TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/16 98/02/0091

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.02.1999
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §60;
KFG 1967 §103 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des O H in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Kainz, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Tigergasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. September 1997, Zl. UVS-03/M/08/01449/96, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 11. Juli 1996, Zl. MA 67-RV-52780/5/3, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 11. Jänner 1995 zu einem näher umschriebenen Zeitpunkt als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges dieses im Bereich des Vorschriftszeichens "Parken verboten" geparkt zu haben. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß das näher bezeichnete Fahrzeug zum Tatzeitpunkt am näher umschriebenen Tatort im Bereich eines Parkverbotes abgestellt war. Strittig ist die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde hat hiezu festgestellt, daß der Beschwerdeführer auf eine Lenkeranfrage (im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG) mitgeteilt habe, die Auskunftspflicht treffe einen Herrn J. mit einer näher umschriebenen Anschrift in Wien. Dieser habe sodann die Auskunft erteilt, das Fahrzeug sei von Herrn K., wohnhaft an einer näher bezeichneten Anschrift in Warschau, abgestellt worden. Nach einer Aufforderung zur Rechtfertigung habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, er habe das Fahrzeug nicht gelenkt.

Die belangte Behörde begründete ihren Schluß auf die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers in ihrer Beweiswürdigung wie folgt:

"Der Berufungswerber rechtfertigte sich während des gesamten Verfahrens insofern ausweichend, als er nur eine Person benannte, welche die Auskunftspflicht treffe. Er bot aber keine ausreichenden Anhaltspunkte oder Bescheinigungsmittel an, um diese schlichte Behauptung in ihrer Plausibilität und in ihrem Wahrheitsgehalt überprüfen zu können. Der zu diesem Zweck anberaumten Verhandlung blieb er fern. Daher geht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien davon aus, daß der Berufungswerber selbst das Fahrzeug gelenkt hat."

Gemäß § 60 AVG (§ 24 VStG) hat die Behörde in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zitierte hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1995, Zl. 93/03/0162, mwN) befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Diese Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert, daß er seine Verantwortung nicht bloß darauf beschränkt, die ihm zur Last gelegte Tat zu bestreiten, ohne konkrete Gegenbehauptungen aufzustellen. Infolge des Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel steht es der Behörde frei, bei der Lösung der Frage, ob der Zulassungsbesitzer im konkreten Fall auch als Lenker anzusehen ist, das Verhalten des Zulassungsbesitzers zugrundezulegen. In diesem Fall aber hat sie in ihrer Beweiswürdigung schlüssig darzulegen, aus welchen Gründen sie davon ausgeht, der Zulassungsbesitzer sei der Lenker und habe die diesem zur Last gelegte Verwaltungsübertretung selbst begangen.

Im Beschwerdefall blieb im Rahmen der Beweiswürdigung die von der belangten Behörde selbst zugrunde gelegte Feststellung unerörtert, wonach der vom Beschwerdeführer als Auskunftspflichtiger bezeichnete J. eine weitere Person, nämlich Herrn K. als den bezeichnete, der das Fahrzeug am Tatort abgestellt habe. Dadurch, daß sich die belangte Behörde mit diesem Umstand nicht auseinandersetzte, blieb die Beweiswürdigung und damit auch die Begründung im Sinne des § 60 AVG mangelhaft.

Dies ist eine die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach sich ziehende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1994, Zl. 94/02/0140).

Auf das übrige Beschwerdevorbringen, insbesondere die vom Beschwerdeführer angesprochene Frage seiner ordnungsgemäßen Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, war daher nicht weiter einzugehen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG im Hinblick darauf, daß die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegen steht, abgesehen werden.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998020091.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten