TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/26 W241 2216560-1

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Veröffentlicht am 26.04.2019
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Entscheidungsdatum

26.04.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W241 2216560-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2019, Zahl 1212838206/181112472-EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF) brachte am 20.11.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) einen Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), ein.

2. Eine EURODAC-Abfrage ergab eine Asylantragstellung am 02.08.2016 in Italien.

3. Im Rahmen der Erstbefragung am 20.11.2018 gab der BF im Wesentlichen an, dass er im April 2016 sein Heimatland verlassen habe und über Libyen nach Italien gereist sei, wo er sich etwa zwei Jahre aufgehalten habe. Am 18.11.2018 sei er von Mailand nach Österreich gereist. In Italien habe er einen negativen Bescheid erhalten und habe das Lager verlassen müssen.

Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass er verdächtigt worden sei, homosexuell zu sein, weil er viel Zeit mit dem Freund seines Onkels verbracht habe. Er sei bedroht worden und habe fliehen müssen.

4. In einer Einvernahme gab am 23.11.2018 gab der BF an, er sei am

XXXX geboren. Er wisse nicht, welches Geburtsdatum er in Italien angegeben habe. Er habe in Nigeria mit etwa drei oder vier Jahren mit dem Schulbesuch begonnen. Er habe keine Dokumente, könne aber seine Geburtsurkunde von seinen Eltern bekommen.

5. Am 30.11.2018 wurde der BF einem Handwurzelröntgen unterzogen. Demnach seien sämtliche Epiphysenfugen an den Phalangen und den Metacarpalia geschlossen. Am Radius zeige sich eine zarte Epiphysenfuge, was ein Skelettalter entsprechend GP 31, Schmeling 4 ergebe.

6. Aus einer Antwort Italiens auf ein Informationsersuchen gemäß Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitglied-staat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO) geht hervor, dass der BF in Italien unter den oben genannten Aliasidentitäten aufgetreten war und als Geburtsdaten XXXX und XXXX angegeben hatte. Sein Asylantrag sei negativ beschieden worden, eine Berufung gegen diese Entscheidung sei noch offen.

7. In der Folge wurde seitens des BFA ein multifaktorielles Altersfeststellungsgutachten zur Beurteilung der Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit des BF zum Untersuchungszeitpunkt sowie zum Zeitpunkt der Asylantragsstellung in Auftrag gegeben.

Mit Schriftsatz vom 27.12.2018 erstattete ein Arzt für Allgemeinmedizin und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für asylrechtliche medizinische Begutachtung, u. a für "Forensische Altersdiagnostik", ein entsprechendes Gutachten und führte darin im Wesentlichen aus, dass

1.) bei der körperlichen Untersuchung keine relevante Aussage bezgl. der gegenständlichen Altersbeurteilung getroffen werden könne;

2.) das Handwurzelröntgen vom 30.11.2018 ein Mindestalter von 16,17 Jahren ergebe, eine derartig ausgereifte Erscheinungsform könne lebenslang erhalten bleiben;

3.) das Zahnröntgen keinen beurteilbaren Befund ergeben habe;

4.) das Dünnschicht-CT der Sternoclavikularregionen rechts und links eine vollständig verknöcherte Wachstumsfuge iSe Stadiums 4 nach Schmeling et al. ergeben habe, welches der aktuellen Forschung zufolge ab einem Mindestalter von 21,6 Jahren auftrete. Das geringstmögliche "wahrscheinliche" Alter dieser Befundlage betrage zum Untersuchungsdatum 28,7 Jahre.

Zusammenfassend ergebe sich aus den Untersuchungsergebnissen ein höchstmögliches Mindestalter von 21,6 Jahren und ein geringstmögliches "wahrscheinliches" Alter von 28,7 Jahren.

8. In der Folge wurde mit Verfahrensanordnung des BFA vom 08.01.2019 die Volljährigkeit des BF festgestellt und als Geburtsdatum XXXX festgesetzt.

9. Am 08.01.2019 wurde eine Anfrage gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien gestellt.

Mit Schreiben vom 25.01.2019 teilten die österreichischen Dublin-Behörden Italien mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin III-VO eine Verfristung eingetreten und Italien nunmehr zuständig für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens sei.

Mit Schreiben vom selben Tag gaben die zuständigen italienischen Behörden bekannt, dass einer Wiederaufnahme des BF nach Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zugestimmt werde.

10. Am 21.02.2019 erfolgte nach durchgeführter Rechtsberatung die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA.

Dabei gab er an, dass sein mittels Verfahrensanordnung festgesetztes Geburtsdatum nicht korrekt sei. Der BF zeigte ein Bild seiner Geburtsurkunde auf einem Mobiltelefon vor. Er könne sich das Original innerhalb von wenigen Tagen schicken lassen. Er sei in Italien nicht nach seinem Geburtsdatum gefragt worden. Er habe ein "permesso" erhalten, auf dem ein falsches Geburtsdatum gestanden habe, man habe ihm aber nicht zugehört. Er habe sich seine Geburtsurkunde nicht nach Italien schicken lassen, weil er nicht danach gefragt worden sein.

Er nehme derzeit Medikamente gegen Rückenschmerzen. In Österreich habe er keine Verwandten. In Italien habe er zwei Mal Beschwerde eingelegt, aber eine negative Entscheidung erhalten. Er sei in einem Lager untergebracht gewesen und habe sich nach der negativen Entscheidung noch ein paar Wochen dort aufgehalten. Man habe ihm gesagt, dass sein "Projekt" zu Ende sei, und er sei aufgefordert worden wegzugehen. Er habe alle Unterlagen dort gelassen. Er habe dann keinen fixen Schlafplatz mehr gehabt und an verschiedenen Orten geschlafen.

Im Lager habe er nichts zu tun gehabt, habe keine Sprachkurse besuchen können und sei von den Erwachsenen schlecht behandelt worden. Die Polizei habe ihn immer weggeschickt. Er habe dann keine Unterkunft mehr gehabt und am Bahnhof geschlafen. Die Polizei habe ihn immer dort weggejagt.

Die anwesende Rechtsberatung beantragte eine Frist zur Nachreichung der Original-Geburtsurkunde. Die Versorgungslage in Italien sei unzureichend, eine Abschiebung würde Art. 3 EMRK verletzen. Zudem bestehe die Gefahr einer Kettenabschiebung.

11. Der BF legte am 28.02.2019 das Original seiner Geburtsurkunde vor. Diese wurde am 05.03.2019 einer Untersuchung unterzogen. Dabei konnten keine Hinweise auf Verfälschungen festgestellt werden. Eine Beurteilung der Ausstellungsmodalitäten sei nicht möglich, es könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob es sich um ein autorisiert ausgestelltes Dokument handle.

12. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 06.03.2019 den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Italien für die Prüfung des Antrages des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung des BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des BF nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Beweiswürdigend wurde im Bescheid hervorgehoben, dass die Identität des BF mangels vorgelegter Dokumente nicht feststehe. Er sei volljährig. Die Volljährigkeit ergebe sich sowohl aus dem multifaktoriellen Altersgutachten als auch aus seinen Angaben zu seinem Geburtsdatum in Italien. Die Angaben des BF zu seinen Alter seien aufgrund mehrerer Widersprüche nicht glaubhaft.

Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden.

Es seien auch weder schützenswerte familiäre noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung des BF keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Gefahr der Verletzung der EMRK oder eine systematische notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Italien seien nicht zu erkennen. In Italien sei eine ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu, und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidungen gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

13. Am 08.03.2019 stellte das BFA dem BF gemäß § 52 Abs. 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) amtswegig zur Seite.

14. Mit Schreiben vom 21.03.2019 brachte der BF durch seine gewillkürte Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein.

Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass das Gutachten vom 27.12.2018 als mangelhaft und unschlüssig zu beurteilen sei. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass aufgrund der von UNHCR in Auftrag gegebenen fachmedizinischen Stellungnahme zu den Referenzpublikationen von Kellinghaus und der darin angeführten Mängel das Schlüsselbein-CT nicht zur Altersfeststellung herangezogen werden dürfe. Aufgrund der zitierten Artikel sowie auch der Ausführungen des Gutachters selbst sei klar ersichtlich, dass anhand des vorliegenden Gutachtens keine Volljährigkeit des BF festgestellt werden könne. Für die Beurteilung des Alters des BF stünden mehrere Beweismittel und Indizien zur Verfügung, welche von der belangten Behörde jedoch keiner Würdigung unterzogen worden seien. Insbesondere aufgrund der Kritik an der Schlüssigkeit des Gutachtens und den darin angewandten Methoden - wobei die Kritik durch die von UNHCR in Auftrag gegebene biometrische Stellungnahme zu den Referenzpublikationen von Kellinghaus untermauert werde - stehe die Volljährigkeit des BF nicht zweifelsfrei bzw. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest. Wenn dies der Fall sei, trete die - in Hinblick auf das verfassungsrechtlich garantierte und allzeit zu wahrende Kindeswohl gebotene - Zweifelsregel "in dubio pro minore" in Kraft, die auch in § 13 Abs. 3 letzter Satz BFA-VG explizit betone, dass im Zweifel von der Minderjährigkeit des BF auszugehen sei. Weiters wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass die herangezogenen Länderberichte unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell seien. Dies gelte insbesondere in Bezug auf das Salvini-Dekret. Aufgrund dessen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der BF nach einer Überstellung obdachlos sein werde. Eine Überstellung nach Italien verletze Art. 3 EMRK und sei demnach unzulässig. Dass Mängel im italienischen Versorgungssystem bestehen würden, die eine Verletzung der in Art. 3 EMRK garantierten Rechte in hohem Maße befürchten lassen würden, sei insbesondere einigen Entscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte zu entnehmen. Der belangten Behörde seien wesentliche Verfahrensfehler sowie eine unrichtige Rechtsanwendung vorzuwerfen, weshalb der angefochtene Bescheid als rechtswidrig zu qualifizieren sei. Abschließend wurden die aufschiebende Wirkung der Beschwerde und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

15. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 27.03.2019.

16. Mit Schreiben vom 26.03.2019 wurde den italienischen Behörden durch das BFA mitgeteilt, dass der BF unbekannten Aufenthaltes sei und sich daher die Frist für eine Überstellung auf 18 Monate verlängere.

17. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.04.2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

18. Der Rechtsvertretung des BF wurde am 03.04.2019 das aktuelle Länderinformationsblatt zu Italien zur Stellungnahme übermittelt.

19. Am 08.04.2019 und am 12.04.2019 langten Stellungnahmen des BF bzw. des BFA beim BVwG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

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den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 20.11.2018, die Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA am 21.02.2019 und die Beschwerde vom 21.03.2019

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aktuelle Dokumentationsquellen betreffend Italien

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die Korrespondenz mit Italien

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das Altersfeststellungsgutachten vom 27.12.2018

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die vom BF vorgelegte Geburtsurkunde.

2. Feststellungen:

2.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Nigeria und volljährig.

2.2. Der BF reiste aus Nigeria über Libyen und Italien, wo er an 02.08.2016 einen Asylantrag stellte, unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten ein. In der Folge reiste er von Italien nach Österreich und suchte hier am 20.11.2018 ebenfalls um die Gewährung internationalen Schutzes an.

2.3. Am 08.01.2019 richtete das BFA aufgrund des EURODAC-Treffers ein Wiederaufnahmeersuchen an Italien, das durch Verfristung gemäß Art. 25 Abs. 2 iVm. Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig wurde. Mit Schreiben vom 25.01.2019 erklärte sich Italien darüber hinaus gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. b der Dublin-III-VO zur Wiederaufnahme des BF ausdrücklich für zuständig.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Italiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Mit Schreiben vom 26.03.2019 wurde den italienischen Behörden durch das BFA mitgeteilt, dass der BF unbekannten Aufenthaltes sei und sich daher die Frist für eine Überstellung auf 18 Monate verlängere.

2.4. Das BVwG schließt sich den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Lage im Mitgliedstaat an. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Italien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Besondere, in der Person des BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor.

2.5. Der BF leidet an keinen schwerwiegenden oder gar lebensbedrohenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

2.6. Der BF verfügt über keine privaten, familiären oder beruflichen Bindungen im österreichischen Bundesgebiet.

2.7. Zu Italien wird Folgendes festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 26.2.2019, Änderungen bei der Versorgung von Asylwerbern (Salvini-Gesetz) und neuer Circular Letter (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer, Abschnitt 6/Unterbringung und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)

Mit dem Gesetzesdekret Nr. 113 vom 4.10.2018 (in Verbindung mit dem Umwandlungsgesetz Nr. 132 vom 1.12.2018; umgangssprachlich als "Salvini-Dekret" bzw. "Salvini-Gesetz" bekannt), sind eine Reihe von Änderungen verbunden, die sich derzeit in Umsetzung befinden und zu denen nun mehr Informationen vorliegen:

Humanitärer Schutzstatus:

Vor der Einführung des neuen Dekrets standen in Italien drei

Schutzformen zur Verfügung: internationaler Schutz, subsidiärer Schutz und humanitärer Schutz. Letzterer wurde für die Dauer von zwei Jahren gewährt, wenn "besondere Gründe", insbesondere "humanitären Charakters" vorlagen. Zwischen 2014 und 2018 war der humanitäre Schutz die häufigste in Italien zuerkannte Schutzform. Nach der neuen Rechtslage ist der Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen an eine restriktive und vor allem taxative Liste von Gründen gebunden, aus denen eine befristete Aufenthaltserlaubnis (unterschiedlicher Dauer) erteilt werden kann:

1. für medizinische Behandlung ("cure mediche") (1 Jahr gültig;

verlängerbar);

2. Spezialfälle ("casi speciali" ):

a) für Opfer von Gewalt oder schwerer Ausbeutung

b) Für Opfer häuslicher Gewalt (1 Jahr gültig);

c) bei außergewöhnlichen Katastrophen im Herkunftsland (6 Monate gültig; verlängerbar);

d) in Fällen besonderer Ausbeutung eines ausländischen Arbeitnehmers, der eine Beschwerde eingereicht hat und an einem Strafverfahren gegen den Arbeitgeber mitwirkt;

e) bei Handlungen von besonderem zivilem Wert (zu genehmigen vom Innenminister auf Vorschlag des zuständigen Präfekten) (2 Jahre gültig; verlängerbar);

f) wenn zwar kein Schutz gewährt wurde, der Antragsteller aber faktisch nicht außer Landes gebracht werden kann ("protezione speciale" = non-refoulement).

Die Territorialkommissionen der nationalen Asylbehörde sind nach der neuen Rechtslage nicht mehr für die Prüfung der humanitären Gründe zuständig. Wenn kein Asylstatus oder subsidiärer Schutz zuerkannt wird, prüfen sie nur noch, ob Gründe gegen eine Ausweisung vorliegen. Ist das der Fall, leiten sie dies an die Quästuren weiter, welche für die Prüfung der humanitären Gründe zuständig sind. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass ein zu weiter Ermessensspielraum in der Vergangenheit zu einem Ausufern der humanitären Aufenthaltstitel geführt hat (rund 40.000 in den letzten drei Jahren), jedoch zumeist ohne dass eine soziale und berufliche Eingliederung der Betroffenen stattgefunden hätte. Es kommt jedoch zu keiner Aberkennung bestehender humanitärer Titel. Diejenigen, die bereits einen (alten) Titel aus humanitären Gründen zuerkannt bekommen haben, können weiterhin alle damit verbundenen Ansprüche geltend machen. Abgelaufene (alte) Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen, werden jedoch nicht erneuert (VB 22.2.2019) und können auch durch rechtzeitigen Antrag nicht mehr verlängert werden. Sie können jedoch bei rechtzeitiger Antragstellung und Erfüllung der Voraussetzungen, in einen anderen Titel umgewandelt werden (Aufenthaltstitel für Arbeit, Familienzusammenführung, etc. oder in einen humanitären Titel neuer Rechtslage) (VB 25.2.2018). Ansonsten läuft der Titel ab und der Aufenthalt in Italien ist nicht mehr rechtmäßig (VB 22.2.2019).

Versorgung:

Weitgehende Änderungen gibt es auch im Unterbringungssystem. Das bisherige System (CARA als Erstaufnahme, SPRAR als kommunal organisierte Unterbringung und Integration für Asylwerber und Schutzberechtigte, CAS als Notmaßnahme für Bootsflüchtlinge welche mittlerweile ca. 80% des italienischen Unterbringungssystems ausmachen) wird völlig neu organisiert. Künftig wird zwischen einer Erstaufnahme und einer sekundären Versorgungsschiene unterschieden (VB 19.2.2019) .

Die Erstaufnahmeeinrichtungen ("prima accoglienza") werden CAS und CARA ersetzen. Zielgruppe dieser Einrichtungen sind Asylwerber (auch in einem Beschwerdeverfahren oder in Dublin-out-Verfahren bis zur Überstellung) sowie ausdrücklich auch Dublin-Rückkehrer. Fremde, die in Italien bereits einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, werden in jener Region untergebracht, in welcher der Antrag ursprünglich eingebracht wurde. In allen anderen Fällen ist jene Region zuständig, in der sich der Flughafen befindet, an dem der Fremde ankommt. Für diese Erstaufnahmeeinrichtungen wurden seitens des italienischen Innenministeriums neue Ausschreibungsspezifikationen ausgearbeitet, die bereits durch den italienischen Rechnungshof genehmigt und an die Präfekturen übermittelt wurden. Die Ausschreibung und staatliche Verwaltung/Kontrolle der Einrichtungen obliegt nach wie vor den Präfekturen. Seitens des italienischen Innenministers wurde betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (hier insbesondere die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde jedenfalls sichergestellt sei. Herkunft, religiöse Überzeugung, Gesundheitszustand, Vulnerabilität sowie die Familieneinheit finden Berücksichtigung. Bei den Kernleistungen (Sozialbetreuung, Information, soziokulturelle Mediation, sanitäre Einrichtungen sowie Startpaket, Taschengeld und Telefonkarte) soll es zu keiner Kürzung oder Streichung kommen. Integrationsmaßnahmen werden im neuen System nur noch Schutzberechtigten zukommen. Bei den Ausschreibungsspezifikationen wird zwischen kollektiven und individuellen (z.B. Selbstversorger) Unterbringungsplätzen unterschieden. Die Versorgung sieht unter anderem folgende Leistungen vor:

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Unterbringung, Verpflegung

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Sozialbetreuung, Information, linguistisch-kulturelle Mediation

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notwendige Transporte

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medizinische Betreuung: Erstuntersuchung, ärztliche Betreuung in den Zentren zusätzlich zum allgemeinen Zugang zum nationalen Gesundheitsdienst

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Hygieneprodukte

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Wäschedienst oder Waschprodukte

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Erstpaket (Kleidung, Bettzeug, Telefonkarte)

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Taschengeld (€ 2,50/Tag/Person bis zu € 7,50/Tag für eine Kernfamilie)

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Schulbedarf

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usw.

Nach Auskunft des italienischen Innenministeriums sind Plätze für Familien sowie allein reisende Frauen (mit Kindern) vorgesehen. In den Spezifikationen sind Personalschlüssel, Reinigungsintervalle, Melde- und Aufzeichnungsverpflichtungen des Betreibers in Bezug auf Leistungen an die Bewohner, An-/Abwesenheiten etc. festgelegt. Die Präfekturen sind zu regelmäßigen, unangekündigten Kontrollen berechtigt und verpflichtet (VB 19.2.2019).

Die sekundären Aufnahmeeinrichtungen (früher SPRAR) heißen ab sofort SIPROIMI ("Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e per minori stranieri non accompagnati" - Schutzsystem für international Schutzberechtigte und unbegleitete minderjährige Fremde) und stehen Personen mit internationalem Schutz und unbegleiteten Minderjährigen zur Verfügung sowie Personen, die nach der neuen Rechtslage einen Aufenthaltstitel wegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände haben ("neue" humanitäre Titel). In diesen Einrichtungen werden zusätzlich zu den oben beschrieben Leistungen auch Maßnahmen mit dem Ziel einer umfassenden Integration (Gesellschaft, Arbeitsmarkt, Sprache, etc.) geboten (VB 19.2.2019).

Personen mit humanitärem Schutz nach alter Rechtslage, die sich mit Stichtag 05.10.2018 noch in einem SPRAR/SIPROIMI befanden, können dort für den vorgesehenen Zeitraum bzw. bis zum Ende des Projektzeitraumes weiterhin bleiben. Jene Fremde mit humanitärem Schutz nach alter Rechtslage, die sich noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung befinden, verbleiben dort so lange, bis ihnen von der Quästur der Aufenthaltstitel ("permesso di soggiorno") übergeben wurde und werden danach aus dem Aufnahmesystem entlassen (VB 19.2.2019).

In den letzten Jahren war das italienische Aufnahmesystem angesichts der zahlreichen Anlandungen von Migranten von Überforderung und dem Versuch geprägt, möglichst viele Unterbringungsplätze in möglichst kurzer Zeit zu schaffen. Dabei entstanden verschiedene Arten von Unterbringungszentren auf Projektbasis in Gemeinden, Regionen und zentraler Ebene mit nur grob festgelegt Zielgruppen. Mit der Neustrukturierung wurde ein differenziertes Aufnahmesystem geschaffen, das auch der Kritik des italienischen Rechnungshofes Rechnung trägt, der die undifferenzierte Unterbringung bzw. Erbringung insbesondere von kostspieligen Integrationsmaßnahmen an Migranten ohne dauerhaften Aufenthaltstitel bemängelt hat. So werden Asylwerber zukünftig in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht. Personen mit Schutzstatus bzw. einer der neuen Formen des humanitären Schutzes sowie allein reisende Minderjährige erhalten Zugang zu den sekundären Aufnahmeeinrichtungen, in denen zusätzlich integrative Leistungen angeboten werden. Durch die neuen Vergabekriterien wurde auch auf den Vorwurf reagiert, die Aufnahmeeinrichtungen außerhalb des SPRAR seien inhomogen und würden keine einheitlichen Standards sicherstellen. Durch die Staffelung der Strukturen nach Unterbringungsplätzen mit entsprechend angepasstem Personalstand und Serviceleistungen kann seitens der Präfekturen im Rahmen der Vergabeverfahren auf den Bedarf und die Gegebenheiten vor Ort im jeweiligen Fall eingegangen werden, wodurch sich die Kosten von € 35/Person/Tag auf € 19-26/Person/Tag senken sollen. Dass eine solche Restrukturierung ohne Einbußen bei der Qualität oder dem Leistungsangebot (so der Vorwurf bzw. die Befürchtung der Kritiker) machbar ist, erscheint angesichts der vorliegenden Unterlagen aus Sicht des VB nachvollziehbar (VB 19.2.2019) .

Auch die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist weiterhin gewährleistet. Es wurde oft kritisiert, dass durch das neue Gesetz Asylwerber von der medizinischen Versorgung abgeschnitten würden, weil deren Registrierung bei den Gemeinden ("residenza") nicht mehr vorgesehen ist. Letzteres ist grundsätzlich richtig, allerdings unterscheidet Italien beim "Wohnsitz" zwischen "residenza" und "domicilio" (VB 19.2.2019). Nach der neuen Rechtslage ist die Einschreibung beim Nationalen Gesundheitsdienst für Asylwerber auf Basis des "domicilio" garantiert (CILD 1.2.2019), welcher üblicherweise im Aufnahmezentrum liegt. Somit ist auch für Asylwerber weiterhin die Ausstellung einer Gesundheitskarte ("tessera sanitaria") möglich, mit welcher sie Zugang zu den Leistungen erhalten. Zusätzlich sind in den Erstaufnahmezentren Ärzte beschäftigt, die neben medizinischen Erstuntersuchungen und Notfallmaßnahmen auch die nationalen Gesundheitsdienste entlasten sollen. Der Zugang zu medizinischer Notversorgung in öffentlichen Spitälern bleibt weiterhin bestehen, auch für illegale Migranten (VB 19.2.2019).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Februar 2015 in einem Rundbrief eine Liste von Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, welche als Dublin-Rückkehrer nach Italien kommen. Im Sinne der neuen Rechtslage im Land hat Italien am 8. Jänner 2019 einen neuen Rundbrief versendet und auf die geänderten Gegebenheiten reagiert. Es wird darin bestätigt, dass in Übereinstimmung mit dem neuen Gesetz 132/2018, gemäß der Dublin-VO rücküberstellte Antragsteller nicht in SIPROIMI, sondern im Rahmen der Erstaufnahme (s.o.) untergebracht werden. Italien garantiert, dass diese Zentren dafür geeignet sein werden, um alle Arten von Betroffenen zu betreuen und die Einhaltung ihrer Grundrechte zu gewährleisten, vor allem die Familieneinheit und den Schutz Minderjähriger (MdI 8.1.2019).

Quellen:

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CILD - Coalizione Italiana Liberta e Diritti Civili (1.2.2019):

ANAGRAFE E DIRITTI: COSA CAMBIA COL DECRETO SALVINI. Know Your Rights, https://immigrazione.it/docs/2019/know- vour-rights.pdf. Zugriff 26.2.2018

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MdI - Ministero dell'Interno (8.1.2019): Circular Letter, per E-Mail

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VB des BM.I Italien (25.2.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

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VB des BM.I Italien (22.2.2019): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I Italien (19.2.2019): Bericht des VB, per E-Mail

KI vom 18.12.2018, Sicherheits- und Immigrationsdekret (Salvini-Dekret); Asylstatistik (relevant für Abschnitt2/ Allgemeines zum Asylverfahren; Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer, Abschnitt 6/Unterbringung und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)

Das Sicherheits- und Immigrationsdekret des italienischen Innenministers Matteo Salvini ist am 28.11.2018 vom italienischen Parlament endgültig als Gesetz angenommen worden (GF 3.12.2018; vgl. DS 28.11.2018, INT 27.11.2018).

Es sieht eine Reihe von Änderungen im Asylbereich vor. Um die wichtigsten zu nennen: Der humanitäre Aufenthalt, zuletzt die am häufigsten verhängte Schutzform in Italien, wird künftig nur noch für ein Jahr (bislang zwei Jahre) und nur noch als Aufenthaltstitel für "spezielle Fälle" vergeben, nämlich wenn erhebliche soziale oder gesundheitliche Gründe vorliegen, bzw. wenn im Herkunftsland außergewöhnliche Notsituationen herrschen. Schutzberechtigten, die bestimmte Straftaten begehen, kann der Status leichter wieder aberkannt werden. Ebenso können Migranten, denen bereits die italienische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, diese wieder verlieren, wenn sie wegen Terrorismusdelikten verurteilt werden. Die Aufenthaltsdauer in den Abschiebezentren wird von maximal 90 auf 180 Tage verdoppelt. Es wird insgesamt weniger Geld für den Bereich Immigration zur Verfügung gestellt, dafür mehr für die Repatriierung. Das SPRAR-System der Unterbringung soll künftig nur noch für unbegleitete minderjährige Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte zugänglich sein, während andere Asylwerber bis zum Abschluss ihres Verfahrens in den CAS/CARA bleiben sollen. Auch ist vorgesehen, dass besetzte Gebäude geräumt und Besetzer bestraft werden sollen. Italien wird hinkünftig eine Liste sicherer Herkunftsstaaten führen (GF 3.12.2018; vgl. INT 27.11.2018, SO 29.11.2018).

Vulnerable Asylwerber mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger haben demnach keinen Zugang zum SPRAR-System mehr. Diese Personen werden nun im Rahmen des CAS-Systems untergebracht. Das italienische Innenministerium hat hierzu bekannt gegeben, dass für CAS daher neue Ausschreibungsbedingungen ausgearbeitet wurden, die seitens der Präfekturen in Zukunft bindend herangezogen werden müssen. Es steht derzeit noch eine abschließende Prüfung durch den italienischen Rechnungshof aus, daher wurden diese noch nicht veröffentlicht. Seitens des italienischen Innenministeriums wurde jedoch betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (hier insbesondere die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde jedenfalls sichergestellt sei. Bei den Kernleistungen (Sozialbetreuung, Information, soziokulturelle Mediation, sanitäre Einrichtungen sowie Startpaket, Taschengeld und Telefonkarte) komme es zu keiner Kürzung oder Streichung. Lediglich Integrationsmaßnahmen seien in der neuen Systematik Personen mit internationalem Schutz vorbehalten (VB 17.12.2018).

Von der Neuregelung des Aufnahmesystems in Italien sind auch Dublin-Rückkehrer betroffen. Diese werden bereits aktuell nicht mehr im Rahmen des SPRAR-Systems, sondern im CAS untergebracht und laut italienischem Innenministerium kann eine adäquate Unterbringung sichergestellt werden (VB 17.12.2018).

Laut offizieller italienischer Statistik wurden im Jahr 2018 bis zum 14. Dezember 52.350 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 bereits 53.834 Anträge negativ erledigt (inkl. Unzulässige), 6.852 erhielten Flüchtlingsstatus, 4.132 erhielten subsidiären Schutz, 19.884 erhielten humanitären Schutz. 7.651 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 14.12.2018)

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Quellen:

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DS - Der Standard (28.11.2018): Salvini pflügt Italiens Asylrecht radikal um,

https://derstandard.at/2000092626603/Salvini-pfluegt-via-Sicherheitsdekret-italienisches-

Asvlrecht-um. Zugriff 5.12.2018

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GF - Guida Fisco (3.12.2018): Decreto Sicurezza: riassunto del testo e cosa prevede su immigrazione, https://www.guidafisco.it/decreto-sicurezza-testo-cos-e-cosa-prevede-cambiasalvini-immigrazione-2157. Zugriff 5.12.2018

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MdI - Ministero dell'Interno (14.12.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E¬Mail

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INT - Internazionale (27.11.2018): Cosa prevede il decreto sicurezza e immigrazione.

https://www.internazionale.it/bloc-notes/annalisa-camilli/2018/11/27/decreto-sicurezza-

immigrazione-cosa-prevede. Zugriff 18.12.2018

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SO - Spiegel Online (29.11.2018): Italien verschärft seine Einwanderungsgesetze drastisch.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-italien-verschaerft-seine-

einwanderungsgesetze-drastisch-a-1241091.html. Zugriff 5.12.2018

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VB des BM.I Italien (17.12.2018): Bericht des VB. per E-Mail

2. Allgemeines zum Asylverfahren

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 21.3.2018; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis zum 21. September 42.613 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 38.512 Anträge negativ erledigt (inkl. unzulässige),

4.756 erhielten Flüchtlingsstatus, 2.838 erhielten subsidiären Schutz, 17.728 erhielten humanitären Schutz. 5.433 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 21.9.2018).

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 20.4.2018).

Am 24.9.2018 hat Italiens Regierung ein Dekret verabschiedet, das Verschärfungen im Asylrecht vorsieht. Der Schutz aus humanitären Gründen würde weitgehend abgeschafft werden, besetzte Häuser sollen geräumt werden und deren Bewohnern drohen Haftstrafen. Auch die Regelungen für den Verlust des Schutzanspruchs würden verschärft werden. Das vom Kabinett einstimmig verabschiedete Dekret bleibt unter Juristen jedoch umstritten. Es muss nun vom Präsidenten unterzeichnet und dann innerhalb von 60 Tagen auch noch vom Parlament verabschiedet werden, bevor es in Kraft treten kann. In Anbetracht der umstrittenen Materie, kann es also noch zu einer Abschwächung des Dekrets kommen (NZZ 25.9.2018).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf.

Zugriff

3.8.2018

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MdI - Ministero dell'Interno (21.9.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail

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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (25.9.2018): Italien verschärft sein Asylrecht: Der Schutz aus humanitären Gründen wird abgeschafft, https://www.nzz.ch/international/italien-verschaerft-seinasvlrecht-ld.1422862, Zugriff 25.9.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html. Zugriff 24.9.2018

3. Dublin-Rückkehrer

Wenn Italien einer Überstellung ausdrücklich zustimmt, wird der Flughafen angegeben, welcher der für das konkrete Asylverfahren zuständigen Quästur am nächsten liegt. Wenn Italien durch Fristablauf zustimmt, landen Rückkehrer üblicherweise auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die

Quästuren sind oft weit von den Ankunftsflughäfen entfernt und die Asylwerber müssen auf eigene Faust und zumeist auch auf eigene Kosten innerhalb weniger Tage dorthin reisen, was bisweilen problematisch sein kann(AIDA 21.3.2018).

Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 21.3.2018).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers in der Zwischenzeit positiv ausgegangen, hat er eine Aufenthaltserlaubnis erhalten (AIDA 21.3.2018).

3. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 21.3.2018).

4. Wenn das Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

5. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, nachdem der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 21.3.2018).

6. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein Schubhaftlager gebracht werden (AIDA 21.3.2018).

7. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA

21.3.2018) .

(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3. Dublin-Rückkehrer.)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/reportdownload/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

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EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

4. Non-Refoulement

Das italienische Innenministerium hat explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden und keine Ausweisungen zu erhalten, ohne zuvor korrekt darüber informiert worden zu sein. Die italienische Kooperation mit Libyen im Kampf gegen die Migration über das Mittelmeer ist Gegenstand starker Kritik durch Menschenrechtsorganisationen. Es gibt Berichte über sogenannte Push-backs an der österreichischen Grenze (AIDA 21.3.2018).

Quellen:

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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