TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/11 W165 2216764-1

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Veröffentlicht am 11.04.2019
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Entscheidungsdatum

11.04.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W165 2216764-1/3E

W166 2216762-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX (1.) und der XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX (2.), beide StA. Albanien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2019, Zl. 800128506-190104410 (1.) und Zl. 1218572405-190104509 (2.), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), Staatsangehörige Albaniens, sind ein Ehepaar. Die BF brachten nach irregulärer Einreise am 30.01.2019 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich ein.

Zur Person des BF1 liegen folgende EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" vor:

AT1 ... 12.02.2010, NO1 ... 25.11.2010, NO1 ... 20.12.2011, DK1 ...

14.04.2012, HU1 ... 11.04.2013, DK1 ... 22.07.2014, CH1 ...

18.04.2016 und CH1 ... 31.10.2018.

Zur Person der BF2 liegt eine EURODAC- Treffermeldung der Kategorie

"1" zur Schweiz vor (CH1 ... 31.10.2018).

In ihren polizeilichen Erstbefragungen am 30.01.2019 gaben die BF an, dass sie an keinen an der Einvernahme hindernden oder Beschwerden oder Krankheiten leiden würden. In Österreich hätten sie von ihrem mitgereisten Ehegatten abgesehen, keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten. Zu ihrer Reiseroute gaben die BF übereinstimmend an, dass sie ihren Wohnort am 28.01.2019 mit einem LKW verlassen haben und auf dessen Ladefläche über unbekannte Länder am 29.01.2019 nach Österreich gelangt seien. Der BF1 gab an, dass Österreich Zielland gewesen sei, da er an Österreich gute Erinnerungen habe und hier die Menschenrechte akzeptiert würden. Die BF2 begründete die Wahl Österreichs zum Zielland damit, dass ihnen gesagt worden sei, dass man ihnen hier helfen könne und eine Lösung für ihr (Anmerkung: Familiäres) Problem finden könne. Zur Reiseroute gaben die BF übereinstimmend an, dass sie nicht wüssten, durch welche Länder sie gefahren seien. Befragt, ob er jemals in einem anderen Land um Asyl angesucht habe, gab der BF1 zu Protokoll, dass er vor rund 30 Jahren unter einer anderen Identität in der Schweiz um Asyl angesucht habe. Zwei bis drei Jahre später habe er - wieder unter einer anderen Identität - in Deutschland um Asyl angesucht. Danach habe er - abermals unter einer anderen Identität - in Norwegen um Asyl angesucht. Auch in Österreich habe er bisher bereits um Asyl angesucht. In welchem Stadium sich die Asylverfahren befunden hätten, wisse er nicht, da er die Entscheidungen nie abgewartet habe. Auf Frage, was gegen eine Rückkehr in das Land der Asylantragstellung (Schweiz) sprechen würde, gab der BF1 zu Protokoll, dass zwar nichts dagegen spreche, er jedoch, da er nicht mehr so jung sei, hierbleiben wolle. Die BF2 erklärte, dass sie noch nie in einem anderen Land um Asyl angesucht habe. Sie sei in ihrem Leben noch nie in der Schweiz gewesen. Sie habe Österreich erreichen wollen, da sie hier Schutz vor ihrer Familie benötige. Die BF2 nannte keinen gegen eine Rückkehr in die Schweiz sprechenden Grund.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 07.02.2019 auf Art. 18 Abs. 1 lit b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), gestützte Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz.

Mit Schreiben vom 08.02.2019 stimmte die Schweizer Dublin-Behörde dem Wiederaufnahmeersuchen betreffend den BF1 unter Bekanntgabe zahlreicher von diesem benutzter Alias-Identitäten auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Schreiben vom 11.02.2019, per E-Mail eingelangt am 13.02.2019, stimmte die Schweizer Dublin-Behörde dem Wiederaufnahmeersuchen betreffend die BF2 unter Bekanntgabe einer Alias-Identität auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 27.02.2019 fanden niederschriftliche Einvernahmen der BF vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung statt. Die BF bejahten, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Auf Frage, ob sie an einer Erkrankung leiden oder in ärztlicher Behandlung stünden, erklärte der BF1, dass er die letzten 15 Tage erkrankt gewesen sei, es ihm nunmehr jedoch bessergehe. Die BF2 verneinte diese Frage und gab zu Protokoll, dass sie lediglich Beruhigungstabletten einnehme, da sie Magenschmerzen gehabt habe. Diese hätte sie aus Albanien mitgenommen. Sie verwende auch eine Creme und nehme Medikamente gegen eine Spül- bzw. Waschmittelallergie ein. Diesbezüglich sei sie in Österreich bereits beim Arzt gewesen. Das Rezept habe sie abgegeben, sonstige Befunde habe sie nicht bei sich. In Österreich hätten die BF von ihrem mitgereisten Ehegatten abgesehen, keine weiteren Verwandten. Mit dem Umstand konfrontiert, dass die Schweiz bereits ihrer Übernahme zugestimmt habe, erklärte der BF1, dass er nicht den Wunsch habe, in die Schweiz zurückzukehren. Sie seien damals in einem Bunker untergebracht gewesen. Die Luft sei schlecht gewesen, es habe sich um einen ehemaligen Kriegsbunker gehandelt, in welchem man keine Privatsphäre gehabt habe. Dies sei irgendwo auf einem Berg gewesen. Sie hätten sich beschwert, seien jedoch nicht weggebracht worden. Man habe ihnen gedroht, sie ganz nach oben auf den Berg zu bringen. Dies sei im September 2018 gewesen. Sie seien einen Monat lang dort gewesen, dann hätten sie die freiwillige Rückkehr nach Albanien beantragt, da die Mutter seiner Frau krank gewesen sei. Nach konkreten ihn persönlich betreffenden Gründen befragt, die gegen eine Durchführung des Asylverfahrens in der Schweiz sprechen würden, gab der BF1 zu Protokoll, dass sie sehr schlecht behandelt worden seien. Auf Frage, ob ihnen in der Schweiz bereits eine Entscheidung mitgeteilt worden sei, erklärte der BF1, dass sie das Asylverfahren mit ihrer freiwilligen Ausreise selbst abgebrochen hätten. Die BF2 gab zu Protokoll, dass die Bedingungen in der Schweiz, was das Asylverfahren angehe, sehr schlecht gewesen seien. Bei der Antragsstellung seien sie beleidigt worden, es seien rassistische Kommentare gewesen. Sie habe selbst gesehen, dass Frauen und Kinder von Mitarbeitern geschlagen worden seien. Sie seien einen Monat in einem Bunker ohne Fenster untergebracht gewesen. Der Bunker sei nur eine Transitunterkunft gewesen. Dies seien unmenschliche Bedingungen gewesen und sie hätten keine Privatsphäre gehabt. Sie hätten eine Verlegung beantragt, da sie Atemprobleme gehabt habe. Dies sei aber nicht berücksichtigt worden. Immer wenn sie sich beschwert hätten, sei ihnen mit einer Rückkehr nach Albanien gedroht worden. Auf Frage, weshalb sie sich solange in einem Bunker aufhalten hätten müssen, sei ihnen mitgeteilt worden, dass dies wegen Platzmangels der Fall sei. Sie hätten auf die Einvernahme warten müssen und wären danach woanders hin verlegt worden. Sie seien Ende September 2018 in die Schweiz eingereist und dort einen Monat verblieben. Aufgrund der Erkrankung ihrer Mutter hätten sie die Einstellung des Asylverfahrens beantragt und sie habe sich gezwungen gesehen, auszureisen. Nach konkreten, sie persönlich betreffenden Gründen befragt, die gegen eine Durchführung des Verfahrens in der Schweiz sprechen würden, erwähnte die BF2, dass sie dort auch angegeben habe, dass sie anfangs September 2017 eine Fehlgeburt gehabt habe. Dessen ungeachtet sei ihr nicht geholfen worden, sich psychisch zu beruhigen. Eine Entscheidung sei ihnen in der Schweiz nicht mitgeteilt worden. Die BF wurden in der Einvernahme vor dem BFA darauf hingewiesen, dass sie aufgrund 48-stündiger Abwesenheit aus der Betreuungsstelle aus der Grundversorgung abgemeldet worden seien. Die BF gaben bekannt, wieder in die Grundversorgung aufgenommen werden zu wollen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates für die Prüfung der Anträge zuständig sei (I.) sowie gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei (II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in der Schweiz wurden in den angefochtenen Bescheiden folgendermaßen wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Die für das erstinstanzliche Asylverfahren in der Schweiz verantwortliche Behörde ist das Staatssekretariat für Migration (SEM). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

Bild kann nicht dargestellt werden

(AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

2. Dublin-Rückkehrer

Die Dublin III Verordnung wird seit 1 Jänner 2014 umgesetzt. Es konnten keine Zugangshindernisse für Dublin-Rückkehrer in der Schweiz festgestellt werden (AIDA 2.2017).

Bei Übernahme einer Person im Rahmen des Dublin-Verfahrens wird diese zu einer Aufnahmeeinrichtung geschickt, wo dann die Verfahrensschritte für eine Prüfung des Asylantrags eingeleitet werden. Sofern bereits zuvor ein Verfahren in der Schweiz anhängig war, wird dieses fortgesetzt. In den meisten Fällen kann ein Verfahren unabhängig von seinem früheren Status (vorherige Ablehnung, Rücknahme oder Entlassung) entweder von den Behörden oder durch einen Antrag auf erneute Überprüfung wieder aufgenommen oder fortgesetzt werden (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

3. Non-Refoulement

Die Verfassung verbietet die Abschiebung von Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Verfolgung ausgesetzt sind und stellt auch fest, dass niemand in ein Land geschickt werden darf, in dem ihm Folter oder andere entwürdigende und grausame Behandlung drohen. Die Regierung zwingt generell keine Asylwerber zur Rückkehr in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein könnten. Seit Juli 2016 werden - abhängig von Einzelfallbewertungen - Abschiebungen in alle Teile Sri Lankas zugelassen. Diese Praxis wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe als voreilig kritisiert, da der Norden Sri Lankas für Regierungsdissidenten immer noch unsicher sei (USDOS 3.3.2017).

Am 1. Oktober 2016 traten Änderungen des Ausländergesetzes und des Strafgesetzbuchs in Kraft, wonach Ausländer, die Straftaten begehen (nicht nur schwere Straftaten, sondern beispielsweise auch Sozialhilfebetrug) leichter ausgewiesen werden können. Im Falle von Flüchtlingen oder Personen, die nach Artikel 3 EMRK behandelt werden, wird der Grundsatz des Nichtzurückweisens allerdings weiterhin eingehalten (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/466976_en.html, Zugriff 10.11.2017

4. Versorgung

Die materielle Versorgung der Asylwerber besteht aus Unterbringung und Verpflegung, medizinischer Versorgung und finanzieller Unterstützung, sofern der Antragsteller bedürftig ist und Anspruch auf Sozialhilfe hat. Die Unterbringung in einem Zentrum steht aus organisatorischen Gründen hingegen allen Asylwerbern, unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen, offen. Es ist zu beachten, dass soziale Unterstützungsleistungen sowie u.a. auch Kosten des Berufungsverfahrens zu einem späteren Zeitpunkt bei Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel zu refundieren sind. Im Rahmen der Erstaufnahme auf Bundesebene ist die Versorgung überall gleich. Diese dauert in der Regel bis zu 90 Tage. Das Recht auf Versorgung - schließlich auf kantonaler Ebene - besteht insgesamt bis zum Ende des Verfahrens, d.h. bis zum Ende der Beschwerdefrist gegen erstinstanzliche Entscheidung bzw. bis zu einer negativen Entscheidung der Beschwerdeinstanz. Momentan findet in Zürich ein Testlauf bezüglich einer Beschleunigung des Verfahrens statt. Auch wenn die Versorgung dort etwas anders geregelt ist, besteht in jedem Fall ein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversorgung und Bildung für Kinder unter 16 Jahren. Asylwerber dieser Testphase sind nicht berechtigt zu arbeiten (AIDA 2.2017).

Die Kantone sind für die Gewährleistung der Sozialhilfe an Asylwerber zuständig. Jeder Kanton erhält hierbei pro Asylwerber einen Pauschalbetrag, mit dem dann die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die obligatorische Krankenversicherung und allfällige weitere medizinische Versorgung finanziert werden. Die Unterstützungsleistungen erfolgen durch die Kantone oder Gemeinden selbst bzw. durch beauftragte Dritte. Für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen ist die Unterstützung nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen auszurichten. Die Höhe der Sozialhilfe liegt unter dem Ansatz für die einheimische Bevölkerung. Anerkannte Flüchtlinge sind der einheimischen Bevölkerung vollkommen gleichgestellt (SEM 21.4.2017).

Mitte 2016 betrug die monatliche Zuwendung durchschnittlich CHF

1.119 / € 1.041, abhängig von der Bedürftigkeit des Empfängers. In den föderalen Zentren, wo die meiste Unterstützung in Sachleistungen geschieht, liegt die übrige Unterstützung bei lediglich 3 CHF täglich. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach dem Grad der Bedürftigkeit. Mitte 2015 erhielten 94,3% aller Asylwerber in der Schweiz Sozialhilfe, wovon wiederum 94% keine weitere Einkommensquelle hatten. Dieser hohe Prozentsatz spiegelt das Arbeitsverbot während der ersten drei (auf föderaler Ebene) bis sechs Monate (je nach Kanton) des Asylverfahrens wider. Zum Teil sind aber auch arbeitende Personen aufgrund des zu geringen Verdienstes weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen. Wenn ein Asylwerber das Land verlassen muss, kann er keine herkömmliche Versorgung mehr erhalten, sondern nur noch Unterstützung im Rahmen des Notfallschemas. Dieses umfasst kantonale Leistungen für Personen, die sich andernfalls nicht erhalten könnten und wird daher auch von den Kantonen festgelegt, ist also Schwankungen unterworfen. In manchen Kantonen ist diese Aufgabe an Gemeinden oder Hilfsorganisationen ausgelagert. Die Nothilfe besteht wann immer möglich aus Sachleistungen, inklusive Unterbringung in Notfallzentren, die für ihre eher unbequemen, minimalistischen Bedingungen bekannt sind. Die Finanzierung der Nothilfe ist pro Person mit ca. CHF 8 pro Tag festgesetzt, womit die Kosten für Essen, Transport, Haushaltsgegenstände und andere Bedürfnisse abgedeckt werden müssen. Dieser Betrag ist im Vergleich zu den hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz sehr niedrig und wird zudem in Sachleistungen bzw. Gutscheinen ausgegeben, die nur in bestimmten Supermärkten angenommen werden. Nothilfe muss immer gewährt werden, sie kann folglich auch nicht aberkannt werden (AIDA 2.2017).

Das Gesetz verbietet es Asylsuchenden, in den ersten drei Monaten nach ihrer Ankunft in dem Land zu arbeiten, und die Behörden können dieses Verbot um weitere drei Monate verlängern, wenn das SEM den Asylantrag innerhalb der ersten drei Monate ablehnt. Nach drei Monaten können Asylsuchende eine Beschäftigung in Branchen mit Arbeitskräftemangel suchen, etwa im Gastgewerbe, im Baugewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Landwirtschaft (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,

https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

4.1. Unterbringung

In den Zentren auf föderaler Ebene sind die Bedingungen für Familien, Frauen und Kinder eher hart. Es wird versucht, für diese Personen möglichst rasch eine geeignete kantonale Unterbringung zu finden, wo Familien nach Möglichkeit individuell untergebracht werden. Insbesondere die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen wird in den jeweiligen Kantonen unterschiedlich gehandhabt. Nicht alle verfügen über spezialisierte Zentren, was auf Kritik von NGOs stößt. Kinder werden oft in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht. Da die Umsetzung der Bundesbestimmungen weitgehend den Kantonen obliegt, können sich die Bedingungen deutlich unterscheiden (AIDA 2.2017).

Während der Bearbeitungsphase übernehmen die Kantone die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Wohnraum sowie die allgemeine Unterstützung und Betreuung der Asylbewerber. Diese haben das Recht auf medizinische Grundversorgung, deren Kinder Anspruch auf Schulbesuch bis zur neunten Klasse und somit bis zum Ende der Pflichtschulzeit. NGOs und Freiwillige führten im Allgemeinen Sprachkurse für Asylsuchende durch. Der Mangel an ausreichenden und angemessenen Unterkünften bleibt ein Problem; häufig werden Asylwerber in entlegenen ländlichen Gebieten oder ehemaligen - vielfach unterirdisch angelegten - Militäreinrichtungen untergebracht (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

4.2. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben ein Recht auf medizinische Basisversorgung (USDOS 3.3.2017). Sie werden bei Ankunft einer medizinischen Untersuchung unterzogen und erhalten dann während des gesamten Verfahrens und bei negativer Entscheidung auch im Rahmen des Notfallschemas Zugang zu medizinischer Versorgung. Außerdem sind Asylwerber bei der nationalen Krankenversicherung versichert, die auch die Behandlung mentaler Probleme durch einen Psychiater abdeckt. Während des Aufenthalts in föderaler Unterbringung ist die medizinische Versorgung föderale Angelegenheit, danach geht sie auf den jeweiligen Kanton über. Spezialbehandlungen für Opfer von Folter und traumatisierte Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen werden zwar angeboten, spezialisierte Psychiater und geeignete Dolmetscher sind allerdings oftmals nicht im erforderlichen Ausmaß verfügbar (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

5. Schutzberechtigte

Erhält ein Asylwerber einen Schutztitel, wird er im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialhilfe unterstützt (AIDA 2.2017).

Die Kantone sind auch bei anerkannten Flüchtlingen für die Gewährung der Sozialhilfe zuständig. Für die Ausrichtung und Bemessung der Sozialhilfeleistungen gilt kantonales Recht. Aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention sind Flüchtlinge bei der Sozialhilfe Schweizer Staatsbürgern gleichgestellt. Das Bundesrecht hält zudem fest, dass der besonderen Lage von Flüchtlingen bei der Unterstützung Rechnung zu tragen ist; namentlich soll die berufliche und soziale Integration erleichtert werden. Die Hälfte der Kantone hat Hilfswerke mit der Führung der Sozialdienste für die anerkannten Flüchtlinge beauftragt. In den anderen Kantonen sind die Sozialdienste der Gemeinden zuständig oder es wurden spezielle kantonale Sozialdienste für Flüchtlinge geschaffen. Der Bund erstattet den Kantonen die Kosten der Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge. Pro Flüchtling, der von der Sozialhilfe unterstützt werden muss, erhält der Kanton einen Pauschalbetrag, mit dem die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die Gesundheitsversorgung und für allfällig weitere besondere Bedürfnisse einzelner Flüchtlinge finanziert werden. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Kantone für die Integration der anerkannten Flüchtlinge (SFH o.D.b; vgl. SEM 2015; SEM 21.4.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 15.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,

https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (2015): Kurzinformationen Anerkannte Flüchtlinge et.al,

https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/publiservice/publikationen/info-flue-va/info-flue-va-de.pdf, Zugriff 15.11.2017

-

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (o.D.b): Anerkannte Flüchtlinge,

https://www.fluechtlingshilfe.ch/asylrecht/rechtlicher-status/anerkannte-fluechtlinge-asylgewaehrung.html, Zugriff 16.11.2017)

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität der BF nicht feststehe. Die BF würden an keiner schweren körperlichen Krankheit oder ansteckenden Krankheit oder psychischen Erkrankung leiden, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde. Die BF2 habe angegeben, Beruhigungstabletten einzunehmen sowie eine Creme gegen Spül- oder Waschmittelallergie zu verwenden. In Österreich würden die BF über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte verfügen. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich sei nicht festzustellen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die BF in der Schweiz systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen wären oder solche dort zu erwarten hätten bzw. dass diesen in der Schweiz behördlicher Schutz vorenthalten würde. Ein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. des Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.

Die Bescheide wurden den BF am 15.03.2019 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

Gegen die Bescheide richten sich die fristgerecht eingebrachten gleichlautenden Beschwerden vom 27.03.2019, mit denen die Entscheidungen vollinhaltlich angefochten wurden. Bei Durchführung eines gründlichen Ermittlungsverfahrens und richtiger Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung der BF in die Schweiz nicht gesetzeskonform sein könne. Es sei ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt worden. Die BF hätten angegeben, dass sie in der Schweiz in einem Bunker untergebracht gewesen seien. Die Luft in diesen Bunkern sei schlecht, sodass die BF2 Atemprobleme bekommen habe. Zudem würden viele Personen auf engem Raum leben und gebe es keine Privatsphäre. Die BF hätten angegeben, schlecht behandelt worden zu sein. In der Entscheidung des EGMR in der Sache Tarakhel vom 04.11.2014 sei die Überstellung einer afghanischen Familie aus der Schweiz nach Italien nach der Dublin III-VO ohne individuelle Zusicherung der italienischen Behörden, dass der Familie eine adäquate und menschenwürdige Unterbringung und Versorgung garantiert werde, als Verletzung des Art. 3 EMRK bewertet worden. Ohne Einholung individueller Garantien einer menschenwürdigen Unterbringung der BF würde eine Überstellung Art. 3 EMRK verletzen. Selbst im Falle dass feststehe, dass im schweizerischen Asyl- und Aufnahmesystem systematische Mängel nicht vorliegen würden, werde im Sinne der Judikatur des EGMR in der Tarakhel-Entscheidung klargestellt, dass nicht notwendigerweise systematische Mängel im Asylwesen bestehen müssten, um eine Überstellung unzulässig zu machen. Auch individuelle Umstände könnten in Verbindung mit gewissen Defiziten ausreichen, um eine Überstellung unzulässig zu machen, sofern eine Gefährdung von Grundrechten vorliege. Dies sei im Falle der BF gegeben. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, eine Einzelfallzusicherung, insbesondere hinsichtlich Unterbringung und Versorgung der BF in der Schweiz einzuholen. Die Behörde habe keinerlei Ermittlungen angestellt, ob den BF Schutz in der Schweiz gewährt würde oder ob eine Kettenabschiebung nach Albanien drohe. Die Behörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht seien daher verpflichtet, genauere Ermittlungen zu tätigen und vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen. Die von der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in der Schweiz seien unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell. Die Situation in der Schweiz habe sich im letzten Jahr aufgrund der hohen Zahl an neu ankommenden Asylsuchenden geändert. Darüber hinaus könne nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden, da kaum Kritik am schweizerischen Asylsystem und der Ausnahmesituation für Flüchtlinge geübt werde. Die zahlreichen Berichte über die mangelhafte Aufnahmesituation würden in die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderinformationen kaum Eingang finden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang.

Die BF, ein Ehepaar, Staatsangehörige Albaniens, reisten am 29.01.2019 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Zu beiden BF liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" zur Schweiz vom 31.10.2018 vor. Zum BF 1 liegen darüber hinaus sieben weitere EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" zu Norwegen, Dänemark, Ungarn und der Schweiz im Zeitraum 2010 bis 2016 und zu Österreich vom 12.02.2010 vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Schweiz an.

Konkrete, in der Person der BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Überstellung in die Schweiz Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die BF leiden an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Der BF1 gab bei seiner Einvernahme vor dem BFA an, dass er die letzten 15 Tage erkrankt gewesen sei, es ihm nunmehr jedoch besser gehe. Die BF2 gab in ihrer Einvernahme vor dem BFA an, dass sie lediglich Beruhigungstabletten einnehme, da sie Magenschmerzen gehabt habe. Sie verwende auch eine Creme und nehme Medikamente gegen eine Spül- bzw. Waschmittelallergie ein. Befunde wurden nicht beigebracht.

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige noch sonstige Verwandte der BF.

Ebenso befinden sich in Österreich keine Personen, zu denen ein besonderes finanzielles oder sonstiges Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnis der BF bestünde.

Zu Österreich bestehen keine besonderen privaten oder beruflichen Verbindungen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg der BF ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage, insbesondere der EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" zur Schweiz vom 31.10.2018 in Verbindung mit der ausdrücklichen Zustimmungserklärung der Schweizer Behörden zur Wiederaufnahme der BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO.

Die Feststellung der Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF seitens der Schweiz gründet sich auf das durchgeführte Konsulationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den Verwaltungsakten ein - zwischen der österreichischen und der Schweizer Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seinen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Schweiz auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO), samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichende konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die BF nicht dargetan. Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in der Schweiz wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF beruhen auf deren eigenen unbelegt gebliebenen Angaben.

Die Feststellung des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder sonstiger Bindungen der BF in Österreich fußt auf deren eigenen Angaben bzw. der Aktenlage.

Die BF sind weder besonders schutz- noch pflegebedürftig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idgF).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG idgF bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

...

§ 9 Abs.1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-,

Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt

entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus

bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den

Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

...

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Artikel 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und6 genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz be

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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