Entscheidungsdatum
12.04.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L501 2208582-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und den Richter Mag. Hermann LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Reg. Rat Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX , VSNR. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 13.03.2018, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) beantragte mit am 30.01.2018 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass.
In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 07.03.2018 wird von einer namentlich genannten Fachärztin für Orthopädie, basierend auf der klinischen Untersuchung am 05.03.2018, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Z.n. mehreren Operationen wegen angeborener Hüftdysplasie bds., Z.n. Hüfttotalendoprothese bds. Die Einschätzung aufgrund der Bewegungseinschränkung in beiden Hüftgelenken, Steigerung bei Z.n. Hüfttotalendoprothese bds.
02.05.11
60
Gesamtgrad der Behinderung
60 vH
Die im Hinblick auf
die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellte Frage wurden wie folgt beantwortet: Bei der Klientin bestehen bei Zustand nach mehreren Hüft/Beckenoperationen Bewegungseinschränkungen in beiden Hüftgelenken. Das Zurücklegen eine Wegstrecke von 300-400 ist der Klientin möglich, dass sichere Ein - und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ist unter den üblichen Bedingungen möglich, die Standfestigkeit ist gegeben.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab. Neben der Zitierung der rechtlichen Grundlagen wurde festgehalten, dass gemäß den dem Bescheid beiliegenden und einen Teil der Begründung bildenden Ergebnissen des ärztlichen Begutachtungsverfahrens die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen.
In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung verwies die bP auf ihre mehrmaligen Hüft-, Venen- und Hammerzehenoperationen. Aufgrund einer Sakrumfraktur habe sie 16 Wochen lang Krücken benötigt und sei es ihr in dieser Zeit sehr schwer gefallen, von einem entfernt gelegenen Parkplatz die Wege zur Therapie, zum Arzt zu bewältigen. Mit Krücken müsse sie sich jetzt nicht mehr fortbewegen, sie befinde sich derzeit auf Reha und hoffe, dass sich ihr Gesundheitszustand wieder bessere. Sie ersuche um Ausstellung eines Parkausweises für den Fall, dass sie aufgrund einer erneuten Einschränkung keine 400 Meter mehr bewältigen könne.
In dem hierauf von der belangten Behörde im Hinblick auf die geplante Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 02.07.2018 wird von einer namentlich genannten Allgemeinmedizinerin, basierend auf der klinischen Untersuchung am 12.06.2018, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Derzeitige Beschwerden: Die Klientin kommt ohne Gehhilfe in die Ordination. Sie trägt nun Spezialeinlagen. Es wird im Vergleich zum Vorgutachten tendenziell eher eine Verbesserung angegeben. Das Problem der Klientin besteht hauptsächlich in den immer wieder kehrenden Operationen der Hüften mit der im Anschluss gegebenen Bewegungseinschränkung. Sie hat die Unzumutbarkeit eigentlich "prophylaktisch" beantragt, um bei einer neuerlichen Operation dann bereits die Vergünstigung zu haben. Sie gibt tägliche Rückenschmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule an. Schmerzmittel nimmt sie keine ein.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Z.n. Varizen-Operation bds..
02
Osteoporose
Stellungnahme zu
gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Bezüglich der Hüftgelenke hat sich, wie im Heilungsverlauf und durch die Therapien zu erwarten war, eine tendenzielle Verbesserung eingestellt. Neu beschrieben wurden Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, die aufgrund der Situation medizinisch nachvollziehbar sind.
Die im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellten Fragen wurden wie folgt beantwortet: Die Klientin kann eine Wegstrecke von mehr als 400 m zurücklegen, in ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Hilfe einsteigen und sich darin während der Fahrt anhalten. Aus allgemeinmedizinischer Sicht ergeben sich keine Erkrankungen/Beschwerden die eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigen.
Gutachterliche Stellungnahme: Es liegt keine wesentliche Veränderung zum VGA vor. Der Antrag bezieht sich auf einen in der Zukunft gelegenen Wunsch, nach einer eventuellen neuerlichen Operation an den Hüften eine Begünstigung zu haben. Dieser Zustand der Beeinträchtigung nach einer Operation dauert im Normalfall aber nicht länger als 6 Monate an.
In dem des Weiteren von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 31.08.2018 wird von einem namentlich genannten Facharzt für Orthopädie, basierend auf der klinischen Untersuchung am 27.08.2018, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Derzeitige Beschwerden: Mit Gelenkersatz der Hüften relativ zufrieden, leichte Restbeschwerden in der re. Leiste und im tiefen Gesäßbereich. Seit dem Sturz mit Kreuzbeinbruch. Schmerzausstrahlung seitlich in den Oberschenkel re, keine weitere Schmerzausstrahlung ins Bein. Gehstrecke von 1km ist mit Wanderstöcken möglich. Stiegensteigen sicherheitshalber mit Hand am Geländer im Wechselschritt.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Gelenkersatz beider Hüften bei Dysplasie. Mehrmalige Revisionsoperationen. Bewegungseinschränkung der Hüften besonders bei Abspreizung
02
Chronisches Schmerzsyndrom Lendenwirbelsäule und Kreuzdarmbeingelenk. Z.n. Kreuzbeinbruch. Keine radikulären Ausfälle. Leichte Bewegungseinschränkung.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Gegenüber Letztgutachten 03/18 Schmerzen im Beckenbereich gebessert. Zwischenzeitlich weiterer Rehaaufenthalt. Restbeschwerden in der Leiste re. Wirbelsäulenleiden wird neu berücksichtigt. Osteoporose bedingt keinen eigentlichen GdB. Lediglich Dauerfolgen nach osteoporotischen Frakturen können langfristig zu einen relevanten GdB führen.
Die im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellten Fragen wurden wie folgt beantwortet:
Verwendet keine Gehhilfen. Mit zwei Wanderstöcken Gehstrecke von 1km möglich. Keine Einschränkungen beim Bewältigen von Stufen über 30cm. Verwendung von Haltegriffen in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich.
Gutachterliche Stellungnahme: Gegenüber Letztgutachten kommt wegen Befall beider Hüften Position 02.05.11 zur Anwendung. Erreichbarkeit, Ein- und Aussteigen und Sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich.
In der von der belangten Behörde eingeholten Gesamtbeurteilung vom 27.10.2018 aus dem Bereich der Allgemeinmedizinerin wird im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:
Die im Rahmen des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens eingeholten Gutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und der Orthopädie bilden einen wesentlichen Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Gelenkersatz beider Hüften bei Dysplasie. Mehrmalige Revisionsoperationen. Bewegungseinschränkung der Hüften besonders bei Abspreizung
02
Z.n. Varizen-Operation bds.
03
Osteoporose
04
Chronisches Schmerzsyndrom Lendenwirbelsäule und Kreuzdarmbeingelenk. Z.n. Kreuzbeinbruch. Keine radikulären Ausfälle. Leichte Bewegungseinschränkung.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Es werden im Vergleich zum Vorgutachten tendenziell eher eine Verbesserung angegeben. Das Problem der Klientin besteht hauptsächlich in den immer wieder kehrenden Operationen der Hüften mit der im Anschluss gegebenen Bewegungseinschränkung. Neu hinzugekommen sind die Rückenschmerzen.
Die im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellten Fragen wurden wie folgt beantwortet: Die Klientin kann eine Wegstrecke von mehr als 400m zurücklegen, in ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Hilfe einsteigen und sich darin während der Fahrt anhalten.
Gutachterliche Stellungnahme: Es werden im Vergleich zum Vorgutachten tendenziell eher eine Verbesserung angegeben. Das Problem der Klientin besteht hauptsächlich in den immer wieder kehrenden Operationen der Hüften mit der im Anschluss gegebenen Bewegungseinschränkung. Neu hinzugekommen sind die Rückenschmerzen.
Da das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit erledigt werden konnte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden der bP mit Schreiben vom 16.11.2018 gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die bP hat ihren Wohnsitz im Inland, ihr wurde ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 vH ausgestellt.
Es liegen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Gelenkersatz beider Hüften bei Dysplasie. Mehrmalige Revisionsoperationen. Bewegungseinschränkung der Hüften besonders bei Abspreizung
02
Z.n. Varizen-Operation bds.
03
Osteoporose
04
Chronisches Schmerzsyndrom Lendenwirbelsäule und Kreuzdarmbeingelenk. Z.n. Kreuzbeinbruch. Keine radikulären Ausfälle. Leichte Bewegungseinschränkung.
Die bP
kann eine kurze Wegstrecke von 400 m ohne fremde Hilfe und ohne Hilfsmittel zurücklegen. Das Aus- und Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel ist unter Berücksichtigung üblicher Niveauunterschiede ohne fremde Hilfe ebenso gewährleistet wie das Anhalten an Haltegriffen und der sichere Stand unter Berücksichtigung transporttypischer Bewegungen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes.
Die Feststellungen basieren auf den von der der belangten Behörde im Rahmen des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und Orthopädie sowie der Gesamtbeurteilung. Die Einschätzungen der Sachverständigen beruhen auf der jeweiligen klinischen Untersuchung, sind ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Ausmaß eingegangen sowie insbesondere die Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel beurteilt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird grundsätzlich auf die unter Punkt I. wiedergegeben Ausführungen des Sachverständigen verwiesen.
Die bP hatte ausreichend Gelegenheit die begründeten Darlegungen der Sachverständigen in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr selbst in Auftrag gegebenen Gutachten, auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften. Dies hat sie jedoch unterlassen. Die gutachterlichen Ausführungen wurden von der bP zudem weder bestritten noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, die eine Beeinspruchung auch ohne einem Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten. Sie werden daher - zumal sie mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehen - in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Zu A)
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen (§ 47 BBG).
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes [...]
2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes [...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservices. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
Die bP kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen und ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke zu Fuß aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ebenso gegeben wie das Überwinden üblicher Niveauunterschiede und die sichere Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel. Die Auswirkungen der bestehenden Funktionseinschränkungen bedingen daher gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs nicht die Unzumutbarkeit, zumal die Erreichung des mit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels angestrebten Ziels gewährleistet ist. Eine prophylaktische Eintragung der Unzumutbarkeit in den Behindertenpass entspricht nicht dem Gesetz; zudem muss die die Unzumutbarkeit bedingende Funktionseinschränkung gemäß § 1 Abs. 2 BBG mindestens sechs Monate andauern.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Maßgebend für die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Wie unter Punkt II. 2. ausgeführt, wurden die hierzu im Zuge des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens eingeholten Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Auch wurden im Rahmen des gewährten Parteiengehörs keinerlei Einwendungen erhoben. Dies lässt die Einschätzung zu, dass von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist. Da dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, wurde gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L501.2208582.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.06.2019