TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/2 W191 1413461-3

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Veröffentlicht am 02.05.2019
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Entscheidungsdatum

02.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53

Spruch

W191 1413461-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zahl 800393102-170028387, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird bezüglich der Spruchpunkte I., II. und III. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid diesbezüglich ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger aus dem Bundesstaat Punjab, reiste irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 08.05.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG), der mit Entscheidung des Asylgerichtshofes (in der Folge AsylGH) vom 15.06.2011, C16 413.461-1/2010/2E, rechtskräftig abgewiesen wurde.

1.2. Am 09.11.2015 wurde dem BF vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, eine Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers) mit Gültigkeit bis zum 01.02.2019 ausgefolgt.

1.3. Am 09.09.2016 wurde der BF wegen des Verdachtes der Begehung einer gerichtlich strafbaren Tat (Vergewaltigung) festgenommen.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 09.11.2016, 021 Hv 52/16t, rechtskräftig mit 24.01.2017, wurde der BF wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und in die Justizanstalt Sonnberg überstellt.

1.4. Mit - gegenständlich angefochtenem - Bescheid des BFA vom 01.02.2019 wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt II.). In Spruchpunkt III. wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

1.5. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines gewillkürten Vertreters vom 01.03.2019 das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein.

1.6. Am 01.02.2019 wurde ein Heimreisezertifikat für den BF bei der indischen Botschaft beantragt.

1.7. Mit Bescheid vom 07.03.2019 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Rechtsfolgen dieses Bescheides traten nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 08.03.2019 ein. Der BF wurde an diesem Tag in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) 1080 Wien, Hernalser Gürtel, überstellt.

1.8. Mit (Teil-) Erkenntnis des BVwG vom 12.03.2019, W191 14113461-3/3E, wurde der Beschwerde gemäß § 18 BFA-VG keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen sei, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden.

1.9. Die gegen den Bescheid vom 07.03.2019 (siehe oben Punkt 1.7.) sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft eingebrachte Beschwerde wies das BVwG mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 18.03.2019, W177 2215878-1/7Z, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorlägen.

1.10. Mit Schreiben vom 27.03.2019 teilte das BFA dem BVwG mit, dass der BF am 21.03.2019 einen neuen Asylantrag gestellt habe und das Verfahren beim BFA anhängig sei.

1.11. Mit Bescheid vom 01.04.2019 wies das BFA den (Folge-) Antrag des BF vom 21.03.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht gewährt (Spruchpunkt III.).

In Spruchpunkt IV. erließ das BFA gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es bestehe gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise des BF (Spruchpunkt VI.).

In Spruchpunkt VII. wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

Dieser Bescheid erwuchs mit 17.04.2019 in Rechtskraft.

1.12. Am 20.04.2019 wurde der BF am Flugweg nach Indien abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten und Vorakten des BFA, des AsylGH und des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Nach § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Aus den zitierten Normen schließt der Verwaltungsgerichtshof (in der Folge VwGH) in seiner Rechtsprechung, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz voraussetzt und daher nicht zulässig ist, bevor über den Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen worden ist. Insbesondere würde im Verfahren über die Rückkehrentscheidung im Zuge der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz vorweggenommen. Angesichts der Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist eine bereits erlassene, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung (samt dem darauf aufbauenden Einreiseverbot gemäß § 53 FPG und den weiteren damit verbundenen Aussprüchen) vom BVwG ersatzlos zu beheben (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162 mwN).

Nachdem der BF nach Erlassung der gegenständlich angefochtenen Rückkehrentscheidung durch das BFA vom 01.02.2019 und der am 18.03.2019 mündlich verkündeten Abweisung seiner Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 07.03.2019 am 21.03.2019 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, war zunächst dieser Antrag zu erledigen.

Nach dessen Zurückweisung gemäß § 68 Abs. 1 AVG (wegen entschiedener Sache), die zwischenzeitlich am 17.04.2019 rechtskräftig geworden war und infolgedessen der BF am 20.04.2019 per Flug nach Indien abgeschoben war, war der zuvor erlassene und hier verfahrensgegenständliche Bescheid bezüglich der Rückkehrentscheidung - und, da die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides das Vorhandensein einer Rückkehrentscheidung voraussetzten, auch in diesen Spruchpunkten - der oben dargelegten Judikatur des VwGH folgend zu beheben.

Nach § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG kann eine mündliche Beschwerdeverhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Dies ist gegenständlich der Fall.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 vorliegt. Das BVwG folgt in seiner Entscheidung der klaren Judikatur des VwGH, derzufolge eine Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) im darüber anhängigen Beschwerdeverfahren vor dem BvWG ersatzlos zu beheben ist, wenn über einen vom BF gestellten Antrag auf internationalen Schutz noch nicht abgesprochen worden ist (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162 mwN).

Schlagworte

Abschiebung, Einreiseverbot, ersatzlose Behebung, Folgeantrag,
Rechtsanschauung des VwGH, Rechtskraft, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W191.1413461.3.01

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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