TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/25 W192 2200813-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2019
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Entscheidungsdatum

25.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 2200813-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2018, Zl.: 1138314900-161697476, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., § 9 BFA-VG i. d. g. F., § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG i.d.g.F. und §§ 52, 55 FPG i. d. g. F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am Tag der Antragstellung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgehaltenen Erstbefragung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie der georgischen Volksgruppe angehöre und christlich-orthodox sei. Im Herkunftsstaat habe sie acht Jahre lang die Grundschule besucht und keine Berufsausbildung absolviert. Ihre Eltern, ein Bruder und eine Schwester würden im Herkunftsstaat leben. Die Beschwerdeführerin habe den Herkunftsstaat im Dezember 2016 verlassen und sei über die Türkei und andere unbekannte Länder nach Österreich gekommen, weil hier ihr Freund lebe und sie an den Augen operiert werden müsse. Im Herkunftsstaat sei sie nicht unterstützt worden und habe allein gelebt. Ihr Vater sei alkoholsüchtig und habe sie von zu Hause hinausgeschmissen, weil sie blind sei. Die Beschwerdeführerin verfügte laut einer Eintragung im CVIS des Bundesministeriums für Inneres über ein vom 07.12.2016 bis 11.01.2017 gültiges griechisches Schengen Visum für einen Aufenthalt in der Dauer von 21 Tagen.

Am 05.09.2017 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), welche sie in Begleitung ihres nunmehrigen Ehemannes, eines georgischen Staatsangehörigen, absolvierte.

Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass sie nur auf einem Auge ganz wenig sehe und deshalb Probleme habe. Sie gehe in Österreich einmal im Monat zum Psychologen und auch zum Augenarzt und erhalte eine medikamentöse Therapie. Die Beschwerdeführerin habe im Herkunftsstaat bis zum 30. Lebensjahr in ihrem Elternhaus gelebt, danach zwei Jahre lang mit ihrem nunmehrigen Ehemann in Tiflis. Zuletzt -. Dort habe sie im Alter von 33 bis 35 Jahren allein ebenfalls in Tiflis gelebt und sei dann ausgereist. Nach der Ausreise ihres nunmehrigen Ehemannes habe sie nicht mehr an der ursprünglichen Adresse bleiben können. Die Beschwerdeführerin habe in Georgien eine sehr geringe Invalidenrente bekommen. Sie wisse nicht, wovon ihre Eltern und Geschwister im Herkunftsstaat leben würden, sie nehme an, dass sie noch in ihrem Geburtsort leben würden, wo die Eltern ein kleines Häuschen bewohnt hätten.

Die Beschwerdeführerin habe keine Probleme mit den Behörden des Herkunftsstaates gehabt. Sie sei im Alter von 15 oder 16 Jahren erblindet und habe deswegen ihre Schulausbildung nicht beenden können. Sie habe seitens der Eltern und von staatlicher Seite keine Unterstützung bekommen. Zum Vorhalt, dass die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben bis im Alter von 30 Jahren bei den Eltern gelebt habe, gab sie an, dass diese sie nur minimal unterstützt hätten. Weiters sei auch die staatliche Unterstützung sehr gering gewesen und sie habe Ärzte und Medikamente selbst bezahlen müssen. Man habe die Erkrankung der Beschwerdeführerin in Georgien nicht gut behandeln können und sie hoffe, dass sie hier eine Therapie bekomme. Außerdem habe sie Schmerzen in den Augen und benötige Kontrollen beim Augenarzt. Sie habe in den letzten zwei Jahren vor der Ausreise alleine gewohnt und von der staatlichen Unterstützung gelebt, ihre gesundheitliche Lage sei aber immer schlimmer geworden und die staatliche Unterstützungsleistung sei zu wenig zum Leben gewesen. Sie habe psychische Probleme bekommen und wolle auch mit ihrem Mann zusammen sein und bleiben. In Georgien gebe es keine Möglichkeit für Blinde, Unterstützung in staatlichen Einrichtungen zu finden. Der nunmehrige Ehegatte der Beschwerdeführerin sei ebenfalls blind, er leide an Nierenkrankheit und sei Dialysepatient. Im Falle einer Rückkehr fürchte die Beschwerdeführerin, dass sie in Georgien sterbe. Sie wolle mit ihrem Ehemann zusammenleben und Hilfe für ihre Augen bekommen.

In Österreich wohne die Beschwerdeführerin mit ihrem nunmehrigen Ehemann und ihrer Schwägerin zusammen und habe auch Bekannte und Freunde. Sie lerne mit Freunden und ihrem Ehemann Deutsch und lerne auch die Blindenschrift. Die Beschwerdeführerin wolle in Österreich eine Augenoperation und beabsichtige, mit ihrem Ehemann ein Kind zu haben. Ihre Wohnung und die Aufenthaltskosten würden von der Caritas bezahlt.

Durch den nunmehrigen Ehegatten der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass er seit der Trennung vor zwei Jahren über Skype mit der Beschwerdeführerin gesprochen habe. Es wäre ein großer Schlag für ihn, wenn die Beschwerdeführerin zurückgeschickt würde.

Die Beschwerdeführerin verzichtete auf die Abgabe einer Stellungnahme zu Feststellungen über die Situation im Herkunftsstaat.

Laut einer Übersetzung von vorgelegten georgischen Arztschreiben, befand sich die Beschwerdeführerin im März 2016 zur operativen Entfernung eines submukösen Leiomyoms und eines Polypen des Gebärmutterkörpers in stationärer Behandlung in einer georgischen Klinik. Laut einem Attest einer weiteren georgischen Klinik vom 11.11.2016 wurde bei der Beschwerdeführerin ein Zustand nach chirurgischen Eingriffen wegen Netzhautablösung, Traktionsablösung der Netzhaut, hochgradige Myopie, Optikusatrophie und Netzhautabiotrophie diagnostiziert. Nach dem ärztlichen Zeugnis eines Zentrums für psychophysiologische Rehabilitation vom 24.11.2016 leide die Beschwerdeführerin an innerer Unruhe, Anspannung, Ängstlichkeit und psychosomatischen Schmerzen. Sie könne sich ohne fremde Hilfe nicht durch die Stadt bewegen und sei nicht imstande, Güter des täglichen Bedarfs zu kaufen. Sie brauche eine psychotherapeutische Behandlung oder andere entsprechende medizinische Versorgung und dazu noch spezielle Unterstützung.

Gemäß einer vorgelegten Heiratsurkunde hat die Beschwerdeführerin mit ihrem nunmehrigen Ehegatten im März 2017 in Österreich die Ehe geschlossen. Aus einem vorgelegten Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom Mai 2017 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin nach ab dem 15. Lebensjahr erfolgter Netzhautablösung und zwei operativen Eingriffen praktisch blind und zu 100 % behindert ist. Zufolge diesem Gutachten bedarf die Beschwerdeführerin einer Begleitperson, kann aber trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb, allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen, einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Zufolge dem fachärztlichen Befund eines psychosozialen Zentrums von 10.07.2017 steht die Beschwerdeführerin mit der Diagnose einer schweren depressiven Episode, Angststörung und Blindheit in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung. Die "Übersiedlung nach Österreich" habe das Leben der Beschwerdeführerin positiv beeinflusst, sie habe Unterstützung durch ihre Familie und ihr Zustand habe sich unter medikamentöser Therapie allmählich gebessert. Eine Rückschiebung könnte mit großer Wahrscheinlichkeit zu drastische Verschlechterung ihres psychischen Zustandes führen und auch ein Selbstmordversuch könne nicht ausgeschlossen werden.

Aus von der Behörde eingeholten Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation des BFA vom 02.05.2017 und vom 30.04.2018 ergibt sich, dass in Georgien Institutionen für Blinde und Sehbehinderte eingerichtet seien. Die von der Beschwerdeführerin benötigten Medikamente seien in Georgien erhältlich. Die Behebung des Schadens am Auge sei nicht möglich. Bei den Institutionen für Erblindete handle es sich um private Unterkünfte, die durch entsprechende finanzielle Unterstützung des zuständigen Ministeriums mitfinanziert werden. Dazu werden durch eine Kommission Bewertungen und Einstufungen vorgenommen und der finanzielle Zuschuss bestimmt. Die Kosten für erforderliche Medikamente werden nach Bewilligung durch eine vom zuständigen Ministerium eingesetzte Expertenkommission vom Staat für den jeweiligen Patienten übernommen.

Nach der vorgelegten Bestätigung eines neurologisch-psychiatrischen Zentrums vom 08.05.2018 werde die Beschwerdeführerin bei Diagnose Verdacht auf Depressio mit Somatisierungstendenz medikamentös behandelt.

Ab 20.05.2018 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA. Dabei gab die Beschwerdeführerin an, dass sich ihre gesundheitliche Situation seit der letzten Einvernahme ein bisschen gebessert habe. Der Grund für die Stellung des Asylantrages sei ebenso wie ihre privaten Lebensverhältnisse unverändert. Sie wolle gern die deutsche Sprache lernen und einen Massagekurs absolvieren, um eine Arbeit ausführen zu können.

Zum Vorhalt der Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation brachte die Beschwerdeführerin vor, dass man in Österreich medizinische Versorgung und Medikamente kostenlos erhalte, während in Georgien alles sehr kostspielig sei. Weiters sei das medizinische Niveau in Georgien nicht so entwickelt wie in Österreich. Außerdem seien Gehsteige und Zebrastreifen nicht so blindengerecht gestaltet wie in Österreich, weshalb es für Blinde im Straßenverkehr hier sicherer sei als in Georgien. Die Beschwerdeführerin verzichtete neuerlich auf die Abgabe einer Stellungnahme zu Feststellungen über die Situation im Herkunftsstaat.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrage der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass deren Abschiebung gem. § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkte V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG verfügt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei hätte Georgien aufgrund des Gesundheitszustandes und schwieriger Lebensbedingungen verlassen und sei nach Österreich gereist, da die medizinische Versorgung hier kostenfrei und besser als in ihrer Heimat wäre. Weiters wolle sie mit ihrem nunmehrigen Gatten zusammenleben. Die beschwerdeführende Partei sei im Falle einer Rückkehr nach Georgien keiner Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt.

Die Beschwerdeführerin sei nicht lebensbedrohlich erkrankt. Sie sei infolge einer seit dem 15. Lebensjahr erfolgten Netzhautablösung praktisch blind, wobei eine Wiederherstellung der Sehfähigkeit aus medizinischer Sicht nicht möglich ist. Weiters stehe die Beschwerdeführerin bei Verdacht auf Depressio mit Somatisierungstendenz in psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung. Die Beschwerdeführerin habe auch in Georgien Zugang zu erforderlichen Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt sowie zu den benötigten Medikamenten. Im Hinblick etwaige Unterkunftsmöglichkeiten seien in Georgien Institutionen für Blinde und Sehbehinderte verfügbar, wobei es sich um private Unterkünfte handle, die durch finanzielle Unterstützung des zuständigen Ministeriums mitfinanziert werden, für die je nach Grad der Behinderung finanzielle Unterstützungen gewährleistet werde. Die Kosten benötigter Medikamente würden im Herkunftsstaat nach vorhergehenden Zustimmung durch eine Expertenkommission vom zuständigen Ministerium getragen. Bezüglich der Depressio seien in Georgien stationäre und auch ambulante Behandlungsmöglichkeiten durch Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen vorhanden. Die medizinische Versorgung für alle georgischen Staatsangehörigen sei durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung kostenlos gewährleistet.

Die Beschwerdeführerin verfüge im Herkunftsstaat über familiäre Bindungen zu ihren Eltern und Geschwistern. Es sei nicht plausibel, dass ihre Familie sich nicht mehr um sie gekümmert habe, zumal die Beschwerdeführerin bis zu ihrem 30. Lebensjahr mit der Familie im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Überdies habe die Beschwerdeführerin im Alter von 33 bis 35 Jahren alleine gelebt, woraus sich ergebe, dass es ihr möglich gewesen sei, ihr Leben über einen langen Zeitraum alleine und weitgehend selbstständig zu organisieren. Sie sei lediglich durch eine Bekannte unterstützt worden, die ihr auch bei ihrer Ausreise geholfen habe. Im Falle einer Rückkehr verfüge die Beschwerdeführerin über einen engen sozialen Anknüpfungspunkt zu dieser Bekannten. Sie sei im Herkunftsstaat der Lage gewesen, ihr Leben selbstständig für zwei Jahre zu finanzieren und zu organisieren. Bei einer Rückkehr könne sie wieder auf eine Invaliditätsrente und weitere staatliche Programme zurückgreifen.

Die Beschwerdeführerin sei im erwerbsfähigen Alter und arbeitswillig. Im Falle einer Rückkehr könne sie den nach ihren Angaben in Österreich angestrebten Beruf einer Masseurin ebenfalls erlernen und ausüben und somit ein Einkommen erwirtschaften. Der Ehegatte könne die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr ebenfalls finanziell unterstützen.

Die Beschwerdeführerin verfüge in Österreich über familiäre Bindungen zu ihrem nunmehrigen Gatten und ihrer Schwägerin. Dieses Familienleben sei jedoch zu einem Zeitpunkt und unter Umständen begründet worden, zu denen ein weiterer legaler Verbleib der Beschwerdeführerin in Österreich nicht gesichert gewesen sei. Zudem habe das Familienleben im Herkunftsstaat vor der Ausreise nicht bestanden. Eine weitere Pflege des Familienlebens könne die Beschwerdeführerin vom Herkunftsstaat aus durch regelmäßige Besuchsaufenthalte bei Möglichkeit einer visumsfreien Einreise erfolgen, darüber hinaus seien regelmäßige Kontakte über elektronische Kommunikation möglich.

Eine Abschiebung würde unter medizinischer und psychologischer Aufsicht und Begleitung durch einen Arzt erfolgen, wobei betroffene Personen auch Medikamente erhalten, um die erste Zeit nach der Rückkehr bis zur Beschaffung neuer Medikation im Herkunftsstaat zu überbrücken.

Die elementare Grundversorgung im Herkunftsstaat sei gewährleistet und Georgien gelte als sicherer Herkunftsstaat. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr nicht in eine Notlage im Sinne von Art. 2 oder Art. 3 EMRK gelangen werde.

Die Beschwerdeführerin sei in Österreich nicht berufstätig, würde ihren Lebensunterhalt aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten und aufgrund ihrer erst kurzen Aufenthaltsdauer keine nachhaltige Integration im Bundesgebiet aufweisen.

3. Gegen diesen Bescheid wurde durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation mit Schriftsatz vom 11.07.2018 fristgerecht Beschwerde eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ergeben hätte, dass es für die Beschwerdeführerin in Georgien wieder eine Heiltherapie noch irgendeine Form der häuslichen Unterstützung gebe. Ebenso gebe es keine vom Staat unterstützten Institutionen für Erblindete in Georgien. Bei den in der Anfragebeantwortung genannten privaten Unterkünften, die durch Unterstützung des Ministeriums mitfinanziert würden, sei unklar, was mit dem letzten Satz überhaupt gemeint sei. Die Beschwerdeführerin bestreite, dass die angeblichen Institutionen in der Lage seien, außer allgemeinen Informationen irgendeine Leistung anzubieten. Die angegebene Organisation "Hera" beschäftige sich laut der Website www.ipf.org überhaupt nicht mit Hilfe für Sehbehinderte.

Die Medikamentenkosten würden laut der Anfragebeantwortung unter Vorbehalt einer Genehmigung einer ministeriellen Expertenkommission stehen. Von den seitens der Beschwerdeführerin aktuell benötigten Medikamenten seien Dextran und Hyaluronic Serum laut Anfragebeantwortung nicht in Georgien erhältlich, was die Behörde nicht erörtert hätte. Die Beschwerdeführerin habe sich von ihrer Rente einen Teil der minderwertigen Medikamente leisten können, sei aber im Zusammenhang mit ihren Lebenshaltungskosten in eine Situation existenzieller Armut geraten. Wegen der schwerwiegenden Depression und der völligen Absenz von Betreuungsmaßnahmen sei wohl von unwürdigen Lebensumständen auszugehen. Die Beschwerdeführerin habe ihren Ehegatten bereits im Jahr 2012 kennengelernt, eine Beziehung geführt und auch häufig bei ihrem damaligen Lebensgefährten in dessen Wohnung gelebt. Zufolge einer Internetrecherche habe es kaum objektivierbare Bericht über die Lage von Personen wie der Beschwerdeführerin in Georgien gegeben. Die Anfragebeantwortung sei mangelhaft und es werde daher die Beiziehung eines länderkundliche Sachverständigen beantragt zum Beweis dafür, dass für die Beschwerdeführerin die gewährte Unterstützung zu einer menschenwürdigen Lebensführung nicht ausreiche und keinerlei Möglichkeiten der Unterbringung und Betreuung für die Beschwerdeführerin effektiv bestehen.

Eine Familienzusammenführung nach dem NAG sei mangels Unterhaltsmittel nicht möglich. Ihr nunmehriger Ehegatte habe ein Aufenthaltsrecht als subsidiär Schutzberechtigter, da er aus medizinischen Gründen in Georgien in eine ausweglose Lage geraten würde. Diese Umstände hätte die Behörde zu berücksichtigen gehabt, anstatt vom fehlenden dauerhaften Charakter des Aufenthaltsrechtes der Familienangehörigen auszugehen. Die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK sei daher grob mangelhaft geblieben.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei nicht nachvollziehbar, da die Beschwerdeführerin sehr wohl Gründe für Asyl bzw. subsidiären Schutz vorgebracht habe. Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung und zeugenschaftliche Befragung des Ehegatten zur Intensität und Dauer des Familienlebens durchzuführen sowie eine für die Beschwerdeführerin günstige Entscheidung zu einzelnen näher bezeichneten Spruchpunkten der angefochtenen Entscheidung zu treffen, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen.

4. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 13.07.2018 vorgelegt. Die damals zuständige Gerichtsabteilung hat am 17.07.2018 entschieden, dass keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen würden, denen zufolge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei.

Mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters vom 23.07.2018 legte die Beschwerdeführerin eine durch mehrere Personen unterzeichnete Erklärung vor, dass sie mit ihrem nunmehrigen Ehegatten 2013 bis 2014 an einer näher bezeichneten Adresse in Tiflis gewohnt habe. Weiters wurde dem Schriftsatz ein Attest eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 19.07.2018 angeschlossen, demzufolge die Beschwerdeführerin seit Jahren an einer schwer therapierbaren Angststörung und Depressionen leide, wobei trotz medikamentöser Therapie eine ausgeprägte Neigung zu Panikattacken bestehe. Zusätzlich sei vor ca. einem Jahr eine chronische Urticaria (Nesselausschlag) mit Neigung zu einem Angionödem (Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe) aufgetreten. Eine Änderung der sozialen Unterstützung und eine Abschiebung nach Georgien wäre für die Beschwerdeführerin eine Katastrophe, die sich auch medizinisch sehr negativ auswirken würde.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Verwaltungsgerichts vom 25.09.2018 wurden die gegenständlichen Rechtssachen der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Das BFA hat dem Ehegatten der Beschwerdeführerin mit rechtskräftigem Bescheid vom 09.10.2018 neuerlich die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte mit Gültigkeit bis zum 23.07.2020 erteilt. Begründend führt die Behörde aus, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin nach wie vor an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide, die Vornahme einer kombinierten Nieren- und Pankreastransplantation beabsichtigt sei und diese medizinischen Eingriffe im Herkunftsstaat nicht durchgeführt würden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

1.1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Georgien und Angehörige der georgischen Volksgruppe sowie der christlich-orthodoxen Religionsgemeinschaft. Sie ist im Dezember 2016 im Besitz eines griechischen Schengen-Visums in das Bundesgebiet eingereist und hat am 19.12.2016 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Es halten sich im Herkunftsstaat nach wie vor die Eltern und eine Schwester der Beschwerdeführerin auf, bei denen die Beschwerdeführerin bis zu ihrem 30. Lebensjahr gelebt hatte. Danach lebte die Beschwerdeführerin mit ihrem nunmehrigen Ehegatten zwei Jahre lang in Tiflis, bis ihr nunmehriger Ehegatte 2014 gemeinsam mit seiner Schwester nach Österreich reiste und einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, um hier Leistungen der Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen. Die Beschwerdeführerin lebte zuletzt bis zu ihrer Ausreise alleine in Tiflis.

1.1.2. Die Beschwerdeführerin ist nach einer seit dem 15. Lebensjahr erfolgten Netzhautablösung praktisch blind, wobei eine Wiederherstellung der Sehfähigkeit aus medizinischer Sicht nicht möglich ist. Sie steht bei Verdacht auf Depression mit Somatisierungstendenz in psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung. Die Beschwerdeführerin hat - wie vor ihrer Ausreise - auch in Georgien Zugang zu erforderlichen Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt, zu psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung sowie zu benötigten Medikamenten. Im Herkunftsstaat wird durch die Blindenunion Georgien Unterkunft und durchgehende Betreuung für Blinde zur Verfügung gestellt.

Die Beschwerdeführerin, welche sich nicht in dauernder stationärer Behandlung befindet, hat nicht dargetan, dass sie zum Entscheidungszeitpunkt eine medizinische Behandlung benötigen würde, welche in Georgien nicht erhältlich oder für sie nicht individuell zugänglich ist. Die von der Beschwerdeführerin derzeit benötigten Medikamente sind in Georgien erhältlich.

Die beschwerdeführende Partei hat vorgebracht, ihren Herkunftsstaat ausschließlich aufgrund des Wunsches nach einer kostenfreien und qualitativ hochwertigen medizinischen Behandlung verlassen zu haben und keine darüberhinausgehenden Rückkehrbefürchtungen aufzuweisen. Die beschwerdeführende Partei hat keine Furcht vor individueller Verfolgung behauptet.

Es kann auch von Amts wegen nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr nach Georgien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wären.

1.1.3. Es besteht für die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Georgien jeweils keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Die beschwerdeführende Partei liefe nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin - auch unter Berücksichtigung künftig notwendig werdender Behandlungs- und Medikamentenkosten - als derart desolat erwiesen hätte, dass die beschwerdeführende Partei, welche im Herkunftsstaat Zugang zu Sozialleistungen und zu medizinischer Grundversorgung hat, im Falle einer Rückkehr Gefahr liefe, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Die Beschwerdeführerin ist zu einer eingeschränkten Teilnahme am Erwerbsleben fähig; es wäre der beschwerdeführenden Partei zudem möglich, wieder in ihrer früheren Wohnregion Wohnsitz zu nehmen, wo sie nach der 2014 erfolgten Ausreise ihres nunmehrigen Ehemannes zwei Jahre lang - bis zu ihrer Reise nach Österreich - allein gelebt hatte.

1.1.4. Die unbescholtene beschwerdeführende Partei lebt in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem nach Eheschließung am 29.03.2017 nunmehrigen Ehegatten, einem georgischen Staatsangehörigen, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, und dessen Schwester. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt aus Mitteln der Grundversorgung. Beim Ehegatten der Beschwerdeführerin ist die Vornahme einer kombinierten Nieren- und Pankreastransplantation beabsichtigt und es wurde ihm im Hinblick darauf zuletzt mit Bescheid des BFA vom 09.10.2018 die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter mit Gültigkeit bis zum 23.07.2020 erteilt.

Die beschwerdeführende Partei verfügt außerhalb ihrer Kernfamilie über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, sie hat Kontakte zu Bekannten geknüpft, darüber hinaus verfügen sie über keine Bezugspersonen in Österreich. Die Beschwerdeführerin hat sich keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet, ist keiner Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen und in keinem Verein Mitglied.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

"Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

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? EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

? FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

? OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

? OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians

In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

? Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

? Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

? Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

? EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

? EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

? GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

? Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

? Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

? Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis,

https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in Tiflis zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in Tiflis eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 17.4.2018

? Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/, Zugriff 7.6.2018

? Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789, Zugriff 7.6.2018

? EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

? FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 17.4.2018

? JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350, Zugriff 7.6.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html, Zugriff 7.6.2018

Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z. B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).

Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).

Hochrangige Zivilbehörden üben nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst aus. Die zivilen Behörden behielten jedoch die effektive Kontrolle über das Verteidigungsministerium bei. Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungs- und Sicherheitskräfte ist begrenzt, und die nationale und internationale Aufmerksamkeit für Straflosigkeit hat zugenommen (USDOS 20.4.2018).

Georgien verfügt nicht über einen wirksamen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden. Wenn Ermittlungen eingeleitet werden, führen sie häufig zu Anklagen, die geringere, unangemessene Sanktionen wie Amtsmissbrauch nach sich ziehen und selten zu Verurteilungen führen. Die Behörden weigern sich oft, denen, die Missbrauch vorwerfen, einen Opferstatus zu gewähren, und nehmen ihnen die Möglichkeit, die Ermittlungsakten einzusehen (HRW 18.1.2018).

Die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbeamte blieb bestehen, während die Regierung weiterhin einen unabhängigen Ermittlungsmechanismus versprach, aber nicht einführte. Im Juni 2017 schlug die Regierung statt eines unabhängigen Ermittlungsmechanismus eine neue Abteilung innerhalb der Staatsanwaltschaft vor, die den mutmaßlichen Missbrauch durch Strafverfolgungsbeamte untersuchen sollte (AI 22.2.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 18.4.2018

? Eurasianet (5.7.2017): Georgia: Are the Police Backsliding? https://eurasianet.org/s/georgia-are-the-police-backsliding, Zugriff 18.4.2018

? HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html, Zugriff 17.4.2018

? NDI/CRRC - National Democratic Institute/Caucasus Research Resource Centers (4.2017): Public attitudes in Georgia Results of a April 2017 survey carried out for NDI by CRRC Georgia, https://www.ndi.org/sites/default/files/NDI_April_2017_political%20Presentation_ENG_version%20final.pdf, Zugriff 18.4.2018

? USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 23.5.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die juristische Aufarbeitung (Strafverfahren gegen Verantwortliche) sowie durchgreifende Reformen bei Polizei und im Strafvollzug haben Vorfälle von Gewaltanwendung auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 11.12.2017).

Die Analyse der vom Amt des Chefanklägers Georgiens erhaltenen Informationen zeigt, dass die Untersuchung anhängiger Strafverfahren mit Vorfällen angeblicher Misshandlung verzögert und unwirksam ist. Dennoch haben die Behörden keine positiven Anstrengungen unternommen, um einen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung durch Strafverfolgungsbeamte einzurichten. Nach den Zehnmonatsdaten von 2017 ist im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Beschwerden wegen angeblicher Misshandlungen durch Polizeibeamte während und/oder nach Verhaftungen gestiegen. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich allerdings die Einschätzung von Vorfällen angeblicher Misshandlung verbessert (PD 10.12.2017).

Seit November 2016 erhielt die Georgian Young Lawyers' Association (GYLA) mindestens 20 Beschwerden wegen Folter und Misshandlung durch die Polizei und fünf durch das Gefängnispersonal. Laut GYLA haben die Behörden die Vorwürfe nicht wirksam untersucht (HRW 18.1.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html, Zugriff 6.6.2018

? PD - The Public Defender of Georgia (10.12.2017): 10 December Report on the Situation of the Protection of Human Rights and Freedoms in Georgia,

http://www.ombudsman.ge/uploads/other/4/4957.pdf, Zugriff 18.4.2018

Korruption

Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem. Dies kann unter anderem in Form von Bestechungsgeldern, dem Austausch von Insiderinformationen und Einschüchterungen geschehen. Die Durchsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen auf hohem Niveau fehlt (FH 1.2018; vgl. GAN 8.2017).

Insgesamt ist es dem Land gelungen, die Korruption zu reduzieren. Die georgischen Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung sind weitgehend im Strafgesetzbuch enthalten, das einen soliden Rechtsrahmen zur Eindämmung der Korruption im Land vorsieht, auch wenn die Durchsetzung, die durch die mangelnde Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden behindert wurde, in einigen Bereichen noch immer fehlt. Defizite bestehen beispielsweise im Justizwesen und im öffentlichen Auftragswesen (GAN 8.2017).

Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbestimmungen. Darüber hinaus sollte die Einflussnahme der Regierung und der Parlamentsmehrheit bei der Bestellung des Generalstaatsanwalts und der Aktivitäten des Rates der Staatsanwaltschaft reduziert werden (CoE 17.1.2017).

Am 26.9.2017 verabschiedete die Regierung eine überarbeitete nationale Antikorruptionsstrategie und einen neuen Anti-Korruptions-Aktionsplan für 2017-2018. Seit Januar 2017 hat Georgien ein Überwachungssystem für Vermögenserklärungen von Amtsträgern eingeführt (EC 9.11.2017).

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2017" auf Rang 46 (2016: 44 von 176 Ländern) von 180 Ländern (25.1.2017).

Quellen:

? CoE - Council of Europe (17.1.2017): Georgia should continue reforms to prevent corruption among parliamentarians, judges and prosecutors, says new Council of Europe report [DC004(2017)], https://www.coe.int/en/web/tbilisi/-/georgia-should-continue-reforms-to-prevent-corruption-among-parliamentarians-judges-and-prosecutors-says-new-council-of-europe-report, Zugriff 18.4.2018

? EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 19.4.2018

? FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 18.4.2018

? GAN - The Business Anti-Corruption Portal (8.2017): Georgia Corruption Report,

https://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/georgia, Zugriff 18.4.2018

? TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/GEO, Zugriff 18.4.2018

NGOs und Menschrechtsaktivisten

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) können sich in der Regel ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit aufnehmen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen, und können in Einzelfragen auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben (AA 11.12.2017).

Ein wachsendes Netzwerk sog. "Watchdog"-NGOs hat seine Leistungsfähigkeit gesteigert, damit Bürgerrechte mittels Kampagnen vertreten werden. Der zivilgesellschaftliche Sektor wächst weiter zahlenmäßig und hinsichtlich der Kapazitäten, bleibt aber in erster Linie in der Hauptstadt und anderen größeren Städte konzentriert. NGOs haben nur schwache Verbindungen mit der breiteren Bevölkerung (BTI 1.2018, vgl. FH 1.2018).

Trotz der Schwäche der NGOs in Bezug auf die Zahl der Mitglieder und der Abhängigkeit von finanziellen Zuwendungen spielten sie eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der staatlichen Politik und der Aufsicht. Über die von der EU unterstützte Nationale Plattform des Forums der Zivilgesellschaft haben die NGOs die Möglichkeit, ihre Anliegen auf internationaler Ebene zu äußern (BTI 1.2018).

Während manche NGOs in die politischen Diskussionen einbezogen werden, berichten andere, dass sie unter Druck stehen, vor allem in Form von öffentlicher Kritik von Regierungsbeamten aber auch seitens der Opposition (FH 1.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2018), BTI 2018 - Georgia Country Report,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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