Entscheidungsdatum
11.04.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W144 2217113-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb, StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 08.01.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er die letzten 3 Jahre bis zu seiner Einreise ins Bundesgebiet in der BRD aufhältig war und dort ein Asylverfahren betrieben hatte.
Zur Person des BF liegen EURODAC-Treffermeldungen wegen Asylantragstellungen in der BRD vom 14.04.2016 und vom 02.05.2016 vor.
Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Im Verlauf der Erstbefragung durch Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 08.01.2019 gab der BF im Wesentlichen an, dass er sein Heimatland im Dezember 2015 verlassen und sich nach Deutschland begeben habe, wo er bis gestern aufhältig gewesen sei. Er habe in Deutschland einen Asylantrag gestellt, der jedoch abgelehnt worden sei. Er wolle nicht nach Deutschland zurückkehren, weil seine Frau hier lebe.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 21.01.2019 unter Hinweis auf den Reiseweg des BF, auf die Eurodac-Treffermeldungen und auf den Einwand, dass er seine Frau hier habe, wobei eine Ehe nicht aktenkundig sei, ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die BRD. Diese stimmte mit Schreiben vom 28.01.2019 diesem Ersuchen unter Hinweis auf Art. 18 Abs. 1 lit. d leg.cit. als zuständigkeitsbegründende Norm zu.
In der Folge wurde der BF am 14.02.2019 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen zu Protokoll gab, dass er seine Frau in XXXX traditionell-islamisch geheiratet habe, eine standesamtliche Ehe liege nicht vor. Sie hätten einander bei einer Hochzeit im September 2018 kennen gelernt, am XXXX geheiratet und würden seit 17.01.2019 in Wien im gemeinsamen Haushalt wohnen. Verwandte oder sonstige Bezugspersonen habe er im Bundesgebiet nicht. Seine Frau mache hier eine Lehre, deshalb könne sie nicht mit ihm in der BRD leben und dort ein Leben aufbauen. In Deutschland habe er eine negative Entscheidung erhalten, er wolle zu den Länderfeststellungen keine Stellungnahme abgeben.
Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 01.03.2019 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Deutschland gemäß 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Deutschland zulässig sei.
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):
Zu Deutschland werden folgende Feststellungen getroffen:
(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 12.06.2018).
Allgemeines zum Asylverfahren
In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2018; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen). Im Jahr 2017 hat das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 603.428 Asylanträge entschieden. Das ist ein Rückgang gegenüber 2016 (695.733 Entscheidungen). 2017 wurden 222.683 Asylanträge entgegengenommen,
522.862 weniger als im Vorjahr. Insgesamt 123.909 Personen erhielten 2017 internationalen Schutz (20,5% der Antragsteller), 98.074 Personen (16,3%) erhielten subsidiären Schutz und 39.659 Personen (6,6%) Abschiebeschutz (BAMF 4.2018).
Verschiedene Berichte äußerten sich besorgt über die Qualität des Asylverfahrens. Ein Ein hoher Prozentsatz der Asylentscheidungen war einer internen Untersuchung zufolge "unplausibel". Berichten zufolge waren viele Entscheidungsträger, die 2015 und 2016 beim BAMF eingestellt wurden, seit mehr als einem Jahr im Einsatz, ohne das interne Ausbildungsprogramm zu absolvieren. Bei den Dolmetschern wurden die unprofessionelle Haltung und fehlende Objektivität bemängelt. Weiters hat eine große Zahl von Asylwerbern eine Beschwerde gegen ihren Asylbescheid eingelegt, was zu einem Verfahrensstau bei den Gerichten geführt hat (AIDA 3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/ablauf-des-asylverfahrens-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html?nn=6077414, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (4.2018): Aktuelle Zahlen zu Asyl,
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-april-2018.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018
-
BR - Bundesregierung (o.D.): Flucht und Asyl: Fakten und Hintergründe,
https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Fluechtlings-Asylpolitik/4-FAQ/_function/glossar_catalog.html?nn=1419512&lv2=1659082&id=GlossarEntry1659098, Zugriff 12.6.2018
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,
http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430259.html, Zugriff 12.6.2018
Dublin-Rückkehrer
Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 3.2018).
In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. Im Falle eines "take back"-Verfahrens können Dublin-Rückkehrer, die bereits eine negative Entscheidung erhalten haben, einen Folgeantrag stellen. Bei Dublin-Rückkehrern, die bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, der noch nicht entschieden wurde, wird das Verfahren fortgesetzt. Für Dublin-Rückkehrer gelten die gleichen Aufnahmebedingungen wie für andere Asylwerber (EASO 24.10.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
Non-Refoulement
Wenn die drei Schutzformen - Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz - nicht greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebungsverbot erteilt werden (BAMF 1.8.2016b). Wenn ein Abschiebungsverbot festgestellt wird, erhält die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr; eine Verlängerung ist möglich (UNHCR o.D.a).
Amnesty International sieht Asylwerber aus Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Albanien und Montenegro von einem erhöhten Refoulement-Risiko bedroht, da diese Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft wurden (AI 31.12.2017). AI kritisiert auch die fortgesetzten Abschiebungen nach Afghanistan, trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage vor Ort. Bis Ende des Jahres wurden 121 afghanische Staatsangehörige abgeschoben (AI 22.2.2018).
Quellen:
-
AI - Amensty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425035.html, Zugriff 12.6.2018
-
AI - Amnesty International (31.12.2017): Germany: Human rights guarantees undermined: Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review - 30th session of the UPR Working Group, May 2018 [EUR 23/7375/2017],
https://www.ecoi.net/en/file/local/1422247/1226_1516189882_eur2373752017english.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b): Nationales Abschiebungsverbot,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/AbschiebungsV/abschiebungsverbot-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,
http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018
Versorgung
Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen, die Asylwerbern zustehen. Die Leistungen umfassen die Grundleistungen des notwendigen Bedarfs (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt), Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Alltag (Bargeld bzw. Taschengeld), Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Bei besonderen Umständen können auch weitere Leistungen beantragt werden, die vom Einzelfall abhängen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016b). Die empfangenen Leistungen liegen dabei unterhalb der finanziellen Unterstützung, die deutsche Staatsangehörige beziehen. Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereit gestellt. Hiervon kann - soweit nötig - abgewichen werden, wenn Asylwerber nicht in Aufnahmeeinrichtungen, sondern in Anschlusseinrichtungen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft oder dezentrale Unterbringung, wie Wohnung oder Wohngruppen) untergebracht sind. So können Asylwerber statt Sachleistungen Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder in Geldleistungen erhalten. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, werden die folgenden Beträge monatlich ausbezahlt:
Bezieher
Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen
Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen
Für alleinstehende Leistungsberechtigte
135 €
216 €
Für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen
je 122 €
194 €
Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt
je 108 €
174 €
Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
76 €
198 €
Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres
83 €
157 €
leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres
79 €
133 €
Nach 15 Monaten im Asylverfahren wird die Leistungshöhe auf das gleiche Niveau wie für bedürftige Deutsche umgestellt (UNHCR o.D.b; vgl. BAMF 1.8.2016b, AIDA 3.2018, AsylbLG 17.7.2017).
Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 24.10.2017). Während der ersten drei Monate des Asylverfahrens gilt jedoch ein Beschäftigungsverbot für Asylwerber. Dieses Beschäftigungsverbot besteht fort, solange die betroffene Person verpflichtet ist, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Für die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit wird eine Beschäftigungserlaubnis benötigt, die bei der Ausländerbehörde beantragt werden kann. Die Ausländerbehörde muss hierfür zusätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ist während des gesamten Asylverfahrens untersagt (UNHCR o.D.b).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das durch
Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist (17.7.2017): § 3 Grundleistungen, https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b):
Zuständige Aufnahmeeinrichtungen, https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/MeldungAE/meldung-aufnahmeeinrichtung-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (24.10.2017):
Ankunftszentren,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.b):
Aufnahmesituation,
http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/aufnahmesituation, Zugriff 12.6.2018
Unterbringung
In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Ländersache. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen weitgehend geschlossen wurden. Darüber hinaus wurden besondere Aufnahmeeinrichtungen (in denen Personen untergebracht werden können, deren Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden) und Transitzentren (in denen Asylwerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht werden) eingerichtet (AIDA 3.2018; vgl. BSASFI 29.6.2017).
Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2017 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 10.2016). Von Flüchtlingsorganisationen und NGOs werden die Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften häufig kritisiert (AIDA 3.2018).
Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragsstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragsstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D.c).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2016): Ablauf des deutschen Asylverfahrens,
http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.c):
Ankunftszentren,
https://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufbau/Standorte/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BSASFI - Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (29.6.2017): Schriftliche Anfrage einer Abgeordneten betreffend "Ankunftszentren und Transitzentren, https://www.fluechtlingsrat-bayern.de/tl_files/PDF-Dokumente/Anfrage%20Ausbau%20der%20Ankunfts-%20und%20Transitzentren.pdf, Zugriff 12.6.2018
Medizinische Versorgung
Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV o.D.).
Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA 3.2018; vgl. DIM 3.2018, GKV o. D.).
Je nach Bundesland erhalten Asylwerber eine Gesundheitskarte oder Krankenscheine vom Sozialamt; darüber können die Bundesländer autonom entscheiden (BMG 2.2016; vgl. BMdI 29.9.2015). Krankenscheine bekommen Asylwerber beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 3.2018). Die elektronische Gesundheitskarte ersetzt den Behandlungsschein und damit können Asylwerber den Arzt direkt aufsuchen, ohne vorher eine Bescheinigung von den staatlichen Stellen (z.B. Sozialamt) einzuholen (BMG 6.2016).
Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl. BMG 6.2016, AIDA 3.2018).
Es wurde jedoch kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch nur Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
BMdI - Bundesministerium des Innern (29.9.2015): Änderung und Beschleunigung von Asylverfahren beschlossen, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2015/09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 12.6.2018
-
BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.10.2015): Verbesserung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2015/bund-laender-vereinbarungen/?L=0, Zugriff 12.6.2018
-
BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.2016): Ratgeber Gesundheit für Asylwerber in Deutschland, http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_Asylsuchende_DE_web.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
DIM - Das Deutsche Institut für Menschenrechte (3.2018):
Geflüchtete Menschen mit Behinderung, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/POSITION/Position_16_Gefluechtete_mit_Behinderungen.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
SO - Spiegel Online (22.3.2016): So werden Flüchtlinge medizinisch versorgt,
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fluechtlinge-so-laeuft-die-medizinische-versorgung-a-1081702.html, Zugriff 12.6.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430259.html, Zugriff 12.6.2018
Schutzberechtigte
Personen mit internationalem Schutz erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis, befristet auf 3 Jahre. Danach wird geprüft ob Gründe für eine Aberkennung vorliegen. Die Beantragung der Niederlassungserlaubnis ist nach drei oder fünf Jahren möglich, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Sie haben auch Anspruch auf privilegierten Familiennachzug (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 6.8.2016).
Personen mit subsidiärem Schutz erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis, befristet auf ein Jahr. Sie ist verlängerbar um weitere zwei Jahre und nach 5 Jahren kann eine permanente Niederlassungserlaubnis beantragt werden, wenn die Betroffene die dafür notwendigen Kriterien erfüllt (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016 o. D.c). Nach der derzeitigen Regelung ist subsidiär Schutzberechtigten, deren Aufenthaltserlaubnis nach dem 17.03.2016 erteilt worden ist, bis zum 31. Juli 2018 der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz nicht möglich (BAMF o.D.b).
Geduldete fallen unter die Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AIDA 3.2018).
Sowohl Personen mit internationalem Schutz als auch Personen mit subsidiären Schutz haben den gleichen Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinische Versorgung, wie deutsche Bürger (AIDA 3.2018). Je nach Aufenthaltstitel besteht für viele anerkannte Schutzberechtigte ein Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs (IAM o.D.), der aus einem Sprachkurs (600 Stunden) und einem Orientierungskurs (100 Stunden) besteht. Asylbewerber und Menschen mit einer sogenannten Duldung können auch berufsbezogene Sprachkurse besuchen (BR o.D.).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html?nn=6077414, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.8.2016):
Flüchtlingsschutz,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/Fluechtlingsschutz/fluechtlingsschutz-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016c):
Subsidiärer Schutz,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/SubsidiaererS/subsidiaerer-schutz-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BR - Bundesregierung (o.D.): Flucht und Asyl: Fakten und Hintergründe,
https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Fluechtlings-Asylpolitik/4-FAQ/_function/glossar_catalog.html?nn=1419512&lv2=1659082&id=GlossarEntry1659098, Zugriff 12.6.2018
-
IAM - Informationsverbund Asyl und Migration (o.D.): Sprach- und Integrationskurse,
https://www.asyl.net/themen/bildung-und-arbeit/zugang-zu-bildung/sprach-und-integrationskurse/, Zugriff 12.6.2018
D) Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:
[ ... ]
-
betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:
Die in den Feststellungen zu Deutschland angeführten Inhalte stammen aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf den Inhalt des § 5 BFA-Einrichtungsgesetz betreffend die Ausführungen zur Staatendokumentation verwiesen, insbesondere auf den Passus, wonach die gesammelten Tatsachen länderspezifisch zusammenzufassen, nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren sind, einschließlich den vorgegebenen Aktualisierungsverpflichtungen.
Hinweise darauf, dass die vorstehend angeführten Vorgaben des § 5 BFA- Einrichtungsgesetz bei den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Deutschland nicht beachtet worden wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben.
Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums bezieht, wird angeführt, dass diese - aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse in Deutschland - nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.
[ ... ]
Zusammengefasst ist zur Lage in Deutschland anzumerken, dass Sie jedenfalls ein rechtskonformes Asylverfahren in diesem Land führen können, bei gleichzeitig bestehender und ausreichender Versorgung und Unterbringung, einschließlich der medizinischen Versorgung. Die Zulässigkeit einer Abschiebung von Deutschland in Ihr Heimatland oder in ein anderes Land kann sich zudem nur nach einer ausreichenden Refoulementprüfung ergeben. Eine allfällige Haft oder Schubhaft kann sich nur im Einklang mit der bestehenden Rechtslage ergeben. Es stünde Ihnen zudem im Falle einer Haft, Schubhaft oder sonstigen Zwangsmaßnahme auch der Rechtsweg in Deutschland offen, einschließlich jener zu den Europäischen Gerichtshöfen.
Das Bundesamt stützt sich hinsichtlich der vorstehenden Ausführungen insbesondere auf die in den Feststellungen des gegenständlichen Bescheides genannten Quellen und Informationen, welche unter Beachtung der oben angeführten Qualitätsstandards von der Staatendokumentation des Bundesamtes erstellt wurden. Sie selbst haben kein Vorbringen zu Deutschland erstattet, welches sich qualitativ auf zumindest gleichwertigem Niveau bewegen würde -insbesondere auch hinsichtlich der zugrundeliegenden Quellen-, wie die im gegenständlichen Bescheid enthaltenen Feststellungen zu Deutschland.
Im Falle von tatsächlichen oder befürchteten Verfolgungshandlungen durch Dritte besteht zudem Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit in Deutschland. Dies ergibt sich bereits aus §5 Abs 3 AsylG. ["Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."]
In Ihrem Fall ist daher insgesamt davon auszugehen, dass sämtliche Ihrer Rechte in Deutschland. in ausreichendem Umfang gewahrt sind.
Zu Ihrem Vorbringen in der Einvernahme am 14.02.2019, dass Sie von den deutschen Behörden eine negative Entscheidung erhalten haben ist anzuführen, dass Sie die Möglichkeit haben einen Folgeantrag zu stellen.
Der Vollständigkeit halber sei weiters darauf hingewiesen, dass es sich im Falle von Deutschland um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates handelt, bei welchem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang, nicht eintreten wird. Zudem ist weiters darauf hinzuweisen, dass für Sie auch die Möglichkeit besteht, eine tatsächlich verhängte Schubhaft oder Haft oder auch eine sonstige zur Anwendung gebrachte behördliche Zwangsmaßnahme in Deutschland im Rechtsweg zu bekämpfen. Dass in Ihrem Fall eine solche Möglichkeit nicht bestehen sollte, hat sich im Verfahren ebenfalls nicht ergeben.
Somit bleibt zu der von Ihnen lediglich behaupteten und in Deutschland drohenden Haft insgesamt festzuhalten, dass sich in diesem Zusammenhang im Verfahren keine ausreichenden Hinweise auf eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte in Deutschland ergeben haben.
Der Vollständigkeit halber wird zudem auf folgendes hingewiesen:
Neben der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sind für Deutschland folgende Richtlinien beachtlich:
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Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG bzw. neu 2011/93/EU) im Hinblick auf die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen.
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Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2005/85/EG des Rates bzw. neu 2013/32/EU) hinsichtlich der Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft.
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Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2003/9/EG bzw. neu 2013/33/EU) zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten, eins