TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/9 W251 2165928-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2019
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Entscheidungsdatum

09.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2165928-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2017 zur Zl. 1108019601-160363197, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 10.03.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er in seiner Heimat als Arzt bei einer amerikanischen Hilfsorganisation gearbeitet habe. Er sei deshalb von der Terrormiliz Al Shabaab telefonisch terrorisiert worden, weil er als Spion beschuldigt worden sei. Er sei von der Al Shabaab telefonisch geortet und verfolgt worden, weshalb sich der Beschwerdeführer unsicher gefühlt und psychische Probleme bekommen habe. Er sei von der Al Shabaab aufgefordert worden, seine Tätigkeit zu beenden und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Er habe deshalb Somalia verlassen. Er befürchte im Falle einer Rückkehr von der Al Shabaab getötet zu werden

3. Am 12.04.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Dabei gab er an, dass er eines Tages von der Al Shabaab angerufen und aufgefordert worden sei, seine Tätigkeit für die NGO zu beenden und mit der Al Shabaab zusammenzuarbeiten. Da der Beschwerdeführer sich geweigert habe, sei er mit dem Tod bedroht worden. Er sei daraufhin zu seinem Onkel gegangen und habe sein Telefon ausgeschaltet. Mitglieder der Al Shabaab seien dann zuhause bei seiner Frau aufgetaucht und hätten die Wohnung durchsucht. Seine Frau sei daraufhin zu ihrer Familie gefahren und der Beschwerdeführer habe Somalia verlassen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei abgesehen von dem Problem mit seinem Auge ein gesunder, arbeitsfähiger Mann mit Schulbildung, Universitätsbesuch und Berufserfahrung, der in Somalia über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge, weshalb er mit Unterstützung rechnen könne. Er würde bei einer Rückkehr nach Somalia somit nicht in eine ausweglose Situation geraten. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Verfahren beim Bundesamt nicht den Anforderungen des amtswegigen Ermittlungsverfahrens gemäß § 18 Abs. 1 AsylG genügt habe. So seien die getroffenen Länderfeststellungen unvollständig, weil das Bundesamt veraltete Länderberichte herangezogen habe, die sich nur unzulänglich mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen würden. Zudem habe das Bundesamt das Parteiengehör verletzt, weil es dem Beschwerdeführer seine Zweifel und Argumente bezogen auf seine Glaubwürdigkeit nicht mitgeteilt habe. Das Bundesamt habe sich mit dem konkreten Fall des Beschwerdeführers nur mangelhaft befasst, weshalb es nicht möglich sein konnte, den Sachverhalt in seiner Gesamtheit zu erfassen und zu einer entsprechenden Entscheidung zu gelangen. Dem Beschwerdeführer drohe wegen der Zugehörigkeit zur ethnischen Gruppe der Reer Xamar massive Diskriminierungen und Schikanen und aufgrund seiner politischen Gesinnung vonseiten der Al Shabaab Verfolgung, weshalb ihm der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen sei. Aufgrund der allgemein schlechten Menschenrechts- und Sicherheitslage in Somalia und der Clanzugehörigkeit des Beschwerdeführers, könne nicht mit der notwendigen Sicherheit eine Verletzung von Art. 3 EMRK ausgeschlossen werden, weshalb ihm jedenfalls subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei. Zudem hätte aufgrund der fortgeschrittenen Integration des Beschwerdeführers die Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig erklärt und ihm eine Aufenthaltsberechtigung (plus) erteilt werden müssen. Unter einem legte er ärztliche Befunde und Unterlagen betreffend die Integration des Beschwerdeführers in Österreich vor.

6. Mit Urkundenvorlage vom 31.07.2017, 24.08.2017, 14.09.2017, 06.10.2017, 05.07.2018, 01.08.2018 und 06.12.2018 legte der Beschwerdeführer Unterlagen betreffend seine Integration in Österreich vor.

7. Mit, als Beschwerdeergänzung bezeichneten Schriftsatz vom 14.03.2018, wurde vorgebracht, dass die Schwester des Beschwerdeführers von einem Angehörigen des Mehrheitsclans der Abgaal, bei dem sie als Hausmädchen beschäftigt gewesen sei, vergewaltigt worden sei. Es sei daraufhin am 20.02.2018 zu einer Auseinandersetzung zwischen diesem Mann und dem Vater des Beschwerdeführers gekommen und der Vater des Beschwerdeführers dabei getötet worden. Aufgrund der Minderheitenclanzugehörigkeit habe die Familie des Beschwerdeführers keinen Schutz erhalten. Da der Beschwerdeführer einer ethnischen Minderheit angehöre, sei ihm jedenfalls der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 24.01.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist somalischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Somali als Muttersprache sowie weiters die Sprachen Englisch, Arabisch und Ahmaric. Er ist verheiratet und hat keine Kinder (AS 5, 56; Protokoll vom 24.01.2019 = OZ 22, S. 6).

Der Beschwerdeführer ist Angehöriger des Clans der Reer Xamar, des Subclans der XXXX und des Subsubclans der XXXX (AS 56; OZ 22, S. 6).

Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt Mogadischu geboren und ist in Mogadischu im Stadtteil XXXX gemeinsam mit seinen Eltern und seinen acht Geschwistern (drei Brüder und fünf Schwestern) in einem Eigentumshaus aufgewachsen (AS 58; OZ 22, S. 7). Nach der traditionellen Heirat des Beschwerdeführers ist er mit seiner Frau in eine Mietwohnung in Mogadischu gezogen (AS 57; OZ 22, S. 7). Der Vater des Beschwerdeführers ist im Rollstuhl gesessen (OZ 22, S. 10), dieser ist nunmehr verstorben (OZ 22, S. 8). Die Mutter des Beschwerdeführers hat in Mogadischu ein Bekleidungsgeschäft betrieben. Der Beschwerdeführer und seine Geschwister haben ebenfalls zum Familieneinkommen beigetragen (AS 58; OZ 22, S. 10). Die finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers in Somalia war durchschnittlich (AS 57; OZ 22, S. 7).

Der Beschwerdeführer hat von 1998 bis 2007 (1.-9. Klasse) die Grundschule und von 2007 bis 2010 (9.-12. Klasse) ein Gymnasium besucht. Er verfügt insgesamt über eine zwölfjährige Schulbildung. Von 2011 bis 2015 hat der Beschwerdeführer an der Plasma Universität in Mogadischu Public Health studiert und das Studium im August 2015 mit dem Titel Bachelor of Science in Public Health abgeschlossen (AS 57, 93- 101; OZ 22, S. 6).

Der Beschwerdeführer war von 01.10.2014 bis 30.06.2015 als Community Health Worker für die International Medical Corps Somalia Mission in Mogadischu tätig (AS 81, 103-105). Er hat vom 19.10.2015 bis 31.12.2015 nicht als Community Health Promoter für die International Medical Corps gearbeitet.

Der Beschwerdeführer hat Somalia, bereits vor seiner Reise in Richtung Europa, mehrmals verlassen und ist anschließend wieder nach Somalia zurückgekehrt (AS 67-71). Der Beschwerdeführer ist am 23.11.2015 endgültig aus Somalia in Richtung Europa ausgereist (AS 58; OZ 22, S. 7).

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und stellte am 10.03.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (AS 5 ff).

Die Ehefrau des Beschwerdeführers, seine Mutter, drei Brüder, drei Schwestern, seine Tante mütterlicherseits und ein Cousin väterlicherseits leben noch in Somalia in der Stadt XXXX (AS 7, OZ 22, 8 ff, 22). Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Ehefrau und seinen Familienangehörigen in XXXX (OZ 22, S. 10). Die Familie des Beschwerdeführers verfügt in Mogadischu noch über ein Eigentumshaus sowie in XXXX über eine Landwirtschaft, die vom Cousin des Beschwerdeführers betrieben wird (OZ 22, S. 9, 11).

Der Beschwerdeführer verfügt weiters noch über eine Schwester in Schweden und eine Schwester in England (AS 9, 57; OZ 22, S. 8).

Der Beschwerdeführer weist bereits seit seiner Kindheit (AS 55) am XXXX Auge ein XXXX auf (AS 69-71 [ident mit AS 275-276]). Er benötigt deshalb weder ärztliche Behandlung noch Medikamente und er ist im Alltag keinen Einschränkungen unterworfen. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund und arbeitsfähig.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist von Mitgliedern der Al Shabaab weder aufgefordert worden seine Tätigkeit zu beenden noch sich ihnen anzuschließen. Die Al Shabaab hat seine Frau zuhause nicht aufgesucht und die Wohnung des Beschwerdeführers nicht durchsucht. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familienangehörigen wurden jemals von der Al Shabaab bedroht oder aufgesucht.

Der Beschwerdeführer wurde weder während noch nach seiner Tätigkeit als Community Health Worker für die International Medical Corps Somalia Mission vom 01.10.2014 bis 30.06.2015 von der Al Shabaab bedroht.

Der Beschwerdeführer hat Somalia weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Im Falle der Rückkehr nach Somalia droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Angehörige der Al Shabaab oder durch andere Personen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hatte in Somalia selber keine konkret und individuell gegen ihn gerichteten Probleme aufgrund seiner Clanzugehörigkeit.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in die Stadt Mogadischu kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

Der Beschwerdeführer kann in Mogadischu grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer ist mit den Gepflogenheiten in Somalia vertraut. Er hat keine Unterhaltsverpflichtungen. Er verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in XXXX und kann im Eigentumshaus seiner Familie in Mogadischu wohnen. Er kann zumindest anfänglich von seinen Familienangehörigen in Somalia sowie von seinen zwei Schwestern aus Schweden bzw. England finanziell unterstützt werden und dann selber für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Somalia in Mogadischu wieder Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragsstellung am 10.03.2016 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG in Österreich durchgehend aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht (AS 77 [ident mit AS 79], 85, 87, 109; Beilage zu OZ 2, OZ 4, OZ 8, OZ 14 und OZ 15) und die ÖSD-Prüfung für die Stufe A2 sehr gut (AS 273), für die Stufe B1 befriedigend bestanden (Beilage zu OZ 9). Er ist bereits zweimal zur ÖSD- Prüfung für die Stufe B2 angetreten, hat diese jedoch nicht bestanden (Beilage zu OZ 20). Er verfügt über gute Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer hat am Werte und Orientierungskurs teilgenommen (Beilage zu OZ 15). Er hat im Laufe der Jahre 2016 und 2017 am Projekt eines Museums "Soziale Skulptur" teilgenommen (AS 271).

Der Beschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung. Er hat von Juni bis Juli 2016 über das Projekt Nachbarschaftshilfe der Caritas ehrenamtliche Tätigkeiten erbracht (AS 75).

Der Beschwerdeführer hat freundschaftliche Kontakte zu Österreichern knüpfen können. Er wird von seiner Deutschlehrerin und in seiner Nachbarschaft und der Gemeinde sehr geschätzt (AS 75, 77 [ident mit AS 79]; Beilage zu OZ 2 und OZ 8). Er verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Politische Situation

Das Gebiet von Somalia ist in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt. Somaliland, Puntland sowie Süd-/Zentralsomalia. Im Jahr 1988 brach in Somalia Bürgerkrieg aus. Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somalia vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - LIB 17.09.2018, S. 13 f).

Mogadischu:

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv. Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der Al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die Al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (LIB 17.09.2018, S. 37). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es besteht kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (LIB 17.09.2018, S. 37).

Insgesamt verlegt sich Al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität. Dabei sucht die Al Shabaab ihre Ziele vor allem im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko eines Eingriffs in die körperliche Integrität oder Lebensgefahr ausgesetzt wäre (LIB 17.09.2018, S. 38).

Das Risiko einer Hungersnot ist durch den Regen reduziert worden. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben begonnen sich auf Normalwerte einzupendeln (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend Humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu vom 11.05.2018 - Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 11). In Mogadischu gilt dies insbesondere für Mais. Bei Reis hingegen hat es auch während der Dürre keine großen Preisschwankungen gegeben (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 16).

In Mogadischu sind 28% der Bevölkerung arbeitssuchend. 6% der Jugendlichen sind arbeitssuchend (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 19). Es gibt in Mogadischu bessere Job-Aussichten als in den meisten anderen Teilen Somalias, auch für Jugendliche ohne Bildung und Arbeitserfahrung. Während in Somalia die meisten Menschen in der Landwirtschaft arbeiten, arbeiten in Mogadischu die meisten Menschen im Handel bzw. im Dienstleistungssektor oder in höheren bildungsabhängigen Berufen (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 21). Das Auswahlverfahren im Arbeitsleben basiert oft auf Clanbasis, gleichzeitig werden aber viele Arbeitsplätze an Rückkehrer aus der Diaspora vergeben. Es gibt auch Beschäftigungsmöglichkeiten, die von vielen Somaliern nicht in Anspruch genommen werden, da diese Arbeit als minderwertig erachtet wird, z.B. Friseur, Kellner oder Reinigungsarbeiten (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 22).

Die somalische Wirtschaft zeigt eine positive Entwicklung. Die Schaffung an Arbeitsplätzen bleibt jedoch unter den Bedürfnissen. Trotzdem gibt es in Mogadischu aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Möglichkeiten. Das Durchschnittseinkommen für Jugendliche beträgt 190 USD im Monat. In Mogadischu beträgt das Durchschnittseinkommen 360 USD im Monat. Fast 10% der Jugendlichen in Mogadischu verdienen mehr als 400 USD im Monat (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 23-24).

Mogadischu ist über einen internationalen Flughafen sicher erreichbar (LIB 17.09.2018, S. 144). Mogadischu verfügt über einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken. Die medizinische Versorgung in Somalia ist mangelhaft, diese ist in Somaliland und Mogadischu am besten. In Mogadischu wurden seit 2014 einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken neu eingerichtet. In Somalia gibt es fünf Zentren zur Betreuung psychischer Erkrankungen. Diese befinden sich in Berbera, Bossaso, Garoowe, Hargeysa und Mogadischu. Allerdings arbeiten insgesamt nur drei Psychiater an diesen Einrichtungen (LIB 17.09.2018, S. 138).

Al-Shabaab:

Ziel der Al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an. Je höher der militärische Druck auf al Shabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Dabei ist auch die Al Shabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (LIB 17.09.2018, S. 49).

Zwangsrekrutierung:

Die Al Shabaab ist insgesamt professionell, gut organisiert und ausgerüstet. Um eine derartige Organisation aufrecht zu erhalten, kann man sich nicht nur auf Zwangsrekrutierung verlassen. Zwangsrekrutierung entspricht daher nicht dem "modus operandi" der Al Shabaab. Eine zu hohe Anzahl an Kämpfern die gegen ihren Willen eingesetzt werden, schwächen die Organisation. Zwangsrekruten passen nicht ins System. Rekruten werden üblicherweise für vier Monate in einem Lager ausgebildet, jeder, der sich im Verlauf der Ausbildung als untauglich erweist, wird von der Al Shabaab nach Hause geschickt. Nur wenn es Umstände und taktische Gründe erforderlich machen, werden Rekruten zwangsweise ausgebildet, z.B. wenn an einem Ort aus taktischen Gründen rasch und dringend einige Rekruten gebraucht werden (Fact Finding Mission Report Somalia - FFM August 2017, S. 49).

Druck wird hingegen oft ausgeübt, wobei dieser Druck wesentlich stärker als jeder Zwang ist. Die Al Shabaab verbreiten die Botschaft, dass Menschen in Süd- und Zentralsomalia in einer Konfliktzone leben und bewaffneten Gruppen ausgeliefert seien. Diese Nachricht richtet sich speziell an schwache Clans. Die Möglichkeit einer Rekrutierung hängt davon ab, ob das betroffene Gebiet unter Kontrolle der Al Shabaab steht. Dort erfolgt die Anwerbung in Schulen oder generell unter Jugendlichen (FFM August 2017, S. 51). Es erfolgt die Rekrutierung auch über die Clans. Al Shabaab schließt mit Clans Übereinkommen, in denen vereinbart wird, dass der Clan eine gewisse Anzahl an Rekruten stellt. Schwächere Clans erwarten sich von der Al Shabaab Unterstützung, Al Shabaab wird von manchen Minderheiten als Beschützer angesehen. Bei benachteiligten Clans werden vermehrt Kämpfer angeworben. Es besteht bei schwachen Clans ein höherer Anreiz der Al Shabaab beizutreten (FFM August 2017, S. 52).

Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates:

Staatlicher Schutz ist in Gebieten der al Shabaab nicht verfügbar (LIB 17.09.2018, S. 50). In Mogadischu und anderen urbanen Gebieten unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten können die Behörden schutzwillig sein, jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dies kann der strukturellen Schwäche der Sicherheitskräfte, dem Mangel an Ressourcen, Ausbildung und Ausrüstung, schwachen Kommandostrukturen, der Korruption und der Straflosigkeit für schwerste Verbrechen angelastet werden (LIB 17.09.2018, S. 65).

Clanstruktur:

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalier üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem. Allerdings gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine andere Person angehört (LIB 17.09.2018 - S. 94).

Dabei gelten als "noble" Clanfamilien die traditionell nomadischen Hawiye, Darod, Dir und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Es ist nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Isaaq und Digil/Mirifle stellen wohl je 20-25% der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Als Minderheiten werden jene Gruppen bezeichnet, die aufgrund ihrer geringeren Anzahl schwächer als die "noblen" Mehrheitsclans sind. Dazu gehören Gruppen mit nichtsomalischer ethnischer Abstammung; Gruppen, die traditionell als unrein angesehene Berufe ausüben (LIB 17.09.2018 - S. 94 f).

Außerhalb des Clansystems finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten. Die wichtigsten ethnischen Minderheiten sind die Bantu (größte Gruppe), die Benadir (Dachbegriff) und die Bajuni (LIB 17.09.2018 - S. 96; Focus Somalia Clans und Minderheiten - Beilage ./VI, S. 12).

Benadiri ist ein Dachbegriff für verschiedene voneinander unabhängige urbane Minderheiten, die in den Küstenstädten des Südens leben wie z.B. in Mogadischu, Merka oder Baraawe. Die Benadiri-Gruppen beschäftigen sich traditionell mit Handel. Sie haben eine gemischte Abstammung aus Somalia, Arabien (Oman), Persien, Indien und Portugal. Die Benadiri umfassen folgende Gruppen: die Reer Xamar, die in der Altstadt von Mogadischu (Stadtbezirke Xamar Weyne, Xamar Jabjab, Shangaani) leben, die Shangaani aus dem Stadtbezirk Shangaani, die Reer Merka aus der Stadt Merka und die Barawani aus Baraawe (LIB 17.09.2018 - S. 96; Beilage ./VI, S. 12; BAMF Minderheiten in Somalia - Beilage ./V, S. 7).

Die Reer Hamar sind die Nachkommen der ursprünglichen Einwohner der Altstadt von Mogadischu, deren Vorfahren arabische und persische Einwanderer waren. Sie bilden ca. 0,5% der Gesamtbevölkerung. Als Siedlungsgebiet werden v.a. die Bezirke Hamarweyene und Shangani in Mogadischu sowie Merka angegeben. Sie betätigen sich traditionell als Kaufleute und Fischer. Einige Gruppen haben ein Klientelverhältnis zum Hawiye-Clan der Hawadle (Beilage ./V, S. 8).

Die Reer Hamar sind nicht machtlos und in der Lage, sich am lokalen Machtspiel mit den großen Clans zu beteiligen. Sie werden nur selten Ziel von Angriffen durch andere Clans. Die bedeute jedoch nicht, dass die sie keinen Diskriminierungen mehr ausgesetzt seien, vielmehr gebe es einige Faktoren zu ihren Gunsten. So haben sie in Mogadischu heute politische Positionen innerhalb der TFG, in der Regionalverwaltung von Benadir sowie in der Lokalverwaltung von Mogadischu inne (Beilage ./V, S. 9). Die Benadiri sind gemeinhin als Händler respektiert. Die Existenz einer dynamischen Wirtschaftsgemeinde der Benadiri ist erwiesen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen. Benadiri können sich auf der Suche nach einem Lebensunterhalt an diese Gemeinde wenden (LIB 17.09.2018 - S. 96 f).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Reer Xamar in Somalia allein aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Non Gouvernement Organisations (NGO)

Im gesamten somalischen Kulturraum bestehen zahlreiche internationale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen, die sich um die Belange verletzlicher Personen kümmern. Dazu gehören u. a. Binnenvertriebene, Frauen, Kinder und andere sozial benachteiligte Gruppen. Zahlreiche lokale und internationale Menschenrechtsgruppen sind in jenen Gebieten Süd-/Zentralsomalias und Puntlands, die sich nicht unter der Kontrolle der al Shabaab befinden, aktiv. Sie untersuchen Vorfälle, veröffentlichen Ergebnisse und werden möglicherweise politisch gebilligt und gefördert. Die Regierung ist hinsichtlich der Ergebnisse einigermaßen kooperativ und reagiert auf Vorwürfe (LIB 17.09.2018, S. 72).

Allerdings die Bewegungsfreiheit von Organisationen in Süd-/Zentralsomalia durch Sicherheitserwägungen eingeschränkt. Al Shabaab verbietet den meisten internationalen NGOs, ihrer Arbeit nachzugehen. Außerdem kommt es zur Belästigung von NGOs seitens der Regierung sowie zu Repressionen durch staatliche Sicherheitsorgane, die auf eigene Faust und im eigenen Interesse agieren (LIB 17.09.2018, S. 72).

Gezielte Angriffe auf humanitäre Organisationen gibt es weiterhin. Alleine in den ersten sieben Monaten des Jahres 2016 waren humanitäre Organisationen von 90 sicherheitsrelevanten Zwischenfällen betroffen. Dabei wurden sieben Mitarbeiter getötet und acht weitere verletzt. Außerdem wurden zehn Mitarbeiter verhaftet und drei weitere entführt. Das Umfeld für humanitäre Kräfte bleibt gefährlich, es gab sogar eine Steigerung bei Angriffen auf diese Personengruppe durch nicht-staatliche bewaffnete Kräfte. Al Shabaab entführt gezielt humanitäre Kräfte. Davon waren 2017 bis Mitte September 27 Personen betroffen, von denen sich im November 2017 sechs Personen noch in der Gewalt der Gruppe befanden. Insgesamt ist der Anstieg an Gewalt gegen diese Personengruppe auch damit zu erklären, dass aufgrund der Dürre deren Aktivitäten massiv verstärkt worden sind (LIB 17.09.2018, S. 72).

Korruption

Somalia war im Jahr 2016 laut Transparency International zum wiederholten Male das korrupteste Land der Welt (Platz 176). Trotz einiger kleiner Fortschritte bei der öffentlichen Finanzgebarung ist es den Bundesbehörden weiterhin nicht möglich, der weit verbreiteten Korruption entgegenzutreten. Regierungsbedienstete und -Offizielle beteiligen sich häufig an Korruption. Es gibt zwar ein Gesetz gegen Korruption in der Verwaltung, dieses wird aber nicht effektiv angewendet. Auch das Justizsystem ist von Korruption durchdrungen (LIB 17.09.2018, S. 71).

Rückkehrer:

Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u. a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie). Daher gilt als allgemeine Regel, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Beide - Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan - bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht (LIB 17.09.2018, S. 135).

Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration hängt in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person ab. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren. Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (LIB 17.09.2018, S. 136).

Allein die Tatsache, dass eine Person nach Somalia zurückkehrt, macht diese nicht zum Ziel - auch nicht für die Al Shabaab. Rückkehrern in Gebiete der Al Shabaab könnte vorgeworfen werden, als Spione zu dienen. Ob ein Rückkehrer zum Ziel der Al Shabaab wird, hängt maßgeblich von seinem eigenen Verhalten ab. Alleine die Tatsache, dass eine Person aus dem Westen zurückgekehrt ist, spielt bei einer Rückkehr in das Gebiet der Al Shabaab keine Rolle. Viel wichtiger sind die Zugehörigkeit zu Familie und Clan und die Beziehungen dieser beiden Entitäten zur Al Shabaab. Es kann auch vorkommen, dass Rückkehrer von Regierungskräften verdächtigt werden, da es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen von im Westen radikalisierten Somali der Diaspora gekommen ist (LIB 17.09.2018, S. 143).

In Somalia und auch in Mogadischu sind unzählige humanitäre Organisationen aktiv. Alleine im Bereich "Child Protection" sind es in ganz Somalia zwei Regierungsorganisationen, drei UN-Agenturen, sieben internationale NGOs und 49 nationale NGOs. In Mogadischu sind in diesem Bereich 21 Organisationen aktiv. In Mogadischu gibt es verschiedene aktive Organisationen, die im Bereich Camp Coordination and Camp Management, Bildung, Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung, Gesundheit, Ernährung, Schutz, Unterkunft sowie Wasser, Sanitäres und Hygiene tätig sind. Auf allen diesen Feldern wird Hilfe und Unterstützung gegeben. Dies betrifft insbesondere die Versorgung mit sicherem Trinkwasser, die Verteilung von Gutscheinen (v.a. elektronisch über Mobilfunk), den Latrinenbau, das Angebot von Grundschulausbildung, Ernährungsprogramme sowie die Unterstützung von Gesundheitseinrichtungen. Es gibt auch spezielle Programme für Rückkehrer (v.a. aus Kenia und dem Jemen). Hier werden Rückkehr-Packages vergeben und außerdem eine finanzielle Rückkehrhilfe für sechs Monate gewährt. Außerdem gibt es für Rückkehrer organisierte Berufsausbildungskurse, wirtschaftliche Starthilfe (z.B. in Form einer Eselkarre) oder Berufsberatung. Üblicherweise haben Rückkehrer nach Mogadischu einen guten Zugang zu Geld- oder sonstiger Hilfe von Hilfsagenturen (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 1f).

Im Zeitraum Dezember 2014 bis März 2018 sind 81.000 Somalier aus der Region Ostafrika nach Somalia repatriiert worden. Die Rückkehrentscheidung erfolgte bei diesen Personen freiwillig und UNHCR unterstützt diese Rückkehrer mit Rückkehr- und Reintegrationshilfe. Zusätzlich sind rund 35.000 Personen spontan aus dem Jemen nach Somalia zurückgekehrt. Die meisten Rückkehrer kommen aus Kenia und dem Jemen, einige auch aus Libyen. Jeder Rückkehrer-Haushalt erhält ein oder - abhängig von der Haushaltsgröße - mehrere Packages mit Core-Relief-Items oder aber dem Äquivalent in Bargeld. Außerdem gibt es für Rückkehrer organisierte Berufsausbildungskurse, wirtschaftliche Starthilfe (z.B. in Form einer Eselkarre) oder Berufsberatung (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 8).

Bewegungsfreiheit:

Ein Risiko ergibt sich primär aus den zu erwartenden Straßensperren. Die Wahrscheinlichkeit, auf eine Straßensperre der Regierungskräfte oder der Al Shabaab zu stoßen, ist immer noch hoch. An Straßensperren kann es zu Gewalt, Bedrohung und Plünderung kommen. Straßensperren werden durch somalische Sicherheitskräfte, Clan-Milizen, Al Shabaab und Banditen betrieben (LIB 17.09.2018, S. 116).

Das Hauptrisiko an Straßensperren der Regierungskräfte und der Al Shabaab ist es, als zum Feind gehörig verdächtigt zu werden. Kontrollpunkte der Al Shabaab können entlang der meisten Routen spontan eingerichtet werden, es gibt auch permanente Kontrollpunkte. Alleine die Tatsache, dass jemand in einem westlichen Land gewesen ist, stellt im Kontext mit Al Shabaab an solchen Straßensperren kein Problem dar. Allerdings ruft westliches Verhalten oder westliche Kleidungsart Sanktionen hervor. Zu befürchten haben an Straßensperren der Al Shabaab jene Personen etwas, die mit der Regierung in Verbindung gebracht werden. Diese Personengruppe riskiert, getötet zu werden. Aufgrund der eingeschränkten Ressourcen von Al Shabaab sind hier höherrangige ("high profile") Personen eher gefährdet. Außerdem kann es Personen treffen, die von Al Shabaab - etwa wegen des Mitführens von bestimmten Objekten (Smartphones, Regierungsdokumente, Symbole, die mit der Regierung assoziiert werden etc.) - als mit der Regierung in Zusammenhang stehend oder als Spione verdächtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit, umgehend getötet zu werden, ist dort höher, wo Al Shabaab keine volle Kontrolle hat. In den Gebieten unter Kontrolle der Al Shabaab werden Verdächtige in der Regel verhaftet und vor Gericht gestellt. Auch dies hat - bei einem Schuldspruch - den Tod zur Folge (LIB 17.09.2018, S. 116 f).

Dürrekatastrophe und Hungersnot:

Vier aufeinanderfolgende Regenzeiten sind ausgefallen. Diese Dürre hat nahezu zu einem Gesamtausfall der Ernte geführt und zur Reduzierung der Arbeitsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten beigetragen. Die Dürre hat zu Engpässen bei Wasser und Weideland geführt - und in der Folge zur Verendung von Viehbestand. Rund 60% des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt (LIB 17.09.2018, S. 127).

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert, dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen. Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (LIB 17.09.2018, S. 6).

In den meisten nördlichen und zentralen Regionen waren die Regenfälle von Karan (Juli-September 2018) und Deyr 2018 (September-November 2018) unterdurchschnittlich, aber die Bedingungen auf den Weiden waren unterschiedlich. (Beilage ./VIII, S. 5).

In den meisten Regionen des Nordwestens und des Südens des Landes bleiben die tierischen Körperbedingungen für alle Arten normal bis überdurchschnittlich, was auf die nahezu durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen Bedingungen auf dem Festland und die Verfügbarkeit von Trockenweiden in Regenmangelgebieten zurückzuführen ist (Beilage ./VIII, S. 6).

Die Preise für lokale und importierte Lebensmittel bleiben stabil. Die Arbeits-/Getreidebedingungen, die die Kaufkraft armer Haushalte messen, haben sich verbessert. Da jedoch erwartet wird, dass die Deyr-Regenzeit 2019 und deshalb die Ernte unterdurchschnittlich sein wird, werden die lokalen Lebensmittelpreise voraussichtlich ab Februar 2019 steigen, was sich wahrscheinlich negativ auf die Ergebnisse der Ernährungssicherheit auswirken wird (Beilage ./VIII, S. 1).

Die Stadt Mogadischu wird als IPC-2 Kategorie eingestuft, IDPs in dieser Stadt werden als IPC-3 Kategorie eingestuft (Beilage ./VIII - S. 13). IPC-Kategorie 2 wird wie folgt definiert: "Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region Folgendes oder schlimmer: Sie haben gerade ausreichend Lebensmittel, können sich aber keine sonstigen Ausgaben leisten ohne unwiderrufliche Bewältigungsstrategien einschalten zu müssen - Even with humanitarian assistance at least one in five households in the area have the following or worse: Minimally adequate food consumption but are unable to afford some essential non-food expenditures without engaging in irreversible coping strategies".

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VIII (Karte von Mogadischu - Beilage ./I; Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister, Schengener Informationssystem - Beilage ./II; Länderinformations-blatt der Staatendokumentation über Somalia vom 12.01.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 17.09.2018 - Beilage ./III; FFM Report betreffend Sicherheitslage in Somalia aus August 2017 - Beilage ./IV; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Somalia betreffend humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu vom 11.05.2018 - Beilage ./V; Focus Somalia zu Clans und Minderheiten vom 31.05.2017 - Beilage ./VI; BAMF, Minderheiten in Somalia, Juli 2010 - Beilage ./VII; Bericht FSNAU - Food Security and Nutrition vom 22.12.2018 - Beilage ./VIII) sowie in die mit Urkundenvorlage vom 31.07.2017 (OZ 2 - Unterstützungsschreiben Deutschlehrerin vom 28.07.2017, Empfehlungsschreiben vom 26.07.2017), 24.08.2017 (OZ 4 - Teilnahmebestätigung Deutschkurs B1), 14.09.2017 (OZ 8 - Unterstützungsschreiben Gemeinde XXXX vom 13.09.2017), 06.10.2017 (OZ 9 - ÖSD Zertifikat B1 vom 15.09.2017), 05.07.2018 (OZ 14 - Teilnahmebestätigung Deutschkurs B2.2 vom 25.06.2018), 01.08.2018 (OZ 15 - Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs, Teilnahmebestätigung Prüfungsvorbereitungskurs Deutsch B2 vom 06.07.2018) und 06.12.2018 (OZ 20 - ÖSD Zertifikat B2 nicht bestanden jeweils vom 17.07.2018 und 13.09.2018) übermittelten Unterlagen.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Clan- und Religions-zugehörigkeit, seiner Muttersprache und seinen weiteren Sprachkenntnissen sowie zu seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre und wirtschaftliche Situation in Somalia, seine Schulbildung und sein Universitätsabschluss) sowie zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerdeverhandlung angegeben, dass er in Mogadischu aufgewachsen sei und insgesamt nur einmal Mogadischu verlassen habe um im Jahr 2011 seine Schwester, die in Schweden lebt, in Äthiopien zu treffen (OZ 22, S. 7). Aus den beim Bundesamt vorgelegten ärztlichen Unterlagen geht hingegen hervor, dass der Beschwerdeführer ca. im Jahr 2002 und 2007 in Dubai am Auge operiert worden sei (AS 67-71). Es ist daher offenkundig, dass der Beschwerdeführer im Verfahren nicht der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht hat.

Die Feststellungen zur Einreise sowie das Datum der Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.1.2. Dass der Beschwerdeführer von 01.10.2014 bis 30.06.2015 bei der International Medical Corps Somalia Mission als Community Health Worker tätig gewesen ist, ergibt sich aus der von ihm im Verfahren vorgelegten Arbeitsbestätigung vom 30.09.2015 und dem damit entsprechenden Dienstausweis (AS 103-105) sowie den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung (OZ 22, S. 6, 17).

Bezüglich seiner zweiten Tätigkeit als Community Health Promoter bei den International Medical Corps, legte der Beschwerdeführer zwar ebenfalls eine Arbeitsbestätigung vor, jedoch keinen entsprechenden Dienstausweis. Aus der Arbeitsbestätigung, ausgestellt am 07.06.2016, geht hervor, dass der Beschwerdeführer von 19.10.2015 bis 31.12.2015 als Community Health Promoter für die International Medical Corps tätig gewesen sein soll (AS 83). Da der Beschwerdeführer jedoch bereits am 23.11.2015 aus Somalia ausgereist ist, ist dies nicht mit der Arbeitsbestätigung vereinbar. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung angegeben, dass seine Schwester Ende 2015 zu seiner Arbeitsstätte gegangen sei und sich die Arbeitsbestätigungen habe ausstellen lassen. Da die Arbeitsbestätigung jedoch als Ausstellungsdatum den 07.06.2016 nennt, sind auch diese Angaben nicht miteinander in Einklang zu bringen. Der Beschwerdeführer verfügt über eine langjährige Schulbildung und einen Universitätsabschluss, sodass von hohen kognitiven Fähigkeiten auszugehen ist. Der Beschwerdeführer müsste daher grundsätzlich in der Lage sein, die Daten bezüglich seiner Tätigkeit gleichbleibend anzugeben - sofern er tatsächlich die von ihm angegebene berufliche Anstellung gehabt hätte. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Tätigkeit als Community Health Promoter bei der International Medical Corps sind daher nicht glaubhaft.

Vor dem Hintergrund der Länderberichte bezüglich Korruption in Somalia sowie aufgrund der oben aufgezeigten Widersprüche, Unstimmigkeiten und unrichtigen Angaben, geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der Arbeitsbestätigung vom 07.06.2016 um kein echtes Dokument handelt und dieses daher die Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht richtig angibt. Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht als Community Health Promoter von 19.10.2015 bis 31.12.2015 für die International Medical Corps gearbeitet hat.

2.1.3. Die Feststellungen zu den noch in Somalia lebenden Familienangehörigen des Beschwerdeführers, dem regelmäßigen Kontakt des Beschwerdeführers zu ihnen und den Eigentumsverhältnissen der Familie des Beschwerdeführers in Somalia, ergeben sich aus den diesbezüglich schlüssigen Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung (AS 7, OZ 22, 8 ff, 22).

Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerdeverhandlung an, dass seine Familie über eine Landwirtschaft verfügt, wo sein Vater Mangos angepflanzt hat. Sein Cousin hat sich um die Landwirtschaft gekümmert als seine Familie in Mogadischu gewesen ist (OZ 22, S. 10). Da der Beschwerdeführer angegeben hat, dass sein Cousin in XXXX lebe und aus seinen Angaben nicht hervorgeht, dass dieser erst kürzlich nach XXXX gezogen ist, geht das Gericht davon aus, dass der Cousin des Beschwerdeführers die Landwirtschaft der Familie des Beschwerdeführers schon immer von XXXX aus betreut hat. Es ist daher nicht ersichtlich, warum der Cousin des Beschwerdeführers die Landwirtschaft der Familie des Beschwerdeführers nunmehr nicht mehr betreuen sollte, zumal die Entfernung zwischen XXXX und XXXX nicht derart groß ist, dass dies unmöglich scheint. Es war daher festzustellen, dass der Cousin des Beschwerdeführers sich nach wie vor um die Landwirtschaft der Familie des Beschwerdeführers kümmert.

2.1.4. Dass der Beschwerdeführer noch über eine Schwester in Schweden und eine Schwester in England verfügt, ergibt sich aus seinen diesbezüglich gleichgebliebenen Angaben in der Erstbefragung, beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung (AS 9, 57; OZ 22, S. 8).

2.1.5. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers gründen auf den Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung, wonach er gesund sei und keine Medikamente nehme (AS 55; OZ 22, S.

14) sowie auf den Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist. Die Feststellungen betreffend das rechte Auge des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten ärztlichen Befunde älteren Datums. Hinsichtlich des Behandlungsbedarfs des rechten Auge des Beschwerdeführers, kommt diesen in Anbetracht seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung nur insofern Bedeutung zu, dass aktuell eine Behandlung und Medikamenteneinnahme des Beschwerdeführers offenkundig nicht (mehr) notwendig ist, zumal der Beschwerdeführer auch keine weiteren aktuellen Befunde mehr vorgelegt hat. Da der Beschwerdeführer im Verfahren auch nicht vorgebracht hat, dass er wegen seinem rechten Auge im täglichen Leben Einschränkungen unterworfen sei, war festzustellen, dass der Beschwerdeführer wegen seinem rechten Auge weder eine Behandlung noch Medikation benötigt und er im Alltag keinen Einschränkungen unterworfen ist.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Sofern der Beschwerdeführer angegeben hat ihm drohe Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Al Shabaab, weil er für eine internationale Organisation tätig gewesen sei und sich geweigert habe seine Tätigkeit zu beenden und sich der Al Shabaab anzuschließen, kommt seinem Vorbringen aus folgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Das Bundesverwaltungsgericht geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund seines persönlichen Eindrucks über den Beschwerdeführer davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen detailliert, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht worden. Er präsentierte lediglich eine grobe Rahmengeschichte und sind in den wesentlichen Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Ungereimtheiten und Widersprüche enthalten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurück liegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen, widersprüchlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität.

Das Hauptvorbringen des Beschwerdeführers lautet, er sei von der Al Shabaab telefonisch aufgefordert worden seine Tätigkeit bei der internationalen Organisation zu beenden und sich der Al Shabaab anzuschließen. Da der Beschwerdeführer sich geweigert habe, seien Mitglieder der Al Shabaab bei seiner Frau zuhause aufgetaucht und hätten seine Wohnung durchsucht. Die Frau sei daraufhin aus Mogadischu weggezogen und der Beschwerdeführer habe Somalia verlassen.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung an, dass er am 16.11.2015 erstmals einen Anruf der Al Shabaab erhalten habe, bei dem sie ihn aufgefordert hätten seine Tätigkeit bei der internationalen Organisation zu beenden (AS 60; OZ 22, S. 16). Wie festgestellt wurde, hat der Beschwerdeführer jedoch im Zeitraum von 19.10.2015 bis 31.12.2015 nicht für die International Medical Corps gearbeitet (vgl. Ausführungen unter Punkt II.2.1.2). Es ist daher allein vor diesem Hintergrund nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer von der Al Shabaab zur Beendigung seiner Tätigkeit aufgefordert und wegen seiner Weigerung mit dem Tod bedroht worden sei.

Darüber hinaus geht das Gericht aufgrund nachstehender Widersprüche und Ungereimtheiten davon aus, dass es sich bei den Angaben des Beschwerdeführers betreffend seine Fluchtgeschichte lediglich um ein Konstrukt handelt:

So gab der Beschwerdeführer beim Bundesamt an, dass er am 16.11.2015 einen Anruf von der Al Shabaab erhalten habe und wegen seiner Weigerung seine Tätigkeit zu beenden und sich ihnen anzuschließen, mit dem Tod bedroht worden sei. Er sei daraufhin zu seinem Onkel gegangen, habe diesem von dem Telefonat erzählt und sein Handy ausgeschaltet. Am 17.11.2015 habe er sein Telefon wieder eingeschaltet und die verpassten Anrufe seiner Frau gesehen. Er habe sie zurückgerufen und sie habe ihm erzählt, dass Mitglieder der Al Shabaab ihre Wohnung durchsucht hätten (AS 59 f). Er habe seiner Organisation von dem Vorfall berichtet, diese hätten ihm jedoch lediglich mitgeteilt, dass sie ihn nicht beschützen könnten und sie von Anfang an klargestellt hätten, dass sie nicht für seine Sicherheit garantieren könnten (AS 61). In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer hingegen an, dass er 16.11.2015 in der Früh einen Anruf der Al Shabaab erhalten habe, in dem er als Spion und Ungläubiger beschuldigt worden sei. Er sei daraufhin zu seinem Chef gegangen und habe diesem von dem Telefonat erzählt. Sein Chef habe dem Beschwerdeführer versichert, dass er in Sicherheit sei und keine Probleme bekommen werde. Er sei zu Mittag am selben Tag vom selben Mitglied der Al Shabaab erneut angerufen und aufgefordert worden seine Tätigkeit zu beenden. Daraufhin sei der Beschwerdeführer erneut zu seinem Chef gegangen und habe ihm von dem neuerlichen Telefonat erzählt. Der Chef habe sich beim Wachmann erkundigt. Der Wachmann habe dem Beschwerdeführer daraufhin mitgeteilt, dass er in Gefahr sei, wenn er solche Anrufe bekäme. Der Beschwerdeführer sei von dem Wachmann zu seinem Onkel gebracht worden. Er habe seine Frau angerufen und ihr von den Vorfällen erzählt. Der Beschwerdeführer habe dann über Nacht sein Telefon ausgeschalten und in der Früh habe seine Frau ihm erzählt, dass Mitglieder der Al Shabaab ihre Wohnung durchsucht hätten (OZ 22, S. 15 f).

Nach Vorhalt seiner widersprüchlichen Ausführungen gab der Beschwerdeführer lediglich ausweichend an, dass er den zweiten Anruf der Al Shabaab, ein Gespräch mit seinem Chef und dem Wachmann und die Warnung durch den Wachmann auch geschildert habe (OZ 22, S. 18). Nach Erklärung des Vorhalts gab der Beschwerdeführer erneut an, dass er nicht wisse, warum dies nicht protokolliert worden sei. Er habe es beim Bundesamt so geschildert wie in der Beschwerdeverhandlung. Er habe damals nicht gut Deutsch gesprochen und habe nicht gut verstanden, was er gefragt worden sei (OZ 22, S. 19). Der Niederschrift der Einvernahme beim Bundesamt ist jedoch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer sowohl die Frage, ob er alles verstanden habe bzw. der Vernehmung ohne Probleme folgen konnte sowie jene, ob er alles von der Sprache und vom Verständnis her verstanden habe, was er gefragt worden sei, bejaht hat (AS 62). Der Beschwerdeführer wurde auch ausdrücklich befragt, ob vom Dolmetscher alles rückübersetzt und seine Einvernahme richtig protokolliert wurde, was der Beschwerdeführer bejahte. Er hat weder etwas berichtigt noch ergänzt (AS 63). Das Bundesverwaltungsgericht wertet die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe bereits beim Bundesamt alles angegeben, daher als bloße Schutzbehauptung.

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer die Vorfälle, die zu seiner Ausreise geführt haben sollen, nicht einmal ansatzweise gleichbleibend wiedergeben kann, zumal es sich dabei doch um einprägsame Ereignisse hätte handeln müssen. So ist es unplausibel, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt nur einen Anruf der Al Shabaab angegeben hat und er in der Beschwerdeverhandlung schilderte, dass er zweimal von der Al Shabaab angerufen worden sei. Die Angaben des Beschwerdeführers sind derart widersprüchlich und nicht miteinander in Einklang zu bringen, dass das Vorbringen nicht glaubhaft ist. Zudem fällt auf, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt angegeben hat, dass ihm seine Organisation von Anfang an gesagt habe nicht für seine Sicherheit garantieren zu können. In der Beschwerdeverhandlung führte der Beschwerdeführer hingegen aus, dass ihm von seinem Chef zunächst versichert worden sei, dass er in Sicherheit sei und keine Probleme bekommen werde. In diesem Zusammenhang ist es auch unplausibel, dass der Beschwerdeführer, obwohl ihm die Gefahr betreffend die Tätigkeit laut seiner Aussage beim Bundesamt von Anfang an bewusst gewesen sei, dennoch für die Organisation gearbeitet habe.

Der Beschwerdeführer muss sich diesbezüglich auch eine Steigerung seines Vorbringens vorwerfen lassen, die sein diesbezügliches Vorbringen insgesamt in Zweifel zieht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt Ausführungen zum zweiten Anruf der Al Shabaab tätigte, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, bereits im behördlichen Verfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH). Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer damit versucht, seinem Vorbringen einen zusätzlichen Aspekt hinzuzufügen.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt angeben, dass seine Frau nachdem die Al Shabaab am 16.11.2015 bei ihr zuhause gewesen sei, zu ihrer Familie gegangen sei (AS 60). In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer hingegen an, dass sie am 16.11.2016 danach zu seiner Familie gegangen sei (OZ 22, S. 16). Nachgefragt gab der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung schließlich an, dass seine Frau als der Beschwerdeführer Somalia verlassen habe zu seiner Familie [in Mogadischu] gegangen sei und diese im Februar 2016 Mogadischu verlassen habe und zu ihrer Familie nach XXXX gegangen sei (OZ 22, S. 22).

Aufgrund der derart widersprüchlichen und unplausiblen Angaben des Beschwerdeführers, ist es ihm nicht gelungen das Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen.

Das Gericht geht daher auch davon aus, dass der Beschwerdeführer Somalia nicht wegen Lebensgefahr durch die Al Shabaab oder durch andere Personen, sondern aus anderen Gründen verlassen hat.

2.2.2. Auch darüber hinaus vermochte der Beschwerdeführer eine individuelle und konkrete Betroffenheit von Verfolgung aufgrund seiner Claneigenschaft als Reer Xamar nicht aufzuzeigen:

Der Beschwerdeführer gab zwar beim Bundesamt an, dass er von der Kindheit bis zu seiner Ausreise aufgrund se

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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