TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/25 W264 2169836-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2019
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Entscheidungsdatum

25.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W264 2169836-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX .1997 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.8.2017, Zahl:

1097131309-151886409/BMI-BFA_STMAST_01, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch als "BF" bezeichnet) ist aus der Volksgruppe der Paschtunen, er ist Sunnit und spricht sowohl Paschto als auch Dari. Er wurde am 27.11.2015 im Rahmen der Erstbefragung zu seinen Fluchtgründen befragt. Er gab an: "Mein Leben war in Gefahr. Mein Vater hat die Landminen weggeräumt und er wurde dann aber gehandicapt. Eines Tages sind dann die Taliban zu uns gekommen und sagten, dass ich mit ihnen mitgehen müsse".

Für den Fall der Rückkehr gab er an, er werde getötet.

2. Eine Altersfeststellung ergab ein Mindestalter von 18,37 Jahren im Zeitpunkt der Asylantragstellung (am 27.11.2015, Tag seiner Anhaltung auf österreichischem Staatsgebiet durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes). Das Geburtsdatum wurde daher auf XXXX1997 geändert, da dies das fiktive Geburtsdatum bzw das Ergebnis des Gutachtens war und wurde mit Verfahrensanordnung vom 12.5.2016 festgestellt, dass der BF eine volljährige Person ist.

3. Am 5.7.2016 wurde mit dem BF eine Niederschrift vor dem BFA aufgenommen. Der BF gab an, nicht nach Kroatien - über welches er in die EU eingereist ist - zurück zu wollen und dass er in Österreich bereits Bildungsschritte unternommen habe, die Sprache erlerne und Freunde gefunden habe

4. Im Akt liegen Kopien von Fotografien ein, welche den BF mit Österreichern zeigen, welche laut Angabe des BF als seine Lehrer fungiert hätten und zu Freunden geworden wären. Weiters liegen (unter anderem handschriftliche) Unterstützungserklärungen für den BF im Akt ein, in welchen das freundliche Wesen und die Bildungsfortschritte des BF beschrieben werden. Weiters liegen eine Teilnahmebestätigung über einen Intensiv-Deutschkurs ein, Dokumente der Gemeinde XXXX über gemeinnützige Beschäftigung des BF (Dolmetsch-Tätigkeit, Zusatztrainer für Deutsch-Anfängerkurse für Erwachsene und für Kinder, Gärtnergehilfe). Auch für die Diakonie, das BMI und die Betreiberfirma ORS war der BF als Dolmetscher in vielen Belangen unentgeltlich unter anderem als Dolmetsch tätig (Bestätigung vom 13.3.2017 und Empfehlungsschreiben Mag. XXXX vom 30.1.2017). Ebenso war er ehrenamtlich beim Aufbau für ein XXXX in der Therme XXXX tätig. In einer im Akt befindlichen Bestätigung der XXXX wird der BF als in ihrer Familie integriert beschrieben. Laut Bestätigung der Integrationsplattform XXXX vom 3.7.2016 besucht der BF einen Deutschkurs für Fortgeschrittene inkl. Ethikschulung und ist aufgrund seiner Deutschkenntnisse als Dolmetsch und als Zusatztrainer in Deutschkursen im Einsatz.

5. Der BF kann auf ein ÖSD-Zertifikat A2 (gut bestanden) verweisen und liegt eine Schulbesuchsbestätigung des Gymnasiums vom 7.3.2017 vor.

6. Im Akt liegen zwei Kopien von Fotos ein (AS 603 bis 605), auf welchem SIM-Cards abgebildet sind und ein Tisch mit Modem und Kabeln neben einem geöffneten Laptop.

7. Mit Bescheid vom 1.9.2016, XXXX , wurde die Abschiebung des BF nach Kroatien als zulässig erklärt.

8. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.12.2016, W105 2135308-1, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

9. Am 12.4.2017 wurde eine Niederschrift vor dem BFA angefertigt. Der BF gab an, 12 Jahre in Laghman das Lyzeum besucht und dieses mit Matura abgeschlossen zu haben. Zeugnisse könne er "zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen" und gab er dazu an "ich muss mich mit der afghanischen Botschaft in Verbindung setzen und weiß nicht, wie lange es dauern wird". Die Familie lebe in Pakistan und einen Onkel väterlicherseits habe er in den USA.

Befragt zur Häufigkeit seiner Moscheebesuche gab er an "fast täglich fünfmal".

Befragt zu seinem Lebensunterhalt in Afghanistan gab er an "auf unseren landwirtschaftlichen Grundstücken gearbeitet" zu haben (Traubenplantagen). Eine NGO namens OMAR habe finanzielle Unterstützung geleistet, da der Vater wegen einer Minenexplosion im Jahre 2010 seine Hand nicht mehr bewegen habe können. Bei dieser NGO habe der Vater gearbeitet. Als seinen Fluchtgrund gab er an, die Taliban hätten den Vater bedroht und diesen nach der Explosion aufgefordert, sich ihnen als Minenspezialist anzuschließen. Dies hätten die BF unter Drohung gesagt. Die Taliban hätten im Dorf des BF junge Leute rekrutieren wollen. Er selbst habe aufgrund dessen, dass er ein besonderer Schüler gewesen sei und aufgrund seiner "Ideen und Umgang mit Mitmenschen" im Dorf einen hohen Bekanntheitsgrad gehabt. Die Taliban hätten Kenntnis von ihm erlangt und ihn aufgefordert ihnen zu helfen, denn er solle ihnen dankbar sein, dass sie seinen Vater am Leben gelassen hätten, bei ihm könnten sie das nicht so lassen und wenn er nicht sofort mitkomme, werde man ihn und die Familie sofort töten. Er sei der Aufforderung gefolgt und man habe ihn mit verbundenen Augen an einen ihm unbekannten Ort gebracht. Die Taliban hätten ihn schlecht behandelt und als Gefangenene bezeichnet. Man habe ihn in einen Raum gebracht, in welchem ein PC stand und habe er Windows7 und Windows2003 installieren müssen. In der Schule habe er am Nachmittag Computerkurse besucht und daher Kenntnis gehabt. Nach einem Monat habe er in dem Haus ein anderes Zimmer aufgesucht, wo mehrere Computer und Kabeln und auch andere Leute anwesend gewesen seien. Als diese Personen seiner ansichtig wurden, wurde er in das erste Zimmer zurückgebracht und sei misshandelt worden (Ohrfeigen, Faustschläge, Fußtritte). Über 24 Stunden habe er dann nichts zu essen bekommen und es seien zwei Leute gekommen, welche ihm sagten, er dürfe nur tun was diese ihm auftragen. Einen Tag später sei er wieder von diesen bedroht worden: sie hätten gesagt er solle froh sein, dass sein Vater noch lebe und er müsse weiterhin für sie arbeiten, andernfalls sie den BF töten. Die Taliban hätten ihm eine Simbox gezeigt, mit welchen man Geld von Simkarten holen könne. Er habe ca 10 Tage Simkarten mit Codes aufgeladen. Er habe dabei mit urdu-sprachigen Menschen zusammengearbeitet, von denen er nicht wisse, ob diese auch zu den Taliban gehörten. Beim Opferfest seien die Taliban beim Beten gewesen und es habe nur eine Wache gegeben, sodass der BF fliehen konnte, als der Wachmann auf der Toilette war. Er sei über das Eingangstor geklettert und ca 1/2 Stunde in eine Richtung gelaufen, vorbei an Häusern, Bäumen und Grundstücken, bis er einen Mann um Hilfe bat und seinen Onkel väterlicherseits anrufen konnte. Er sei ca. 1 Motorrad-Stunde von seinem Zuhause entfernt gewesen. Der fremde Mann habe ihn mit dem Motorrad zur Polizeistation gebracht, dort habe ihn der Onkel abgeholt. Er habe dort Anzeige erstattet und sei diese protokolliert worden, daher könne er in Afghanistan "überall gefunden werden". Damals sei ihm die Telefonnummer des Onkels erinnerlich gewesen. Bei der Einvernahme vor dem BFA gab er auf die Frage, ob er eine Telefonnummer nennen könne, an "Nein, ich hatte sehr viel Stress und nehme Medikamente, ich kann mich nicht mehr erinnern". Er habe fünf Tage bei seinem Onkel - welcher inzwischen Afghanistan auch verlassen habe - verbracht und dann den Entschluss gefasst das Land zu verlassen. Die Taliban hätten in dieser Zeit seine Familie aufgesucht, weshalb der Onkel die Ausreise organisiert habe. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass die Taliban seinen Bruder XXXX mitgenommen hätten.

Auf die Nachfrage wie der Vater von den Taliban bedroht worden sei, gab er an "er wurde nicht direkt bedroht. Er wurde von den Dorfleuten nur wegen seiner Arbeit angesprochen und ihm wurde von den Dorfleuten gesagt, dass seine Arbeit nicht in Ordnung sei". Auf Nachfrage ob dies bedeutet, dass sein Vater nicht bedroht wurde, gab er an "ich weiß nicht, ob er früher eventuell bedroht wurde, er hat nur gesagt, [dass] er bestraft wurde (Mine ist explodiert). Den Taliban hat es gereicht, deshalb kamen diese zu mir". Zum Vater hätten "die Dorfleute" gesagt, dass er bedroht sei. Wie dies gewesen sei, könne der BF nicht sagen, "ich war noch klein". Am Ende der Befragung konkretisierte er dazu: "Er wurde nicht direkt bedroht. Er wurde von den Dorfleuten nur wegen seiner Arbeit angesprochen und ihm wurde von den Dorfleuten gesagt, dass seine Arbeit nicht in Ordnung sei. Ich möchte dazu ergänzen, dass aus meiner Sicht diese Aussage eine Bedrohung darstellt", so der BF.

Auf die Frage der anwesenden Rechtsvertreterin Mag XXXX ob die Taliban im Falle eines für ausländische Organisationen arbeitenden Familienmitglieds eine Blacklist gebe und dann auch die Familie seitens der Taliban bedroht werde, gab der BF als Vermutung an "es muss eine schwarze Liste geben. Die Familie ist bedroht". Der Bedrohung durch die Taliban hätte er sich nur durch Flucht oder durch Anschluss an die Taliban entziehen können. Die Polizei in Afghanistan habe Angst vor den Taliban und man könne nicht sicher sein, ob diese Informationen an die Taliban weitergeben würden, so der BF.

Am Ende der Befragung gab er an, den Dolmetsch "gut im Allgemeinen" verstanden zu haben, es habe "nur geringe Verständigungsschwierigkeiten beim Thema ‚Simbox' gegeben".

10. Im Akt liegt die Kopie eines englischsprachigen Schreibens mit Briefkopf "OMAR XXXX " vom 20.3.2017, gefertigt von " XXXX , Senior Admin & HR Manager" mit einem Rundstempel ein, wonach "Shahzada S/o Sadar Khan" bei dieser Organisation von 1.5.2004 bis 18.12.2010 als "Deminer" (Entminer) gearbeitet habe und den Job wegen "disability and threats" (Körperbehinderung / Arbeitsunfähigkeit und Drohungen) aufgegeben habe (AS 635). In einer weiteren Kopie eines englischsprachigen Schreibens mit Briefkopf "OMAR XXXX " vom 14.10.2014, gefertigt von "Administration, OMAR, Kabul", ohne maschinschriftliche Nennung des Unterfertigers. Darin wird "to whom it may concern" mitgeteilt, dass der "Shahzada S/o Sadar Khan" bei dieser Organisation von 1.5.2004 bis 18.12.2010 als "Deminer" (Entminer) gearbeitet habe und "he left his job due continues sickness (snake bite) and he received his total Insurance compensation" (Schlangenbiss als Grund für die Aufgabe der Tätigkeit) (AS 639).

11. Im Akt ist ebenso ein Überweisungsschein wegen "Depressiver Verstimmung, Angststörung" einliegend, ebenso ein Ärztlicher Entlassungsbrief des LKH XXXX vom 21.10.2016 wonach laut Psychodiagnostik vom 17.10.2016 davon auszugehen sei, dass eine "PTSD vorliegt, denn die belastenden Gedanken können nicht besprochen werden" (Anm: PTSD = posttraumatic stress disorder (PTSD), zu deutsch: Posttraumatische Belastungsstörung). Als Therapieempfehlung wurde Trittico 150mg Retard (Verabreichung: 0 - 0 - 0 - 1) empfohlen. Weiters liegt dem Akt eine Benachrichtigung des LKH XXXX , Pulmologisches Zentrum, vom 22.10.2016 ein, wonach der BF sich seit dem 22.10.2016 in stationärer Pflege befand. Ein Laborbefund des Internisten Dr. XXXX vom 24.11.2016 liegt ebenso ein (Diagnose: posttraumatische Belastungsstörung, Traumafolgestörung, abd. Beschwerden zur Abklärung") sowie ein Zuweisungsbrief des Internisten Dr. XXXX vom 24.11.2016 wegen den unklaren abdominalen Beschwerden und ist demnach eine "dringende Einleitung einer Psychotherapie empfohlen" (AS 615). Auf einer Farbfoto-Kopie (DIN-A4) ist der BF mit Kindern und einer älteren Dame abgebildet, glaublich eine Lerngruppe (AS 617) und kommt aus dem Schreiben der Gemeinde XXXX vom 12.9.2016 hervor, dass der BF an der Integrationsplattform XXXX mitgewirkt habe und "an 7 Donnerstagen den Lernstoff alleine mit den Kindern geübt" habe.

12. Weitere im Akt befindliche Unterlagen sind Kopien - und Übersetzung - von zwei Tazkiras: eine lautet auf den Namen "Shahzada", Name dessen Vaters: Sardar Khan".

13. Am 26.4.2017 langte die Stellungnahme des BF beim der belangten Behörde ein. Laut dieser müsse er wegen der Anzeige bei der Polizei da er "derart offen gegen die Taliban" vorgegangen sei, habe der BF mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen müssen und seien solche in die Entführung seines Bruders gegipfelt. Der Onkel des BF sei als Dolmetsch für die US-Streitkräfte tätig gewesen und selbst in das Fadenkreuz der Taliban gekommen. Weiters wurde darin zur Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz Laghman ausgeführt und wurden "ergänzend aus einer ACCORD-Anfrage - Anfragebeantwortung a-9671 vom 10.6.2016) Länderbericht über die Provinz Laghman eingebracht und diese in der Stellungnahme auf S. 3 näher bezeichnet) und mit Hinweis auf einen EASO-Bericht aus "Jänner 2016" zu der Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle (unter anderem durch Taliban bedingte) in Laghman Bezug genommen sowie unter Berufung auf das US Department of State zu der Sicherheitslage in den Provinzen Helmand und Kandarhar ausgeführt. Auch die Entwicklung der Todesopfer und Verletzten unter der Zivilbevölkerung wird darin tangiert.

Es wird zu "Schwarze Listen der Taliban" unter Hinweis auf bundesdeutsche Medienberichte ausgeführt (S. 8), unter anderem wird auf Malala Yousefzai unter Berufung auf einen Kurierartikel "Malala bleibt auf der Todesliste der Taliban, 10.10.2012" Bezug genommen. In der Stellungnahme wird mit Hinweis auf einen Bericht der "Times of India" vom 9.2.2017 ausgeführt, dass die Taliban SIMBOX-Manipulationen durchführen. SIMBOXEN würden laut afghanischem Innenministerium nach Afghanistan verbracht, um gegen die ökonomischen und Sicherheitsinteressen des Landes eingesetzt zu werden (näher bezeichnete Quelle von KHAAMA PRESS, S. 9 f).

Es wird darin unter Hinweis auf die vorgelegten medizinischen Unterlagen auf den psychischen Gesundheitszustand des BF eingegangen und der BF für den Fall der Rückkehr als "besonders vulnerabel iSd UNHCR-Richtlinien" bezeichnet, da er keine Verwandten in Afghanistan mehr habe und auf der Schwarzen Liste der Taliban stehe. Er gelte als der "sozialen Gruppe der Talibangegner, die von dieser Terrorgruppe aktiv gesucht werden" zugehörig und werde von dieser verfolgt und mit dem Tode bedroht. Weiters wurde zur Schutzunfähigkeit und -unwilligkeit der afghanischen Behörden ausgeführt.

Auch zur Sicherheitslage in Kabul wurde unter Hinweis auf BBC News ausgeführt.

14. Mit dem nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Umständen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. dieses Bescheides wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 Z 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

15. Mit Beschwerde der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH vom 29.8.2017 brachte er das Rechtsmittel gegen den Bescheid ein. Darin wird ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geltend, mangelhaftes Parteigehör und mangelhafte Länderberichte. Das Fluchtvorbringen sei "nicht mit der gebotenen Tiefe ermittelt" worden. Es würden Berichte über die Situation von Personen, denen eine gegen die Taliban gerichtete Gesinnung unterstellt werde, fehlen und wären diese Berichte unabdinglich gewesen. Es sei auch verabsäumt worden zu ermitteln, ob und inwiefern Mitglieder der Taliban in den Polizeiapparat eingeschleust, bzw wie die Polizei mit den Taliban zusammenarbeiten und auch zu der Schutzwilligkeit und -fähigkeit der afghanischen Sicherheitsbehörden. Zu der Schutzwilligkeit und -fähigkeit der afghanischen Sicherheitsbehörden und zu den Möglichkeiten der Taliban individuelle Personen zu verfolgen wird auch näher ausgeführt (S. 25 ff).

Die herangezogenen Länderberichte seien nicht mehr aktuell. Es wurde zur "allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan" ausgeführt und wird auf "neue Umstände seit der Veröffentlichung der UNHCR-Richtlinien aus April 2016", zur Lage in Kabul, zur Lage der Rückkehrer hingewiesen. Hingewiesen wurde auch auf Auszüge eines Referats des Thomas Ruttig vom 12.4.2017.

Weiters wird "Unrichtige Feststellung aufgrund mangelhafter Beweiswürdigung" vorgebracht, die belangte Behörde habe nicht vollständige Länderberichte recherchiert und wird der belangten Behörde zum Vorwurf gemacht, sie habe das Vorbringen als nicht glaubhaft erachtet und dazu näher zum Zweck einer Erstbefragung ausgeführt. Die Behörde habe nicht eine ganzheitliche Würdigung vorgenommen und wurde dabei auf eine zu einem georgischen Staatsbürger mit dem Hinweis auf Begründungsmangel ergangene Entscheidung des VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389, Bezug genommen und mit dem Hinweis auf "Birck Angelika 2002, 92f" zu der Stellung der Gefühlsbeteiligung bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit ausgeführt.

Würde sich der BF bei der Rückkehr auf sein Volksgruppennetzwerk stützen, würden die Taliban seiner noch leichter habhaft werden, so die Beschwerde.

Weiters wurde - wie schon in der Stellungnahme - zur Sicherheit in Kabul ausgeführt.

Auch wird "unrichtige rechtliche Beurteilung" geltend gemacht und näher begründet, aus welchen Überlegungen dem BF der Status eines Asylberechtigten zuzusprechen wäre oder die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt werden müsse und ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen wäre.

16. Im Akt der belangten Behörde liegt ein ÖSD-Zertifikat B1 vom 8.8.2017 (ausreichend bestanden) ein (AS 873).

17. Der Akt langte beim Bundesverwaltungsgericht am 6.9.2017 ein.

18. Die öffentliche mündliche Verhandlung wurde für 13.6.2018 anberaumt und teilte die belangte Behörde am 27.2.2018 mit, aus dienstlichen und personellen Gründen einen Vertreter nicht stellig zu machen.

19. Mit Schreiben vom 22.2.2018 unterrichtete der Diakonie Flüchtlingsdienst das Gericht über die Zurücklegung der Vollmacht.

20. Eine Woche vor der Verhandlung langte vom Rechtsvertreter RA Mag. XXXX ein Schriftsatz "Beschwerdeergänzung" im Umfang von 16 Seiten. Darin wird die Vertretung des BF bekanntgegeben und wird für den Inhalt auf den Schriftsatz selbst verwiesen. Diesem wurden diesem beigelegt:

* Artikel F. Stahlmann "Überleben in Afghanistan?" aus dem Asylmagazin 3/2017

* Artikel F. Stahlmann "Bedrohungen im sozialen Alltag Afghanistans" aus dem Asylmagazin 3/2017

* Gutachten der F. Stahlmann vom 28.3.2018, erstattet an das Verwaltungsgericht Wiesbaden zu GZ 7 K 1757/16.WI.A

21. An der öffentlichen mündlichen Verhandlung nahm der BF im Begleitung seiner Rechtsvertreterin RAA Mag. XXXX für RA Mag. XXXX , teil. Als Vertrauensperson war Dr. XXXX anwesend und wurde als ein der Sprachen Dari und Paschto kundiger Dolmetsch Dr. XXXX beigezogen.

Befragt zum Gesundheitszustand gab der BF an "mir geht es heute gut". Er nehme keine Medikamente, nur manchmal Trittico und werde ihm seine Psychotherapeutin, bei welcher er in Behandlung stehe, einen Termin beim Psychiater organisieren. Die Rechtsvertreterin gab an, dass - entgegen dem Beschwerdeschriftsatz - derzeit keine Psychopharmaka-Einnahme stattfindet.

Befragt nach seiner Stammeszugehörigkeit gab er an "Stamm XXXX ", Stammesangehörige in Mazar-e Sharif oder in Herat kenne er nicht und habe er vor seinen Stammesleuten Angst, es sei nicht möglich von diesen Hilfe zu bekommen. Für diese sei er ein Täter. Der BF brachte vor, man habe ihn einer Tat beschuldigt, die nicht stimme. Durch eine SIM-BOX könne man Handyguthaben anderer stehlen und es gäbe eine offizielle Anzeige gegen ihn. Die Leute in seiner Ortschaft seien sehr religiös, seine Familie sei nicht so streng religiös. Man habe seiner Familie daher vorgeworfen, dass sie eine "ungläubige" Familie sei und Grund sei gewesen, dass sein Vater lange für eine NGO gearbeitet hat, welche von Norwegen, den Deutschen und Schweden unterstützt werde.

Er gab an, fünfmal am Tag in die Moschee gegangen zu sein.

Von der Richterin aufgefordert in freier Erzählung die Gründe des Verlassens Afghanistans von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß zu erzählen, nichts weg zu lassen, sich Zeit zu nehmen und ganz konkret mit Details zu erzählen, gab er - hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit beinträchtigen können - zu Protokoll:

Sein Vater habe als Ingenieur Minen entschärft und habe dabei einen kleinen Finger verloren. Dennoch habe er weitergearbeitet und sei er "Ende 2010 auch noch von einer Schlange gebissen worden, auch bei der Arbeit". Er wurde von einer NGO wegen der Behandlung nach Pakistan und in den Iran geschickt, dann ist er wieder zurückgekommen. Als er zu Hause war, die Taliban haben verlangt, dass er für die Taliban im selben Bereich arbeitet. Von ihm wurde verlangt, dass er auf Grund seines Wissensstandes Minen verlegt. In unserer Dorfmoschee wurde mein Vater vom Dorfältesten informiert und er wurde aufgefordert diese Aufgabe zu erledigen. Zu diesem Zeitpunkt, war der gesundheitlichen Zustand meines Vaters nicht gut, er konnte diesen Job nicht machen, nicht erledigen. Die Taliban haben durch den Dorfältesten mehrmals verlangt, dass diesen Job mein Vater machen muss, aber die Taliban wurden vom Dorfältesten informiert, dass mein Vater auf Grund seines gesundheitlichen Zustandes nicht in der Lage ist, diesen Job zu machen. In dieser Art und Weise ist es weitergegangen bis 2015. Die Taliban haben langsam die Geduld verloren und die Dorfältesten konnten auch nicht mehr intervenieren. Zu dieser Zeit habe ich die Schule fertiggemacht und die Noten waren auch sehr gut. Die Leute im Dorf haben gewusst, dass ich die besten Noten habe, in Englisch und IT und allgemein und sie haben gewusst, dass ich "denselben Weg gehe", so wie mein Vater. Die Dorfältesten haben die Taliban aufmerksam gemacht, dass ich denselben Weg folge, wie mein Vater, dass sie mich "beobachten" sollen. Eines Tages nach dem Frühgebet wurde bei uns geklopft, mein Vater ist rausgegangen, draußen haben die Taliban gewartet und dann ist es zu einem Gespräch zwischen meinem Vater und den Taliban gekommen. Die Taliban haben zu meinem Vater gesagt: "Wir wissen, dass es Ihnen nicht gesundheitlich gut geht. Wenn es Ihnen gesundheitlich schlecht geht, ist der Sohn stattdessen verpflichtet mitzukommen, der Sohn soll stattdessen mitgehen." Zu meinem Vater wurde noch gesagt, dass sie mich zu keiner Kampfhandlung schicken werden, sondern in einem ganz anderen Bereich. Draußen ist etwas passiert, Geräusche. Die Taliban sind auf meinem Vater böse geworden und haben laut geschrien. Zu diesem Zeitpunkt ist mein Vater nach Hause gekommen und hat mich informiert, was draußen passiert ist, wie es abgelaufen ist. Mein Vater sagte: "Ich weiß nicht was ich machen soll, wir wurden von den Taliban bedroht. Sie werden dich nicht zu einer Kampfhandlung schicken." Ich habe wahnsinnig große Angst bekommen und habe gesagt, dass ich nicht mitgehen möchte. Ich habe das ganz laut gesagt. Ich habe gesagt: "Nein." Plötzlich sind die Taliban alle in das Haus reingekommen und sie haben meinem Vater gefragt: "Was ist los, was sagt der Sohn?". Mein Vater war total in Panik und sagt: "Ich weiß es nicht, ich bitte Sie um Bedenkzeit." Zu dem Zeitpunkt statt meinem Vater eine Antwort zu geben, sind sie direkt zu mir gekommen und haben zu mir gesagt: "Sei froh, dass wir den Vater nicht getötet haben und die Familie am Leben gelassen haben." "Wir haben bis jetzt mit dem Vater nur gesprochen, aber jetzt wird die ,Waffe reden'. Wenn du ablehnst und nicht mitgehst, dann spricht ,die Waffe' mit dir." Ich habe große Angst gehabt, um mich selber und die Familie zu retten, habe ich keine andere Wahl gehabt, als "ja" zu sagen. Sie haben mich mitgenommen, sie haben meine Augen verbunden und mich in eine unbekannte Ortschaft gebracht. Sie haben mich zu einem Zimmer gebracht und die Augenbinde runtergenommen und habe nur gesehen, dass es total dunkel in diesem Zimmer war. Die Taliban sind zu mir gekommen und haben gesagt: "Ab jetzt muß du das tun, was wir verlangen." Ich wurde zu einem anderen Zimmer gebracht, wo Computer sind. Mir wurde gesagt, dass es der Beginn meiner Arbeit die Installation von "Windows", ich soll den "Antivirus" installieren und die SIM-Karte auf den

Handys einschalten und die Codes reingeben, das ist der Anfang meiner Arbeit. Ca. einen Monat habe ich in diesem Bereich gearbeitet. Die zwei Zimmer waren mit einem Gang miteinander verbunden und zwischen dem Gang war eine Tür und ich war neugierig und wollte wissen, was in dem anderen Zimmer ist. Ich bin zu dem anderen Zimmer gegangen und ich habe in diesem Zimmer, andere Leute, die mit einer fremden Sprache gesprochen haben, gesehen, Hautfarbe:

dunkel, die waren aus Pakistan, überall waren die Computer und Verkabelung, es hat ganz anders ausgesehen.

R: Welche Sprachen haben diese Personen gesprochen?

BF (auf Deutsch): Ich glaube die haben Urdu gesprochen, untereinander haben sie auch Englisch gesprochen, mir war es verboten mit denen zu sprechen. Ich spreche Englisch, Pashtu und Dari und danach haben mich die Taliban in ein anderes Zimmer gebracht.

R: Warum wollten die Taliban, dass Sie aus dem Zimmer mit den Urdu-sprechenden Männern rausgehen?

BF: Mir wurde gesagt, ich soll das erledigen, was mir aufgetragen wurde. Ich wurde zu einem anderen Zimmer gebracht, ich habe dort nichts zu essen bekommen, sondern wurde dort sehr viel geschlagen. Ich wurde zurück in das Zimmer gebracht, wo die anderen Ingenieure waren. Das ganze System (SIM-Box) wurde mir präsentiert, was es damit auf sich habe. Die Taliban haben nur gesagt, wofür das benutzt wird, tatsächlich beigebracht wurde mir alles von den Ingenieuren.

R: Wie lange waren Sie in diesem anderen Zimmer, nachdem die Taliban Sie von den Urdusprechende Männer rausgeholt haben?

BF: Einen Tag und eine Nacht, insgesamt 24 Stunden.

R: Haben die mit Ihnen gesprochen, wie Sie diese 24 Stunden waren?

BF (auf Deutsch): Sie haben gesagt: "Wenn du das nicht machst, dann bringen wir dich um". BF (auf Pashtu): Ich wurde in ein Zimmer gebracht für 24 Stunden, ich wurde massiv geschlagen. Ich wurde ins andere Zimmer gebracht und meine Aufgabe war... Auf Nachfrage, meine Aufgabe war, die SIM-Karten zu montieren.

Der BF erklärt die Vorgehensweise: In jedem SIM-Karte-Paket waren eine bestimme Anzahl von Afghani als Guthaben aufgeladen und handelte es sich, um SIM-Karten von den afghanischen Mobilfunkbetreibern, welche ich auf ein Blatt schreibe, welches als Beilage H zum Akt gegeben wird.

R: Was glauben Sie, wer hat diese Guthabenskarten besorgt?

BF (auf Deutsch): Die Taliban.

R: War es schwierig zu erlernen, wie man das Guthaben aus den Karten bekommt?

BF (auf Deutsch): Ich habe nur Vorbereitungsarbeit geleistet, das Guthaben "herausgezogen" haben nur die Ingenieure.

R: Haben Sie sich mit den Ingenieuren nie austauschen dürfen?

BF: In diesem Zusammenhang nicht. Ich durfte mit denen nicht sprechen, ich hatte Angst, ich weiß auch nicht, ob die dort freiwillig gearbeitet haben.

R: Wie viele Stunden am Tag mussten Sie diese Arbeit machen?

BF: Dort wurde ständig, durchgehend gearbeitet. Nach dem Frühgebet habe ich angefangen, den ganzen Tag, die Arbeitszeit war nicht begrenzt, bis spät in der Nacht. Als wir schlafen gegangen sind, haben die anderen die Arbeit weitergemacht.

R: Hat man Ihnen gesagt, dass Sie wieder dort rauskommen, wegdürfen oder gab es keine "Deadline" dafür?

BF: Wir durften nicht. Wir wurden immer begleitet, auf dem WC, auf die Dusche.

R: Haben Sie gewusst, wo Sie sich befinden, in welcher Straße, in welchem Ort?

BF: Nein, das wusste ich gar nicht.

R: Wie waren diese Taliban-Männer untereinander, wie war das Gefühl dort?

BF: Die Beziehung dieser Personen untereinander kann ich als "gut" bezeichnen, Sie hatten einen Chef, der die Befehle erteilte und einteilte.

R: Sind Sie diesem Herrn einmal begegnet?

BF: Ja.

R: Haben Sie sein Gesicht gesehen?

BF: Ich wurde ja von ihm mitgenommen.

R: Wissen Sie, wie der geheißen hat?

BF (auf Deutsch): Nein, er hieß "Kari", das heißt wie "Herr Mullah". Kari ist die Person, die den Koran auswendig kann und Mullah ist der, der sich mit dem Islam auskennt.

R: Wie ist es dann gelungen zu flüchten oder gab es noch inzwischen etwas, was Sie noch erzählen wollen?

BF: Ich habe dort gearbeitet und ich habe es geschafft von dort zu flüchten.

BF (auf Deutsch): Ich habe es mir selbst immer gedacht, wie kann ich da mit diesen Menschen bei der Finanzierung helfen, die doch andere töten? Ich hatte da ein ungutes Gefühl und hatte immer nachts, vor dem Einschlafen geweint.

R Wie lange waren Sie dort?

BF (auf Deutsch): Ca. 40 Tage.

R: Wie hat Ihre Mutter reagiert als Sie von den Taliban mitgenommen worden?

BF (auf Deutsch): Meine Mutter ist sehr krank, immer wenn ich mit ihr rede vermeide ich, über diese Dinge zu reden. Es wurde auch mein Bruder XXXX entführt.

R: Ist XXXX jünger als Sie?

BF: Ja, er ist jünger, die Taliban ist, als ich geflüchtet bin, zu meiner Familie gekommen und haben nach mir gefragt und haben dann meinen Bruder mitgenommen. Damit wollten sie meine Familie unter Druck setzen.

R: Haben Sie noch Kontakt mit Ihrem Bruder?

BF (auf Deutsch): Niemand, wir wissen nicht, wo er ist.

R: Wie ist es Ihnen gelungen aus dem Taliban-Haus zu flüchten?

BF: Es war ganz in der Früh. Ich glaube die Taliban haben eine Vorbereitung für das Eid-Fest (BF auf Deutsch: Opferfest). Die waren alle draußen, der Wachmann war anwesend und ging auf die Toilette. Ich habe das Gefühl gehabt, dass es jetzt der optimale Zeitpunkt ist und ich habe mich umgesehen.

Der BF beschreibt die Beschaffenheit der Räumlichkeiten und eine Tür und binnen zwei Sekunden habe er entschieden. Er beschreibt, dass die versperrte Türe eine Oberlichte hatte. Der BF sprang durch diese Oberlichte hinaus und rannte so schnell er konnte. Er gibt an, dass man in solchen Momenten sehr schnell rennen kann und danach war er sehr müde.

R: Waren da andere Häuser?

BF (auf Deutsch): Nein, erst nachdem ich 20 Minuten gelaufen war, habe ich Häuser und andere Grundstücke gesehen. Es waren Gassen, dann habe ich einen Mann mit einem Motorrad gesehen. Ich hatte Angst, dass dieser auch ein Taliban sein sollte. Ich habe 30 Minuten nachdem ich die Taliban-Unterkunft verlassen hatte, bei der Polizei die Anzeige gemacht. Die sagten, ich könne nun gehen und bin dann mit dem vorhin beschriebenen Mann, mit dessen dreirädiges Motorrad mitgefahren, dieser hatte - Gott sei Dank - ein Handy, mit welchem ich meinen Onkel angerufen habe. Auf Befragen den Onkel und nicht den Vater, gebe ich an: Mein Papa war damals psychisch nicht so gut beinander und hätte es aus diesem Grund nicht so gut organisieren könne, ich glaube, er hätte sich auch gefürchtet. Damals habe ich meinem Onkel in solchen Belangen mehr vertraut. Ich weiß den Ort, wo ich die Anzeige gemacht habe, nicht mehr, aber ich wusste, ich möchte da keineswegs bleiben, das geht nicht. Der Onkel hat gesagt:

"Geht mit mir." Ich bin mit ihm zu ihm nach Hause mitgegangen (Nachbardorf unseres Dorfes).

Die Verhandlung wird um 15:43 Uhr unterbrochen.

Während der Verhandlungspause erklärt der BF auf Deutsch wer auf den kleinen Farbfotos zu sehen ist und gab er zu einem Foto an, dass dieses in Schwarzenbach in der Nähe von Wiener Neustadt an: Das ist eine halbe Stunde mit dem Auto in Richtung Burgenland, Eisenstadt von Wiener Neustadt entfernt. Kennen Sie Schwarzenbach? Das ist ein ganz schöner Platz wo es ein Fest gibt.

Der Beschwerdeführer bringt vor: Ich lebe jetzt in Graz. Ich würde gerne Lehrer werden und unterrichten. An meiner Schule habe ich sehr nette Professoren und eine sehr nette Direktorin. Das gibt mir ein Gefühl von Stolz.

Der D erklärt zu den Beilagen E. und F:

Die Beilage ist vom 15.9.1394, ist 6.12.2015. Die Anzeige läuft gegen den Beschwerdeführer, es steht sein Name darauf sowie der Vatersname und der des Großvaters. Es ist auch festgehalten, in welchem Dorf er daheim ist (Dorf XXXX ). Damit wird der BF angezeigt, dass er gegen das Gesetz die SIM-Boxen benutzt hat um sich persönlich zu bereichern. Die Anzeige wurde zu dem Amt Islamic Republic of Afghanistan The Indipendent Directate of the local Governmanent Laghman Provincial Council gebracht.

Die Beilage F stammt vom 16.9.1934, das ist 7.12.2015. Es handelt sich um eine Vorladung des Amt Islamic Republic of Afghanistan The Indipendent Directate of the local Governmanent Laghman Provincial Council. Vorgeladen wird der BF, er wird darin namentlich genannt, ebenso sein Geburtsort und seine Wohnadresse und dass er sich am oben genannten 16.9.1394 dort melden soll.

Auf Befragen ob der BF der Vorladung der Amt Islamic Republic of Afghanistan The Indipendent Directate of the local Governmanent Laghman Provincial Council Folge geleistet hat, gibt er an: Ich war nicht mehr dort. An das Datum, an dem ich Afghanistan verlassen habe, erinnere ich mich nicht mehr.

Befragt ob es auch noch andere Gründe gab, weswegen der BF den Herkunftsstaat verlassen hat, gibt dieser an: Nachdem ich das Land verlassen musste, wurde ich von den Taliban und den Dorfältesten im Dorf gesucht. Die Taliban haben den Dorfsprecher (Malik) beauftragt, dass dieser mich anzeigen soll. Wer eine solche Tat begeht, die mir zur Last gelegt wurde, wird man getötet und vom afgh. Geheimdienst gesucht und dann sofort getötet. Auf dieser Anzeige gegen mich steht, dass ich mich mit dieser Tat (mit der SIM-Box) bereichern hätte wollen. Die Taliban wollten das mir anlasten, um abzulenken, dass sie selbst diese Tat (mit der SIM-Box) begehen.

Auf Befragen warum der Dorfsprecher tat was die Taliban von ihm wollten: Er ist von den Taliban unter Druck und kooperiert selbst mit denen. Die Flucht wurde mir vom Onkel vs finanziert. Es war der gleiche, der mir nach der Flucht aus der Talibanunterkunft behilflich war. Er lebt aber auch nicht mehr in Afghanistan, er lebt inzwischen in den USA, er war Dolmetscher bei den Amerikanern. Wir haben seither keinen Kontakt.

Auf die Frage ob es sonst noch Gründe gäbe, von denen der BF meint, er habe sie noch nicht erzählt gibt der BF an: außer den beiden Gründen, nein. Auf Befragen was der erste Grund war: die Flucht vor den Taliban. Der zweite Grund ist der afghanische Geheimdienst, da dieser glaubt, ich habe mich mit dieser SIM-Box-Angelegenheit bereichern wollen und nicht für die Taliban arbeiten müssen.

Der D erklärt, dass die medizinischen Unterlagen aus der Beilage D nicht lesbar sind und jenes Dokument, das nur handschriftlich ist, ist nicht lesbar wegen der Qualität.

Weiter auf Paschtu:

R: Wurden Sie in Afghanistan aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit jemals bedroht oder verfolgt?

BF: Nein

R: Wurden Sie in Afghanistan aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit jemals bedroht oder verfolgt?

BF: Nein

R: Waren Sie in Afghanistan einmal Mitglied einer Partei oder sonst politisch tätig?

BF: nein

R: Waren Sie in Afghanistan jemals in Haft?

BF: Nein

R: Sind Sie in Afghanistan vorbestraft oder werden Sie mit einer staatlichen Fahndungsmaßnahme wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief gesucht?

BF: Ich wurde angezeigt, wie ich vorhin erzählt und belegt habe. Ich glaube, dass die afgh. Sicherheitskräfte und die Geheimdienste nach mir suchen. Und über die Taliban habe ich auch schon berichtet.

R: Hatten Sie in Afghanistan jemals Probleme mit Behörden, der Polizei oder einem Gericht? BF: Nein.

R: Nahmen Sie in Afghanistan an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil?

BF: nein

R: Wurden Sie in Afghanistan jemals von irgendjemandem bedroht oder verfolgt (Blutfehde, Racheakte oder dergleichen)?

BF: nein

R: Was befürchten Sie für Ihr Leben, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF: ich habe keine Chance am Leben zu bleiben, die Taliban werden mich umbringen. Weil die meine Feinde sind.

R: Glauben Sie die Taliban würden Sie auch in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat finden?

BF auf Deutsch ohne Übersetzung: Ja.

Weiter in Paschtu: Ich bin mir sicher, dass alle Taliban meine Fotos haben. Sie haben Angst, dass diese Angelegenheit wo ich für die gearbeitet habe, verbreitet wird. Die Taliban haben in ganz Afghanistan Informanten. Ich bin für die ein Feind von denen, sie glauben, dass ich ihnen schaden kann. Ein Verräter.

Ich bin bei den Taliban zwar nicht fotografiert worden, aber die können sicher mein Foto haben. Ich bin auf Instagram, ich heiße dort Qareeb Zeerak, das heißt gescheit. Das ist mein Spitzname.

AUF DEUTSCH:

R: Ich habe gelesen Sie waren im Schloss Eggenberg. Was ist dort so besonders?

BF: Das war sehr groß und sehr ruhig, drinnen ist es sehr leer. Da gibt es auch diese Tiere. Wie heißen diese Tiere? (Pfau). Es hallt da drinnen so. Ich war mit XXXX dort.

BF: Wer ist Herr Dr. XXXX ?

Der war mein Deutschlehrer in XXXX und er war ein Ingenieur. Er und seine Frau die sind alt, die konnten nicht mehr im Garten arbeiten und dann habe ich geholfen.

R: Haben Sie noch Kontakt zu ihm?

BF: Leider nicht. Ich habe echt so viele Freunde und ich habe so viel zu tun. Ich wollte schon sehr lang ihn anrufen, aber das schaff ich eigentlich nicht.

Ich habe in Kärnten den Wörthersee, den Millstättersee besucht und war Beach-Volleyball. Das Minimundus war uns zu teuer.

R: Eine Freundin hat geschrieben, dass sie mit Ihnen über Frauenemanzipation gesprochen hat.

BF: Gleichberechtigung. Also bei uns sind leider Frauen sehr unter Druck. Da hatte ich auch ein Problem gehabt mit meinem Vater. Er lässt seine Tochter nicht zur Schule. Es ist unmöglich im Dorf so etwas zu machen. Frauen sind sehr unter Druck dort und das finde ich sehr gemein.

R: Haben Sie in XXXX auch schon gearbeitet?

BF: Ja in Gemeinde habe ich gearbeitet und in der Volksschule und habe gedolmetscht und bei der Integration habe ich auch als Dolmetscher gearbeitet. Ich darf schon ein bisschen arbeiten für 110 Euro pro Monat, ich habe auch freiwillig gearbeitet.

R: Haben Sie schon einen Wertekurs gemacht?

BF: Ich habe einen Kurs gehabt wegen Sexualität und so. Wie das hier geht.

R: Was ist hier anders als in Afghanistan?

BF: Dass ich hier sicher bin. Dass ich mich hier sicher fühle. Und man hat Recht hier. Man hat nicht so Angst. Man hat keine Angst, dass man stirbt.

Wenn man etwas nicht mehr braucht, wirft man es hin wo es hingehört.

R: Wenn Sie in Österreich Probleme mit einem anderen Menschen haben, was machen Sie dann? zB wenn dieser sagt "was schaust du so blöd"

BF: Das habe ich schon öfter gehabt. Dann gehe ich weiter. Dann schau ich halt blöd. Was kann ich machen.

R: Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?

BF: Ich habe echt Angst. Ich bin ganz durcheinander. Was Positives kann ich mir nicht vorstellen. Ich wünsche mir hier zu bleiben und hier zu sein. Ich weiß nicht was kommt eigentlich. Maschinenbau oder so. Mit ihm [deutet auf den Zuhörer] rede ich über verschiedene Sachen, wir diskutieren manchmal stundenlang über Politik und Menschen, Ausbildung.

Ich habe von Anfang an mit Österreichern zu tun gehabt. Ich kann auch Englisch, es ist einfacher wenn man die englische Sprache kann. Ich war auch schon im Tierheim, ich mag Tiere. Meine Familie ist in Pakistan, sie waren unter Druck und sind weg, als mein Bruder mitgenommen wurde. Meine Freunde hier in Österreich sind wie meine

Familie: Dr. XXXX , meine Freundin XXXX und Mag. XXXX und Frau XXXX und Frau XXXX , sie ist auch in Wiener Neustadt und auf den Fotos.

Die Rechtsvertreterin befragt den BF:

RV: Sie haben vorher gesagt, dass Sie den gleichen Weg wie der Papa eingeschlagen haben. Welcher Weg ist das?

BF: Die sind alle religiös. Mein Vater war bei der NGO und die dachten alle dass er nicht religiös ist. Die dachten ich mache das gleich was mein Vater gemacht hat. Ich habe keinen Kontakt mit den Leuten im Dorf. Ich könnte mit denen nicht klarkommen. Die haben kein Thema. Die Themen der Leute im Dorf sind "gleich bleiben", machen was sie wollen, Islam und religiös sein.

RV: Ist das in Ö anders?

BF: Ja sicher. Das ist ganz anders. Da macht man was man will. Niemand ist da und sagt was man machen muss.

RV: Haben Sie eine Freundin?

BF: Freundin habe ich ja. Sie heißt XXXX . Als ich ihr beim ersten Treffen gesagt habe, dass meine Schwester auch XXXX heißt, hat sie es nicht geglaubt. Sie ist 20 und lebt in Graz. Ihr Urlaub war fertig und sie arbeitet.

RV: Könnten Sie denn in Afghanistan auch eine Freundin haben?

BF: Nein es ist nicht möglich. Es ist so viel Ehre dort. Hier ist es viel besser. Man kann eine Freundin haben. Man kann heiraten - nicht einfach wenn es der Onkel oder der Vater sagt.

RV: Trinken Sie manchmal ein Bier?

BF: Ich trinke Alkohol, ja.

R weist darauf hin, dass dem BF mit der Ladung der aktuelle Länderbericht der Staatendokumentation übermittelt wurde und wird an den BF und dessen Rechtsvertreter die Frage gerichtet, ob hierzu Vorbringen erstatten werden, da die R beabsichtigt, den Länderbericht in jener Fassung im Zeitpunkt der Entscheidung ihrer Entscheidung zu Grunde legen.

Die RV bringt vor: Betreffend die bereits erfolgte und weiterhin bestehende Verfolgung durch die Taliban iVm der Zwangsrekrutierung wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 7.6.2018 verwiesen. Der BF fällt durch außergewöhnliche Integrationserfolge auf. Zu als "verwestlicht" wahrgenommenen Personen ist festzuhalten, dass Personen, die Werte und / ein Erscheinungsbild angenommen haben, die mit westl. Ländern in Verbindung gebracht werden und denen deshalb unterstellt wird die Regierung oder die intern. Gemeinschaft zu unterstützen, von regierungsfreundlichen Kräften angegriffen werden. Diesbezüglich wird auf die UNHCR-RL aus 19.4.2016 Seite 46f verwiesen und auf den bereits vorgelegten Artikel Stahlmann Asylmagazin 3/2017. IdZ wird auf die Entscheidung BVwG 17.12.2015,

W137 2015460-1 verwiesen, in welchem ausgeführt wird:

"Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich - unabhängig von der zunehmenden Distanzierung von seinem ursprünglichen Glauben - auffallend schnell, in hohem Ausmaß und nachhaltig integriert. Dabei zeigt er auch eine besondere Distanz zur ethnisch-religiös dominierten Gesellschaftsordnung in Afghanistan und legte in Österreich ein - insbesondere in Verbindung mit seinem Alter - außergewöhnliches gesellschaftspolitisches Engagement an den

Tag. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer sich in der afghanischen Gesellschaft angepasst und konform zu deren konservativ-religiöser Grundausrichtung verhalten würde. Seine Lebensführung und die in den vergangenen drei Jahren in Österreich internalisierten Einstellungen würden daher in Verbindung mit seiner allgemeinen deutlichen Distanz zu Religionen den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan der realen Gefahr einer Verfolgung von asylrelevanter Intensität aufgrund einer zumindest unterstellten politischen (säkular-antireligiösen) Gesinnung und/oder Apostasie aussetzen."

Zur Distanz des BF zur politisch-religiösen Gesellschaftsordnung Afghanistans und dessen Asylrelevanz wird auch auf die Entscheidung BVwG 20.10.2016, W164 2118549-1, mit weiteren Nachweisen insbes. zur Rspr des VwGH verwiesen.

Der Rechtsvertretung wird mitgeteilt, dass für den Fall, dass bis zur Zustellung der Entscheidung eine neue Fassung des Länderberichts der Staatendokumentation herauskommen sollte, eine allfällige Stellungnahme hiezu dem Gericht ohne Aufforderung zu übermitteln ist.

R: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?"

BF: Ja.

22. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 11.10.2018 brachte der BF eine weitere Stellungnahme und Urkundenvorlage ein. Darin führte er zur Sicherheitslage aus und ebenso zu der Anzahl ziviler und nicht-ziviler Opfer aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente. Regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - hätten ihre Aktivitäten landesweit verstärkt, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen.

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen in Afghanistan außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen, willkürliche Verhaftungen, Festnahmen (unter anderem von Frauen wegen "moralischer Straftaten").

Dass sich sowohl die Sicherheitslage, als auch die wirtschaftliche Situation in Afghanistan in den letzten Jahren drastisch verschlechtert haben, alleinstehende Rückkehrer keinerlei staatliche Hilfe erhalten und zudem aufgrund ihrer Exponiertheit in der Gesellschaft augenblicklich negativ auffallen und demnach in einem immer instabiler werdenden und ökonomisch desaströsen Land gänzlich auf sich alleine gestellt sind, weshalb weder Kabul, noch Mazar-e Sharif oder Herat taugliche innerstaatliche Fluchtalternativen darstellen, ergäbe sich auch aus einem von der stellvertretenden Leiterin des UNHCR in Afghanistan, Aurvasi Patel, am 12.03.2018 in Wien gehaltenen Vortrag (vgl UNHCR, International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan, Power-Point Präsentation vom 12.3.2018).

Zur Frage der Zumutung einer innerstaatlichen Fluchtalternative führt der Schriftsatz - hier nur grob zusammengefasst wiedergegeben - aus, dass dies anhand einer Einzelfallprüfung und unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Betroffenen, einschließlich ihres Alters, Geschlechts, ihrer Gesundheit, einer Behinderung, der familiären Situation und der familiären Beziehungen, ihrer Lebensumstände sowie ihres Bildungs- und Berufshintergrunds beurteilt werden müsse: Eine innerstaatliche Fluchtalternative ist nur dann zumutbar, wenn die betroffene Person dort in Sicherheit und frei von Gefahren und Verletzungsrisiken leben kann. Diese Bedingungen müssen dauerhaft und nicht illusorisch oder unvorhersehbar sein. In diesem Zusammenhang ist die Unberechenbarkeit des bewaffneten Konflikts in Afghanistan zu berücksichtigen, weshalb aktuelle Berichte über die Sicherheitslage im Gebiet der potentiellen innerstaatlichen Fluchtalternative heranzuziehen sind, so die Stellungnahme mit dem Hinweis auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.8.2018, Seiten 107f).

Als Beilagen wurden der OXFAM RESEARCH REPORT aus Jänner 2018, die Power-Point Präsentation vom 12.3.2018 sowie die UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, angeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Auf Grundlage des eingebrachten Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie Einvernahme des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie der belangten Behörde am 5.7.2016 und am 12.4.2017, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im gesamten Verfahren vorgelegten Dokumente über die bisherige Zeit des BF in Österreich, der Dokumente aus der Feder von den BF behandelnden niedergelassenen Ärzten und den von ihm ausgesuchten Krankenanstalten, der Bestätigungen der Freunde und Bekannten des BF, der Stellungnahmen der Mag. XXXX und des nunmehrigen Rechtsvertreters, der Angaben des BF vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 13.6.2018, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und in das Strafregister sowie in das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und dieser Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Die Identität steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

1.1. Feststellungen zum Beschwerdeführer, zu seinen Fluchtgründen und zum Fall der Rückkehr:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger aus der Provinz Laghman. Der BF ist der Volksgruppe der Paschtunen angehörig und gehört dem Stamm der XXXX an. Der BF bekennt sich zum sunnitischen Glauben. Der BF ist der Sprachen Dari und Paschto mächtig. Der BF verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1.

Der BF genoss in Afghanistan eine Schulbildung am Lyzeum, er verfügt über Englisch- und EDV-Kenntnisse und hat die Schule mit Matura abgeschlossen. Zeugnisse wurden vom BF bei der Einvernahme vor dem BFA in Aussicht gestellt, aber bislang nicht vorgelegt.

1.1.2. Der BF leidet nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten, für welche es im Herkunftsstaat keine Behandlungsmöglichkeiten gibt.

1.1.3. Der BF hat sich bisher um den Erwerb der Selbsterhaltungsfähigkeit durch den Besuch einer Bildungseinrichtung bemüht. Er besuchte Deutschkurse und arbeitete ehrenamtlich für die Gemeinde XXXX , für die Integrationsplattform XXXX und für die Therme XXXX .

Der BF bezieht Grundversorgung.

1.1.4. Der Beschwerdeführer reiste als Volljähriger im November 2015 über Kroatien unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte in Österreich den Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.5. Der BF verfügt im Bundesgebiet über einen entfernten Verwandten, zu welchem keine finanzielle Abhängigkeit besteht. Der BF hat außerhalb Österreichs sowohl in Pakistan (Kernfamilie) als auch in den USA (Onkel) Angehörige. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei der männlichen Person in der als Beilage D zur Verhandlungsschrift gegebenen Kopien von Farbfotos um den Vater des BF handelt.

1.1.6. Der BF konnte keine asylrelevante Verfolgung nach der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF einer asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt war bzw. ihm eine solche Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht: es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder wegen politischen Ansichten von Seiten Dritter bedroht wäre und so einem realen Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (EMRK) ausgesetzt wäre.

Der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit vom Konflikt sowie dessen Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

1.1.7. Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen sowie als sunnitischer Moslem bzw dass jeder Angehörige der Volksgruppe des Beschwerdeführers sowie der Glaubensrichtung des Beschwerdeführers in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

1.1.8. Es kann weder festgestellt werden, dass konkret der Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er sich in Europa aufgehalten hat, noch dass jeder afghanische Staatsangehörige, welcher aus Europa nach Afghanistan zurückgekehrt, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

1.1.9. Der BF stammt aus Laghman. Die Provinz Laghman liegt inmitten des Hindukush-Gebirges. Zahlreiche Projekte werden in der Provinz Laghman implementiert (Pajhwok 21.8.2017; vgl. Tolonews 15.10.2017):

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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