte - zusammengefasst - fest, dass der Beschwerdeführer keine entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung glaubhaftgemacht habe, die nach dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens entstanden wäre.

9. Gegen den dem Beschwerdeführer am 04.12.2018 eigenhändig zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zl. 1049464500-180457536, richtet sich die im Wege der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In dieser wird beantragt, den angefochtenen Bescheid im Umfang seines Spruchpunktes I. zu beheben und die Sache an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Durchführung eines inhaltlichen Asylverfahren zu verweisen, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen sowie Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides zu beheben bzw. hilfsweise diesen abzuändern und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wieder den Beschwerdeführer auf Dauer für unzulässig zu erklären. Eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt und jedenfalls die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt.

Begründend wird hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz vorgebracht, dass sich die Sicherheitslage in Indien (sic!) entgegen der Ansicht des belangten Bundesamtes seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens verschlechtert habe. Das belangte Bundesamt sei aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verpflichtet, eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK in jedem Fall amtswegig wahrzunehmen. Wäre das Vorbringen des Beschwerdeführers ordnungsgemäß gewürdigt worden, hätte das belangte Bundesamt zum Schluss kommen müssen, dass keine entschiedene Sache vorliegt. Im Hinblick auf das Privat- und Familienleben im Bundesgebiet bringt der Beschwerdeführer vor, Vater der österreichische Staatsbürgerin XXXX zu sein. Er führe mit der Kindesmutter seit zwei Jahren eine Liebesbeziehung, lebe aber nicht mit ihr im gemeinsamen Haushalt. Um in der Nähe seines Kindes zu sein, habe er auf Leistungen der Grundversorgung verzichtet und sehe nun seine Tochter regelmäßig.

10. Die Beschwerdevorlage langte am 11.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX, ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe, ledig und Moslem der schiitischen Glaubensrichtung. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in Bagdad geboren und lebte dort bis zur Ausreise. Die Mutter des Beschwerdeführers, ein Bruder und fünf Schwestern leben nach wie vor in Bagdad. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Mutter in telefonischem Kontakt.

Der Beschwerdeführer verließ den Irak an einem nicht feststellbaren Tag im Dezember 2013 05.12.2014 und gelangte schlepperunterstützt am nach Österreich, wo er 04.01.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Er hält sich - abgesehen von einem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (zumindest) zwischen dem 29.11.2017 und dem 14.05.2018 - seit seiner ersten Antragstellung in Österreich auf und verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens. Sein Aufenthalt war nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Er wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

1.2. Der Beschwerdeführer wurde am 16.11.2018 vom Landesgericht für Strafsachen Graz zu 10 Hv 86/18b schuldig erkannt, vorschriftswidrig Suchtgift (I.) am 17.09.2017 in Graz an einem öffentlich zugänglichen Ort, nämlich im Grazer Stadtpark während sich in unmittelbarer Nähe zumindest 15 Personen aufhielten, mithin öffentlich und unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet war, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, anderen gegen Entgelt überlassen zu haben, indem er einem Dritten Cannabiskraut um EUR 10,00 weiterveräußerte und (II.) besessen zu haben, indem er im Zeitraum von zumindest Mai 2018 bis 17.09.2018 unbekannte Mengen an Cannabiskraut bis zum Eigenkonsum zum persönlichen Gebrauch innehatte.

Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 27 Abs. 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, wobei die Strafe auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafzumessung bewertete das Gericht als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und das reumütige Geständnis, als erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen.

1.3. Der Beschwerdeführer führte zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 04.01.2015 zusammengefasst im Wesentlichen aus, er sei Fahrer eines Generals der Luftwaffe der irakischen Armee gewesen. Da dieser Sunnit gewesen sei und er selbst Schiit, hätten ihn die schiitischen Milizen mehrmals aufgefordert, Nachrichten über den General an sie zu liefern. Da er dies nicht getan habe, hätten sie ihm Drohungen nach Hause geschickt. Insgesamt sei er drei Mal bedroht worden und habe dann den Irak verlassen. Sein Vater sei im März 2015 von den Milizen entführt und aufgefordert worden, den Beschwerdeführer zur Rückkehr zu bewegen, was er aber nicht getan habe. Im April 2015 sei sein Vater ermordet worden. Die Entführer des Vaters seien auch zur Mutter nach Hause gekommen, um sie dazu zu bewegen, Druck auf den Beschwerdeführer auszuüben, damit dieser zurückkomme. Er habe sich auch unbefugt vom Dienst bei den irakischen Streitkräften entfernt.

Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.01.2015 wurde im Instanzenzug mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, zugestellt durch Hinterlegung am 07.04.2017 (die tatsächliche Behebung des Poststückes erfolgte am 12.04.2017), wegen der Unglaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens rechtskräftig abgewiesen, auch subsidiärer Schutz wurde nicht gewährt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Unter einem wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage betrage.

1.4. Der Beschwerdeführer führte zur Begründung des verfahrensgegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom anlässlich seiner Erstbefragung am 15.05.2018 aus, er habe eine österreichische Staatsangehörige als Freundin und erwarte mit dieser ein Kind. Er wolle bei seiner Freundin und seinem Kind sein und stelle deshalb einen neuen Asylantrag.

Bei der nachfolgenden Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.10.2018 im Beisein eines Rechtsberaters bestätigte der Beschwerdeführer zunächst, eine Rechtsberatung in Anspruch genommen zu haben. Er stelle einen neuen Antrag auf internationalen Schutz, da er in Österreich mittlerweile eine Familie und ein Kind habe. Weitere Gründe für die neuerliche Antragstellung gebe es nicht. Die aktuellen Geschehnisse im Irak würden ihn nicht interessieren, zuletzt habe sich auch der Kontakt zu seiner Mutter reduziert, da er ein uneheliches Kind habe.

1.5. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid zum verfahrensgegenständlichen Antrag damit, dass der Beschwerdeführer im Vergleich zum Vorverfahren keine entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung glaubhaft gemacht habe. Die den Beschwerdeführer betreffende allgemeine Lage im Herkunftsstaat habe sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens nicht geändert.

1.6. In der Beschwerde wurde zu deren Begründung im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die allgemeine Lage im Herkunftsstaat entgegen der Einschätzung der belangten Bundesamtes sehr wohl verschlechtert habe. Der Beschwerdeführer unterhalte außerdem ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet.

1.7. Dem Beschwerdeführer droht im Irak keine individuelle Gefährdung oder psychische und/oder physische Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Begründung seines verfahrensgegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 15.05.2018 wird keine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat oder in sonstigen, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umständen seit der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, aufgezeigt. Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage im Irak im Sinne einer Verschlechterung der Lage ist seit der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, nicht eingetreten.

Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung des verfahrensgegenständlich zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 15.05.2018 gebieten würde, kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor.

1.8. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge im Irak.

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeits- und anpassungsfähiger junger Mensch mit Berufserfahrung und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage. Er verfügt über eine Wohnmöglichkeit bei seiner Familie in Bagdad. Dem Beschwerdeführer ist darüber hinaus die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens möglich und zumutbar.

1.9. Das belangte Bundesamt hat im Verfahren erster Instanz notwendige Ermittlungen zum vorgebrachten Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, nämlich zur Intensität der Bindungen zu seiner Lebensgefährtin und zu seiner Tochter - insbesondere die nach der Lage des Falls gebotene zeugenschaftliche Einvernahme der Lebensgefährtin XXXX (auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin der minderjährigen XXXX) mit der Intention unterlassen, diese Ermittlungsschritte an das Bundesverwaltungsgericht zu delegieren.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt (einschließlich des Verfahrensaktes des belangten Bundesamtes betreffend den erstmaligen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich) unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers sowie des Inhaltes der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde, ferner durch Einsichtnahme in die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten und im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Irak, durch Einsichtnahme in den Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl L524 2133502-1 sowie die amtswegig eingeholten Auszüge aus dem Strafregister, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und dem Zentralen Melderegister den Beschwerdeführer betreffend.

2.2. Der eingangs angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verfahrensakts der belangten Behörde.

Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie deren persönliche und familiäre Lebensumstände im Herkunftsstaat und in Österreich ergeben sich aus dessen übereinstimmenden Angaben in den Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sie sind im Beschwerdeverfahren nicht strittig. Die Identität des Beschwerdeführers steht in Anbetracht seiner im Original in Vorlage gebrachten irakischen Ausweisdokumente (Personalausweis und Staatsbürgerschaftsnachweis) sowie des in Kopie in Vorlage gebrachten Reisepasses fest.

Die Feststellungen betreffend die grundsätzliche Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dessen Ausführungen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Hinblick auf seine Schulausbildung sowie die im Herkunftsstaat ausgeübte Tätigkeit. Daraus folgt auch, dass der Beschwerdeführer, der sich im Irak in der vornehmlich schiitischen Stadt Bagdad aufgehalten hat, mit der Lage in seinem Heimatstaat vertraut ist, zumal er dort den größten Teil seines Lebens zugebracht hat. Soweit Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers getroffen werden, beruhen diese auf dessen Angaben bei der Einvernahme am 04.10.2018, wonach es ihm gut gehen würde.

Die zur gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers getroffenen Feststellungen gründen sich schließlich auf den Inhalt im Verwaltungsakt aufliegenden gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen Graz am 16.11.2018, wobei die Verurteilung selbst (der Beschwerdeführer bestritt bei seiner Einvernahme vor dem belangten Bundesamt am 04.10.2018 die Tatbegehung noch) auch aus dem amtswegig angefertigten Strafregisterauszug ersichtlich ist.

Hinweise auf die Verwirklichung eines in § 57 AsylG 2005 angeführten Tatbestandes sind im Verfahren schließlich weder substantiiert behauptet worden, noch anderweitig hervorgekommen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers war insbesondere nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG geduldet, was sich aus dem amtswegig angefertigten Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister ergibt.

2.3. Die Feststellungen zu den beiden bisherigen Anträgen des Beschwerdeführers, zu den diesbezüglichen Vorbringen sowie den Bescheid- und Beschwerdeausführungen ergeben sich aus den diesbezüglichen Verfahrensakten und sind im nunmehrigen Beschwerdeverfahren nicht strittig.

2.4. Die Feststellungen, wonach dem Beschwerdeführer im Irak keine individuellen Gefährdung oder psychische und/oder physische Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte droht und mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Begründung seines verfahrensgegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 15.05.2018 keine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat oder in sonstigen, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umständen seit der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, aufgezeigt wird, ist aufgrund folgender Erwägungen zu treffen:

2.4.1. Der Beschwerdeführer brachte Begründung seines gegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz sowohl im Rahmen der Erstbefragung, als auch bei seiner Einvernahme vor dem belangten Bundesamt am 04.10.2018 ausdrücklich vor, dass er seinen zweiten Asylantrag aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse im Bundesgebiet stellen würde. Insbesondere sei seine Tochter XXXX zur Welt gekommen und verfüge er nunmehr über eine Familie.

In Anbetracht der Angaben des Beschwerdeführers - eine Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Einvernahme oder ein sonstiges Hindernis, das den Beschwerdeführer im Verfahren erster Instanz an der Darlegung weiterer Asylgründe gehindert hätte, wird in der Beschwerde nicht behauptet - ist evident, dass dem gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz keine neuen Asylgründe in Ansehdung der Person des Beschwerdeführers zu Grunde liegen. Derartiges wird auch nicht einmal in der Beschwerde behauptet.

2.4.2. Der Beschwerde ist aber auch dahingehend nicht zu folgen, dass sich die entscheidungswesentliche Lage im Herkunftsstaat zum Nachteil des Beschwerdeführers verschlechtert hätte.

Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, wurden zur Sicherheitslage in Bagdad folgende Feststellungen getroffen:

"Bagdad ist fast täglich Schauplatz von Anschlägen und Gewaltakten. Bei vielen der verübten Anschläge sind religiöse oder politische Motive zu vermuten. Einer der tödlichsten Anschläge des Jahres 2015 fand am 13. August statt, bei dem eine Bombe auf einem Markt in der Gegend um Jameela im Osten Bagdads detonierte, zumindest 45 Zivilisten in den Tod riss und 72 weitere verletzte (UN Security Council 26.10.2015). Am 27.2.2016 kam es zu einem Doppel-Selbstmordanschlag im schiitisch dominierten Viertel Sadr City (Bagdad) mit 70 Todesopfern. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Doppelanschlag (Reuters 29.2.2016). Bei einem weiteren - ebenfalls vom IS verübten - Selbstmordanschlag am 6.3.2016 südlich der Stadt Bagdad starben 47 Menschen (NG 6.3.2016).

Es gab in Bagdad Entführungen und erzwungene Vertreibungen, die von bewaffneten - mit der Regierung verbundenen - Gruppen verübt wurden, sowie Zusammenstöße zwischen den ISF und nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, beziehungsweise zwischen bewaffneten schiitischen Gruppen selbst. Nach einer Stellungnahme, die von sunnitischen Lehrern herausgegeben wurde, haben Regierungstruppen und schiitische Milizen in vielen Vierteln Bagdads Sunniten gewaltsam vertrieben (UK Home Office 11.2015). Laut Human Rights Watch sprachen v.a. in den Provinzen Bagdad und Diyalah kriminelle Banden, die laut sunnitischen Opfern mit den irakischen Sicherheitskräften und den schiitischen Milizen verbunden sind, Drohungen aus und verübten Morde, die nicht untersucht wurden (HRW 27.1.2016). Die für Menschenrechtsverletzungen bekannte schiitische Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq hat in Bagdad großen Einfluss, insbesondere in den Vierteln/Bezirken Kadhimiya, Rusafa, Yarmouk, A'amel, 9 Nissan, Dora und Sha'ab. Zum Teil ist die Miliz in Bagdad einflussreicher als die örtliche Polizei. Übergriffe auf benachbarte sunnitische Viertel kommen vor (ISW 12.2012, vgl. FIS 29.4.2015).

Die vielen nach Bagdad strömenden Binnenflüchtlinge verschärfen die Spannungen in Bagdad noch zusätzlich. Es kommt zu Vertreibungen von Binnenflüchtlingen, sowie zu Drohungen, Morden und Entführungen (UNAMI 13.6.2015). Iraks Hauptstadt ist in zunehmendem Maße religiös gespalten und in schiitische und sunnitische Viertel geteilt, wobei die schiitisch dominierten Viertel stark zunehmen. Gemischte Viertel gibt es immer weniger. Die folgenden Karten von 2003, 2010 und 2015 veranschaulichen dies:

...

Im Jahr 2015 gab es in der Region Bagdad 12.909 Gewalt-Opfer unter der Zivilbevölkerung, davon kamen 3.736 Personen ums Leben und 9.173 wurden verletzt. Die Region Bagdad war diesbezüglich zahlenmäßig - verglichen mit den übrigen Provinzen Iraks - am stärksten betroffen. Dies gilt auch für die ersten beiden Monate des Jahres 2016, in denen in der Region Bagdad zumindest 576 Zivilisten getötet und

1.623 Zivilisten verletzt (UNIRAQ 1.-12.2015)."

Zur Sicherheitslage im Allgemeinen - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - wurde folgendes festgestellt:

"Seit der US-Invasion in den Irak im Jahr 2003 ist ein starker Anstieg der Todeszahlen zu beobachten, der sich insbesondere ab dem Jahr 2012 noch einmal verstärkt. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Todeszahlen im Irak (in Dunkelrot) bis zum Jahr 2014.

...

Im Jahr 2014 war der Konflikt im Irak der zweit-tödlichste (nach Syrien) weltweit. Es wurden laut der österreichischen Botschaft in Amman 21.073 Todesopfer verzeichnet. Damit haben sich die Opferzahlen im Irak verglichen zu 2013 (9.742 Todesopfer) mehr als verdoppelt. Auch die Anschlagskriminalität im Irak erreichte, vor allem durch die Taten des IS, 2014 einen Höhepunkt. Die Anzahl der IrakerInnen, die 2014 Opfer von Anschlägen wurden, erreichte ein Ausmaß wie zuvor nur in den berüchtigten Bürgerkriegsjahren 2006/2007: über 12.000 tote und 23.000 verletzte ZivilistInnen (ÖB Amman 5.2015).

Die folgende Grafik zeigt die Anzahl der getöteten Zivilisten im Irak (inkl. Zivilpolizisten) für die Monate Jänner bis Dezember 2015 sowie die Anzahl der getöteten Iraker insgesamt. Demnach wurden im Jahr 2015 12.740 Iraker getötet, 7.515 davon waren Zivilisten (inklusive Zivilpolizei). 14.855 Zivilisten (inkl. Zivilpolizei) wurden verletzt. UNIRAQ wurde bei der Erfassung der Opferzahlen behindert, die Zahlen sollten daher als Minimumangaben gesehen werden. Sofern man anhand dieser Zahlen auf die Sicherheitslage im Irak schließen kann, hat sich die diese im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr 2014 gebessert. Verglichen mit dem Jahr 2013 war die Sicherheitslage im Jahr 2015 schlechter. In der folgenden Grafik finden sich die Mindestzahlen für das Jahr 2015:

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Quelle: Daten: UNAMI (Jänner bis Dezember 2015), Grafik:

Staatendokumentation

Für den Monat Februar 2016 berichtet UNAMI, dass zumindest 670 Iraker getötet und 1.290 verletzt wurden. Darunter waren 410 getötete Zivilisten (einschließlich Bundespolizei, Sahwa Zivilschutz, Leibwächter, Polizei für den Schutz von Gebäuden und Anlagen, sowie Feuerwehr) und 1.050 verletzte. Die Provinz Bagdad war (im Monat Februar 2016) mit zumindest 277 getöteten Zivilisten dabei am stärksten betroffen, ebenfalls stark betroffen waren Diyala (40 getötete Zivilisten), Nineweh (42 getötete Zivilisten) und Kirkuk (29 getötete Zivilisten). Auf Grund der unübersichtlichen und volatilen Sicherheitslage können laut UNAMI die zu Anbar dokumentierten Zahlen (4 getötete und 126 verletzte Zivilisten) besonders stark von den tatsächlichen Zahlen abweichen (UNAMI 2.2016). Im März 2016 wurden nach der Zählung von Iraq Body Count (IBC) 1.073 Zivilpersonen getötet. Nach der UN Assistance Mission for Iraq (UNAMI) gab es 575 zivile Todesopfer und 1.196 Verletzte im März 2016. Weiter wurden 544 Mitglieder der irakischen Armee, Peshmerga-Kämpfer und andere Verbündete (ohne Opferzahlen der Anbar-Operationen) getötet und 365 verletzt. Die am stärksten betroffene Provinz war im März abermals Bagdad mit 1.029 (259 Tote, 770 Verletzte) zivilen Opfern. In der Provinz Nineweh gab es 133 Tote und 89 Verletzte, in der Provinz Babil 65 Tote und 141 Verletzte, in der Provinz Kirkuk 34 Tote und 57 Verletzte, in der Provinz Diyala elf Tote und in der Provinz Salahuddin sechs Tote und einen Verletzten (Mindestzahlen) (BAMF 4.4.2016).

Am 27.2.2016 kam es zu einem Doppel-Selbstmordanschlag im schiitisch dominierten Viertel Sadr City (Bagdad) mit 70 Todesopfern. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Doppelanschlag (Reuters 29.2.2016). Bei einem weiteren - ebenfalls vom IS verübten - Selbstmordanschlag am 6.3.2016 südlich der Stadt Bagdad starben 47 Menschen (National 6.3.2016).

Die am meisten gefährdeten Personengruppen sind neben religiösen und ethnischen Minderheiten auch Berufsgruppen wie Polizisten, Soldaten, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte, Mitglieder des Sicherheitsapparats, sogenannte "Kollaborateure", aber auch Mitarbeiter von Ministerien (AA 18.2.2016).

Insgesamt kann die Sicherheitslage im Irak im Jahr 2015 als weiterhin höchst instabil bezeichnet werden. Die Kampfhandlungen konzentrierten sich weitgehend auf die Provinzen Anbar, Ninewah und Salah al-Din. Die irakische Regierung und die KRG konzentrierten sich weiterhin darauf, territoriale Fortschritte gegen den IS zu machen (UN Security Council 26.10.2015).

Der Aufstieg der zahlreichen konfessionellen Milizen und sonstigen bewaffneten Organisationen und Gruppen geht insbesondere auf den Bürgerkrieg von 2005 bis 2007 zurück. Heute stehen sich v.a. der aus Al-Qaida hervorgegangene "Islamische Staat", die schiitischen Milizen und die kurdischen Peschmerga gegenüber. Die schiitischen Milizen in ihrer Gesamtheit werden als militärisch stärker als die irakische Armee eingeschätzt (Standard 18.11.2015), und einige davon machen sich massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig (RSF 18.4.2015, vgl. HRW 20.9.2015, vgl. Rohde 9.11.2016). Neben deren gewaltsamen Übergriffen auf Teile der sunnitischen Bevölkerung gibt es auch schiitische Milizen, die - ähnlich wie islamistische sunnitische Gruppen - gegen (nach deren Definition) "un-islamisches" Verhalten vorgehen und z.B. Bordelle, Nachtclubs oder Alkoholgeschäfte attackieren (Washington Post 21.1.2016). Die Peschmerga kämpfen zwar an der Seite der Zentralregierung, beschränken sich jedoch auf die Verteidigung der kurdischen Gebiete gegen den IS (Rohde 9.11.2015), gleichzeitig befinden sie sich aber auch in einem gespannten Verhältnis zu den schiitischen Milizen (Deutschlandfunk 5.12.2015). All diese Akteure sind mit externen Mächten liiert, allen voran Iran, Saudi-Arabien, Türkei oder den USA (Rohde 9.11.2015). Die USA sind mit einigen tausend US-Soldaten im Irak präsent und haben vor, ihre Präsenz mit weiteren Bodentruppen auszubauen. (Spiegel 2.12.2015, vgl. FAZ 24.10.2015, vgl. Focus 9.3.2016). Die von den USA angeführte Koalition gegen den IS hat im Irak seit Beginn ihrer Luftangriffe im August 2014 mehr als 6.800 Luftschläge durchgeführt (auf der folgenden Karte in blau dargestellt). Die Karte zeigt außerdem, welche Gebiete vom IS kontrolliert werden, bzw. in welchen Gebieten der IS die Möglichkeit hat, frei zu operieren - schraffiert dargestellt (BBC 29.2.2016):

...

Laut einer Untersuchung des in den USA ansässigen Instituts IHS Jane's habe der IS im Jahr 2015 in Syrien und Irak insgesamt mehr Land eingebüßt als erobert. Insgesamt soll die Miliz etwa 14 Prozent ihres Territoriums eingebüßt haben. Zu den Verlusten im Irak zählten die Stadt Tikrit und die Raffinerie von Baiji. Zudem haben die Extremisten die Kontrolle über einen Teil einer Schnellstraße zwischen Raqqa in Syrien und Mossul im Irak verloren, was logistische Schwierigkeiten mit sich bringe. Erobert hat der IS im Irak die Provinz Anbar, sowie deren Hauptstadt Ramadi [letztere wurde in der Zwischenzeit wieder zurückerobert] (Standard 22.12.2015).

Im November 2015 eroberten die irakisch-kurdischen Peschmerga gemeinsam mit Einheiten der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihres syrischen Ablegers YPG und mit Unterstützung durch amerikanische Luftschläge die Stadt Sinjar vom IS zurück (NZZ 13.11.2015). (In der Folge dessen kam es dort zwischenzeitlich zu Zusammenstößen zwischen jesidischen Kämpfern und Einheiten der KDP-Peschmerga (Ekurd 26.11.2015).)

Den Kurden gelang es auch, den IS aus Dörfern in der Nähe von Kirkuk zu vertreiben (NTV 11.9.2015). Gleichzeitig benutzen die Kurden den Krieg gegen den IS aber auch, um in den ohnehin lange umstrittenen Gebieten kurdische Fakten zu schaffen (unter anderem auch mit der Übernahme der Stadt Kirkuk im Sommer 2014), Araber werden zum Teil vertrieben (20Minuten 8.2015, vgl. Deutschlandfunk 15.7.2015). Umgekehrt kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, wo Teile der sunnitischen Bevölkerung den vorrückenden Peshmerga in den Rücken fallen und mit dem IS zusammenarbeiten. Es herrscht Misstrauen auf beiden Seiten, bei den Kurden, sowie den Arabern (20Minuten 8.2015).

Im Dezember 2015 gab Abadi die Rückeroberung der Stadt Ramadis bekannt, die im Mai in die Hände des IS gefallen war. Für die Armee ist der Sieg in Ramadi ein wichtiger und lang ersehnter Erfolg (Standard 29.12.2015). In dem ein Jahr andauernden Kampf gegen den IS in Ramadi, wurde die Stadt völlig zerstört (Haaretz 18.1.2016).

Stammeskämpfer haben die am 19.02.16 begonnenen Gefechte gegen den IS in Falluja eingestellt, nachdem der IS Angaben der Armee zufolge mehr als 100 Bewohner der Stadt als Geiseln gefangen genommen hatte. Angaben des Verwaltungschefs zufolge soll es sich um rund 60 Gefangene handeln. Die Stämme befürchteten, dass die Geiseln hingerichtet würden (BAMF 22.2.2016). Ende März 2016 begannen irakische Truppen (mit Unterstützung durch US-Luftangriffe) mit einer Großoffensive auf die vom IS besetzte Großstadt Mossul, der zweitgrößten Stadt Iraks, die nach wie vor vom IS gehalten wird (Standard 24.3.2016)."

Im angefochtenen Bescheid werden folgende Feststellungen zur Sicherheitslage im Irak bzw. in Bagdad getroffen, die in der Beschwerde nicht beanstandet werden:

"Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat (IS). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert (CRS 4.10.2018; vgl. MIGRI 6.2.2018). IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten aktiv, die Sicherheitslage ist veränderlich (CRS 4.10.2018).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.2.2018).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.2.2018). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (MIGRI 6.2.2018).

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Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 (Joel Wing 5.4.2018). Die Sicherheitslage ist in verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich, insgesamt hat sich die Lage jedoch verbessert (MIGRI 6.2.2018). So wurden beispielsweise im September 2018 vom Irak-Experten Joel Wing 210 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 195 Todesopfern im Irak verzeichnet. Dem standen im September des Jahres 2017 noch 306 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 728 Todesopfern gegenüber. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im September 2018 waren Bagdad mit 65 Vorfällen, Diyala mit 36, Kirkuk mit 31, Salah al-Din mit 21, Ninewa mit 18 und Anbar mit 17 Vorfällen (Joel Wing 6.10.2018). Die folgende Grafik von ACCORD zeigt, im linken Bild, die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle mit mindestens einem Todesopfer im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt. Auf der rechten Karte ist die Zahl der Todesopfer im Irak, im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt, dargestellt (ACCORD 5.9.2018)."

...

Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste Zahl an Opfern im gesamten Land. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Während Joel Wing im Januar 2016 in Bagdad noch durchschnittlich 11,6 Angriffe pro Tag verzeichnete, sank diese Zahl zwischen April und September 2017 auf durchschnittlich 3 Angriffe pro Tag (OFPRA 10.11.2017; vgl. Joel Wing 8.7.2017, Joel Wing 4.10.2017). Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS-Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln. Darüber hinaus sind sunnitische Bewohner der Gefahr von Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt, einschließlich Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen (OFPRA 10.11.2017).

Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. UNAMI berichtete, dass es von Januar bis Oktober 2017 in Bagdad fast täglich zu Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern kam. Laut UNAMI zielten einige Angriffe auf Regierungsgebäude oder Checkpoints ab, die von Sicherheitskräften besetzt waren, während viele andere Angriffe auf Zivilisten gerichtet waren. Der IS führte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch, einschließlich Autobomben- und Selbstmordattentate (USDOS 20.4.2018).

Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).

Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018). In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018;

UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018;

UNAMI 3.9.2018; UNAMI 1.10.2018). Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018)."

Ausweislich der vorstehend getroffenen und in der Beschwerde unwidersprochen gebliebenen Feststellungen ist evident, dass sich die Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers seit der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, nicht nur nicht verschlechtert, sondern sogar maßgeblich verbessert hat. Einerseits ist zwischenzeitlich die militärische Niederlage der Milizen des Islamischen Staates eingetreten und sind die diesbezüglichen Kampfhandlungen in der Folge stark zurückgegangen. Auch das Ausmaß terroristischer Gewalt in Bagdad ist zurückgegangen und ist die Anzahl der Angriffe in Relation zur Größenordnung der Stadt gering. Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003. Schon in Anbetracht dieser Ausführungen ist nicht nachvollziehbar, weshalb in der Beschwerde von einer Verschlechterung der Sicherheitslage ausgegangen wird. Die unzureichende Auseinandersetzung mit der Sache des Beschwerdeführers zeigt sich auch daran, dass in der Beschwerde überraschend Indien als Herkunftsstaat des Beschwerdeführers angenommen wird.

Im vorliegenden Fall stammt der Beschwerdeführer aus der vornehmlich schiitischen Stadt Bagdad und bekennt sich selbst zum schiitischen Mehrheitsglauben. Zur Begründung seines zweiten Antrages auf internationalen Schutz brachte er nicht vor, dass sich die Sicherheitslage im Irak und dort insbesondere in Bagdad seit der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, derart verschlechtert habe, dass ihm nunmehr (zumindest) subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Das Beschwerdevorbringen entfernt sich insoweit auch vom Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren erster Instanz. Der zunehmende Einfluss der schiitischen Milizen wurde im Übrigen bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren thematisiert. Von allfälligen Übergriffen auf die sunnitische Minderheit ist der Beschwerdeführer nicht betroffen, da er sich zum schiitischen Mehrheitsglauben bekennt.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kann in Anbetracht der in den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Sicherheitslage im Irak dargestellten Gefahrendichte in der Provinz Bagdad nicht erkannt werden, dass schon aufgrund der bloßen Präsenz des Beschwerdeführers in Bagdad davon ausgegangen werden muss, dass der Beschwerdeführer wahrscheinlich Opfer eines Anschlages werden würde (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137). Offene Kampfhandlungen finden in Bagdad im Übrigen nicht statt. Risikoerhöhende Umstände, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, konnten nicht festgestellt werden. Eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer Opfer von terroristischen Anschlägen werden würde, kann sohin nicht erkannt werden, zumal der Beschwerdeführer auch keiner nach den Feststellungen zur Lage im Irak besonders gefährdeten Personengruppe angehört.

Ebenso kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse als gegeben angenommen werden. Zudem ist der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig. Er hat eigenen Angaben zufolge hinreichende Schulbildung konsumiert und drei Jahre als Berufssoldat gearbeitet. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer nicht erneut in Bagdad bei seiner Familie Unterkunft nehmen und einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens nachgehen könnte.

Nach der ständige Judikatur des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Derartiges hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht aufgezeigt. Evident ist freilich, dass sich der Irak wirtschaftlich und sozial durchaus schwierige Situation besteht, in der sich die Beschaffung der Mittel zum Lebensunterhalt auch als schwieriger darstellen könnte als in Österreich. Es geht jedoch aus den Berichten keinesfalls hervor, dass die Lage für alle Personen ohne Hinzutreten von besonderen Umständen dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Der Beschwerdeführer gehört auch keiner im Hinblick auf die Deckung von Grundbedürfnissen besonders gefährdeten Personengruppe an und ist weder Binnenvertriebener, noch Flüchtling aus Syrien und anderen Ländern oder eine Person, die in Gebieten lebt, die vom Islamischen Staat kontrolliert wurden oder die dorthin zurückkehrt. Die Hauptstadt Bagdad war niemals von Kampfhandlungen betroffen und hat auch keine Zerstörungen davongetragen, sodass von einer intakten Infrastruktur ausgegangen werden kann. Befürchtungen im Hinblick auf eine allfällige unzureichende Versorgung mit Lebensmitteln wurden schließlich werde vom Beschwerdeführer selbst dargetan, noch wird derartiges in der Beschwerde vorgebracht.

2.4.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die im Wesentlichen aus den Jahren 2016 und 2017 stammen. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage zur Lage im Herkunftsstaat ergibt. In Anbetracht der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild zeichnen, besteht ferner kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat können zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben, sind jedoch als so umfassend zu qualifizieren, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer ist den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat in seiner Beschwerde nicht entgegengetreten. Die Ausführungen zur Sicherheitslage in Bagdad wurden in die Feststellungen aufgenommen, sie sind jedoch - wie bereits erörtert - aufgrund der bestehenden Rückkehrmöglichkeit in die Stadt Kerbala nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

2.5. Die Feststellung, dass das belangte Bundesamt im Verfahren erster Instanz notwendige Ermittlungen zum vorgebrachten Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, nämlich zur Intensität der Bindungen zu seiner Lebensgefährtin und zu seiner Tochter - insbesondere die nach der Lage des Falls gebotene zeugenschaftliche Einvernahme der Lebensgefährtin XXXX (auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin der minderjährigen XXXX) unterlassen hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers wurde zwar dessen Befragung als Vertrauensperson zugezogen, ferner nahm das belangte Bundesamt Lichtbilder entgegen, die den Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin und/oder seiner Tochter zeigen. Eine zeugenschaftliche Einvernahme der Lebensgefährtin ist jedoch nicht erfolgt.

In Anbetracht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu erörternden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Gebot der Würdigung vorgebrachte persönlicher Beziehungen und der Berücksichtigung der Auswirkungen einer Entscheidung auf das Kindeswohl - deren Kenntnis vom belangten Bundesamt als im Bereich des Asyl- und Fremdenwesens eingerichtete Spezialbehörde erwartet werden darf - stellt sich die unterlassene Vornahme der gebotenen Ermittlungen als Versuch das, diese auf das Bundesverwaltungsgericht im Rechtsmittelverfahren abzuwälzen (näheres dazu unter Punkt 3.7.).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides)

3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs. 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht.

In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783).

Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

3.3. Zum gegenständlichen Verfahren

3.3.1. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet im vorliegenden Fall das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, L524 2133502-1/12E, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde und der mit Ablauf des 18.07.2017 in Rechtskraft erwuchs (VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783).

3.3.2. Der Beschwerdeführer hat den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag zusammengefasst damit begründet, in Österreich mittlerweile eine Familie und ein Kind zu haben. Weitere Gründe für die neuerliche Antragstellung gebe es nicht

3.3.3. Wie sich bei einem Vergleich der Verfahrensinhalte des ersten sowie des gegenständlichen Verfahrens zeigt, brachte der Beschwerdeführer

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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