TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/11 G303 2187495-1

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Veröffentlicht am 11.03.2019
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Entscheidungsdatum

11.03.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2187495-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,

geboren am XXXX, gegen den vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, am 18.09.2017 versandten Behindertenpass, OB: XXXX, wegen dem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 60 v.H., zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 29.08.2017 bei der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ein. Dem Antrag waren medizinische Beweismittel und eine Kopie des ausgestellten Behindertenpasses angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem aufgrund der Aktenlage erstellten Gutachten von Dr.XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom XXXX wurde im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Neo Vesicae Unterer Rahmensatz, unauffälliger postoperativer Verlauf der transurethralen Blasentumorresektion 6/2017 und der erforderlichen transurethralen Blasentumornachresektion mit Obturatorius-Block rechts; Kontrollen beim niedergelassenen Urologen; laufende Heilungsbewährung

13.01.03

50

2

Zustand nach offener Unterschenkelfraktur links mit Beteiligung des Sprunggelenkes (Unfall 1979) Analoge Einschätzung, Übernahme aus dem Vorgutachten, keine aktuellen Befunde vorliegend

02.05.32

40

3

Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes Festgelegter Rahmensatz, Übernahme der Einschätzung aus dem Vorgutachten, keine aktuellen Befunde vorliegend

02.05.18

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

60 v.H.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 18.09.2017 wurde dem BF das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens mitgeteilt. Danach betrage der Grad der Behinderung 60%.

4. Mit weiterem Schreiben der belangten Behörde vom 18.09.2017 wurde dem BF der Behindertenpass übermittelt. Der Grad der Behinderung wurde darin mit 60 von Hundert eingetragen. Zudem wurde der neu ausgestellte Behindertenpass mit 31.07.2022 befristet.

5. Gegen diesen Behindertenpass mit Bescheidcharakter vom 18.09.2017 brachte der BF binnen offener Frist die bei der belangten Behörde am 28.09.2017 eingelangte Beschwerde ein. Begründend führte der BF darin aus, dass der Blasentumor nicht ausreichend gewürdigt worden sei, da er bereits aufgrund eines Arbeitsunfalles einen Grad der Behinderung in der Höhe von 50 % zuerkannt bekommen habe. Auch sei durch die Blasenerkrankung und dem dadurch begleitenden ständigen Harndrang die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gegeben. Der BF beantragte die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung und die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.

6. Von Seiten der belangten Behörde wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt.

6.1. Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 10.11.2017 wurde, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF, im Wesentlichen wie folgt festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Neo Vesicae Unterer Rahmensatz, unauffälliger postoperativer Verlauf der transurethralen Blasentumorresektion 6/2017 und der erforderlichen transurethralen Blasentumornachresektion mit Obturatorius-Block rechts; Kontrollen beim niedergelassenen Urologen; laufende Heilungsbewährung, fallweise spontaner Harnabgang bei gelegentlicher Verwendung von Vorlagen

13.01.03

50

2

Zustand nach offener Unterschenkelfraktur links mit Beteiligung des Sprunggelenkes (Unfall 1979) Oberer Rahmensatz bei fehlenden Befunden und geringer Funktionsbeeinträchtigung

02.05.32

40

3

Degenerative Veränderung des linken Kniegelenkes Oberer Rahmensatz bei entsprechenden Beschwerden und guter Beweglichkeit

02.05.18

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

60 v.H.

Führend sei die Gesundheitsschädigung (GS) 1, die GS 2 steigere als eigenständige Erkrankung relevanten Ausmaßes um eine Stufe; die GS 3 sei zu gering um weiter steigern zu können.

Im Vergleich zum Aktengutachten von Dr. XXXX sei keine wesentliche Änderung ersichtlich. Das angegebene gelegentliche Verlieren von Harn werde durch die gelegentliche Anwendung von Vorlagen behandelt.

7. Das unter Punkt I.6.1. angeführte Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme wurde dem BF von der belangten Behörde mit Schreiben vom 10.11.2017 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.

7.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung dazu wurde vom BF nach der vorliegenden Aktenlage nicht übermittelt.

8. Nach der vorliegenden Aktenlage wurde keine Beschwerdevorentscheidung seitens der belangten Behörde erlassen. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt, wo sie am 28.02.2018 einlangten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Inhaber eines bis zum 31.07.2022 befristeten Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in Höhe von 60 von Hundert und hat einen Wohnsitz im Inland.

Er leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

-

Zustand nach Harnblasentumor innerhalb der laufenden Heilungsbewährung mit gelegentlichem spontanen Harnabgang (Grad der Behinderung: 50%)

-

Zustand nach offener Unterschenkelfraktur links mit Beteiligung des Sprunggelenkes im Jahr 1979 (Grad der Behinderung: 40%)

-

Degenerative Veränderung des linken Kniegelenkes (Grad der Behinderung: 20%)

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 (sechzig) von Hundert (v.H.). Er ergibt sich aus den beiden erstgenannten Gesundheitsschädigungen. Die degenerative Veränderung des linken Kniegelenkes ist zu gering ausgeprägt, um eine Erhöhung des Grades der Behinderung insgesamt bewirken zu können.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellung zum Besitz des befristeten Behindertenpasses ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert wurde aufgrund des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 10.11.2017, objektiviert. Dieses ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen ergeben sich daraus.

Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen, so auch der Zustand nach Harnblasentumor innerhalb der Heilungsbewährung samt gelegentlichen spontanen Harnabgang, bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar.

Der Inhalt des ärztlichen Sachverständigengutachtens von XXXXwurde auch dem BF seitens der belangten Behörde im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Der BF erstattete keine Stellungnahme dazu. Es blieb damit gänzlich unbestritten.

Diesbezüglich ist auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) zu verweisen:

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH 20.10.1978, 1353/78).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Da seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens von XXXX bestehen, und dieses auch unbestritten blieb, wurde von der Einholung von weiteren medizinischen Sachverständigengutachtachten abgesehen und das Sachverständigengutachten von XXXX vom 10.11.2017 der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Abweichend davon beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG zwölf Wochen. Im gegenständlichen Fall wurde keine Beschwerdevorentscheidung getroffen.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung von XXXX basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs, welches seitens der belangten Behörde der beschwerdeführenden Partei eingeräumt wurde, nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Da gemäß § 45 Abs. 2 BBG dem ausgestellten Behindertenpass Bescheidcharakter zukommt, war gegenständlich dieser zu überprüfen.

Die Beschwerde richtet sich insbesondere gegen die Höhe des Grades der Behinderung, welche im ausgestellten Behindertenpass mit 60 von Hundert eingetragen wurde.

Dazu ist festzuhalten, dass in der vorliegenden Rechtssache gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen nach Beschwerdeerhebung der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung nochmals eingeschätzt wurde. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 60 von Hundert objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen ist (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097).

Das Sachverständigengutachten von XXXX wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des erkennenden Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Die von der ärztlichen Sachverständigen XXXX erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich der Position, als auch des Prozentsatzes. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet.

Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Umstände hervorgekommen, die eine Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit dem ausgestellten Behindertenpass anzeigen.

Die in der Beschwerde monierte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" wurde weder seitens des BF beantragt, noch war diese Gegenstand des Administrativverfahrens noch wurde darüber seitens der belangten Behörde bescheidmäßig abgesprochen. Daher ist die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2187495.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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