TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/28 L529 2187830-2

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Veröffentlicht am 28.02.2019
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Entscheidungsdatum

28.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L529 2187835-2/2E

L529 2187842-2/2E

L529 2187830-2/2E

L529 2187851-2/2E

L529 2187846-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX und 5. XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2019, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt II., III. und V. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 und 15b Abs. 1 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser, jeweils wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wird gegen Sie ein Einreiseverbot für die Dauer von zwölf Monaten erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als bP1 - bP5 bezeichnet), sind Staatsangehörige des Irak und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 23.07.2015 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die minderjährigen bP3 - bP5 sind die leiblichen Kinder von bP1 (Vater) und bP2 (Mutter).

Zu den Fluchtgründen befragt, gab die bP1 in der damaligen Erstbefragung an, Sunnit zu sein und im Herkunftsstaat ganz normal gelebt zu haben. In der Heimatstadt habe es zwischen Sunniten und Schiiten einen Bürgerkrieg gegeben. Sie hätten die Heimat verlassen müssen, weil sie vor den Schiiten keine Ruhe gehabt hätten.

Die bP2 gab in dieser Erstbefragung an, dass es in ihrer Heimatstadt einen Bürgerkrieg zwischen den Sunniten und Schiiten gegeben hätte. Ihr Mann sei Sunnit. Sie hätten die Heimat verlassen müssen, weil sie vor den Schiiten keine Ruhe gehabt hätten. Deshalb habe sie mit ihrem Mann flüchten müssen.

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme beim BFA (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) sagte die bP1 zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates zusammengefasst aus, den Herkunftsstaat aus religiösen Gründen im Allgemeinen verlassen zu haben. In Basra, sei jedem jungen Sunniten der Kopf abgeschnitten oder er sei erschossen worden. Bei ihm selbst habe das Problem im Jahr 2012 angefangen, weshalb er sich entschlossen hätte, das Land zu verlassen. Sein Hauptgrund seien die Milizen gewesen. Bei den Checkpoints seien die Ausweise kontrolliert worden und er sei immer gedemütigt worden. Sein größter Fehler sei es gewesen, bei "dieser Firma anzufangen". Er und seine drei Freunde hätten dort als Security begonnen. Als er dort anfing, hätten sie gewusst, dass er Sunnit sei. Dann sei er am Telefon bedroht worden. Er sei angerufen, beschimpft und gedemütigt worden. Ihm seien Vorwürfe gemacht worden, dass er ein Rassist sei, oder radikal oder vom IS. Er und seine Freunde hätten SMS erhalten. Als er ein SMS erhielt, habe dringestanden, dass er der Nächste sei oder dass seine Zeit bald kommen würde. Ende Juni 2014 sei dann eine Schießerei gewesen. Er und seine drei Freunde hätten immer zur selben Zeit angefangen und zur selben Zeit aufgehört. Sie hätten von 07:00 Uhr bis 19:00 Uhr gearbeitet. Bei Dienstschluss hätten sie die Firma verlassen und seien ins Auto gestiegen. Da sei geschossen worden. Amar, sein Freund, sei zuerst gestorben.

Die bP2 gab in der Einvernahme beim BFA an, dass ihr Ehegatte wegen seiner Zugehörigkeit zu den Sunniten per SMS bedroht worden sei. Hierauf erklärte sie, dass sie und die minderjährigen Beschwerdeführer sich den Fluchtgründen ihres Mannes anschließen. Es sei dort nur für die Schiiten ein "sicheres Land". Die Milizen würden die Sunniten und die Katholiken umbringen. Als Grund für die Bedrohung nannte sie den Umstand, dass die bP1 Sunnit sei.

1.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde vom 19.01.2018 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Gegen den abweislichen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 08.02.2018 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.08.2018 (Zahlen G305 2187835-1/9E, G305 2187842-1/9E, G205 2187830-1/9E, G305 2187851-1/9E, G305 2187846-1/9E) wurden die Beschwerden nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.07.2018 in allen Spruchpunkten abgewiesen.

Die Zustellung dieser Erkenntnisse erfolgte am 06.08.2018 an die gewillkürte Vertretung.

1.3. Die bP reisten in der Folge nach Deutschland und hielten sich dort ihren Angaben zufolge von Oktober 2018 bis 23.01.2019 auf. Im Zuge des Dublin-Verfahrens wurden sie von Deutschland nach Österreich rücküberstellt (AS 4 zu bP1).

1.4. Die bP stellten am 23.01.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie in den im Akt ersichtlichen Daten erstbefragt und von einem Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.

Im Wesentlichen begründete die bP1 ihren nunmehrigen Antrag wie folgt:

Der alte Fluchtgrund bleibe aufrecht und werde er im Irak verfolgt. Das seien alle und seine einzigen Fluchtgründe (Erstbefragung bP1- AS 4).

In der Einvernahme beim BFA am 30.01.2019 gab die bP1 an, er stelle einen neuen Antag auf internationalen Schutz, weil er im Land bleiben wolle und weil diese Gefahr in seinem Heimatland noch da sei. Wenn diese Gefahr vorbei wäre, würde er in sein Heimatland zurückkehren, das wäre dann gar kein Problem. Aber das Problem sei, dass diese Gefahr im Irak immer noch bestehe. Wenn in seinem Heimatland Sicherheit wäre, wären sie nicht sechs Stunden im Meer gewesen und hätten ihr Leben riskiert. Dann hätte er alle diese Schwierigkeiten nicht gehabt, wenn es in seinem Heimatland Sicherheit gäbe. Das sei so schwer, dass er sein Heimatland und seine Familie, seine Sprache und seine Gewohnheiten und Traditionen verlasse, aber das sei alles wegen der Gefahr, die in seinem Heimatland herrsche. Warum sollte man sein Heimatland verlassen, wenn es keine Gefahr gebe?

Befragt, was nun konkret seine neuen Fluchtgründe in diesem Asylverfahren seien, gab er an, dass vor zwei Wochen ein Bericht herausgekommen sei, dass Terrorismus im Irak von 16 Ländern anerkannt worden sei. Wie könne er dann mit seiner Familie in den Irak zurückgeschickt werden. Die Gefahr sei noch da, das sei etwas Neues. Sein Cousin lebe noch im Irak und er sei Soldat. Er sage ihm immer wieder, dass er nicht in den Irak zurückkommen solle. Er sei Soldat und könne sich nicht selbst vor den Milizen schützen. Er sage ihm, sein Offizier und alle würden Angst vor den Milizen haben. Es gebe keine Sicherheit im Irak, wie man das in den Medien höre, das stimme nicht.

Im Falle einer Rückkehr in den Irak befürchte er, dass sie ihn umbringen. Im Irak gebe es immer noch Gefahr, er habe keine E-Mail-Adresse, keine Hausnummer. Es sei im Irak ganz anders als in Europa. Er erzähle das, weil früher sei die Frage gewesen, ob er eine E-Mail-Adresse hätte und wie er mit der Firma Kontakt halten würde. Er habe damals gesagt, über Telefon und nicht über E-Mail. Er dürfe nicht nach Kurdistan, er dürfe dort maximal sieben Tage bleiben. Mossul sei zwar ein sunnitisches Gebiet, aber total zerstört und kaputt. Die Milizen dort hätten bis jetzt die Macht und würden alles kontrollieren. Viele Leute seien gestorben und viele seien im Gefängnis. Er gehöre zum Südirak und alle würden sagen, dort wäre Sicherheit, aber er schwöre, dass es dort keine Sicherheit gebe. Wenn sie in den Irak zurückkehren, werden sie sie verbrennen.

Bei der Erstbefragung am 23.01.2019 hatte die bP2 angegeben, es würden dieselben Fluchtgründe wie damals gelten, weil ihr Mann verfolgt werde.

Die bP2 gab in der niederschriftlichen Befragung beim BFA nach den neuen Fluchtgründen befragt an, es gebe keine. Es seien dieselben Gründe, die sie vorher erzählt hätten. Woher solle sie einen neuen Fluchtgrund nehmen, sie seien seit vier Jahren hier und seit fünf Jahren weg vom Irak.

Hier würde ihr gesagt, der Irak sei sicher. Aber das stimme nicht, es gebe keine Sicherheit im Irak. Vor zwei Tagen habe die EU bestätigt, dass es im Irak keine Sicherheit gebe.

Die mj. bP 3 ersuchte in der Einvernahme, den Leiter der Amtshandlung, selbst etwas sagen zu dürfen und gab auf Deutsch an, dass sie viele Freunde in Österreich habe und sie spreche ausschließlich Deutsch mit diesen. Sie habe im Irak gar keine Freunde mehr und sie könne sich auch gar nicht mehr an den Irak erinnern. Sie habe viele Freunde in Wien und müsse hier in die Schule gehen. Sie seien die ersten gewesen, die nach Österreich gekommen seien und nur zu ihnen sei gesagt worden, dass sie zurückgehen sollen, wie gehe das? Ihr Vater wolle arbeiten und ein Auto haben. Im Irak hätten sie ein Auto gehabt und dann sei es aber kaputt geworden. Die Polizei im Irak sei sehr schlecht, es gebe sehr viele Räuber bei ihnen. Die würden Kinder nehmen und sie töten. Sie habe am Handy und auf Facebook viele Kinder gesehen, die getötet worden seien und dann habe sie viel Angst gehabt und geweint. Es gebe Menschen, die lieb seien und ihnen helfen, aber hier gebe es solche Menschen nicht. Keine Ahnung, wie das gehe. Sie sei nach Österreich gekommen, da sei sie fünf Jahre gewesen, dann sei sie sechs geworden und in die Schule gekommen. Sie könne gut Deutsch und sie sei die Älteste. Sie ersuche, dass sie hierbleiben dürfen. Die anderen würden alle ein Auto und ein großes Haus haben, nur sie nicht, sie hätten nur die Abschiebung. Sie seien über das Meer mit dem Boot gekommen, sie sei echt sehr krank damals gewesen. Sie sei auch sehr traurig, wenn sie in den Irak zurückgehen sollen, sie wollte immer hierbleiben.

Mit im Spruch ersichtlichen Bescheiden (in weiterer Folge als "Zweitbescheide" bezeichnet) wurde der Antrag der bP jeweils gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den bereits genannten Herkunftsstaat zulässig ist (Spruchpunkt II.).

Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III).

Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Absatz 2 FPG wurde gegen die bP ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Gemäß § 15b Absatz 1 AsylG wurde den bP aufgetragen ab 30.01.2019 in folgendem Quartier Unterkunft zu nehmen:

BS Ost AIBE, Otto Glöckel-Straße 24-26, 2514 Traiskirchen (Spruchpunkt V.).

Die angefochtenen Bescheide wurden im Wesentlichen damit begründet, dass sich weder in der Sach- noch in der Rechtslage eine wesentliche Änderung im Vergleich zu jenen Bescheiden ergab, in denen letztmalig inhaltlich über die Anträge entschieden wurde.

Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts würden nicht vorliegen und insbesondere stellte eine Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben der bP dar.

Im Hinblick auf Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot) führte die belangte Behörde aus, dass gegebenenfalls eine zurückweisende Entscheidung nach § 68 AVG getroffen worden sei. Das gesamte Verhalten der bP zeige in aller Deutlichkeit, dass der gegenständliche Antrag einen Missbrauch des Asylsystems darstelle. Missbräuchliche und ungerechtfertigte Asylanträge insbesondere aus sicheren Herkunftsstaaten oder wenn keine Verfolgungsgründe vorgebracht worden seien, blockierten das gesamte Asylsystem und stellten einen Missbrauch desselben dar und seien jedenfalls als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu werten. Das Fehlverhalten sei zwar nicht unter eine der Ziffern des § 53 FPG zu subsumieren, sei jedoch geeignet, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden und widerlaufe auch den Interessen des Art. 8 EMRK.

In Zeiten eines Migrationsstromes nach Mitteleuropa unter Missbrauch des Asylrechtes als Einwanderungsrecht könne niemals als nur geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen gewertet werden. Hier seien nicht nur spezialpräventive sondern auch generalpräventive Überlegungen anzustellen.

Der angefochtene Bescheid enthält ausführliche Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP.

1.5. Gegen den oa. Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass den bP Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision [hinsichtlich des Erstverfahrens] an den VwGH mit Beschluss vom 08.02.2019 bewilligt wurde. Daraus ergebe sich ein gewichtiges rechtliches Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet, zumal anzunehmen sei, dass der VwGH der Revision gegen die Erkenntnisse des Erstverfahrens die aufschiebende Wirkung zuerkennen werde.

Die belangte Behörde habe auch die Lage der minderjährigen Kinder im Herkunftsland zu wenig berücksichtigt, wie auch die verändere Sicherheitslage im Herkunftsstaat.

Dazu wurde v.a. auf Berichte über den Islamischen Staat, die Sicherheitslage im Großraum Bagdad, den Nordirak/autonome Region Kurdistan-Irak und zu Mossul hingewiesen.

1.6. Hinsichtlich des Verfahrensherganges bzw. dem Beschwerdevorbringen im Detail wird auf den Akteninhalt bzw. die entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses verwiesen.

1.7. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.02.2019, Ra 2018/18/0495 bis 0499-5, wurde Verfahrenshilfe für die beschwerdeführenden Parteien für Wiedereinsetzungsantrag und einzubringende außerordentliche Revision gegen die Erkenntnisse des Erstverfahrens bewilligt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer und deren vorgebrachten Fluchtgründen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak, führen die im Spruch genannten Namen, sind Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft und stammen aus der Stadt XXXX , Provinz Al-Basrah.

Die Beschwerdeführer stellten am 23.07.2015 erstmals Anträge auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Mit Bescheiden des BFA vom 19.01.2018 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 wurden diese abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.08.2018 nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung als unbegründet abgewiesen. Die Zustellung dieser Erkenntnisse erfolgte am 06.08.2018 und trat damit Rechtskraft ein.

In der Folge reisten die bP nach Deutschland und stellten dort am 04.10.2018 Anträge auf internationalen Schutz. Im Zuge eines Dublin-Verfahrens erfolgte am 23.01.2019 eine Rückübernahme der bP aus Deutschland und stellten diese an diesem Tag die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Es ergab sich zwischenzeitig weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen in der Person der Beschwerdeführer gelegenen Umständen.

Die Beschwerdeführer stützten ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz auf die gleichen Fluchtgründe, die sie bereits im Verfahren über ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz geltend gemacht hatten. Sie haben keine neuen Gründe beziehungsweise keine neuen Gründe, denen ein "glaubwürdiger Kern" innewohnen würde, vorgebracht.

In Bezug auf die individuelle Lage der Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat kann keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.

Die bP1 und die bP2 sind miteinander verheiratet und die Eltern der minderjährigen bP3 bis bP5. Andere Angehörige befinden sich nicht in Österreich.

Ein Cousin und drei Schwestern sowie zwei Halbschwestern der bP 1 leben nach wie vor im Herkunftsstaat. Die Brüder der bP1 leben außerhalb des Herkunftsstaates (in Schweden, Dänemark, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten).

Die Mutter und sechs Schwestern der bP2 leben nach wie vor im Herkunftsstaat, eine Schwester lebt mit ihrer Familie in der Türkei.

Die bP befinden sich seit der Rücküberstellung aus Deutschland wieder in der Grundversorgung.

Der Erstbeschwerdeführer war seinen Angaben zufolge im Heimatland als Taxifahrer und Security-Mitarbeiter tätig und sicherte er so das Einkommen der Familie; die bP2 führte den Haushalt.

Die bP1 nimmt ab und zu Medikamente wegen Depressionen. Er bekommt hier in Österreich Medikamente, das war auch in Deutschland so. Er nimmt die täglich verordneten Medikamente nur alle zwei Tage ein.

Die bP2 gab an, dass sie möglicherweise Diabetikerin sei, die Untersuchungsergebnisse sind ausständig. Sie litt zum Zeitpunkt der Einvernahme an etwas Kopfschmerzen, nimmt aber keine Medikamente. Die Kinder (bP3 - bP5) sind gesund.

Die bP leiden folglich an keinen schweren Erkrankungen.

Die bP1 verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache auf Niveau A2, die bP2 hatte vor der Ausreise an einem Deutschkurs A1 teilgenommen, und die bP3 verfügt - aufgrund des Schulbesuchs - über gute Kenntnisse der deutschen Sprache.

Festgestellt wird, dass eine nachhaltige, umfassende und fortgeschrittene Integration der Beschwerdeführer während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht stattgefunden hat.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Nach dem negativen ersten Asylverfahren verließen die bP Anfang Oktober 2018 Österreich und hielten sich bis zur Rücküberstellung am 23.01.2019 in Deutschland auf.

Die bP verfügen über irakische Reisepässe.

1.2. Lage im Herkunftsstaat

Grundsätzlich wird auf die im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichte verwiesen, auszugsweise werden diese hier zitiert:

"....

Islamischer Staat (IS)

Seitdem der IS Ende 2017 das letzte Stück irakischen Territoriums verlor, hat er drei Phasen durchlaufen: Zunächst kam es für einige Monate zu einer Phase remanenter Gewalt; dann gab es einen klaren taktischen Wandel, weg von der üblichen Kombination aus Bombenanschlägen und Schießereien, zu einem Fokus auf die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes. Die Kämpfer formierten sich neu und im Zuge dessen kam es zu einem starken Rückgang an Angriffen. Jetzt versucht der IS, die Kontrolle über die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes und über Grenzgebiete zurückzuerlangen. Gleichzeitig verstärkt er die direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden die IS-Angriffe wieder vermehrt in Bagdad statt und es ist eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben feststellbar (Joel Wing 6.10.2018).

Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Ziel war es, den IS daran zu hindern sich wieder zu etablieren und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Irakische Beamte warnen vor Bemühungen des IS, Rückzugsorte in Syrien für die Infiltration des Irak zu nutzen. Presseberichte und Berichte der US-Regierung sprechen von anhaltenden IS-Angriffen, insbesondere in ländlichen Gebieten von Provinzen, die vormals vom IS kontrolliert wurden (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018). In diesen Gebieten oder in Gebieten, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. Ortschaften werden angegriffen und Steuern vom IS erhoben. Es gibt Gebiete, die in der Nacht No-go-Areas für die Sicherheitskräfte sind und IS-Kämpfer, die sich tagsüber offen zeigen. Dies geschieht trotz ständiger Razzien durch die Sicherheitskräfte, die jedoch weitgehend wirkungslos sind (Joel Wing 6.10.2018).

Die Extremisten richten auch falsche Checkpoints ein, an denen sie sich als Soldaten ausgeben, Autos anhalten und deren Insassen entführen, töten oder berauben (Niqash 12.7.2018; vgl. WP 17.7.2018).

Das Hauptproblem besteht darin, dass es in vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

Quellen:

-

Atlantic (31.8.2018): ISIS Never Went Away in Iraq, https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/08/iraq-isis/569047/, Zugriff 30.10.2018

-

CRS - Congressional Research Service (4.10.2018): Iraq: Issues in the 115th Congress, https://fas.org/sgp/crs/mideast/R45096.pdf, Zugriff 29.10.2018

-

ISW - Institute for the Study of War (2.10.2018): ISIS's Second Resurgence,

https://iswresearch.blogspot.com/2018/10/isiss-second-resurgence.html, Zugriff 30.10.2018

-

Jamestown Foundation (28.7.2018): Is Islamic State Making Plans for a Comeback in Iraq?,

https://jamestown.org/program/is-islamic-state-making-plans-for-a-comeback-in-iraq/, Zugriff 30.10.2018

-

Joel Wing - Musings on Iraq (3.7.2018): June 2018 Islamic State Rebuilding In Rural Areas Of Central Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/07/june-2018-islamic-state-rebuilding-in.html, Zugriff 30.10.2018

-

Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-state-returns-to-baghdad-while.html, Zugriff 30.10.2018

-

Niqash (12.7.2018): Extremists Intimidate, Harass, Dislocate Locals In Salahaddin, Then Take Over, http://www.niqash.org/en/articles/security/5951/, Zugriff 30.10.2018

WP - Washington Post (17.7.2018): ISIS is making a comeback in Iraq just months after Baghdad declared victory, https://www.washingtonpost.com/world/isis-is-making-a-comeback-in-iraq-less-than-a-year-after-baghdad-declared-victory/2018/07/17/9aac54a6-892c-11e8-9d59-dccc2c0cabcf_story.html?noredirect=on&utm_term=.8ebfcea17e9f, Zugriff 30.10.2018

Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen

Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 (Joel Wing 5.4.2018). Die Sicherheitslage ist in verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich, insgesamt hat sich die Lage jedoch verbessert (MIGRI 6.2.2018).

So wurden beispielsweise im September 2018 vom Irak-Experten Joel Wing 210 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 195 Todesopfern im Irak verzeichnet. Dem standen im September des Jahres 2017 noch 306 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 728 Todesopfern gegenüber. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im September 2018 waren Bagdad mit 65 Vorfällen, Diyala mit 36, Kirkuk mit 31, Salah al-Din mit 21, Ninewa mit 18 und Anbar mit 17 Vorfällen (Joel Wing 6.10.2018).

Die folgende Grafik von ACCORD zeigt, im linken Bild, die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle mit mindestens einem Todesopfer im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt. Auf der rechten Karte ist die Zahl der Todesopfer im Irak, im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt, dargestellt (ACCORD 5.9.2018).

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Quelle: ACCORD (5.9.2018): Irak, 2. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus ACLED,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442566/1930_1536217374_2018q2iraq-de.pdf, Zugriff 29.10.2018

Laut Angaben von UNAMI, der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak, wurden im September 2018 im Irak insgesamt 75 irakische Zivilisten durch Terroranschläge, Gewalt und bewaffnete Konflikte getötet und weitere 179 verletzt (UNAMI 1.10.2018). Insgesamt verzeichnete UNAMI im Jahr 2017 3.298 getötete und 4.781 verwundete Zivilisten. Nicht mit einbezogen in diesen Zahlen waren zivile Opfer aus der Provinz Anbar im November und Dezember 2017, für die keine Angaben verfügbar sind. Laut UNAMI handelt es sich bei den Zahlen um absolute Mindestangaben, da die Unterstützungsmission bei der Überprüfung von Opferzahlen in bestimmten Gebieten eingeschränkt ist (UNAMI 2.1.2018). Im Jahr 2016 betrug die Zahl getöteter Zivilisten laut UNAMI noch 6.878 bzw. die verwundeter Zivilisten 12.388. Auch diese Zahlen beinhalten keine zivilen Opfer aus Anbar für die Monate Mai, Juli, August und Dezember (UNAMI 3.1.2017)

Die folgenden Grafiken von Iraq Body Count (IBC) stellen die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer dar. Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. Das erste Diagramm stellt die von IBC dokumentierten zivilen Todesopfer im Irak seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Die zweite Tabelle gibt die Zahlen selbst an. Laut Tabelle, dokumentierte IBC im September 2018 241 zivile Todesopfer im Irak. Im September 2017 betrug die Zahl von IBC dokumentierter ziviler Todesopfer im Irak 490; im September 2016

935. Insgesamt dokumentierte IBC von Januar bis September 2018 2.699 getötete Zivilisten im Irak. Im Jahr 2017 dokumentierte IBC 13.178 zivile Todesopfer im Irak; im Jahr 2016 betrug diese Zahl 16.393 (IBC 9.2018).

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Quelle: IBC - Iraq Body Count (9.2018): Database - Documented civilian deaths from violence,

https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 31.10.2018

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Quelle: IBC - Iraq Body Count (9.2018): Database - Documented civilian deaths from violence,

https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 31.10.2018

Quellen:

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ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (5.9.2018): Irak, 2. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project

(ACLED),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442566/1930_1536217374_2018q2iraq-de.pdf, Zugriff 29.10.2018

-

IBC - Iraq Body Count (9.2018): Database - Documented civilian deaths from violence, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 31.10.2018

-

Joel Wing - Musings on Iraq (5.4.2018): Iraq Witnessing Fewest Security Incidents Since 2003,

http://musingsoniraq.blogspot.com/2018/04/iraq-witnessing-fewest-security.html, Zugriff 2.11.2018

-

Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-state-returns-to-baghdad-while.html, Zugriff 30.10.2018

-

MIGRI - Finnische Immigrationsbehörde (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 30.10.2018

-

UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (3.1.2017): UN Casualties Figures for Iraq for the Month of December 2016, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=6611:un-casualties-figures-for-iraq-for-the-month-of-december-2016&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018

-

UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (2.1.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of December 2017, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8427:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-december-2017&Itemid=633&lang=en Zugriff 31.10.2018

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UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.10.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of September 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9687:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-september-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018

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Sicherheitslage Süden

Der gesamte südliche Teil des Irak, einschließlich der Provinz Babil, steht nominell unter der Kontrolle der irakischen Regierung. Vielerorts scheinen die Regierungsbehörden gegenüber lokalen Stämmen und Milizen noch immer in einer schwächeren Position zu sein. Die irakische Regierung war gezwungen, dem Kampf gegen den IS im Zentral- und Nordirak in den letzten Jahren Vorrang einzuräumen und bedeutende militärische und polizeiliche Ressourcen aus dem Süden abzuziehen und in diese Gegenden zu entsenden. Vor diesem Hintergrund sind Stammeskonflikte, eskalierende Gesetzlosigkeit und Kriminalität ein Problem der lokalen Sicherheitslage. Die Bemühungen der Regierung, die Kontrolle wieder zu übernehmen, scheinen noch nicht zum entscheidenden Erfolg geführt zu haben. Regierungsnahe Milizen sind in unterschiedlichem Maße präsent, aber der Großteil ihrer Kräfte wird im Norden eingesetzt. Terrorismus und Terrorismusbekämpfung spielen im Süden nach wie vor eine Rolle, insbesondere in Babil, aber im Allgemeinen in geringerem Maße als weiter im Norden. Noch immer gibt es vereinzelte Terroranschläge (Landinfo 31.5.2018).

In der Provinz Basra kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bewaffneter Gruppierungen. In Basra und den angrenzenden Provinzen besteht ebenfalls das Risiko von Entführungen (AA 1.11.2018).

Seit 2015 finden in allen Städten des Südirak regelmäßig Demonstrationen statt, um gegen die Korruption der Regierung und die Arbeitslosigkeit zu protestieren und eine bessere Infrastruktur zu fordern. Gewöhnlich finden diese Demonstrationen in Ruhe statt, sie haben jedoch auch schon zu Zusammenstößen mit der Polizei geführt, zu Verletzten und Toten (CEDOCA 28.2.2018). Dies war auch im Juli und September 2018 der Fall, als Demonstranten bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet wurden (Al Jazeera 16.7.2018; vgl. Joel Wing 5.9.2018, AI 7.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.11.2018): Irak: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/iraksicherheit/202738, Zugriff 1.11.2018

-

AI - Amnesty International (7.9.2018): Iraq: Effective Investigations needed into deaths of protesters in Basra, https://www.amnesty.org/download/Documents/MDE1490552018ENGLISH.PDF, Zugriff 2.11.2018

-

Al Jazeera (16.7.2018): Death toll rises in southern Iraq protests,

https://www.aljazeera.com/news/2018/07/death-toll-rises-southern-iraq-protests-180716181812482.html, Zugriff 2.11.2018

-

CEDOCA - Centre de documentation et de recherches du Commissariat général aux réfugiés et aux apatrides (28.2.2018): IRAK: Situation sécuritaire dans le sud de l'Irak, https://www.cgra.be/sites/default/files/rapporten/coi_focus_irak_situation_securitaire_dans_le_sud_de_lirak_20180228.pdf, Zugriff 1.11.2018

-

Joel Wing - Musings on Iraq (5.9.2018): Basra Explodes In Rage and Riots Over Water Crisis,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/09/basra-explodes-in-rage-and-riots-over.html, Zugriff 2.11.2018

-

Landinfo - The Norwegian COI Centre (31.5.2018): Irak:

Sikkerhetssituasjonen i Sør-Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434620/1226_1528700530_irak-temanotat-sikkerhetssituasjonen-i-syarirak-hrn-31052018.pdf, Zugriff 1.11.2018

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Kinder [Kinderehen siehe 13.1.3]

Die Hälfte der irakischen Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt. Kinder waren und sind Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre. Sie sind nach Angaben der Vereinten Nationen in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage betroffen. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind durch Gewaltakte gegen sie selbst oder gegen Familienmitglieder stark betroffen (AA 12.2.2018). Laut UNICEF machten Kinder im August 2017 fast die Hälfte der damals drei Millionen durch den Konflikt vertriebenen Iraker aus (USDOS 20.4.2018).

Art. 29 und 30 der irakischen Verfassung enthalten Kinderschutzrechte. Irak ist dem Zusatzprotokoll zur VN-Kinderrechtskonvention zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten beigetreten (AA 12.2.2018). Das Gesetz verbietet die kommerzielle Ausbeutung von Kindern, sowie Pornografie jeglicher Art, einschließlich Kinderpornografie (USDOS 20.4.2018).

Im Falle einer Nichtregistrierung der Geburt eines Kindes werden diesem staatliche Leistungen wie Bildung, Lebensmittelbeihilfe und Gesundheitsversorgung vorenthalten. Alleinstehende Frauen und Witwen hatten oft Probleme bei der Registrierung ihrer Kinder. Kinder, die nicht die irakische Staatsbürgerschaft besitzen, haben ebenfalls keinen Anspruch auf staatliche Leistungen. Humanitäre Organisationen berichten von einem weit verbreiteten Problem bezüglich Kindern, die im IS-Gebiet geboren worden sind und keine von der Regierung ausgestellte Geburtsurkunden erhalten (USDOS 20.4.2018).

Die Grundschulbildung ist für Kinder, die die irakische Staatsbürgerschaft besitzen, in den ersten sechs Schuljahren verpflichtend und wird für diese kostenfrei angeboten. In der kurdischen Autonomieregion besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren; auch dort kostenfrei. Der gleichberechtigte Zugang von Mädchen zu Bildung bleibt eine Herausforderung, insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten. Der Zugang zu Bildung von Kindern, die aufgrund des Konfliktes intern vertrieben wurden, ist stark einschränkt (USDOS 20.4.2018). Die Sicherheitslage und die große Zahl zerstörter Schulen verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate in den letzten 15 Jahren drastisch gefallen ist (aktuell bei 79,7 Prozent), besonders in ländlichen Gebieten. Im Unterschied dazu sind in der Autonomen Region Kurdistan fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig. In den vom IS beherrschten Gebieten fand kein regulärer Schulunterricht statt (AA 12.2.2018).

Über ein Viertel aller Kinder im Irak lebt in Armut. Dabei waren, über die letzten Jahrzehnte, Kinder im Süden des Landes und in ländlichen Gebieten am stärksten betroffen (UN News 19.1.2018; vgl. UNICEF 31.1.2017). Armut wirkt sich nicht nur negativ auf die Bildung, sondern auch auf die Gesundheit von Kindern aus (UNICEF 31.1.2017). 22,6 Prozent der Kinder im Irak sind unterernährt (AA 12.2.2018). Ein Viertel aller Kinder unter fünf Jahren sind physisch unterentwickelt bzw. im Wachstum zurückgeblieben (UNICEF 31.1.2017).

Gewalt gegen Kinder bleibt ein großes Problem. Im Jahr 2011 waren 46 Prozent der Mädchen im Alter von 10 bis 14 Jahren familiärer Gewalt ausgesetzt (USDOS 20.4.2018). Die Zahl der Fälle von Kindesmissbrauch nimmt zu. Soziale Medien helfen verstärkt bei der Aufdeckung von Missbrauch und Folter (Al Monitor 2.5.2017). Berichten zufolge verkaufen Menschenhandelsnetze irakische Kinder zur kommerziellen sexuellen Ausbeutung. Letztere erfolgt im In- und Ausland. Verbrecherbanden sollen Kinder zwingen, im Irak zu betteln und Drogen zu verkaufen (USDOS 28.6.2018). Auch Kinderprostitution ist ein Problem. Da die Strafmündigkeit im Irak in den Gebieten unter der Verwaltung der Zentralregierung neun Jahre beträgt und in der Autonomen Region Kurdistan elf, behandeln die Behörden sexuell ausgebeutete Kinder oft wie Kriminelle und nicht wie Opfer. Strafen für die kommerzielle Ausbeutung von Kindern reichen von Bußgeldern und Freiheitsstrafen bis hin zur Todesstrafe. Es lagen jedoch keine Informationen darüber vor, mit welcher Wirksamkeit der Staat diese Strafen durchsetzt (USDOS 20.4.2018).

Die Verfassung und das Gesetz verbieten Kinderarbeit. In den Gebieten, die unter die Zuständigkeit der Zentralregierung fallen, beträgt das Mindestbeschäftigungsalter 15 Jahre. Das Gesetz begrenzt die Arbeitszeit für Personen unter 18 Jahren auf sieben Stunden pro Tag und verbietet Beschäftigungen, die der Gesundheit, Sicherheit oder Moral von Personen unter 18 Jahren schaden. Trotzdem gibt es im ganzen Land Fälle von Kinderarbeit, auch in ihren schlimmsten Formen. Es gibt dokumentierte Fälle von durch den Konflikt intern vertriebenen Kindern, die gezwungen wurden Kinderarbeit zu leisten. Versuche der Regierung Kinderarbeit z.B. durch Inspektionen zu überwachen, blieben erfolglos (USDOS 20.4.2018).

Kindersoldaten, Rekrutierung von Kindern

Es gibt keine Berichte, wonach von staatlicher Seite Kinder zum Dienst in den Sicherheitskräften einberufen oder rekrutiert werden (USDOS 20.4.2018). Kinder sind jedoch weiterhin in hohem Maße von gewaltsamer Rekrutierung und Verwendung durch mehrere im Irak operierende bewaffnete Gruppen gefährdet, einschließlich (aber nicht nur) durch den IS, die PMF, Stammesgruppierungen, die Kurdische Arbeiterpartei PKK, und vom Iran unterstützte Milizen (USDOS 28.6.2018; vgl. USDOS 20.4.2018, UNGASC 16.5.2018). Es gibt Berichte, wonach eine Vielzahl an Kindern vom IS als Kindersoldaten eingesetzt wurde und von Umerziehungskampagnen traumatisiert ist. Zahlreiche Jugendliche sind nach Angaben der Vereinten Nationen wegen Terrorvorwürfen angeklagt oder verurteilt worden. PMF-Einheiten rekrutieren weiterhin Kinder, bilden diese militärisch aus und setzen sie ein. Im Südirak und in den schiitischen Gegenden von Bagdad erinnern Plakate an gefallene minderjährige Kämpfer, die vornehmlich für die Brigaden der Asa'ib Ahl al-Haqq (AAH) und der Kata'ib Hizbollah (KH) gekämpft hatten. Die PMF bot nach eigenen Angaben im Jahr 2017 militärische Ausbildungskurse für Kinder und Jugendliche im Alter von 15-25 Jahren an (USDOS 28.6.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 5.9.2018

-

Al Monitor (2.5.2017): How can Iraq address child abuse, torture?, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/05/child-abuse-iraq-domestic-violence.html, Zugriff 20.9.2018

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UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (16.5.2018): Children and armed conflict, https://www.ecoi.net/en/file/local/1436649/1930_1530169188_n1815109.pdf, Zugriff 18.7.2018

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UN News - United Nations News (19.1.2018): One in four Iraqi children impacted by conflict, poverty; education key for lasting peace - UNICEF, https://news.un.org/en/story/2018/01/1000811, Zugriff 20.9.2018

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UNICEF - United Nations International Children's Emergency Fund (31.1.2017): Child Poverty in Iraq: An Analysis of Child Poverty Trends and Policy Recommendations for the National Poverty Reduction Strategy 2017-202,

https://reliefweb.int/report/iraq/child-po

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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