Entscheidungsdatum
29.04.2019Norm
AuslBG §12aSpruch
W156 2217341-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Peter MASKA und Kurt ZANGERLE als Beisitzer über die Beschwerde von C XXXX I XXXX GMBH, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 10.01.2019, GZ: XXXX , betreffend die Zulassung des serbischen Staatsangehörigen H XXXX H XXXX , geb. XXXX , als Fachkraft in einem Mangelberuf gemäß § 12a AuslBG bei der Beschwerdeführerin als zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgeben, der angefochtene Bescheid behoben
und festgestellt, dass die belangte Behörde der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zuständigen Behörde gemäß § 20d Abs 1 Z.2 AuslBG schriftlich zu bestätigen hat, dass die Voraussetzungen für die Zulassung gemäß § 12a AuslBG erfüllt sind.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 29.11.2018 stellte der Drittstaatsangehörige einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gemäß § 41 Absatz 2 Ziffer 1 NAG. Die Niederlassungsbehörde ersuchte das AMS um Mitteilung ob die Voraussetzungen für die Zulassung als "Fachkraft in Mangelberuf" gemäß § 20d Absatz 1 Ziffer 2 AuslBG vorliegen.
2. Mit Bescheid vom 10.01.2019 wies das AMS den Antrag auf Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG ab. Begründend führte das AMS zusammen gefasst im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller nur 51 Punkte statt der erforderlichen 55 Punkte erreicht habe.
3. Dagegen erhob die potentielle Arbeitgeberin rechtzeitig Beschwerde und reichte Unterlagen betreffend Berufserfahrung nach.
4. Das AMS legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor. Im Vorlageschreiben führte die belangte Behörde aus, dass die notwendigen 55 Punkte nicht erreicht würden, da Punkte für die Universitätsreife nicht vergeben werden könnte, da diese für die beabsichtigte Beschäftigung keine Voraussetzung sei und damit die erforderliche Mindestpunkteanzahl erreicht sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Drittstaatsangehörige beantragte am 29.11.2019 die Rot-weiß-Rot-Karte (Fachkraft in Mangelberuf). Er soll bei der Beschwerdeführerin als Zimmermann und Betonierer für 40 Wochenstunden mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von EUR 2.406,90 unbefristet eingestellt werden.
Vorgelegt wurden an verfahrensrelevanten Unterlagen:
-
ein aktuelles Sprachzertifikat A2
-
Diplom über die erworbene mittlere Ausbildung in der Richtung Hochbau (Zimmermann und Betonierer) auf Maturaniveau
-
Bestätigungen über einschlägige Berufserfahrung im Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergaben sich unbestritten aus dem Verwaltungsakt, die entscheidungsrelevanten Unterlagen wurden bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Stattgabe der Beschwerde
3.1.1. Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG):
Gemäß § 12a AuslBG werden Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie
1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,
2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,
3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
Anlage B - Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf
20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2 4
Sprachkenntnisse Deutsch
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1) Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5 10 15
Sprachkenntnisse Englisch
maximal anrechenbare Punkte: 10
Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5 10
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 15
bis 30 Jahre bis 40 Jahre
15 10
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
90
erforderliche Mindestpunkteanzahl
55
§ 1 Ziffer 22 Fachkräfteverordnung 2018 legte für das Jahr 2018 u.a. Zimmerer als Mangelberufe fest, in denen Ausländer/innen als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können.
3.1.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:
Der Drittstaatsangehörige soll entsprechend seiner Ausbildung und Berufserfahrung sowie der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin als Zimmermann tätig werden.
Im Antragsjahr 2018 (und auch 2019) ist Zimmerer als Mangelberuf in der Fachkräfteverordnung gelistet.
Aufgrund der Unterlagen wurden dem Drittstaatsangehörigen von der belangten Behörde bereits 6 Punkte für die ausbildungsadäquate Berufserfahrung, 10 Punkten für Deutschkenntnisse (Nachweis A2 Deutschkenntnisse) sowie 15 Punkte für das Alter zuerkannt. Im Bereich Qualifikation wurden dem Drittstaatangehörigen jedoch lediglich 20 Punkte für die abgeschlossene Ausbildung als Zimmermann und Betonierer anerkannt.
Dass eine Punktevergabe für die Universitätsreife aber lediglich vergeben werden könnte, sofern diese für die Ausübung der Tätigkeit in relevanten Zusammenhang stehe, wie die belangte Behörde in den Ausführungen zur Beschwerdevorlade vorbrachte, lässt sich weder aus dem Gesetz selbst herauslesen noch folgt aus den anlässlich der Schaffung des § 12a ergangenen Erläuterungen:
§ 12a AuslBG wurde im Rahmen der mit BGBl. I Nr. 25/2011 durchgeführten Neuregelung des Arbeitsmarktzuganges von besonders Hochqualifizierten, von Fachkräften in Mangelberufen und von sonstigen Schlüsselkräften aus Drittstaaten nach einem kriteriengeleiteten Punktesystem geschaffen.
Wie aus den Erläuterungen (GP XXIV RV 1077) zu dieser Bestimmung hervorgeht, sollte an Stelle der bis dahin geltenden über Quoten und allgemeine Kriterien gesteuerten Zulassung von Schlüsselkräften eine flexiblere, mit personenbezogenen und arbeitsmarktpolitischen Kriterien kombinierte Zulassung der Neuzuwanderung geschaffen werden, um jenen qualifizierten Arbeitskräften die Neuzuwanderung zu ermöglichen, die bei einer längerfristigen Beobachtung der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung sowie unter Berücksichtigung der schulischen und betrieblichen Ausbildungsmaßnahmen nicht aus dem vorhandenen Arbeitskräftepotential rekrutiert werden könnten und zur Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze notwendig sind. Die Zulassung der "Fachkräfte in Mangelberufen" (§ 12a) wurde den jeweiligen arbeitsplatzbezogenen und arbeitsmarktpolitischen Anforderungen entsprechend unterschiedlich geregelt.
Daraus ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung (unter anderem) des § 12a AuslBG einen Raster von konkreten Kriterien schaffen wollte. Daraus folgt, dass mit Erfüllung der in der Anlage B dargelegten Kriterien durch einen Antragsteller diesem Erfordernis rechtlich Rechnung getragen wird und für eine gesonderte, darüber hinausgehende Prüfung der Qualität der Arbeit oder der Auswirkungen auf eine allfällige Strukturverbesserung des inländischen Arbeitsmarktes kein Raum gegeben ist.
Dem Vorbringen der belangten Behörde kann daher nicht gefolgt werden und sind im Bereich Qualifikation 25 Punkte zu vergeben und erreicht der Drittstaatangehörige eine Gesamtpunkteanzahl von 56.
Soweit sich die belangte Behörde auf die nach Bescheiderlassung beigebrachten Bestätigungen über die Berufserfahrung bezieht, ist anzumerken, dass diese für die Erreichung der notwenigen Mindestpunkte keine Rolle spielt und jene Bestätigungen, die der belangten Behörde im Bescheidzeitpunkt vorlagen nicht in Zweifel gezogen wurden.
Im Verfahren sind auch keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass die Voraussetzungen des § 4 Absatz 1 AuslBG nicht erfüllt wären.
Somit liegen die Voraussetzungen für die spruchgemäße Entscheidung vor.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG für nicht erforderlich, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und eine reine Rechtsfragenbeurteilung vorliegt.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Trotz Fehlens einer Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053 und zuletzt VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095).
Schlagworte
Berufsausbildung, Fachkräfteverordnung, Qualifikation,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2217341.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.06.2019