TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/16 98/02/0170

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Veröffentlicht am 16.02.1999
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §1;
StVO 1960 §45 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/02/0242 E 16. Februar 1999

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des H P in W, vertreten durch Dr. Hanno Zanier, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 8/16, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 27. März 1998, Zl. MA 65-12/248/97, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wies diese den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung einer Ausnahme gemäß § 45 Abs. 2 StVO "zur Befahrung der verkehrsarmen Zone in Wien ..." als unzulässig zurück.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich erkennbar (auch) in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens

vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach den insoweit unangefochtenen Feststellungen der belangten Behörde sind die Einfahrten in die vom Beschwerdeführer mit seinem Antrag angesprochene Verkehrsfläche derart abgesperrt, daß sie für mehrspurige Fahrzeuge nicht passierbar sind bzw. die Durchfahrt nur solchen mehrspurigen Fahrzeugen möglich ist, deren Lenker über einen zur Öffnung der Sperren erforderlichen Schlüssel verfügen. Bei den Sperren ist ein allgemeines Fahrverbot, ausgenommen Radfahrer, Fahrzeuge mit Zufahrtsberechtigung und Senkgrubenräumfahrzeuge, kundgemacht. Die Schrankensperren können ohne Verwendung eines Schlüssels nur von Fußgängern oder einspurigen Fahrzeugen "benutzt" (gemeint wohl "passiert") werden.

Daraus schloß die belangte Behörde, daß die hinter den Absperrungen liegende Verkehrsfläche zwar als Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen sei; die Bewilligung einer Ausnahme von der Einhaltung einer bestimmten Rechtsvorschrift, hier einer Verordnung (gemeint offenbar das verordnete allgemeine Fahrverbot) setze aber voraus, daß sich diese Vorschrift an denjenigen richte, der die Ausnahmebewilligung beantrage. Der Beschwerdeführer als Benützer eines mehrspurigen Fahrzeuges komme jedoch im Hinblick auf die für solche Fahrzeuge gegebene faktische Unpassierbarkeit nicht als Adressat der Rechtsnorm und daher auch nicht als Antragsteller für eine Ausnahmebewilligung in Betracht. Der vom Berufungswerber eingeschlagene Verwaltungsrechtsweg nach der StVO sei daher "kein rechtlich möglicher Weg, die von ihm gewünschte faktische Passierbarkeit der Durchfahrt für sein Fahrzeug durchzusetzen".

Gemäß § 1 StVO gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichen Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können (Abs. 1). Für Straßen ohne öffentlichen Verkehr gilt die StVO insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht (Abs. 2).

Nach § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn näher umschriebene Voraussetzungen vorliegen.

Da sich straßenaufsichtsrechtliche Gebote und Verbote nach der StVO im Hinblick auf den durch § 1 umschriebenen Anwendungsbereich dieses Gesetzes nur auf Straßen mit öffentlichem Verkehr beziehen können, folgt daraus, daß auch Ausnahmen von derartigen Geboten oder Verboten nur Straßen mit öffentlichem Verkehr betreffen können. Zu prüfen ist daher, ob eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO vorliegt, da nur dann die belangte Behörde zur Entscheidung über eine Ausnahme von dem dort bestehenden allgemeinen Fahrverbot zuständig wäre.

Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO -- wie erwähnt - solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist somit ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß es sich bei einer Straße um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist noch auf dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 93/03/0132, sowie das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 89/03/0294, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Nach den von der belangten Behörde im Beschwerdefall unwidersprochen getroffenen Feststellungen ist die Straße, für die der Beschwerdeführer die Ausnahmegenehmigung im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO begehrt, derart abgesperrt, daß die Durchfahrt nur solchen mehrspurigen Fahrzeugen möglich ist, deren Lenker über einen zur Öffnung der Sperre erforderlichen Schlüssel verfügen. Damit liegt aber keine Straße mit öffentlichem Verkehr für die vom Beschwerdeführer beantragte Fahrzeugkategorie (mehrspuriges Fahrzeug) vor. Die belangte Behörde hat aus diesem Grunde im Ergebnis zutreffend ihre Zuständigkeit verneint.

An diesem Ergebnis ändert auch nichts, daß nach den Behauptungen des Beschwerdeführers Personen ein Schlüssel für die Sperre ausgehändigt wird, die über eine Bewilligung verfügen. Es besteht nämlich kein Anspruch darauf, daß sich die Behörde - mag sie sich in anderen gleichgelagerten Fällen unrechtmäßig verhalten haben - auch dem Beschwerdeführer gegenüber rechtswidrig verhält. Nicht zu prüfen war im Beschwerdefall die Frage, ob dem Beschwerdeführer auf zivilrechtlicher Grundlage etwa ein Anspruch auf Ausfolgung eines Schlüssels zusteht. Gleichfalls nicht zu prüfen war die Rechtmäßigkeit des verordneten allgemeinen Fahrverbotes.

Die Beschwerde erweist sich somit als im Ergebnis nicht begründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998020170.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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