TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 W251 2184491-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52

Spruch

W251 2184491-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2017 zur Zl. 1053119107-150243453, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 08.03.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass seine Familie sehr arm sei und er keine Zukunft in Somalia habe. Er wolle sich in Europa weiterbilden, arbeiten und seiner Familie sowie armen Menschen helfen. Befragt, was er im Falle einer Rückkehr befürchte, führte er aus, dass sein Vater Polizist in Südsomalia sei und deshalb immer wieder in Nordsomalia im Gefängnis gewesen sei, weil man ihn als Spion verdächtigt habe. Es sei wegen dem südsomalischen Dialekt seines Vaters, schon zwei Mal versucht worden den Beschwerdeführer umzubringen und die Familie des Beschwerdeführers sei in seiner Heimatstadt in Nordsomalia mehrmals angegriffen worden. Im Falle einer Ansiedelung in Südsomalia würde der Beschwerdeführer Probleme aufgrund seines nordsomalischen Dialekts haben.

3. Am 06.06.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass sein Vater in Mogadischu als Polizist tätig gewesen sei. Er habe bei seiner Mutter in Hargeysa gelebt. Es seien Polizisten aus Somaliland zum Haus der Mutter des Beschwerdeführers gekommen als der Beschwerdeführer nicht zuhause gewesen sei. Sie hätten nach dem Vater des Beschwerdeführers gefragt und die Schwestern des Beschwerdeführers geschlagen. Ein Monat später seien erneut Polizisten gekommen. Der Beschwerdeführer habe sie vom Fenster aus gesehen und sei beim Hinterausgang aus dem Haus gelaufen. Er habe einem LKW-Fahrer seine Geschichte erzählt, woraufhin dieser ihn mit nach Äthiopien genommen habe.

4. Mit Schriftsatz vom 20.06.2017 nahm der Beschwerdeführer Stellung zu den Länderberichten und brachte vor, dass sein Vater zwar Hawiye, seine Mutter jedoch Angehörige der Madhibaan sei. Da der Vater des Beschwerdeführers nicht mit der Familie des Beschwerdeführers zusammengelebt habe, sei der Beschwerdeführer und seine Familie als Madhibaan angesehen angesehen.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, dem es zumutbar sei durch Arbeitsaufnahme selbst für sein Auskommen zu sorgen. Er würde bei einer Rückkehr nach Somalia somit nicht in eine ausweglose Situation geraten. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.

6. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Bundesamt keine Länderberichte zum spezifischen Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers erhoben habe und die in der Stellungnahme vom 20.062017 angeführten Länderberichte nicht berücksichtigt habe. Das Bundesamt habe Feststellungen auf Grundlage einer unschlüssigen Beweiswürdigung getroffen. Hätte das Bundesamt mangelfrei ermittelt und darauf aufbauend eine logisch nachvollziehbare, auf vollständigen Länderberichten basierende und vor allem umfassende und nachvollziehbare Beweiswürdigung durchgeführt, hätte es zu dem Schluss kommen müssen, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland eine asylrelevante Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie und der faktischen Zugehörigkeit zum Minderheitenclan der Madhibaan drohe. Jedenfalls wäre im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers aufgrund seiner Minderjährigkeit, mangels eines familiären und sozialen Netzwerkes in Somalia sowie wegen der vorherrschenden Dürrekatastrophe eine Verletzung von Art. 3 EMRK wahrscheinlich. Darüber hinaus habe das Bundesamt bei der Prüfung des Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich das Kindeswohl nicht berücksichtigt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.01.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache und im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch.

8. Mit Stellungnahme vom 28.01.2019 wurde ausgeführt, dass sich die Ernährungssituation in Somalia verbessert habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist somalischer Staatsangehöriger und spricht Somali als Muttersprache. Er ist ledig und hat keine Kinder (AS 15, 223; Protokoll vom 22.01.2019 = OZ 9, S. 9 f).

Der Beschwerdeführer ist Angehöriger des Clans der Hawiye, des Subclans der XXXX und des Subsubclans der XXXX (AS 7, 227; OZ 9, S. 7, 9). Die Mutter des Beschwerdeführers ist keine Angehörige der Madhibaan. Der Beschwerdeführer und seine Familie gehören keinem Minderheitenclan an und wurden auch nicht als solche angesehen.

Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt Mogadischu geboren. Im Kleinkindesalter ist der Beschwerdeführer mit seiner Familie nach Hargeysa gezogen (AS 223; OZ 9, S. 7, 9, 11). Der Vater des Beschwerdeführers ist nicht in Mogadischu zurückgeblieben. Der Beschwerdeführer ist in Hargeysa gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern (zwei Brüdern und fünf Schwestern, wobei eine Schwester verstorben ist) in einem Wellblechhaus aufgewachsen (AS 224; OZ 9, S. 11). Die Mutter des Beschwerdeführers hat am Markt gearbeitet und ist für den Unterhalt der Familie aufgekommen (AS 224; OZ 9, S. 11). Der Beschwerdeführer hat sechs Jahre lang eine Schule besucht und massieren gelernt (AS 7, 225; OZ 9, S. 10). Der Beschwerdeführer ist im Jänner 2014 aus Somaliland ausgereist (AS 11).

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und stellte am 08.03.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (AS 7 ff).

Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt zu seiner Familie. Es kann nicht festgestellt werden, wo sich seine Familie derzeit aufhält.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund und arbeitsfähig.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Der Vater des Beschwerdeführers hat in Hargeysa nicht für die Polizei in Mogadischu bzw. Südsomalia gearbeitet. Die Sicherheitskräfte Somalilands haben nicht nach dem Vater des Beschwerdeführers gesucht. Dem Beschwerdeführer sind von den Sicherheitskräften Somalilands keine Brandwunden zugefügt worden. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familienangehörigen wurden jemals von staatlichen Organen oder sonstigen Personen bedroht oder körperlich misshandelt.

Der Beschwerdeführer hat Somaliland weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Im Falle der Rückkehr nach Somaliland droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch staatliche Organe oder durch andere Personen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hatte in Somalia und Somaliland selber keine konkret und individuell gegen ihn gerichteten Probleme aufgrund seiner Clanzugehörigkeit.

1.2.3. Der Beschwerdeführer wuchs als Angehöriger der muslimischen Religion sunnitischer Ausrichtung auf. Er hat sich auch nicht erkennbar vom islamischen Glauben abgewandt. Er ist weder vom Islam abgefallen noch geht er aktiv einer anderen (neuen) religiösen Überzeugung nach oder tritt religionsfeindlich bzw. gar spezifisch gegen den Islam auf.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Somaliland in die Stadt Hargeysa kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

Der Beschwerdeführer kann in Hargeysa grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer ist mit den Gepflogenheiten in Somalia und Somaliland vertraut. Er hat keine Unterhaltsverpflichtungen. Er kann als Angehöriger des Clans der Hawiye, Subclan XXXX , von seinem Clan, insbesondere bei der Suche nach einer Unterkunft und Arbeit sowie bei der Verpflegung, unterstützt werden und dann selber für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Somaliland in Hargeysa wieder Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragsstellung am 08.03.2015 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG in Österreich durchgehend aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat vom 19.06.2015 bis 03.07.2015 und vom 07.09.2015 bis 01.07.2016 eine Öffentliche Neue Mittelschule als außerordentlicher Schüler (AS 281-283) sowie von 04.06.2018 bis 03.09.2018 ein Jugendcollege besucht (Beilage ./B). Im Rahmen dieser Bildungsangebote hat der Beschwerdeführer Deutschunterricht erhalten (Beilage ./B; AS 281-283). Der Beschwerdeführer hat keine ÖSD-Prüfung abgelegt (OZ 9, S. 14). Er verfügt über geringe Deutschkenntnisse.

Der Beschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung. Er hat vom 07.11.2018 bis 21.12.2018 ein Praktikum als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Werkstatt der Dorfgemeinschaft XXXX absolviert (Beilage ./A). Im Februar und März 2018 hat der Beschwerdeführer ehrenamtlich Dolmetsch-Tätigkeiten für die Wohnberatung erbracht (Beilage ./C).

Der Beschwerdeführer hat nach der Antragstellung auf internationalen Schutz eine Lebensgemeinschaft in Österreich begründet. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin nicht im gemeinsamen Haushalt (OZ 9, S. 10). Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin beabsichtigen nicht in absehbarer Zeit gemeinsam in einem Haushalt zu leben oder zu heiraten. Der Beschwerdeführer steht zu seiner Lebensgefährtin in keinem Abhängigkeitsverhältnis.

Der Beschwerdeführer hat seit Juli 2018 regelmäßig Kontakt zu seiner Vertrauensperson, die er als "Patentante" bezeichnet. Er ist mit ihr weder verwandt noch wohnt er mit ihr ein einem gemeinsamen Haushalt (OZ 9, S. 16, S. 17) oder steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihr. Die Freundschaft zu seiner Vertrauensperson hat der Beschwerdeführer nach seiner Antragstellung auf internationalen Schutz begründet (OZ 9, S. 17).

Der Beschwerdeführer hat freundschaftliche Kontakte zu Österreichern knüpfen können. Er verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich.

Der Beschwerdeführer wurde im März 2015 von der Landespolizeidirektion wegen des Vergehens des Raufhandels angehalten und gegen den Beschwerdeführer ein Betretungsverbot seiner Unterkunft verhängt (AS 89 ff, 157 ff).

Der Beschwerdeführer wurde im Mai 2015 von Landespolizeidirektion wegen des Verdachts der Hehlerei angehalten (AS 171 ff). Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft wegen Geringfügigkeit eingestellt (AS 209).

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 23.05.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG verurteilt. Von einem Strafausspruch gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 12 Abs. 1 JGG abgesehen (AS 313 ff).

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Somaliland:

Politische Lage Somaliland:

Das Gebiet von Somalia ist in drei unterschiedliche administrative

Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somalia vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - LIB Somalia 17.09.2018 - S. 14).

Somaliland hat beachtliche demokratische Erfolge erzielt. Somaliland ist es gelungen, eine Wahldemokratie aufzubauen. Die demokratischen Institutionen Somalilands arbeiten gut, ihre Arbeit wird aber durch einen Mangel an Ressourcen und geringe Kapazitäten des öffentlichen Dienstes erschwert. Außerdem kommt es zu Bevorzugungen auf Basis des Clans. Während Somaliland bei der Wiederherstellung staatlicher Strukturen und demokratischer Reformen erfolgreich war, kämpft das Land mit massiven strukturellen Restriktionen. Der Staatsapparat bleibt schwach und unterfinanziert und das Land ist von einem sehr hohen Maß an Armut geprägt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somaliland vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 12 f).

Sicherheitslage Somaliland:

Hinsichtlich Somaliland ist kein essentielles Sicherheitsproblem bekannt, es herrscht Frieden. Die somaliländische Regierung übt über das ihr unterstehende Gebiet Kontrolle aus. In Hargeysa und auch in den ländlichen Gebieten - mit Ausnahme der umstrittenen Teile - sind lebensbedrohliche Zwischenfälle eine Seltenheit. Politische Konflikte und Machtkämpfe werden gewaltlos ausgetragen (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 14 f).

Somaliland war in der Lage, die Bedrohung durch al Shabaab einzudämmen. Anschläge oder Kampfhandlungen der al Shabaab gab es keine, die Terrorgruppe kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Seit 2008 hat es in Somaliland keine terroristischen Aktivitäten der al Shabaab mehr gegeben. Trotzdem bleibt die Gruppe für Somaliland eine Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass die al Shabaab in Hargeysa über eine Präsenz verfügt. Die Kapazitäten der al Shabaab in Hargeysa sind jedoch gering (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 15).

Clankonflikte bestehen wie überall in Somalia auch in Somaliland, und es kann zu Auseinandersetzungen und Racheakten kommen, die zivile Opfer fordern. Clankonflikte stellen aber kein Sicherheitsproblem dar, das die politische Stabilität der Region gefährde. Somaliland hat Regierungsstrukturen aufgebaut, die das Machtstreben der verschiedenen Clans ausbalancieren. Das ganze politische System beruht auf Kompromissen zwischen den Clans (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 15).

Hinsichtlich Hargeysa gibt es keine Sicherheitsprobleme. Die Kriminalitätsrate ist relativ niedrig. Wenn es zu einem Mord kommt, dann handelt es sich üblicherweise um einen gezielten Rachemord auf der Basis eines Clan-Konflikts. Hargeysa und Burco sind relativ ruhig (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 15).

Die Stadt Hargeysa ist über den örtlichen Flughafen sicher erreichbar.

Sicherheitsbehörden in Somaliland:

Somaliland verfügt über eine eigene Armee und über eigene Polizeikräfte. Der staatliche Schutz stellt sich in Somaliland besser dar, als in Süd-/Zentralsomalia. Die Sicherheitsorgane haben in Somaliland eine besonders starke Stellung. Ihre zivile Kontrolle durch die politischen Führer ist stärker als im Rest des Landes, aber gleichwohl lückenhaft. Die Sicherheitskräfte in Somaliland können in einem vergleichsweise befriedeten Umfeld ein höheres Maß an Sicherheit im Hinblick auf terroristische Aktivitäten und allgemeine Kriminalität herstellen als in anderen Landesteilen. Dies gilt insbesondere für die westlichen Gebiete (Regionen Awdal und Woqooyi Galbeed mit den Städten Hargeysa und Berbera). Insgesamt arbeiten die Polizei und andere Regierungsinstitutionen ausreichend gut (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 21 f).

Weitere Sicherheitsinstitutionen sind die Special Police Units (SPU;

zuständig für den Schutz internationaler Organisationen und NGOs);

die Rapid Reaction Unit; und der nationale Geheimdienst. Daneben besteht eine National Coast Guard, eine Spezialeinheit zur Terrorismusbekämpfung (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 22).

Die somaliländische Armee wird von einem zentralen Kommando mit Sitz in Hargeysa geführt. Sie verfügt über Regionalkommanden und ist nach westlichem Vorbild in Groß- und Kleinverbänden organisiert. Die Mannschaften der Armee sind diszipliniert, Vergehen werden i.d.R. verfolgt und bestraft (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 22).

Clanstruktur

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalier üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem. Allerdings gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine andere Person angehört (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 94; Beilage ./IV, S. 8). Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf (bottom-up-Aufzählung). Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt. Kinder ab dem Alter von acht bis elf Jahren können diese üblicherweise auswendig (Beilage ./IV, S. 22).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 95). Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene, die sogenannte Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe (Jilib), die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt (Beilage ./IV, S. 8 f; LIB Somalia 17.09.2018 - S. 58). Die somalische Gesellschaft kennt zudem ethnische Minderheiten und Berufsgruppen (Beilage ./IV, S. 11).

Clanschutz bedeutet für eine Einzelperson die Möglichkeit vom eigenen Clan gegenüber einem Aggressor von außerhalb des Clans geschützt zu werden. Die Rechte einer Gruppe werden durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt geschützt. Ein Jilib oder Clan muss in der Lage sein, Kompensation zu zahlen - oder zu kämpfen. Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson sind deshalb eng verbunden mit der Macht ihres Clans. Die Mitglieder eines Jilib sind verpflichtet, einander bei politischen und rechtlichen Verpflichtungen zu unterstützen, die im Xeer-Vertrag festgelegt sind - insbesondere bei Kompensations-zahlungen (Mag/Diya). Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 57 f).

Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie unterscheiden sich in ethnischer, sprachlicher und kultureller Hinsicht nicht von der Mehrheitsbevölkerung, sind aber traditionell in Berufen tätig, die von den Mehrheitsclans als "unrein" oder "unehrenhaft" angesehen werden. Diese Berufe und andere ihrer Praktiken (z.B. Fleischverzehr) gelten darüber hinaus als unislamisch (Beilage ./IV, S. 14). Heute hat sich die Situation für die Gabooye im Vergleich zur Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 98).

Die Clans der berufsständischen Gruppen sind gleich strukturiert wie die Mehrheitsclans, mit dem einzigen Unterschied, dass sie ihre Abstammung nicht auf die Gründerväter Samaale bzw. Saab zurückverfolgen können, sondern "nur" auf den "Vater" ihres Clans. Gleich wie die Mehrheitsclans haben das Aufzählen der Väter (Abtirsiimo) und die Zugehörigkeit zu einem Clan eine große Bedeutung (Beilage ./IV, S. 15 f).

Jüngere Somalier im urbanen Raum oder in der Diaspora sind heute häufig nur noch in der Lage, ihre Clanzugehörigkeit bis zur Stufe Sub-Clan sowie vier oder fünf Generationen im Abtirsiimo (Abstammungslinie) aufzuzählen. Es kommt aber selbst bei jungen Somalier in der Diaspora nicht vor, dass sie gar keine Ahnung von ihrem Clan und ihrem Abtirsiimo haben. Sogar wenn sie sich für das Clansystem nicht interessieren, können sie zumindest ihren Clan und Sub-Clan sowie den Abtirsiimo bis zum Urgroßvater nennen. Fast alle Somalier kennen zumindest ihren Clan-Ältesten (Beilage ./IV, S. 24).

Aufgrund der wahrgenommenen Bevorzugung der berufsständischen Gruppen im Asylverfahren in westlichen Staaten sind andere Somalier dazu übergegangen, sich als Angehörige von Berufsgruppen auszugeben. Da andere Somalier aber im Durchschnitt gebildeter sind als die Angehörigen berufsständischer Gruppen, sind sie in der Lage, sich mehr Wissen über die berufsständischen Gruppen anzueignen, als diese selbst haben (Beilage ./IV, S. 25).

Einzig in der Frage der Mischehen besteht noch eine gesellschaftliche Diskriminierung, da Mehrheitsclans Mischehen mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren. Als besonders problematisch wird es angesehen, wenn eine Mehrheitsfrau einen Minderheitenmann heiratet. Der umgekehrte Fall ist weniger problematisch (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 99).

Minderheiten/Clans in Somaliland

In den Regionen Woqooyi Galbeed und Togdheer wohnen v.a. Angehörige der Isaaq/Habr Jeelo, Isaaq/Habr Yonis, Isaaq/Idagala und Isaaq/Habr Awal. Die Minderheiten der Berufskasten in Somaliland werden unter dem Begriff "Gabooye" zusammengefasst (Musa Dheriyo, Tumal, Madhiban, Yibir) (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 29).

Wie in den restlichen Landesteilen bekennt sich die Verfassung zum Gebot der Nichtdiskriminierung. Clan-Zugehörigkeit spielt jedoch eine große Rolle, Minderheitenschutz besteht offiziell nicht. Das bedeutet, dass Angehörige v.a. der Gabooye weiterhin marginalisiert bleiben. Auch weiterhin kommt es zur Diskriminierung bzw. Marginalisierung der Angehörigen ethnischer Minderheiten. Eine aktive Verfolgung findet allerdings nicht statt. Die Gabooye leiden unter sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung und werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Dabei kommt es zu keiner systematischen Benachteiligung durch Polizei und Gerichte, wiewohl es vorkommt, dass Vergehen gegenüber Minderheiten-Angehörigen seitens der Polizei nicht nachgegangen wird (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 30; Beilage ./VI, S. 38 f). Die offizielle Anerkennung von Gabooye-Suldaans hat zu einer Aufwertung der berufsständischen Gruppen geführt. Ihr gesellschaftlicher Ruf hat sich dadurch generell verbessert. Damit geht auch soziale Sicherheit einher. Die Gabooye haben im xeer (traditionelles Recht) ihre Rechte. Zusätzlich sind Verfahren im xeer meist nicht korrumpierbar und fairer. Auch von den somaliländischen Gerichten werden die Minderheiten in den letzten Jahren mehrheitlich fair behandelt. In Somaliland sind die Clan-Ältesten der Minderheiten gleich wie jene der Mehrheitsclans offiziell anerkannt, und die Minderheiten sind in den politischen Parteien vertreten (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 30).

Es kommt zur Tabuisierung von Mischehen. In Somaliland lehnen die Clanfamilien Isaaq und Darod Mischehen vehement ab, während sie die Dir eher akzeptieren (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 30).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Madhibaan in Somaliland allein aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Religionsfreiheit in Somaliland

Die somaliländische Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion und verbietet die Konversion zu einer sowie die Missionierung für eine andere Religion. In Hargeysa oder Somaliland gibt es keine Religionspolizei. Der Islam und die damit verbundenen Regeln finden breite Akzeptanz. Es gibt in Somaliland keine Vorfälle von behördlichem Vorgehen gegen Nicht-Muslime. Im Oktober 2016 konnte in Hargeysa eine katholische Kirche wiedereröffnet werden (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 30; LIB Somalia 17.09.2018 - S. 91).

Es herrscht ein starker sozialer Druck, den Traditionen des sunnitischen Islam zu folgen. Eine Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird überall in Somalia als sozial inakzeptabel erachtet. Jene, die unter dem Verdacht stehen, konvertiert zu sein, müssen mit Belästigungen seitens der Gesellschaft rechnen. Andererseits gibt es keine Anzeichen dafür, dass Atheisten bzw. Personen, welche nicht die Moschee aufsuchen, Misshandlungen im Sinne des Artikels 3 EMRK zu erleiden hätten. Es gibt keine Berichte über ein staatliches Vorgehen gegen Personen aufgrund von Blasphemie, Verleumdung des Islam oder Apostasie (LIB Somalia 17.09.2018 - S. 91 f).

Medizinische Versorgung:

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft bzw. weist sie zahlreiche Schwächen auf. Die medizinische Versorgung hat sich im Laufe der letzten Jahre aber substantiell verbessert. Das öffentliche Gesundheitsnetz ist nur schwach reguliert. Die meisten Gesundheitsdienste werden von den UN und NGOs geleistet. Der Zugang zu medizinischer Versorgung variiert in ganz Somalia, ist aber in Somaliland (und Mogadischu) am besten (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 39).

Die Gesundheitsversorgung ist in den Städten konzentriert, die Organisation liegt meist bei Privaten oder bei internationalen Organisationen. Es gibt sieben öffentliche Spitäler in Somaliland, darunter das Hargeysa Group Hospital und das Berbera General Hospital. Im somaliländischen Gesundheitssystem gibt es vier Ebenen:

Die Primary Health Care Units; die Health Centers; die Referral Health Centers; und die regionalen Spitäler (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 39).

Seit dem Jahr 2010 sind in Hargeysa viele neue Gesundheitseinrichtungen - ganze Spitäler, Zahnarztpraxen, Kliniken - eröffnet worden, viele davon privat. Es gibt in Somaliland mindestens 1.000 Apotheken, diese sind aber nicht reguliert (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 40).

Grundversorgung/Wirtschaft in Somaliland

In Somaliland ist es den Menschen aufgrund der besseren Sicherheitslage und der grundsätzlich besseren Organisation der staatlichen Stellen und besseren staatlichen Interventionen im Krisenfalle rascher möglich, den Lebensunterhalt wieder aus eigener Kraft zu bestreiten (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 36).

Die Arbeitslosigkeit in Somaliland beträgt bei jungen Menschen rund 60%. Die Suche nach Arbeitsmöglichkeiten gehört zu den Hauptgründen für Migration. Die Regierung hat gemeinsam mit der Weltbank im November 2017 ein Programm gestartet, das rund 3.500 Jobs schaffen soll. Dabei wird in hunderte Betriebe investiert. Der Privatsektor trägt 90% zum BIP bei. Im Land herrscht noch immer ein großes Maß an Armut. Die fehlende Anerkennung hindert das Land vor allem daran, wirtschaftlich voranzukommen. Keine internationale Bank lässt sich nieder. Äthiopien ist der einzige treue Handelspartner. Viele Familien sind abhängig vom Geld der Diaspora (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 36).

Somaliländer, die im Ausland an Geld und materielle Ressourcen gekommen sind, kehren zunehmend aus der Diaspora zurück und sind vor allem am wirtschaftlichen Vorankommen des Landes interessiert. Der Handel und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt. Der somaliländische Shilling ist verhältnismäßig stabil. Der Bildungssektor in Somaliland verbessert sich ständig (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 36).

Versorgungslage in Somaliland:

In den meisten nördlichen und zentralen Regionen waren die Regenfälle von Karan (Juli-September 2018) und Deyr 2018 (September-November 2018) unterdurchschnittlich, aber die Bedingungen auf den Weiden waren unterschiedlich. Dies ist 43 Prozent weniger als der im Juli 2018 prognostizierte Betrag und 76 Prozent weniger als die durchschnittliche Getreideproduktion von Gu/Karan für die Jahre 2011 - 2017. Hauptgründe für die schlechte Produktion sind unterdurchschnittliche und schlecht verteilte Gu/Karan-Regenfälle, Trockenperioden, Schädlingsbefall und Vogelangriffe (Bericht FSNAU, Food Security and Nutrition vom 22.12.2018 - Beilage ./V, S. 1, 5). In den meisten Lebenszonen, darunter große Teile der Regionen Bari, Nugal, Sanaag, Sool und North Mudug sowie die meisten Hirten- und Agropastoralgebiete in zentralen Regionen, war die Weide und Wasser unterdurchschnittlich bis arm. Andererseits verbesserten atypische Niederschläge im Nordwesten Ende September und Oktober 2018 die Bedingungen für Weideland im Nordwesten (Beilage ./V, S. 5).

In den meisten Regionen des Nordwestens und des Südens des Landes bleiben die tierischen Körperbedingungen für alle Arten normal bis überdurchschnittlich, was auf die nahezu durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen Bedingungen auf dem Festland und die Verfügbarkeit von Trockenweiden in Regenmangelgebieten zurückzuführen ist (Beilage ./V, S. 6).

Die Preise für lokale und importierte Lebensmittel bleiben stabil. Die Arbeits-/Getreidebedingungen, die die Kaufkraft armer Haushalte messen, haben sich verbessert. Da jedoch erwartet wird, dass die Deyr-Regenzeit 2019 und deshalb die Ernte unterdurchschnittlich sein wird, werden die lokalen Lebensmittelpreise voraussichtlich ab Februar 2019 steigen, was sich wahrscheinlich negativ auf die Ergebnisse der Ernährungssicherheit auswirken wird (Beilage ./V, S. 1).

Die Stadt Hargeysa wird als IPC-2 Kategorie eingestuft, IDPs in dieser Stadt werden als IPC-3 Kategorie eingestuft (Beilage ./V - S. 13). IPC-Kategorie 2 wird wie folgt definiert: "Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region Folgendes oder schlimmer: Sie haben gerade ausreichend Lebensmittel, können sich aber keine sonstigen Ausgaben leisten ohne unwiderrufliche Bewältigungsstrategien einschalten zu müssen - Even with humanitarian assistance at least one in five households in the area have the following or worse: Minimally adequate food consumption but are unable to afford some essential non-food expenditures without engaging in irreversible coping strategies" (Beilage ./VI).

Rückkehrer:

Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u. a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie). Daher gilt als allgemeine Regel, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Beide - Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan - bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht (LIB Somalia 17.09.2018, S. 135).

Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration hängt in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person ab. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren. Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (LIB Somalia 17.09.2018, S. 136).

Dies gilt entsprechend auch für eine Rückkehr in die Stadt Hergeysa in Somaliland, zumal sich die Versorgungs- und Sicherheitslage in Somaliland besser darstellt als in Südsomalia.

IOM Länderbüros unterhalten Rückkehrprogramme nach Somaliland. Somaliland akzeptiert nur aus Somaliland stammende Rückkehrer und Angehörige der ansässigen Clans oder Sub-Clans. Vor der Rückkehr wird versucht die Familie und Verwandte ausfindig zu machen und führt ein Screening des Rückkehrwilligen durch. Nur dann wird von Somaliland die Genehmigung zur Rückkehr erteilt (LIB Somaliland 17.09.2018 - S. 40).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VI (Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister, Schengener Informationssystem - Beilage ./I; Länderinformations-blatt der Staatendokumentation über Somalia vom 12.01.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 17.09.2018 - Beilage ./II; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Somali Land vom 12.01.2018, mit Kurzinformation vom 17.09.2018 - Beilage ./III; Focus Somalia zu Clans und Minderheiten vom 31.05.2017 - Beilage ./IV; Bericht FSNAU, Food Security and Nutrition vom 22.12.2018 - Beilage ./V; Fews Net, Overview of the Integrated Phase Classification, Mai 2017 - Beilage ./VI) und Beilage ./A bis ./F (Praktikumsbestätigung als ehrenamtlicher Mitarbeiter vom 20.12.2018 - Beilage ./A; Teilnahmebestätigungen für Jugendcollege vom 03.09.2018 - Beilage ./B; Bestätigung freiwillige Mitarbeit vom 10.10.2018 - Beilage ./C; Empfehlungsschreiben - Beilage ./D; Empfehlungsschreiben vom März 2018 - Beilage ./E; Stellungnahme Bewährungshilfe vom 19.01.2018 - Beilage ./F).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Bei der Beurteilung des Vorbringens des Beschwerdeführers findet in die Beweiswürdigung Eingang, dass es sich beim Beschwerdeführer bei den Einvernahmen teilweise um einen Minderjährigen handelte und das behauptete fluchtauslösende Ereignis in der Jugend des Beschwerdeführers zurückliegen würde, sodass die Dichte des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht mit "normalen" Maßstäben gemessen werden kann (vgl. VwGH 24.09.2014, 2014/19/0020). Der Beschwerdeführer war bei der Erstbefragung ca. 14 Jahre alt, bei der Einvernahme beim Bundesamt war der Beschwerdeführer ca. 16 Jahre alt, bei der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht war der Beschwerdeführer bereits volljährig. Das erkennende Gericht nimmt deshalb darauf Bedacht, dass die Erzählung der Fluchtgeschichte vor dem Bundesamt und bei der Erstbefragung aus der Perspektive eines Minderjährigen erfolgte.

2.1.2. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Muttersprache sowie zu seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre und wirtschaftliche Situation in Somaliland, seine Schulbildung und Ausbildung als Masseur) gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer hat in der Erstbefragung zwar angegeben in Hargeysa geboren worden zu sein (AS 7). Beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung hat er jedoch schlüssig erklären können, dass er in Mogadischu geboren worden sei, aber bereits im Alter von zwei Jahren nach Hargeysa gezogen sei (AS 223; OZ 9, S. 7, 11). Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer in Mogadischu geboren wurde und im Kleinkindesalter mit seiner Familie nach Hargeysa gezogen ist.

Dass der Vater des Beschwerdeführers gemeinsam mit seiner Familie nach Hargeysa gezogen ist, ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, wo er seine Familienangehörigen (Vater, Mutter, zwei Brüder und vier Schwestern) in Somaliland aufzählte und angab, dass alle in Hargeysa aufhältig seien (AS 7 und 11). In der Beschwerdeverhandlung befragt, warum er bei der Polizei zweimal angegeben habe, dass alle seine Familienangehörigen, auch sein Vater, in Hargeysa wohnhaft sei, gab der Beschwerdeführer folgendes an: "BF: Ich habe gesagt, meine Familie war zuletzt in Hargeysa. Ich habe nicht gesagt, dass mein Vater in Hargeysa ist. R: Sie haben gesagt, dass alle wohnhaft in Hargeysa sind. BF: Nein, das habe ich nicht gesagt. Es war so, wie ich es jetzt gesagt habe." (OZ 9, S. 22). Da der Beschwerdeführer die Rückübersetzung der Niederschrift der Erstbefragung jedoch durch Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigt und keine Einwendungen dagegen erhoben hat, wertet das Gericht dies als bloße Schutzbehauptung (vgl. nähere Ausführung unter Punkt II.2.2.1.).

Zudem gab der Beschwerdeführer in der Erstbefragung an, dass sein Vater in Nordsomalia [wohl gemeint Somaliland] Probleme gehabt habe, weil er in Südsomalia als Polizist tätig gewesen sei und deshalb auch immer wieder ins Gefängnis gesteckt worden sei. Die Familie des Beschwerdeführers sei in der Stadt Hargeysa auch immer wieder angegriffen worden, weil der Vater des Beschwerdeführers einen südsomalischen Dialekt habe (AS 17). Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt angab, dass sein Vater seine Familie in Hargeysa ein einziges Mal besucht und sich dabei versteckt habe (AS 230), führte er in der Beschwerdeverhandlung hingegen aus, dass sein Vater insgesamt ca. 10 Mal heimlich nach Hargeysa zu Besuch gekommen sei und sich verkleidet habe, damit man ihn nicht erkenne (OZ 9, S. 11). Dass der Vater des Beschwerdeführers lediglich zu Besuch nach Hargeysa gekommen sei, ist jedoch nicht mit seinem Vorbringen in der Erstbefragung in Einklang zu bringen, zumal nicht ersichtlich ist, wie der Vater des Beschwerdeführers während heimlichen Besuchen seiner Familie in Hargeysa immer wieder ins Gefängnis gesteckt worden sein soll. Auch hätten die Einwohner Hargeysas den südsomalischen Dialekt des Vaters des Beschwerdeführers nicht entdeckt, wäre der Vater des Beschwerdeführers tatsächlich nur für heimliche Besuche nach Hargeysa gereist. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung setzt daher voraus, dass der Vater des Beschwerdeführers mit seiner Familie in Hargeysa gelebt hat, zumal er in der Erstbefragung auch nichts Gegenteiliges vorgebracht hat. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH). Zudem ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer derart widersprüchliche Angaben betreffend die Besuche seines Vaters getätigt hat, zumal seltene Besuche eines Vaters, der mit der Familie nicht zusammenlebt, nach der allgemeinen Lebenserfahrung besonders einprägsame Ereignisse darstellen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Besuche seines Vaters minderjährig gewesen sei, er verfügt jedoch über eine sechsjährige Schulbildung, sodass von zumindest durchschnittlichen kognitiven Fähigkeiten auszugehen ist. Der Beschwerdeführer müsste daher grundsätzlich in der Lage sein, die Zahl der stattgefundenen Besuche seines Vaters annähern gleichbleibend anzugeben. Die große Differenz zwischen einem und zehn Besuchen seines Vaters ist daher absolut nicht nachvollziehbar.

Aufgrund der derart widersprüchlichen und unplausiblen Angaben des Beschwerdeführers war festzustellen, dass der Vater des Beschwerdeführers mit seiner Familie in Hargeysa gelebt hat und nicht in Mogadischu zurückgeblieben ist.

2.1.3. Dass der Beschwerdeführer dem Clan der Hawiye, dem Subclan der XXXX und dem Subsubclan der XXXX angehört, ergibt sich aus seiner diesbezüglich schlüssigen Aussage in der Beschwerdeverhandlung (OZ 9, S. 7, 9). Sofern der Niederschrift beim Bundesamt zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Hawiye, dem Stamm der XXXX entstamme und er seinen Clan nicht wisse (AS 227), ist festzuhalten, dass es sich bei den Hawiye um den Clan handle und der Beschwerdeführer mit den XXXX bereits seinen Subsubclan genannt hat. Die Angaben sind daher im Wesentlichen miteinander in Einklang zu bringen.

Der Beschwerdeführer hat beim Bundesamt befragt, ob er noch weitere Fluchtgründe habe, angegeben, dass seine Mutter einem Minderheitenclan angehöre (AS 228, 230). Auch in der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer an seine Mutter gehöre einer Minderheit an (OZ 9, S. 11, 19). Den konkreten Clan bzw. die Berufsgruppe, die seiner Mutter angehöre, habe er jedoch weder beim Bundesamt noch in der Beschwerdeverhandlung erwähnt. Lediglich in der Stellungnahme vom 20.06.2017 und der Beschwerde wurde vorgebracht, dass seine Mutter den Madhibaan angehöre. Dass der Beschwerdeführer in den Einvernahmen den Clan seiner Mutter jedoch nie konkret benannt hat, scheint unplausibel, zumal die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier ist. Dass der Beschwerdeführer in den Einvernahmen jeweils lediglich vage angegeben hat, dass seine Mutter "einer Minderheit" angehöre, ist daher nicht nachvollziehbar.

Zudem fällt auf, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnt hat, dass seine Mutter einem Minderheitenclan angehöre und er deshalb Probleme gehabt habe (AS 7 ff).

Gemäß § 19 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG) dient die Erstbefragung zwar "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und hat sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12), ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert. Die Verwaltungsbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht können im Rahmen ihrer Beweiswürdigung die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.

Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung nicht in erster Linie auf Fluchtgründe des Beschwerdeführers bezog und diese nur in aller Kürze angegeben sowie protokolliert wurden. Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung angegeben hat, dass in der Niederschrift der Erstbefragung einige Fehler enthalten seien und er seine Probleme, die zu seiner Flucht aus Somaliland geführt hätten, konkret genannt habe. Es fällt jedoch auf, dass der Beschwerdeführer auch in der Beschwerdeverhandlung aufgefordert das Vorbringen, das er bei der Polizei bezüglich seiner Fluchtgründe getätigt habe nochmals anzugeben, Probleme aufgrund der angeblichen Minderheitenzugehörigkeit seiner Mutter nicht erwähnte (OZ 9, S. 7 f; vgl. auch Ausführungen unter Punkt II.2.2.1.). Dass der Beschwerdeführer die - erst in weiterer Folge - angeführten Probleme aufgrund der Zugehörigkeit seiner Mutter zu einer Minderheit, somit einen wesentlichen Teil seiner Fluchtgründe zunächst nicht einmal ansatzweise erwähnte, ist für das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht nachvollziehbar und zumindest als Indiz für ein insgesamt nicht glaubhaftes Fluchtvorbringen zu werten. Es war daher festzustellen, dass die Mutter des Beschwerdeführers keine Angehörige der Madhibaan ist.

Der Beschwerdeführer hat in der Stellungnahme vom 20.06.2017 und in der Beschwerde ausgeführt, dass er und seine Geschwister ebenfalls als Angehörige der Madhibaan angesehen worden seien, weil der Vater des Beschwerdeführers nicht bei seiner Familie gelebt habe (AS 301). Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch festgestellt, dass die Mutter des Beschwerdeführers keine Angehörige der Madhibaan ist, der Vater des Beschwerdeführers mit seiner Familie nach Hargeysa gezogen ist und nicht alleine in Mogadischu zurückgeblieben ist. Darüber hinaus unterscheiden sich Berufsgruppen von den anderen Clans besonders durch ihre wirtschaftliche bzw. finanzielle Schwäche. Heute hat sich die Situation für die Gabooye im Vergleich zur Zeit um die Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert (vgl. Punkt II.1.5.). Der Beschwerdeführer hat jedoch zur Jahrtausendwende, ca. von 2009 bis 2014, sechs Jahre lang eine Schule in seinem Heimatort besuchen können (AS 7, 225; OZ 9, S. 10). Zudem hat der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung angegeben, dass alle seine Geschwister die Schule besucht haben (OZ 9, S. 11). Es ist daher ersichtlich, dass der Beschwerdeführer und seine Geschwister nicht als Madhibaan angesehen wurden, sonst wäre ihnen ein Schulbesuch nicht möglich gewesen. Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer keine konkreten Vorfälle oder Probleme genannt, sodass seine Angaben nicht plausibel sind.

Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer und seine Familie keinem Minderheitenclan angehören und sie auch nicht als solche angesehen wurden.

2.1.4. Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung am 08.03.2015 an, dass er im Jänner 2014 den Entschluss zu seiner Ausreise gefasst habe und dann Anfang Jänner [2014] von Hargeysa aus Somaliland ausgereist sei (AS 11). Beim Bundesamt und in der Beschwerde-verhandlung gab er hingegen an, dass er im Jahr 2013 Somaliland verlassen habe (AS 225; OZ 9, S. 12). Nach Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung führte er aus, dass er dies so nicht gesagt habe. Er wisse das Datum nicht mehr genau, aber er sei im Jahr 2013 ausgereist. Das habe er auch der Polizei damals gesagt. Befragt, ob er sich noch an seine Angaben bei der Polizei vor vier Jahren erinnern könne, gab der Beschwerdeführer an, dass er sich nicht mehr an alles erinnere, aber er sei sich sicher im Jahr 2013 Somaliland verlassen zu haben (OZ 9, S. 12). Da es - wie bereits ausgeführt - der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH) und der Beschwerdeführer in der Erstbefragung die Dauer seine Aufenthalte im Zusammenhang mit seiner Reiseroute stringent angegeben hat und diese mit einer Ausreise im Jänner 2014 in Einklang zu bringen sind, war festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2014 aus Somaliland ausgereist ist.

Die Feststellungen zur Einreise sowie das Datum der Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.1.5. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren bezüglich den Kontakt zu seiner Familie stringent angegeben, dass er den Kontakt zu seiner Familie verloren habe und bereits vergeblich versucht habe, seine Familie zu finden (AS 223, 229, 261; OZ 9, S. 12). Er konnte deshalb auch keine Angaben zum aktuellen Aufenthalt seiner Familie machen. Aufgrund der diesbezüglich stringenten Angaben, war festzustellen, dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt zu seiner Familie hat und deshalb nicht festgestellt werden kann, wo sich seine Familie derzeit aufhält.

2.1.6. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers gründen auf seiner diesbezüglich glaubhaften Aussage in der Beschwerde-verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach er derzeit gesund sei und keine Medikamente mehr nehme (OZ 9, S. 17). Dass der Beschwerdeführer an einer schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheit leidet, hat er weder vorgebracht noch ist entsprechendes im Verfahren hervorgekommen. Sofern der Beschwerdeführer Befunde älteren Datums im Verfahren vorgelegt hat, kommt diesen in Anbetracht seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung nur insofern Bedeutung zu, dass aktuell eine Behandlung und Medikamenteneinnahme des Beschwerdeführers offenkundig nicht mehr notwendig ist, zumal der Beschwerdeführer auch keine weiteren Befunde mehr vorgelegt hat.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Sofern der Beschwerdeführer angegeben hat ihm drohe Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Sicherheitskräfte Somalilands, weil sein Vater Polizist in Südsomalia gewesen sei, kommt seinem Vorbringen aus folgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Das Bundesverwaltungsgericht geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund seines persönlichen Eindrucks über den Beschwerdeführer davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen detailliert, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht worden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Zudem ergaben sich viele Ungereimtheiten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurück sowie in der Jugend des Beschwerdeführers liegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen, widersprüchlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität.

Der Beschwerdeführer hat in der Erstbefragung zu seinen Fluchtgründen befragt angegeben, dass seine Familie sehr arm sei und er [keine] Zukunft in Somalia habe. Er wolle sich in Europa weiterbilden, arbeiten und seine Familie unterstützen sowie armen Menschen helfen (AS 15). Befragt, was er im Falle einer Rückkehr befürchte, führte er aus, dass er dort keine Zukunft habe. Sein Vater habe in Nordsomalia [wohl gemeint Somaliland] Probleme, weil er in Südsomalia Polizist gewesen sei. Dieser sei immer wieder ins Gefängnis gesteckt worden, weil man ihn als Spion verdächtigt habe. Wenn der Beschwerdeführer jetzt nach Südsomalia gehen müsste, hätte er wegen seiner nordsomalischen Aussprache Probleme dort. Befragt, ob es konkrete Hinweise gäbe, dass er bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, Strafe oder die Todesstrafe drohen würde, gab der Beschwerdeführer an, dass schon zweimal versucht worden sei ihn umzubringen, weil sein Vater Polizist in Südsomalia gewesen sei. In der Stadt Hargeysa seien die Einwohner sehr rassistisch, weshalb der Beschwerdeführer und seine Familie aufgrund des südsomalischen Dialekts seines Vaters immer wieder angegriffen worden seien (AS 17).

In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass es in der Niederschrift der Erstbefragung einige Fehler gäbe, weil der Dolmetscher sein Vorbringen missverstanden habe. Der Beschwerdeführer habe gedacht, dass der Dolmetscher sein Vorbringen so übersetzt habe, wie er es gesagt und gemeint habe. So habe er bei der Erstbefragung angegeben, dass er wegen Problemen geflüchtet sei. (OZ 9, S. 7). Konkret nach seinem Vorbringen bei der Polizei befragt, hat er folgendes ausgeführt:

"R: Was haben Sie denn gesagt, als Sie von der Polizei gefragt wurden, warum Sie das Land verlassen haben?

BF: Das ich dort Probleme hatte und diese haben mich zur Flucht gebracht.

R: Haben Sie bei der Erstbefragung gesagt, welche Probleme das waren?

BF: Ja, ich habe gesagt, welches Problem ich habe. Aber ich weiß nicht, wie es übersetzt wurde.

R: Ich möchte wissen, was Sie bei der Erstbefragung auf die Frage, warum Sie das Land verlassen haben - Punkt 11., damals gesagt haben.

BF: Ich sagte, es gibt eigene Spezialkräfte. Ich weiß nicht, wer diese Kräfte waren. Ich habe ihre Weste gesehen. Es waren drei Symbole auf der Weste. Sie waren vermummt und mit Gewehren bewaffnet. Wegen meines Vaters wollten sie mich töten. Bevor diese eigenen Spezialkräfte zu mir kamen, kamen die Polizei von der Stadt zu mir und haben ein Messer heiß gemacht und haben eine Brandwunde auf der Wange zugefügt. Sie sagten, dass ich verraten soll, wo sich mein Vater aufhält. Sie haben mir vorgeworfen, dass ich verheimliche, wo sich mein Vater versteckt.

R: Haben Sie die Frage vorhin verstanden?

BF: Das Problem, was mich zur Flucht gebracht hat, oder?

R: Nein, ich habe Sie gefragt, was Sie bei der Erstbefragung gesagt haben auf die Frage warum haben Sie Ihr Land verlassen (Fluchtgrund Punkt 11.).

BF: Ich habe das gleiche gesagt, was ich Ihnen jetzt gesagt habe.

R: Genau so?

BF: Ja.

R: Dann erzählen Sie mir weiter, was Sie bei der Polizei bei der Erstbefragung noch erzählt haben.

BF: Ich habe vormittags die Schule besucht und nachmittags die Koranschule. An dem Tag habe ich gefehlt, weil ich Bauchschmerzen hatte. Ich war zuhause. An dem Tag ist das Problem passiert. Ich hatte auch Kopfschmerzen. Ich hatte Tabletten in der Hand. Ich wollte mir Wasser holen. Ich wollte in die Küche. Es gab ein Fenster im Zimmer. Das war im Vorraum, zwischen dem Zimmer und der Küche. Durch das Fenster habe ich diese eigenen Einheiten gesehen. Sie waren bewaffnet und ich bekam Angst. Hinter der Küche gab es eine Hintertür. Wir haben zwei Türen für das Haus gehabt. Ich bin durch die Hintertür barfuß geflüchtet. Ich bin gelaufen. Ich habe vor lauter Angst geweint. Hinter dem Haus gab es eine Stelle, wo das Regenwasser geflossen ist. Es gab dort auch Büsche. Ich bin durch die Büsche und durch den Wasserkanal gelaufen. Nachdem ich einige Zeit gelaufen bin, bin ich zu einer Straße gekommen, wo die Autos sind. Es war eine unebene Straße, aber die Autos sind auch gefahren. Ich habe dann ein Auto ein Handzeichen gegeben und herangewunken. Der Fahrer hat angehalten. Einige Autos haben nicht angehalten, aber der LKW-Fahrer hat angehalten. Ich habe den Fahrer um Hilfe gebeten. I

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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