Entscheidungsdatum
08.04.2019Norm
AsylG 2005 §59Spruch
W191 1413802-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Farhad PAYA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2019, Zahl 13-800488206-190011543, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 59 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Vorverfahren:
1.1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2010 irregulär und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG), der gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG abgewiesen wurde. Das dagegen eingebrachte Rechtsmittel der Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Entscheidung vom 08.06.2011 rechtskräftig als unbegründet ab.
1.1.2. Der BF stellte am 05.10.2011 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 41a Abs. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (in der Folge NAG), der schließlich mit Bescheid vom 29.04.2013 negativ beschieden wurde.
1.1.3. Mehrfache Bemühungen um die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der Indischen Botschaft in Wien blieben erfolglos.
1.1.4. Der BF, der mit einer deutschen Staatsangehörigen in Österreich zusammenlebt - am XXXX kam in Klagenfurt eine gemeinsame Tochter zur Welt - stellte den Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG), dem für die Gültigkeitsdauer 14.06.2013 bis 14.06.2014 entsprochen wurde.
1.1.5. Am 30.05.2014 stellte der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) einen "Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 12 Z 1 AsylG, dem genauso wie seinen Verlängerungsanträgen vom 03.11.2015 und 27.12.2016 und für 2018 (das genaue Datum ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen) für jeweils ein Jahr - zuletzt mit Gültigkeit bis zum 01.01.2019 - entsprochen wurde.
1.1.6. Am 23.11.2018 erstattete der BF beim Magistrat Klagenfurt - Fundamt eine Verlustmeldung bezüglich seines Indischen Reisepasses.
1.2. Gegenständliches Verfahren:
1.2.1. Mit ausgefülltem Formularvordruck, angekreuzt "Verlängerungsantrag Besonderer Schutz gemäß § 59 AsylG" stellte der BF am 02.01.2019 beim BFA einen weiteren, gegenständlichen Verlängerungsantrag.
Dem Antrag beigelegt waren laut Formular keine Belege, dem Verwaltungsakt liegen diverse Belege ein (Beschäftigungsbewilligung des AMS, Geburtsurkunde der Tochter des BF, eine kopierte Seite aus dem Reisepass des BF, seine Aufenthaltskarte in Kopie).
1.2.2. Laut Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Kärnten vom 04.03.2018 wurden der BF und eine weitere Person wegen des Verdachts der - gegenseitigen - Verwirklichung der gerichtlich strafbaren Delikte "Schwere Nötigung" und "Gefährliche Drohung" am 02.02., 04.02. bzw. 05.02. und 13.02 2018 angezeigt.
1.2.3. Am 16.01.2019 wurde der BF im Beisein seiner Lebensgefährtin beim BFA niederschriftlich einvernommen. Ihm wurde vorgehalten, dass sein Antrag verspätet eingebracht worden sei. Dazu gab der BF an:
"Ich habe das verstanden und möchte nur sagen, dass ich in der Arbeit immer früher gekommen bin und später habe gehen müssen und nicht frei bekommen habe."
Zur Vorlage eines Reisepasses wurde dem BF auf seinen Vorschlag eine Frist bis 01.02.2019 gewährt.
Auf Befragung machte der BF Angaben zu seinen Lebensumständen.
1.2.4. Laut Aktenvermerk des BFA vom 16.01.2019 machte die Lebensgefährtin des BF nach der Einvernahme des BF der Behörde gegenüber teils anderslautende Angaben. Der BF hätte sie und ihre Kinder schlecht behandelt und sie sei seit wenigen Tagen in psychologischer Behandlung. Der BF wohne schon seit einiger Zeit nicht mehr bei ihr, sondern bei einem Freund.
1.2.5. Mit Schreiben vom 22.02.2019 gab der nunmehrige gewillkürte anwaltliche Vertreter des BF seine Bevollmächtigung bekannt.
1.2.6. Mit Bescheid vom 26.02.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels "Besonderer Schutz" gemäß § 59 AsylG gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück.
In der Bescheidbegründung führte das BFA im Wesentlichen an, dass dem BF mit Verfahrensanordnung vom 16.01.2019 im Zuge der Einvernahme eine Frist von zwei Wochen zur Verbesserung seines Antrags eingeräumt worden sei. Seine Lebensgefährtin habe zweimal telefonisch um Verlängerung der Frist gebeten, die Frist sei bis insgesamt 22.02.2019 erstreckt worden. An diesem Tag sei die Vollmachtsanzeige seines Vertreters eingebracht worden, bis zum heutigen Tag aber weder eine Mängelbehebung noch ein Antrag auf Heilung des Mangels beim BFA eingelangt.
Da der BF seinen als Neuantrag zu wertenden Antrag mangelhaft eingebracht und nicht verbessert habe, sei er zurückzuweisen gewesen.
Der BF wurde darauf hingewiesen, dass es ihm frei stehe, jederzeit einen neuen Antrag einzubringen.
1.2.7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Schreiben seines Vertreters vom 07.03.2019 fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG), mit der der Bescheid wegen "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurde. Der angefochtene Bescheid sei "unbegründet".
In der Beschwerdebegründung wurden die Verfahrensabläufe betreffend den BF während seines Aufenthaltes in Österreich zusammengefasst wiederholt und die im gegenständlichen Verfahren maßgeblichen Rechtsvorschriften zitiert.
Moniert wurde im Wesentlichen, dass sich der BF sehr wohl um die Ausstellung eines neuen Reisepasses seines Herkunftsstaates Indien bemüht habe, ihm dies aber nicht gelungen und nicht möglich sei.
Gemäß § 58 Abs. 11 AsylG habe die belangte Behörde zwar den BF darauf hingewiesen, dass sein Antrag vom 02.01.2019 im Falle der Nichtvorlage eines Reisedokuments zurückgewiesen werde. Das BFA habe es allerdings verabsäumt, dem rechtsunkundigen, zum damaligen Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertreten gewesenen BF "zusätzlich noch über die Möglichkeit zu belehren, bis zur Erlassung des Bescheides einen begründeten Antrag im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 zu stellen."
Des Weiteren wurde moniert, dass es sich bei der versäumten Frist für die Stellung des Verlängerungsantrages nicht um eine materielle, sondern um eine verfahrensrechtliche Frist handle, für die solche Berechnungsregeln gelten würden, dass der BF seinen Antrag noch fristwahrend am nächsten Werktag nach dem 01.01.2019, also am 02.01.2019 fristgerecht einbringen hätte können.
Schließlich handle es sich bei der vom BF vorgelegten indischen Geburtsurkunde im Original um ein Identitätsdokument gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005, mit dem er einen für die Erteilung des Aufenthaltstitels tauglichen Nachweis seiner Identität erbracht hätte.
Beantragt wurde unter anderem, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
1.2.8. Laut Aktenvermerk des BFA vom 15.03.2019 gab die Lebensgefährtin des BF telefonisch an, dass der Reisepass des BF inzwischen aufgefunden worden sei.
1.2.9. Laut Aktenvermerk des BFA vom 20.03.2019 gab der Vertreter des BF telefonisch ebenfalls an, dass der Reisepass des BF aufgefunden worden sei. Der BF und seine Lebensgefährtin würden beabsichtigen, sich zu verehelichen. Der BF würde sodann als begünstigter Drittstaatsbürger einen Aufenthaltstitel nach dem NAG bekommen. Die Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid würde zurückgezogen werden und ein Neuantrag gemäß § 57 AsylG eingebracht. Er bat darum, vorübergehend von einer Effektuierung einer Rückkehr abzusehen, bis der Ehefähigkeitsnachweis aus Indien eingetroffen ("2 bis 3 Monate") und die Hochzeit vollzogen sei.
Dem Vertreter sei mitgeteilt worden, dass die Bearbeitungsfrist für Anträge gemäß § 57 AsylG bis zu sechs Monate betrage und bei einem eventuellen Neuantrag dieser entsprechend bearbeitet werden würde. Ein Aufenthaltstitel nach dem NAG würde zur Abweisung des Antrages beim BFA führen.
1.2.10. Das BFA legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt mit Schreiben vom 20.03.2019 dem BVwG, hier eingelangt am 25.03.2019, vor.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten samt Vorakten des Bundesamtes, beinhaltend insbesondere den Verlängerungsantrag vom 02.01.2019, die niederschriftliche Einvernahme des BF vom 16.01.2019, den gegenständlich angefochtenen Bescheid und die Beschwerde vom 07.03.2019
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.
Der BF ist indischer Staatsangehöriger, führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , und ist seit mehreren Jahren in Österreich mit einer Aufenthaltsberechtigung "Besonderer Schutz" - zuletzt gültig bis 01.01.2019 - gemäß § 57 AsylG aufhältig.
Den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung über den 01.01.2019 hinaus brachte der BF verspätet am 02.01.2019 ein, und galt dieser sohin als Erstantrag.
Den Aufträgen des BFA auf Verbesserung seines Antrags - Vorlage erforderlicher Dokumente - hat der BF nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist entsprochen.
4. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes und des BVwG. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.
5. Rechtliche Beurteilung:
5.1. Anzuwendendes Recht:
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung).
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl I. Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
5.2. Rechtlich folgt daraus:
5.2.1. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 08.03.2019 beim BFA eingebracht und ist beim BVwG am 25.03.2019 eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
Zu Spruchteil A):
5.2.2. Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in den wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde.
Der vom BFA festgestellte Sachverhalt beruht auf einem im Wesentlichen ordnungsgemäßen Verfahren, in dem die Eingaben des BF berücksichtigt und ihm Gelegenheit zur Ergänzung seines Vorbringens bzw. seiner Eingaben gewährt wurde.
Hinsichtlich einer allfälligen inhaltlichen Rechtswidrigkeit oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist somit auszuführen, dass im Verfahren vor dem BFA keine Anhaltspunkte dahingehend ersichtlich sind, dass die belangte Behörde willkürlich oder rechtswidrig entschieden hätte. Vielmehr wurden dem BF ausreichende Möglichkeiten eingeräumt, sein Anbringen darzulegen und gegebenenfalls zu ergänzen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Die maßgebenden Erwägungen, von denen sich die belangte Behörde bei ihrer Begründung leiten ließ, sind im angefochtenen Bescheid hinreichend dargelegt. Für die in der Beschwerde geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des BVwG keine Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den in § 18 AsylG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 und § 45 Abs. 2 AVG normierten Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen.
5.2.3. Zur Beschwerde:
Das Vorbringen in der Beschwerde war ebenfalls nicht geeignet, das Anliegen des BF zu unterstützen. Auch in der Beschwerde wurden die fehlenden Dokumente (Reisedokument oder Bestätigung bezüglich der Nichterlangbarkeit) nicht nachgereicht.
Den in der Beschwerde monierten Punkten:
* das BFA habe es verabsäumt, dem rechtsunkundigen, zum damaligen Zeitpunkt noch nicht (inzwischen aber schon längst!) anwaltlich vertreten gewesenen BF "zusätzlich noch über die Möglichkeit zu belehren, bis zur Erlassung des Bescheides einen begründeten Antrag im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 zu stellen"
* es handle sich bei der versäumten Frist für die Stellung des Verlängerungsantrages nicht um eine materielle, sondern um eine verfahrensrechtliche Frist, für die solche Berechnungsregeln gelten würden, dass der BF seinen Antrag noch fristwahrend am nächsten Werktag nach dem 01.01.2019, also am 02.01.2019 fristgerecht einbringen hätte können
* es handle sich bei der vom BF vorgelegten indischen Geburtsurkunde im Original um ein Identitätsdokument gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005, mit dem er einen für die Erteilung des Aufenthaltstitels tauglichen Nachweis seiner Identität erbracht hätte
ist nicht zuzustimmen.
Ad 1) war der BF zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung schon längst rechtskundig vertreten, ohne dass ein Antrag auf Heilung gestellt worden wäre, ad 2) handelt es sich bei der Frist des § 59 Abs. 1 AsylG um eine materielle Frist, was auch daraus zu ersehen ist, dass in Abs. 2 leg. cit. das für verfahrensrechtliche Fristen geltende Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachgebildet worden ist. Ad 3) handelt es sich - wie das BFA richtigerweise vorgebracht hat - beim Erfordernis der Vorlage eines gültigen Reisedokumentes und einer Geburtsurkunde gemäß § 8 AsylG-DV nicht um wahlweise, sondern kumulativ vorzulegende Dokumente.
Wie das BFA richtig angemerkt hat, geht die Manuduktionspflicht der Behörden nach der Judikatur des VwGH nicht so weit, dass sie gehalten wären, unvertretenen Parteien ganz allgemein Unterweisungen zu erteilen, wie ihr Vorbringen zu gestalten wäre, damit sich der jeweilige Parteienstandpunkt letztlich durchsetzen könne (VwGH 19.04.1994, 91/07/0038).
In der Beschwerde brachte der BF keinen neuen Aspekt in das Verfahren ein, der erheblich (vergleiche § 10 VwGVG) wäre.
5.2.4. Zum Spruch des angefochtenen Bescheides:
§ 59 AsylG lautet:
Verlängerungsverfahren des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"
§ 59. (1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, beim Bundesamt einzubringen. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmung nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Drittstaatsangehörigen auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.
(2) Die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels beginnt mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.
(3) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn
1.-der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und
2.-der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.
Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.
(4) Das Bundesamt hat der örtlich zuständigen Behörde nach dem NAG unverzüglich mitzuteilen, dass
1.-die Voraussetzung des § 57 weiterhin vorliegen,
2.-der Antragsteller das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat, und
3.-die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 4 erfüllt sind.
Liegen die Voraussetzungen der Z 2 oder Z 3 nicht vor, hat das Bundesamt den Aufenthaltstitel gemäß § 57 zu erteilen. Die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels nach Abs. 1 ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 4 Monaten ab Einbringung des Antrages zu treffen.
(5) Im Falle einer Mitteilung gemäß Abs. 4 ist der Ablauf der Frist gemäß Abs. 4 letzter Satz gehemmt. Das Bundesamt hat den Antragsteller von der Mitteilung in Kenntnis zu setzen. Mit Ausfolgung des Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 3 NAG ist das Verlängerungsverfahren formlos einzustellen.
Im vorliegenden Fall war - wie das BFA richtig festgestellt hat - der gegenständliche Antrag somit gemäß § 59 Abs. 1 AsylG als Erstantrag zu werten.
Diesen Antrag hat das BFA zu Recht - weil der BF die für eine inhaltliche Prüfung erforderlichen Dokumente und Belege nicht, und auch nicht innerhalb der gesetzten Nachfrist vorgelegt hat - (als unzulässig) zurückgewiesen.
5.2.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in der Folge GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 (2010/C 83/02), entgegenstehen.
Übertragen auf den vorliegenden Beschwerdefall erfordert ein Unterbleiben einer Verhandlung vor dem BVwG somit, dass aus dem Akteninhalt die Grundlage des bekämpften Bescheides jedenfalls unzweifelhaft nachvollziehbar ist.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein ordentliches Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des BVwG keine Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch eine Prüfung des Gegenstandes, Einräumung der Gelegenheit einer Nachbringung allfälliger Unterlagen sowie Einräumung einer ergänzenden Stellungnahme zu seinem Vorbringen samt Belehrung des BF über seine Mitwirkungspflichten nachgekommen.
Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt, und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt konkret behauptet.
Aus dem Akteninhalt ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Die Ausführungen in der Beschwerde sind daher nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise (vergleiche § 10 VwGVG) darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen.
Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem BF mündlich zu erörtern gewesen wäre.
Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entgegen dem Parteienantrag eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zu Fragen der Aufenthaltsberechtigung gemäß §§ 57, 59 AsylG ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung dazu; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Fristablauf,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W191.1413802.3.00Zuletzt aktualisiert am
21.06.2019