TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/16 96/08/0319

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Veröffentlicht am 16.02.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §123 Abs1 Z1;
ASVG §123 Abs9;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
FSVG §2 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der E in S, vertreten durch Dr. Friedrich Brachowicz, Rechtsanwalt in Salzburg, Leonhard-von-Keutschachstraße 20/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 31. Mai 1996, Zl. 120.527/2-7/96, betreffend Antrag auf Anspruchsberechtigung für Angehörige gemäß § 123 ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in Salzburg, Faberstraße 19-23), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Am 4. August 1995 stellte die Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse den Antrag auf "Mitversicherung" ihres als Rechtsanwalt berufstätigen Ehegatten "mit Wirksamkeit 1.8.1995".

Mit Bescheid vom 10. August 1995 stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, es bestehe kein Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung für den Ehegatten der Beschwerdeführerin. Zur Begründung wurde auf § 123 Abs. 9 ASVG iVm § 2 Abs. 1 FSVG und auf die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1987, Slg. Nr. 11.469, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0251, verwiesen.

Dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid gab die - aufgrund eines Devolutionsantrages zuständig gewordene - belangte Behörde mit dem angefochtenen, der Beschwerdeführerin am 20. Juni 1996 zugestellten Bescheid keine Folge. Sie bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid und sprach in zwei weiteren Spruchpunkten aus, ein (nach Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde erlassener) Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg werde gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG für nichtig erklärt und dem Antrag der Beschwerdeführerin, dem Einspruch aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, werde keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erwogen hat:

Die Beschwerdeausführungen richten sich - trotz des Fehlens einer diesbezüglichen Einschränkung in der Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes - ausschließlich gegen den ersten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides, weshalb sich der Verwaltungsgerichtshof nur mit diesem Teil des Bescheides zu befassen hat (vgl. dazu Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 245).

Nach § 123 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und Abs. 9 lit. a ASVG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 411/1996) hat der Versicherte unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung (u.a.) für den Ehegatten, sofern es sich bei diesem (u.a.) nicht um eine Person handelt, die "im § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, angeführt ist".

Im § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger (FSVG) in der hier anzuwendenden Fassung vor den Novellen BGBl. Nr. 415/1996 und Nr. 131/1997 sind u.a. die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern - um ein Mitglied einer derartigen Kammer handelt es sich beim Ehegatten der Beschwerdeführerin - angeführt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu - wie schon im Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 90/08/0013, zur vergleichbaren Bestimmung des § 56 Abs. 9 B-KUVG iVm § 2 Abs. 1 FSVG - in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, die Anführung einer Personengruppe in § 2 Abs. 1 FSVG sei nicht nur dann von Bedeutung, wenn es in Bezug auf diese Personengruppe zur Erlassung einer Verordnung im Sinne des § 2 Abs. 2 FSVG (in der hier anzuwendenden Fassung) gekommen ist (vgl. dazu - mit ausführlicher Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - das Erkenntnis vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0251; weiters die Erkenntnisse vom 25. Oktober 1994, Zl. 94/08/0182, und vom 14. November 1995, Zl. 95/08/0235).

Diesem Verständnis begegnet die Beschwerdeführerin mit dem Argument, es verstoße gegen den Grundsatz, dass Gesetze verfassungskonform auszulegen seien. Begründet wird dies damit, dass eine Benachteiligung eintrete, von der die Ehegatten von Angehörigen der in § 2 Abs. 1 FSVG nicht angeführten Berufsgruppen (im besonderen, nach der hier noch anzuwendenden Rechtslage, der Berufsgruppe der Notare) nicht betroffen seien.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass eine Auslegung in dem von der Beschwerdeführerin angestrebten, von der bisherigen Judikatur abweichenden Sinne nicht nur vom Wortlaut des Gesetzes nicht nahe gelegt wird, sondern dem Gesetzgeber aus den im Erkenntnis vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0251, ausführlich dargestellten Gründen auch nicht als gewollt unterstellt werden kann. Verfassungsrechtliche Bedenken, aus denen sich das Erfordernis einer vom Willen des historischen Gesetzgebers abweichenden Interpretation oder die Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Vorschriften ergeben könnte, vermag die Beschwerde - vorerst noch abgesehen von der Frage des Anspruchs auf Leistungen für Angehörige, bei denen es sich um Notare handelt - im Hinblick darauf nicht zu erwecken, dass der Verfassungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 2. Oktober 1987, Slg. Nr. 11.469, auf das die belangte Behörde ihre Entscheidung u.a. gestützt hat, mit näherer Begründung die Auffassung vertreten hat, der Gesetzgeber dürfe zwischen verschiedenen Gruppen freiberuflich selbständig Erwerbstätiger differenzieren und dem Umstand, dass eine Berufsgruppe - wie im vorliegenden Fall die der Rechtsanwälte - eine Einbeziehung in die Pflichtversicherung bisher abgelehnt habe, Bedeutung beimessen. Der Ansicht der Beschwerdeführerin, der zur Antragstellung im Sinne des § 2 Abs. 2 FSVG (in der hier anzuwendenden Fassung) legitimierten Berufsvertretung käme dadurch eine "im Sinne der hierarchischen Vorschriften und Grundsätze über die Erlassung allgemein gültiger Rechtsvorschriften" unzulässige Rolle zu, vermag der Verwaltungsgerichtshof angesichts der diesbezüglichen Ausführungen in dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beizutreten.

Was die behauptete Ungleichbehandlung im Verhältnis zu "Gattinnen der Notare" anlangt, so trifft es zu, dass der Verfassungsgerichtshof in dem erwähnten - einen Fall des § 56 Abs. 9 B-KUVG betreffenden - Erkenntnis ausführt hat, er halte es "sogar für offenkundig, dass die im Verhältnis zu anderen Berufen leicht gesetzlich erfassbare Gruppe der Notare, die ... lediglich pensions-, nicht aber krankenversichert sind, auf Leistungen als Angehörige öffentlich Bediensteter ebenso wenig angewiesen sind wie die Rechtsanwälte". Der Verfassungsgerichtshof fügte hinzu, der Fall, dass der Ehegatte eines Notars im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, werde so selten sein, dass er praktisch vernachlässigt werden könne, und der Gesetzgeber habe auf diesen Fall "schon deshalb" nicht mit einer besonderen Vorschrift Bedacht nehmen müssen. Ob die "Vernachlässigung der Notare in anderen Zweigen der Sozialversicherung sachlich zu rechtfertigen" sei, brauche aus Anlass des zu beurteilenden Falles nicht erörtert zu werden.

In weiterer Folge hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung vergleichbarer Beschwerden aber auch in Fällen des § 123 Abs. 9 ASVG unter Verweisung auf sein Erkenntnis vom 2. Oktober 1987, Slg. Nr. 11.469, mangels hinreichender Aussichten auf Erfolg abgelehnt (vgl. hiezu die mit den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0251, vom 25. Oktober 1994, Zl. 94/08/0182, und vom 14. November 1995, Zl. 95/08/0235, erledigten Beschwerdefälle sowie den vorliegenden Fall). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich angesichts dieser ständigen Praxis des Verfassungsgerichtshofes auch im vorliegenden Fall nicht veranlasst, § 123 Abs. 9 ASVG iVm § 2 Abs. 1 FSVG entgegen der klaren Absicht des (einfachen) Gesetzgebers "verfassungskonform" umzudeuten oder beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren anhängig zu machen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der mitbeteiligten Partei waren die beantragten Kosten nicht zuzusprechen, weil ihr nach dem Gesetz weder ein Vorlageaufwand noch - mangels anwaltlicher Vertretung - der begehrte Schriftsatzaufwand zusteht (vgl. in Bezug auf den Schriftsatzaufwand etwa das Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 94/17/0385).

Wien, am 16. Februar 1999

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996080319.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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