Entscheidungsdatum
28.02.2019Norm
BBG §40Spruch
G304 2198205-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Helmut WEIß als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 29.05.2018, Sozialversicherungsnummer: XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40, 41, 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.
Der Gesamtgrad der Behinderung wird mit 40% festgestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 27.02.2018 brachte der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses samt Beilagen ein.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 03.04.2018 wird aufgrund der am 29.03.2018 durchgeführten Begutachtung des BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Rechts- und hochtonbetonte Innenohrschwerhörigkeit fixer Tabellenwert von 15% auf 20% programmbedingt aufgerundet, entspricht dem berechneten prozentualen Hörverlust nach Tonschwellenaudiometrie und Tabelle B von re 32% und links 29%
12.02.01
20
2
Phrenicus-Parese rechts mit Zwerchfellhochstand gZ-Position mit oberstem RSW bei Atemnot bei stärkerer Belastung und gering eingeschränkter Vitalkapazität in der Lungenfunktion
06.02.01
20
3
Bluthochdruck mit Gefäßverkalkungen Fixposition bei Mehrfachmedikation mit Zustand nach Thrombendarteriektomie der Arteria carotis interna links (2011) und bekannter Stenose der Arteria carotis interna rechts.
05.01.02
20
Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde angegeben:
"Ergibt sich aus der führenden GS 1 durch GS 2 und 3 gemeinsam, bei maßgeblicher negativer Leidensbeeinflussung ohne gegenseitige Potenzierung um eine Stufe angehoben wird."
Es wurde von einem Dauerzustand ausgegangen.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.05.2018 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 30 % betrage.
Begründend wurde ausgeführt, dass das aufgrund des Antrages des BF durchgeführte Beweisverfahren ergeben habe, dass der Grad der Behinderung 30 % betrage. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Gutachten vom 03.04.2018 zu entnehmen.
4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde um positive Erledigung der Angelegenheit ersucht. Dabei wurde um neuerliche Begutachtung des BF hinsichtlich seiner Hörschädigung ersucht und vorgebracht:
"Mein Ersuchen ist dahingehend, da mir bei der Arbeitnehmerveranlagung der Steuerfreibetrag für meine Hörgeräte mit der Begründung abgelehnt wurde, dass ein Behindertengrad von 30% vorliegen muss, deshalb wäre meine Bitte, den Befund meines HNO-Arztes nochmals zu prüfen."
5. Am 14.06.2018 langten der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.
6. Mit Schreiben des BVwG vom 03.10.2018, Zahl: G304 2198205-1/4Z, wurde
Dr. XXXX, Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, um Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufgrund der Einschätzungsverordnung ersucht.
Mit weiterem Schreiben vom 03.10.2018, Zahl: G304 2198205-1/3Z, wurde
der BF ersucht, sich am 17.11.2018 um 09:00 Uhr bei Dr. XXXX, HNO-Ärztin, zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
7. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 17.11.2018 wird nach durchgeführter Begutachtung des BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits (Ermittlung entsprechend dem proz. Hörverlust, rechts 41, links 43%)
12.02.01
30
Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.
Diesbezüglich wurde ein Dauerzustand festgestellt.
Als "Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten" wurde ausgeführt:
"Lt. der bei der aktuellen Begutachtung durchgeführten Audiometrie besteht eine mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits; im Vorgutachten wurde eine Audiometrie vom Juli 2017 herangezogen."
8. Mit Verfügung des BVwG vom 10.12.2018, Zahl: G304 2198205-1/5Z, dem BF zugestellt am 13.12.2018, wurde dem BF das eingeholte Sachverständigengutachten seitens des BVwG übermittelt und ihm zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung schriftlich Stellung zu nehmen.
9. Bis dato langte beim BVwG keine Stellungnahme dazu ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist österreichischer Staatsbürger.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 40 v. H.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grund gelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
2.3. Nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, mit welchem der Antrag des BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, weil der Gesamtgrad der Behinderung nur 30 v.H. betrage, wurde gegenständliche Beschwerde erhoben und in dieser um positive Erledigung und Anhebung des mit Vorgutachten mit 20 v.H. eingeschätzten Behinderungsgrades betreffend Hörschädigung auf 30 v. H. ersucht.
Im von Amts wegen eingeholten, schlüssigen, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Gutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXX, HNO-Ärztin, wurde der Grad der Behinderung betreffend Ohrschädigung des BF mit 30 v.H. festgestellt. Zu dieser gutachterlichen Beurteilung wurde vom BF keine Einwendung erhoben.
Unter Berücksichtigung der im Vorgutachten vorgenommenen Anhebung der mit einem Behinderungsgrad von 20 v.H. eingeschätzten Gesundheitsschädigung der "rechts- und hochtonbetonten Innenohrschwerhörigkeit" durch die weiteren Gesundheitsschädigungen 2 und 3 "gemeinsam bei maßgeblicher negativer Leidensbeeinflussung ohne gegenseitige Potenzierung um eine Stufe" wird im gegenständlichen Fall die mit Sachverständigengutachten einer HNO-Ärztin vom 17.11.2018 mit einem Behinderungsgrad von 30 v.H. eingeschätzte Gesundheitsschädigung 1 der Innenohrschwerhörigkeit des BF aufgrund der sich aus dem Vorgutachten ergebenden negativen Leidensbeeinflussung durch die beiden weiteren Gesundheitsschädigungen 2 und 3 um eine Stufe von 30 v.H. auf 40 v. H. angehoben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des BVwG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - im Folgenden: BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des BVwG durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - im Folgenden: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
3.3. Wie unter Punkt 2.3. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten vom 17.11.2018, in welchem der Grad der Behinderung betreffend Hörschädigung des BF mit 30 % eingeschätzt wurde, und die Feststellung im allgemeinmedizinischen Vorgutachten über eine Anhebung des Behinderungsgrades der Gesundheitsschädigung der Innenohrschwerhörigkeit durch die beiden weiteren Gesundheitsschädigungen des BF gemeinsam bei maßgeblicher negativer Leidensbeeinflussung ohne gegenseitige Potenzierung um eine Stufe zugrunde gelegt.
Es wird demnach der mit Sachverständigengutachten vom 17.11.2018 mit 30 v.H. eingeschätzte Grad der Behinderung betreffend Hörschädigung des BF aufgrund der Feststellung im Vorgutachten über die negative Beeinflussung dieser Gesundheitsschädigung durch die beiden weiteren Gesundheitsschädigungen des BF um eine Stufe von 30 v.H. auf 40 v.H. angehoben und insgesamt ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. festgestellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung betreffend Hörschädigung des BF von einer HNO-Ärztin nach Durchführung einer Begutachtung am 17.11.2018 in einem Sachverständigengutachten vom 17.11.2018 festgesetzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen vom BVwG eingeholten Sachverständigengutachtens vom 17.11.2018 in Zusammenschau mit dem Vorgutachten vom 03.04.2018 geklärt, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.
3.5. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2198205.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.06.2019