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14/02 Gerichtsorganisation;Norm
GOG §31 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. S in Wien, vertreten durch Hopmeier, Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in Wien, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. Oktober 1998, Zl. JV 1765-5b/98, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Oktober 1998 wurde dem Beschwerdeführer die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für das Fachgebiet 72, 73 "Baugewerbliche Tätigkeiten:
Stukkateurarbeiten (auch Gipsbildhauerei, Stuckfassaden und gesamter Innenausbau)" wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit entzogen. In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. April 1997 des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Wien habe auf Grund einer Berufung des Beschwerdeführers die Freiheitsstrafe auf neun Monate herabgesetzt. Schon vor dieser Verurteilung habe der Beschwerdeführer Vorstrafen aufgewiesen. Er sei mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 11. November 1980 gemäß § 88 Abs. 1 StGB, mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. März 1985 gemäß § 114 ASVG und mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 10. Oktober 1986 gemäß § 88 Abs. 1 StGB jeweils zu Geldstrafen verurteilt worden. Insbesondere die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida habe zum Verlust der Vertrauenswürdigkeit geführt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 16. Dezember 1998, B 2306/98, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seiner im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, der erstinstanzliche Bescheid sei vom Vizepräsidenten des Handelsgerichtes Wien in Vertretung des Präsidenten erlassen worden. Für die Vertretung des Präsidenten in Angelegenheiten des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes gebe es aber keine rechtliche Grundlage.
Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes, BGBl. Nr. 137/1975, ist die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger vom Präsidenten des Gerichtshofs I. Instanz durch Bescheid zu entziehen, wenn sich herausstellt, daß die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z. 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind.
Zu den Voraussetzungen für die Eintragung gehört auch die Vertrauenswürdigkeit (§ 2 Abs. 2 Z. 1 lit. e des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes).Der Verlust der Vertrauenswürdigkeit führt zur Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger.
§ 10 des Sachverständigen - und Dolmetschergesetzes beruft als für die Entziehung zuständiges Organ den Präsidenten des Gerichtshofes I. Instanz. Die Entziehung gehört damit zu dessen Aufgaben.
Nach § 31 Abs. 2 GOG wird der Präsident (des Gerichtshofes I. Instanz) bei seinen Aufgaben nach Maßgabe der von ihm zu erlassenden Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen durch den oder die Vizepräsidenten, erforderlichenfalls auch durch andere Richter unterstützt und vertreten.
Die Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger gehört zu den im Rahmen der Justizverwaltung wahrzunehmenden Aufgaben des Präsidenten des Gerichtshofes I. Instanz. Für solche Aufgaben aber beruft § 31 Abs. 2 GOG den Vizepräsidenten zur Vertretung. Für einen Verstoß gegen die Geschäftseinteilung fehlt jeder Anhaltspunkt.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, nicht jede Verfehlung könne zu einem Verlust der Vertrauenswürdigkeit führen; erforderlich sei vielmehr ein Zusammenhang zwischen der strafgerichtlichen Verurteilung und der Sachverständigentätigkeit. Selbst in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. April 1981, 01/0669/80 habe ein derartiger Zusammenhang bestanden.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, nur ein Verhalten, das einen Zusammenhang mit der Sachverständigentätigkeit aufweise, könne den Entziehungsgrund der mangelnden Vertrauenswürdigkeit begründen, erweist sich als unzutreffend.
Die Frage der Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen betrifft seine persönlichen Eigenschaften. Bei Ausmittlung des Maßes der Vertrauenswürdigkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen, weil die rechtssuchende Bevölkerung auch vom Sachverständigen, dem bei der Wahrheitsfindung im gerichtlichen Verfahren eine sehr bedeutsame Rolle zukommt, erwarten darf, daß nicht der leiseste Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt und Charakterstärke sowie an seinem Pflichtbewußtsein besteht. Es ist unmaßgeblich, in welchen Bereichen die Ursachen für den Verlust der Vertrauenswürdigkeit gelegen sind, weil es nur darauf ankommt, ob das erforderliche Maß an Vertrauenswürdigkeit dem Sachverständigen überhaupt zukommt oder nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1993, 92/01/0798 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es kann daher auch ein Verhalten, das nicht im Zusammenhang mit der Sachverständigentätigkeit steht, den Entziehungsgrund der mangelnden Vertrauenswürdigkeit begründen. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. März 1988, 87/01/0214, ein Verhalten, das in keinem Zusammenhang mit der Sachverständigentätigkeit stand, nämlich die Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen trotz Exekutionsführung, als Umstand gewertet, der mangelnde Vertrauenswürdigkeit nach sich zieht. Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in dem sowohl von der belangten Behörde als auch vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Erkenntnis vom 1. April 1981, 01/0669/80, ausgeführt hat, reicht schon allein die Tatsache der Verurteilung wegen fahrlässiger Krida aus, um die Integrität eines Sachverständigen nicht nur in den Augen der rechtsuchenden Bevölkerung, sondern auch der entscheidenden Gerichte zu erschüttern. Da der Beschwerdeführer eine solche Verurteilung aufweist, fehlt es ihm an der Vertrauenswürdigkeit.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 15. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998100422.X00Im RIS seit
09.03.2001