Entscheidungsdatum
06.05.2019Norm
BBG §40Spruch
G303 2163574-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 11.05.2017, Zl. XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 08.03.2017 bei der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Dem Antrag waren ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln und ein Meldezettel angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Orthopädie, vom 26.04.2017, wurde, nach persönlicher Untersuchung des BF am selben Tag, im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Sprunggelenk -Untere Extremitäten, Sprunggelenk-Funktionseinschränkung bis Versteifung einseitig Deutliche Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenkes bei deutlicher Rückfußfehlstellung und Bewegungseinschränkung. Instabilität der Sprunggelenksgabel
02.05.32
30
2
Beckenschäden, Beckenschäden mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades Z.n. Symphysensprengung mit Instabilität im Symphysen Bereich und damit verbundenen Beschwerden
02.04.02
20
3
Hände - Obere Extremitäten, Funktionseinschränkung im Handgelenk mittleren Grades einseitig Z.n. Handgelenksfraktur und posttraumatische Instabilität in der Handwurzel, Z.n. Mehrfachoperation, deutliche Bewegungseinschränkung des Handgelenkes
02.06.22
20
4
Neubildungen des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes, Milzverlust - Leichte bis mäßige funktionelle Folgen
10.03.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Zum Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wurde ausgeführt, dass die führende Gesundheitsschädigung (GS) 1 durch die Veränderungen 2 und 3 gemeinsam um eine Stufe gesteigert werde, da wechselseitige negative Beeinflussungen vorliegen. GS 4 sei zu geringfügig um weiter zu steigern. Die Beinlängendifferenz sei als Resultat der Symphysensprengung anzusehen und mit dieser mitbewertet.
3. Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 11.05.2017 wurde der Antrag vom 08.03.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.
Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten, das dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen worden ist. Danach würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, da der Grad der Behinderung des BF 40 % betrage. In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes zitiert.
4. Gegen diesen Bescheid brachte der BF binnen offener Frist bei der belangten Behörde die als "Einspruch" betitelte Beschwerde ein. Darin wurde beanstandet, dass in der Anamnese des medizinischen Gutachtens die Fraktur des Lendenwirbels 5, die Fraktur des Kreuzbeines und die Fraktur des Beckenringes nicht angeführt seien. Der BF könne gerade durch diese Verletzungen zum Beispiel nicht lange am Arbeitsplatz sitzen. Der BF brachte mit der Beschwerde eine Ambulanzkarte des LKH Villach, unfallchirurgische Abteilung, in Vorlage.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 06.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eingegangen.
6. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), Landesstelle Graz, übermittelte mit Schreiben vom 24.07.2018, bezugnehmend auf das Ersuchen des BVwG, den Bescheid über die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall vom XXXX.2017, den Bescheid über die Zuerkennung einer vorläufigen Versehrtenrente vom XXXX.2017, sowie den Bescheid über die Zuerkennung einer Dauerrente im Ausmaß von 30% der Vollrente vom XXXX.2018, und teilte mit, dass sämtliche Bescheide in Rechtskraft erwachsen sind.
7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes eine medizinische Amtssachverständige mit der Begutachtung und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.
7.1. Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Traumatologie, vom 08.11.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Deutliche Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenkes bei deutlicher Rückfußfehlstellung und Bewegungseinschränkung Mittlerer Rahmenwert bei Zustand nach offener Unterschenkelfraktur
02.05.32
30
2
Zustand nach Symphysensprengung mit Instabilität im Symphysenbereich und damit verbundenen Beschwerden, berücksichtigt ist auch die Beinlängendifferenz von etwa 2,5 cm die mittels Schuhwerk ausgleichbar ist Vorgegebener Rahmenwert
02.04.02
20
3
Zustand nach Handgelenksfraktur rechts und posttraumatische Instabilität in der Handwurzel, Zustand nach Mehrfachoperation, Einschätzung entsprechend der Bewegungseinschränkung des Handgelenkes
02.06.22
20
4
Milzverlust, erhöhte Infektanfälligkeit Vorgegebener Rahmenwert
10.03.11
10
5
Zustand nach Kreuzbeinbruch und nach Bruch des 5. Lendenwirbelfortsatzes, konservativ therapiert Oberer Rahmenwert bei guter Funktion der Wirbelsäule und Schmerzbedarfsmedikation
02.01.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründend wurde
ausgeführt, dass die führende GS 1 durch die Positionen 2 und 3 gemeinsam um eine Stufe gesteigert werde, da wechselseitig negative Beeinflussungen vorliegen würden. Die anderen Gesundheitsschädigungen würden wegen der Geringfügigkeit ihrer Ausprägung nicht weiter steigern. Es handle sich um einen Dauerzustand, wesentliche Besserungen seien nicht zu erwarten. Die Beinlängendifferenz sei als Resultat der Symphysensprengung anzusehen und damit mit dieser zu bewerten.
Im Vergleich zum Vorgutachten wurde festgehalten, dass die Position 5 vollständigkeitshalber ergänzt worden sei; diese habe aber keine Auswirkungen auf den Gesamtgrad der Behinderung.
8. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 26.02.2019 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
8.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung wurde dazu seitens der Verfahrensparteien nicht übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF hat einen Wohnsitz im Inland. Er bezieht aufgrund eines am 01.07.2016 erlittenen Arbeitsunfalles eine Dauerrente im Ausmaß von 30% der Vollrente.
Der BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:
-
Deutliche Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenkes bei deutlicher Rückfußfehlstellung und Bewegungseinschränkung (Grad der Behinderung: 30 %)
-
Zustand nach Symphysensprengung mit Instabilität im Symphysenbereich und damit verbundenen Beschwerden (Grad der Behinderung: 20 %)
-
Zustand nach Handgelenksfraktur rechts und posttraumatische Instabilität in der Handwurzel (Grad der Behinderung: 20 %)
-
Milzverlust, erhöhte Infektanfälligkeit (Grad der Behinderung: 10 %)
-
Zustand nach Kreuzbeinbruch und nach Bruch des 5. Lendenwirbelfortsatzes (Grad der Behinderung: 20 %)
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 (vierzig) von Hundert (v. H.). Dieser wird vom führenden Leiden, nämlich der Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenkes bei deutlicher Rückfußfehlstellung und Bewegungseinschränkung, mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H., gebildet. Aufgrund wechselseitiger negativer Beeinflussung durch die Leiden "Zustand nach Symphysensprengung" und "Zustand nach Handgelenksfraktur rechts" kommt es zu einer Steigerung des Gesamtgrades der Behinderung in Höhe von 40 v.H. Die weiteren festgestellten Gesundheitsschädigungen führen zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung, da diese zu geringfügig ausgeprägt sind.
2. Beweiswürdigung:
Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.
Aus dem eingeholten rechtskräftigen Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Graz, vom 10.04.2018 ergibt sich, dass der BF eine Dauerrente im Ausmaß von 30% der Vollrente bezieht.
Der Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert wurde aufgrund des seitens des erkennenden Gerichtes eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Traumatologie, vom 08.11.2018 objektiviert.
Das Sachverständigengutachten, welches auf einer persönlichen Untersuchung des BF basiert, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen und deren Wechselwirkungen zueinander ergeben sich daraus.
Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen darauf.
Im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. XXXX, vom 26.04.2017, wurde nunmehr im vorliegenden Sachverständigengutachten von Dr. XXXX der Zustand nach Kreuzbeinbruch und nach Bruch des 5.
Lendenwirbelfortsatzes als eigenständige Gesundheitsschädigung ergänzt und mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. eingestuft. Somit wurde auch dem Beschwerdevorbringen entsprochen, wonach diese Leiden im Vorgutachten von Dr. XXXX unberücksichtigt geblieben seien und daher als Beschwerdegrund geltend gemacht wurden. Eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung konnte daraus nicht abgeleitet werden, da die Ausprägung dieser Gesundheitsschädigung zu geringfügig ist.
Die Fraktur des Beckenringes, welche im Beschwerdevorbringen ebenfalls als im Vorgutachten fehlend angeführt wurde, ist von der eingeschätzten Gesundheitsschädigung "Zustand nach Symphysensprengung" unter der Positionsnummer 02.04.02 (Beckenschäden) umfasst.
Der Inhalt des Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 08.11.2018 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder vom BF noch von der belangten Behörde erstattet. Das eingeholte Sachverständigengutachten blieb damit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 08.11.2018, welches auch der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt wird.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die fachärztliche Begutachtung von Dr. XXXX basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.
Nach § 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 leg. cit. vorliegt.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
In der vorliegenden Rechtssache wurde seitens des erkennenden Gerichtes gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung der ärztlichen Sachverständigen Dr. XXXX der Grad der Behinderung des BF nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung samt Anlage eingeschätzt. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 40 v.H. objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097) ist.
Das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 08.11.2018 wurde auch seitens der Verfahrensparteien im Beschwerdeverfahren nicht bestritten.
Dem BF wäre es frei gestanden, durch die Beibringung eines aktuellen Gutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl, das vorliegenden Gutachten zu entkräften (vgl. VwGH 22.12.2013, Zl. 2011/11/0209). Ein solches wurde seitens des BF nicht in Vorlage gebracht.
Auch wurde seitens der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt im Rahmen des Verfahrens betreffend die Zuerkennung einer Versehrentenrente zum Entscheidungszeitpunkt keine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 50% festgestellt.
Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2163574.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.06.2019