Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über den Antrag der A GmbH in 5201 Seekirchen, vertreten durch
Dr. Hosp & Mag. Wamprechtshamer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Mozartplatz 4, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz vom 5. November 1998, Zl. 362.370/1-VI/B/12/98, betreffend Antrag auf Zulassung einer Mischung von ätherischen Ölen in "Mückenstop-Lotion" gemäß § 27 Abs. 3 des Lebensmittelgesetzes 1975, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wird nicht stattgegeben.
2.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 21. Jänner 1999 stellte die beschwerdeführende Gesellschaft einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Begründet wurde dieser Antrag im wesentlichen damit, aufgrund eines Versehens des Geschäftsführers der Gesellschaft habe dieser es verabsäumt, mit dem ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig Kontakt aufzunehmen. Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde sei am 16. November 1998 zugestellt worden. Der Geschäftsführer der antragstellenden Gesellschaft habe mit dem Rechtsvertreter telefonisch Kontakt aufgenommen, wobei vereinbart worden sei, die zur Beurteilung und Beschwerdeausführung erforderlichen Unterlagen dem Vertreter fristgerecht zu übermitteln. Am 23. Dezember 1998 habe der Geschäftsführer die Informationsunterlagen sowie den anzufechtenden Bescheid kuvertiert und zur postalischen Übermittlung vorbereitet. Aufgrund eines Versehens habe der Geschäftsführer jedoch verabsäumt, dieses Poststück tatsächlich zu übergeben. Am 24. Dezember 1998 sei er mit seiner Familie nach Maria Alm auf Urlaub gefahren. Nach seiner Rückkehr in das Geschäftsbüro am 7. Jänner 1999 habe er feststellen müssen, das Schriftstück nicht fristgerecht übermittelt zu haben. Eine Kontaktaufnahme des Beschwerdevertreters mit dem Geschäftsführer sei mangels Kenntnis der Urlaubsanschrift bzw. telefonischer Erreichbarkeit nicht möglich gewesen. Das Versehen des Geschäftsführers, welches zur Versäumung der Beschwerdefrist geführt habe, sei als geringfügig anzusehen. Der Geschäftsführer sei grundsätzlich im Umgang mit behördlichen und gerichtlichen Fristen sorgfältig und ein solches Mißgeschick sei ihm bislang nicht unterlaufen.
Zur Bescheinigung wurden zwei "eidesstättige Erklärungen" vorgelegt. In der ersten Erklärung bestätigten die Quartiergeber, daß der Geschäftsführer der antragstellenden Gesellschaft zwischen 24. Dezember 1998 und 6. Jänner 1999 in der ihnen gehörenden Wohnung den Urlaub samt Familie verbracht habe. In der zweiten Erklärung führte der Geschäftsführer im wesentlichen aus, am 23. Dezember 1998 beabsichtigt zu haben, nach Vorlage sämtlicher Unterlagen das Konvolut per Post an seinen Rechtsvertreter zu übermitteln. Im Zuge der Urlaubsvorbereitungen und der Jahresabschlußarbeiten im Betrieb sei allerdings das Poststück versehentlich nicht zur Post gegeben worden.
Gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde eingebracht und damit die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Zunächst ist darauf zu verweisen, daß ein Verschulden des Vertreters einem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen ist (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 72 wiedergegebene ständige Rechtsprechung zu § 71 AVG). Die antragstellende Gesellschaft muß sich daher ein etwaiges Verschulden ihres Geschäftsführers zurechnen lassen.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber (oder sein Vertreter) darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben (so schon der Beschluß vom 20. Februar 1986, Zl. 85/02/0258, u.v.a.).
Die Behauptung beruflicher Überlastung reicht nicht hin, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0452, und vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0520). Auch eine Urlaubsreise ist kein unvorhergesehenes Ereignis (vgl. das Erkenntnis vom 16. Februar 1983, Zl. 82/03/0055).
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage kann daher nicht bloß von einem minderen Grad des Versehens des Geschäftsführers der antragstellenden Gesellschaft gesprochen werden. Er wußte ja von seiner beruflichen Überlastung wegen der Abschlußarbeiten bzw. von der geplanten Urlaubsreise und hätte daher entsprechende Vorsorge treffen müssen, was etwa durch eine Fristvormerkung auf einem Kalender oder der Betrauung einer Bediensteten mit der Postaufgabe möglich gewesen wäre.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung konnte daher nicht stattgegeben werden.
Die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebrachte Beschwerde war dementsprechend gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 15. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999100009.X00Im RIS seit
20.11.2000