TE Bvwg Beschluss 2019/2/15 W129 2213954-2

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Veröffentlicht am 15.02.2019
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Entscheidungsdatum

15.02.2019

Norm

BDG 1979 §15b
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W129 2213954-1/3E

W129 2213954-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde von GrI XXXX, geb. XXXX, vertreten durch RA Dr. Michael SUBARSKY, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 04.12.2018, Zl. PAD/18/840.942/6:

A)

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 07.02.2019 wird gemäß § 33 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Schreiben vom 29.09.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung seiner Schwerarbeitszeiten.

2. Mit Bescheid vom 04.12.2018 wurde festgestellt, dass das Ausmaß der Schwerarbeitsmonate zum 31.10.2017 61 Monate beträgt.

Die Rechtsmittelbelehrung weist auf eine Beschwerdemöglichkeit binnen Frist von vier Wochen hin; eine solche Beschwerde sei bei der Landespolizeidirektion Wien einzubringen.

Der Bescheid wurde am 13.12.2018 durch persönliche Übernahme zugestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 11.01.2019 erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Beschwerde gegen diesen Bescheid.

4. Mit Schreiben vom 31.01.2019, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

5. Mit Schriftsatz vom 01.02.2019 wurde dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer die Verspätung der Einbringung seines Rechtsmittels vorgehalten und ihm eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

6. Eine entsprechende Stellungnahme langte bis zum Datum der Beschlussfassung nicht ein. Der Beschwerdeführer brachte jedoch im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Schreiben vom 07.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Diesem Antrag ist insbesondere zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer selbst einräumt, den Bescheid gemäß eigener Recherchen bereits am 13.12.2018 zugestellt erhalten, sich als Zustellungsdatum irrtümlich jedoch den 14.12.2018 gemerkt zu haben. Dieses Datum habe er auch im Rechtsschutzansuchen an die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst angeführt. Bedingt durch die Weihnachtsfeiertage habe sich ein gewisser Zeitdruck für die Erstellung eines Rechtsmittels ergeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 04.12.2018 wurde festgestellt, dass das Ausmaß der Schwerarbeitsmonate zum 31.10.2017 61 Monate beträgt.

Der Bescheid wurde am Donnerstag, 13.12.2018, durch persönliche Übernahme zugestellt. Die vierwöchige Rechtsmittelfrist endete mit Ablauf des Donnerstages, 10.01.2019.

Mit Schriftsatz vom 11.01.2019 erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Beschwerde gegen diesen Bescheid.

Der Beschwerdeführer steht seit dem 01.12.1979 im Exekutivdienst (E2b); seit 2005 ist der Beschwerdeführer als Personalvertreter tätig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Zustellung des angefochtenen Bescheides, zur Einbringung der Beschwerde und zur Personalvertretungstätigkeit beruhen auf dem unbedenklichen Verwaltungsakt.

Die Zustellung des Bescheides am 13.12.2018 ergibt sich zweifelsfrei aus der entsprechenden, gut leserlich ausgefüllten Empfangsbestätigung. Auch räumt der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand selbst ein, den Bescheid bereits am 13.12.2018 erhalten zu haben.

Die Beschwerde wurde am 11.01.2019 per Telefax und per E-Mail eingebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A.I) Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

3.2. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

3.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/06/0113 sowie VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl. etwa VwSlg. 11.312/A sowie VwGH vom 21.05.1997, Zl. 96/21/0574). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Es ist daher ausschließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. Wiedereinsetzungswerbers in seinem Antrag vom 16.05.2018 auf seine Tauglichkeit als Wiedereinsetzungsgrund zu prüfen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl. VwGH vom 24.01.1996, Zl. 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt hingegen nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (vgl. VwGH vom 03.04.2001, Zl. 2000/08/0214).

Nach der zu § 71 Abs. 1 AVG ergangenen und - insoweit auf § 33 Abs. 1 VwGVG übertragbaren - Rechtsprechung ist das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen. Es hat dieselben Rechtswirkungen wie das Verschulden der Partei. Der Machtgeber muss sich das Verschulden des Machthabers zurechnen lassen. Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz 44 samt weiteren Nachweisen). Sohin trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. z.B. VwGH vom 18.12.2014, Ra 2014/01/0015).

Bei der Bevollmächtigung eines Vertreters ist das Vorliegen der Voraussetzung für die Wiedereinsetzung nach den für den Vertreter maßgebenden Verhältnissen zu beurteilen. Das zur Versäumung führende Ereignis muss daher den Vertreter an der rechtzeitigen Vornahme der Handlung gehindert haben und für ihn unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein (vgl. VwGH vom 17.09.1990, Zl. 87/14/0030; vom 28.04.1992, Zl. 92/05/0051 und vom 23.06.2008, Zl. 2008/05/0122). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 06.05.2004, Zl. 2001/20/0195) kann auch ein Rechtsirrtum - etwa Unkenntnis von Rechtsvorschriften, unrichtige Beurteilung der Rechtslage etc. - einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen; dies jedoch nur unter der Bedingung, dass die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes Verschulden bzw. minderer Grad des Versehens, vorliegen.

Ein Verschulden der Partei bzw. des Vertreters hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH vom 29.01.2014, Zl. 2001/20/0425).

3.4. Auch ein Irrtum über den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides kann einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darstellen. Aber nur, wenn die Unkenntnis von der ordnungsgemäßen Zustellung nicht auf einem Verschulden der Partei beruht, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt, ist sie geeignet, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz 73 mit weiteren Hinweisen).

3.5. Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides (durch persönliche Übernahme an der Dienststelle) noch nicht rechtsfreundlich vertreten (13.12.2018). Acht Tage später (21.12.2018) unterfertigte er ein Rechtsschutzansuchen an die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und führte an, er habe den zu bekämpfenden Bescheid am - unrichtig- "14.12.2018" übernommen. Dieses unrichtige Datum wurde in weiterer Folge von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst im Schreiben vom 02.01.2019 an den dem Beschwerdeführer bewilligten rechtsfreundlichen Vertreter mitgeteilt.

Wie oben bereits dargelegt, ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich der Einhaltung von Terminen und Fristen die erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen hat (vgl. VwGH vom 29.01.2014, Zl. 2001/20/0425). Als Exekutivbediensteter (mit Grundausbildung und langjähriger Tätigkeit, zu einem nicht unerheblichen Teil auch im Innendienst) und zudem Personalvertreter musste der Beschwerdeführer um die Bedeutung des Fristenlaufes und eines fristgerecht eingebrachten Rechtsmittels Bescheid wissen. Daran vermag auch der vorweihnachtliche Stress - auf den der Beschwerdeführer verweist - nichts ändern. Umso eher wäre zumutbar und von ihm zu erwarten gewesen, unmittelbar nach persönlicher Übernahme des Schriftstückes einen korrekten Vermerk des Übernahmedatums anzubringen oder anlässlich des Ansuchens um Rechtsschutzübernahme nochmals das korrekte Zustelldatum zu recherchieren (was dem Beschwerdeführer anlässlich des Verspätungsvorhaltes auch problemlos möglich war).

Insgesamt kann aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht der Schluss gezogen werden, dass der vorweihnachtliche Stress und das damit verbundene Verwechseln des korrekten Zustelldatums ein die Wiedereinsetzung rechtfertigendes unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis darstellen.

Somit war der Antrag auf Wiedereinsetzung abzuweisen.

Zu A.II) Zurückweisung der Beschwerde

3.6. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Die Frist beginnt dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 33 Abs. 1 AVG durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

Die Tage des Postenlaufes werden gemäß § 33 Abs. 3 AVG in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 13 Abs. 1 Zustellgesetz ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

3.7. Im gegenständlichen Verfahren beantragte der Beschwerdeführer am 09.10.2017 die Feststellung seiner Schwerarbeitszeiten. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 04.12.2018, Zl. PAD/18/840.942/6, wurde darüber abgesprochen. Dieser wurde am 13.12.2018 zugestellt (persönliche Übernahme). Damit endete die vierwöchige Beschwerdefrist bereits mit Ablauf des 10.01.2019. Die Beschwerde wurde am 11.01.2019 und damit verspätet eingebracht, weshalb sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

Das Bundesverwaltungsgericht ist der Verpflichtung zum Vorhalt der offenbaren Verspätung der Beschwerde nachgekommen (vgl. VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050).

Bei den Bestimmungen über die Zurückweisung wegen verspätet eingebrachter Rechtsmittel handelt es sich um zwingendes Recht, sodass dem Bundesverwaltungsgericht kein Ermessen zukommt, von diesen zwingenden Bestimmungen abzusehen. Eine inhaltliche Entscheidung wäre immer dann rechtswidrig, wenn ein Rechtsmittel als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist (vgl. in diesem Sinn auch VwGH vom 16.11.2005, 2004/08/0117).

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die mündliche Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdefrist, Feststellungsantrag, Fristenlauf,
Rechtsmittelfrist, Schwerarbeitszeiten, verfahrensrechtliche Frist,
verspätete Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2213954.2.00

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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