Entscheidungsdatum
10.05.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W103 2216785-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen Spruchpunkt IV. und V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2019, Zl. 1058839503-150346554, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9
BFA-VG idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Russland, verließ sein Heimatland am 29.03.2015 und flog mit einem tschechischen Schengenvisum der Kategorie C, gültig von XXXX , nach Tschechien, von wo aus er nach einem 4-tägigen Aufenthalt mit der Bahn von XXXX nach XXXX reiste. Am 07.04.2015 stellte er letztlich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Im Verlauf der Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 07.04.2015 gab der Beschwerdeführer neben seinen Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen an, dass er sich vom 03.04.2015 bis 07.04.2015 bei seiner Ehefrau, die seit 12 Jahren anerkannter Flüchtling in Österreich sei, in XXXX aufgehalten habe. Das tschechische Visum habe er über ein russisches Reisebüro beantragt. Seine Ehefrau wohne in XXXX und er wolle mit ihr zusammenleben. Eine Heiratsurkunde habe er im Original bei sich. Er sei seit Jänner 2015 mit seiner Frau standesamtlich verheiratet, traditionell verheiratet sei er mit ihr schon seit vielen Jahren.
Das BFA richtete unter Hinweis auf das tschechische Visum und das Vorbringen des BF, wonach er mit einer als Flüchtling anerkannten im Bundesgebiet lebenden Frau verheiratet sei, am 17.04.2015 ein auf Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Tschechien. Tschechien stimmte mit Fax vom 22.05.2015 diesem Ersuchen ausdrücklich zu.
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 16.06.2015 gab der BF im Wesentlichen zu Protokoll, dass er sich einer Rechtsberatung unterzogen habe, sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die Einvernahme zu absolvieren, und dass seine bisherigen Angaben im Verfahren der Wahrheit entsprechen würden. In Bezug auf Beweismittel könne er eine Heiratsurkunde vorlegen, eine Kopie davon werde zum Akt genommen. Abgesehen von seiner Ehegattin habe er niemanden im Bereich der EU, in Norwegen der Schweiz oder Liechtenstein oder Island. Seine Frau sei anerkannter Flüchtling, sie habe einen Konventionsreisepass. Er habe keine Eltern oder Kinder in Österreich. Bevor seine Frau aus dem Heimatland ausgereist sei, habe diese in Kasachstan gelebt, sie hätten aber nicht zusammengelebt. Es sei kein gemeinsamer Haushalt vorgelegen. Etwa 2002 sei seine Frau nach Österreich gereist, genau könne er dies nicht sagen. Nunmehr habe er sich entschieden, sein Heimatland zu verlassen, da er zu seiner Ehegattin gelangen wollte. Seine Frau sei bei der Hochzeit nicht anwesend gewesen. Nach muslimischem Recht habe sie dies auch nicht sein müssen. Auf die Nachfrage, wie dies funktioniert habe, erklärte der BF, dass man seinen Reisepass und die Daten des Reisepasses der Partnerin beim Standesamt angebe. Vor seiner Einreise nach Österreich habe er über Skype, What¿sApp, und über das Internet generell Kontakt zu seiner Frau gehalten. Am 11.06.2014 und auch einmal im Februar 2014 sei er zudem in Österreich gewesen. Danach sei er wieder nach XXXX gereist. Die Ehegattin des BF gab an, dass sie im Jahr 2004, Genaueres wisse sie nicht mehr, nach Österreich gereist sei. Ihr Mann habe sie in Österreich besucht, letztlich seien sie ca. sieben Jahre lang bereits nach muslimischem Recht verheiratet gewesen. In Tschechien sei er 3-4 Tage in einem Hotel untergebracht gewesen. Er wolle jedoch nicht nach Tschechien zurückkehren, er habe in Österreich seine Frau.
2. In der Folge wies das BFA sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 18.09.2015 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Tschechien gemäß 12 Abs. 2 Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Tschechien zulässig sei.
3. Die gegen diese Entscheidung fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 03.12.2015, Zl. W144 2117790-1/3E, gem. §§ 5 AsylG und 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
4. Am 14.07.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am gleichen Datum vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Der Beschwerdeführer brachte zur Begründung seines Antrages im Wesentlichen vor, in Österreich mit seiner namentlich genannten Ehefrau verheiratet zu sein, welche für seinen Lebensunterhalt aufkomme. Der Beschwerdeführer habe sich hier sehr gut integriert und einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 erfolgreich absolviert.
5. Das Erkenntnis des BVwG vom 03.12.2015 wurde nach Einbringung einer Revision mit Erkenntnis des VwGH vom 17.09.2018, Ra 2016/19/0011-12, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, wobei der VwGH im Wesentlichen Folgendes ausführte:
"Die Revision führt zur Begründung ihrer Zulässigkeit aus, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-Verordnung abgelaufen sei. Durch die nicht erfolgte Wahrnehmung des damit bewirkten Zuständigkeitsübergangs sei das Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Bezugnahme: VwGH 16.5.2013, 2012/21/0218) abgewichen. Österreich müsse daher in das Verfahren eintreten.
[ ... ] Sollte das Revisionsvorbringen zutreffen und die
sechsmonatige Überstellungsfrist im vorliegenden Fall abgelaufen sein, wäre die Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 29 Abs. 2 erster Satz Dublin III-VO auf Österreich übergegangen.
Hinsichtlich der Frage des Beginns und des Laufs der Überstellungfrist nach Art. 29 Dublin III-VO wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2017, Ra 2015/20/0231, verwiesen.
Da im vorliegenden Fall dem Rechtsmittel zu keiner Zeit aufschiebende Wirkung zukam, ist der Lauf der Überstellungsfrist allein nach der ersten Voraussetzung des Art. 29 Abs. 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO, nämlich nach dem Datum der - hier ausdrücklichen - Zustimmung der ersuchten Mitgliedstaates zu beurteilen. Die sechsmonatige Frist begann gegenständlich somit mit Annahme des Aufnahmeersuchens durch Tschechien am 22. Mai 2015 und endete am 22. November 2015.
Nachdem die Überstellung des Revisionswerbers nach Tschechien nicht innerhalb dieser Frist, die im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung bereits abgelaufen war, durchgeführt wurde, war Tschechien nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur Aufnahme des Revisionswerbers verpflichtet und ging die Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages auf Österreich über."
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.10.2018, Zl. W144 2117790-1/15E, wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.
7. Am 07.09.2018 erfolgte im Rahmen des zugelassenen Verfahrens im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer gab eingangs der Befragung an, bislang der Wahrheit entsprechende Angaben getätigt zu haben. Er sei ein in Kasachstan geborener Tschetschene und Muslim. Eine erste Ehe sei im Jahr 2008 geschieden worden; seit 2008 sei er traditionell und seit 2015 standesamtlich in zweiter Ehe mit einer namentlichen genannten Frau verheiratet, welche in Österreich lebe und seit 13 Jahren den Asylstatus habe. Er kenne diese seit dem Jahr 1978, im Jahr 2007 hätten sie sich in Kasachstan wiedergetroffen und dort ein Jahr später traditionell geheiratet; sie habe nicht nach Russland einreisen können, da sie bereits in Österreich um Asyl angesucht hätte. Seine Frau habe damals schon in Österreich gelebt, er habe diese wiedergetroffen, als sie Verwandte in Kasachstan besucht hätte. Der Beschwerdeführer habe damals in XXXX gelebt. Sie hätten sich zufällig auf einer Geburtstagsfeier getroffen und den Kontakt im Anschluss über das Internet aufrechterhalten. Im Sommer 2008 hätten sie dann entschieden, sich wieder in Kasachstan zu treffen und nach moslemischem Ritus zu heiraten. Anschließend sei seine Frau nach Österreich und er selbst nach XXXX zurückgefahren. In XXXX habe er sich scheiden lassen. Seit der Heirat hätten sie sich jedes Jahr, in Österreich oder in Kasachstan, getroffen. Im Jahr 2014 habe sich der Beschwerdeführer zwei Monate lang als Tourist in Österreich aufgehalten. Im Jahr 2015 hätten sie im Gebiet XXXX standesamtlich geheiratet. Seine Partnerin hätte ihm ihren russischen Inlandspass geschickt, mit welchem der Beschwerdeführer zum Standesamt gegangen wäre und so die Ehe geschlossen hätte.
Seine Frau sei nicht anwesend gewesen. Seine Verwandten würden allesamt in Kasachstan leben. 1982 sei der Beschwerdeführer nach XXXX gegangen, wo er ein technisches Studium abgeschlossen und im Anschluss bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 in verschiedenen Berufsfeldern gearbeitet hätte. Der Beschwerdeführer habe in Russland keine strafbaren Handlungen begangen und keine offiziellen Probleme mit den dortigen Behörden gehabt. Während des Tschetschenienkrieges seien jedoch alle Tschetschenen strenger kontrolliert worden. Der Beschwerdeführer sei in Russland nie politisch oder religiös tätig gewesen.
Darum ersucht, die Gründe seiner Asylantragstellung detailliert darzulegen, erklärte der Beschwerdeführer, er möchte in Österreich leben, da seine gesamte Familie - seine Frau, deren Kinder und Enkelkinder - hier sei und er mit dieser zusammenleben wolle.
Er habe Österreich kennen und lieben gelernt, fühle sich frei und werde aus nationalen und religiösen Gründen nicht diskriminiert. Er gebe sein Bestes, um sich gut zu integrieren, besuche Deutschkurse und würde gerne hier arbeiten. Er habe Bekannte in Österreich und bestreite seinen Lebensunterhalt aktuell im Rahmen der Grundversorgung sowie durch Unterstützung seiner Gattin, welche einer Erwerbstätigkeit in einem Hotel nachginge.
Eine offizielle Verfolgung seiner Person in der Russischen Föderation habe es nicht gegeben, aber dafür ab und an Schikanen der Polizei, da er nicht russischstämmig aussehe. Alleine das würde ausreichen, um jemanden 24 oder 48 Stunden einzubuchten. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab der Beschwerdeführer an, da er ein paar Jahre lang nicht in Russland gewesen sei, könnte ihm unterstellt werden, dass er nicht in Österreich, sondern in Syrien gewesen wäre, somit könnte er als Terrorist eingesperrt und gefoltert werden. Das müsse zwar nicht sein, es gebe diesbezüglich jedoch Willkür der Geheimdienste (KGB). Einer konkreten Bedrohung sei der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation persönlich nie ausgesetzt gewesen.
Der Beschwerdeführer verzichtete auf eine Übersetzung der seitens der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Russischen Föderation und bestätigte nach Rückübersetzung seiner Angaben die Richtigkeit und Vollständigkeit der aufgenommenen Niederschrift durch seine Unterschrift. Der Beschwerdeführer legte eine Kopie seines russischen Führerscheins, eine Kursbesuchsbestätigung vom 04.09.2018 sowie ein Zertifikat über eine bestandene ÖSD-Prüfung auf dem Niveau A2 aus Juli 2018 vor.
Am 01.02.2019 wurde die Partnerin des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Zeugin einvernommen. Sie gab zusammengefasst zu Protokoll, sie sei im Jahr 2004 nach Österreich gekommen, im Jahr 2008 sei sie nach Kasachstan gereist und habe dort den Beschwerdeführer, welchen sie aus ihrer Kindheit gekannt hätte, wiedergesehen und diesen noch im selben Jahr traditionell geheiratet. Über die traditionelle Eheschließung habe sie keine Unterlagen. Im Anschluss sei sie nach Österreich zurückgekehrt und der Beschwerdeführer nach Russland. Sie hätten den Kontakt zueinander über das Internet aufrechterhalten. Er habe sie auch mehrmals für kurze Zeiträume in Österreich besucht. Im Jahr 2015 habe sie ihn überzeugt, dass er zu ihr nach Österreich ziehe; er hätte eigentlich gewollt, dass sie zu ihm nach Russland ziehe, das habe die Zeugin jedoch nicht gewollt. Ihr größter Wunsch sei, dass ihr Mann einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitsbewilligung erhalte, damit er arbeiten und sie unterstützen könne. Im Jahr 2015 hätten sie standesamtlich in Russland geheiratet. Die Zeugin sei nicht dabei gewesen, sie hätte dem Beschwerdeführer ihren Inlandspass gegeben und dieser hätte alles weitere organisiert. Sie sei mit dem Beschwerdeführer erst zusammen gewesen, als er nach Österreich gekommen sei und lebe mit diesem nun in einem Haushalt zusammen. Die Zeugin arbeite seit 2005 in Österreich, seit 2013 leide sie an gesundheitlichen Problemen; zum Beleg wurden diverse Unterlagen über die Erwerbstätigkeit sowie die in Österreich beanspruchte medizinische Behandlung vorgelegt.
8. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26.02.2019 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die Behörde stellte die Staatsbürgerschaft, Identität, Volksgruppenzugehörigkeit sowie Religion des Beschwerdeführers fest und legte ihrer Entscheidung ausführliche Feststellungen zur aktuellen Situation in dessen Herkunftsstaat zu Grunde. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder eine solche zukünftig zu befürchten hätte. Dieser sei gesund, befinde sich im arbeitsfähigen Alter, habe im Heimatland mehrere Jahre in diversen Berufsfeldern gearbeitet und keine Rückkehrbefürchtungen geäußert. Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wurde erwogen, dass dieser im Jahr 2008 seine zweite Ehefrau in Kasachstan traditionell geheiratet hätte. Alleine durch die Vorlage ihres russischen Inlandspasses habe der Beschwerdeführer seine Partnerin im Jahr 2015 in Russland standesamtlich heiraten können. Vor seiner Einreise nach Österreich habe sohin kein aufrechtes Familienleben bestanden, da seine Partnerin schon seit 2004 in Österreich gelebt hätte und seit 2005 anerkannter Flüchtling gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe den größten Teil seines Lebens in der Russischen Föderation zugebracht, in Österreich habe er bislang nicht gearbeitet, sei in keinen Vereinen Mitglied und sei nicht sozial verankert. Eine einfache Konversation auf Deutsch sei ihm bereits möglich. Die Behörde ginge aufgrund der vorgelegten Dokumente davon aus, dass er infolge seiner Einreise ein Familienleben in Österreich begründet hätte. Mehrere Indizien würden nahelegen, dass die Ausreise bewusst geplant gewesen wäre und der Beschwerdeführer durch die Stellung eines Asylantrages seinen Aufenthalt lediglich habe legalisieren wollen. Ein Zuzug nach Österreich sei unter den Voraussetzungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes möglich.
9. Mit Schriftsatz vom 22.03.2019 wurde durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde erhoben, welche sich ausschließlich gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides richtet. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die Behörde stelle unrichtigerweise fest, dass ein schützenswertes Familien- und Privatleben nicht bestehe. Der Beschwerdeführer lebe jedoch bereits seit fast vier Jahren in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Frau und sei Vertrauens- und Ansprechperson für deren Kinder und Enkelkinder. Die Fernbeziehung habe bereits vor Einreise des Beschwerdeführers vorgelegen. Die Behörde habe es unterlassen, Ermittlungen zum bestehenden Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich durchzuführen. Der Beschwerdeführer habe Sprachnachweise, eine Teilnahmebestätigung für den ÖSD-Integrationskurs B1 und eine Teilnahmebestätigung für einen Kompetenzworkshop für hochqualifizierte AsylwerberInnen vorgelegt. Entgegen der gesetzlichen Vorgaben habe die belangte Behörde nicht nachvollziehbar begründet, weshalb gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei. Der Beschwerdeführer sei strafrechtlich unbescholten, dessen Bindungen in der Russischen Föderation seien weniger stark als jene in Österreich. Die Einvernahme der Frau des Beschwerdeführers und ihrer Kinder als Zeugen werde beantragt. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, was es für die in Österreich verbleibende Ehefrau und deren Kinder bedeuten würde, wenn der Beschwerdeführer in die Russische Föderation abgeschoben werden würde. Die Behörde hätte erkennen müssen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig sei. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.
10. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 01.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Der Beschwerdeführer führt die im Spruch ersichtlichen Personalien, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und Moslem. Seine Identität steht fest. Er wurde auf dem Gebiet Kasachstans geboren, zog jedoch bereits in den frühen 1980er Jahren nach XXXX , wo er eine technische Hochschulausbildung absolvierte und im Anschluss bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 in unterschiedlichen Berufsfeldern tätig gewesen ist, wodurch ihm eine eigenständige Bestreitung seines Lebensunterhalts möglich gewesen ist. Der Beschwerdeführer reiste im Besitz eines gültigen tschechischen Schengenvisums der Kategorie C in das österreichische Bundesgebiet ein, stellte am 07.04.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen im Bundesgebiet auf.
1.2. Der Beschwerdeführer begründete den im Bundesgebiet gestellten Antrag auf internationalem Schutz mit dem Wunsch, ein gemeinsames Familienleben mit seiner in Österreich als anerkannter Flüchtling lebenden Partnerin führen zu wollen. Der Beschwerdeführer hat seine nunmehrige Lebensgefährtin im Jahr 2008 im Zuge eines gemeinsamen Aufenthalts in Kasachstan traditionell geheiratet. Der Beschwerdeführer hatte seinen Hauptwohnsitz zum damaligen Zeitpunkt in der Russischen Föderation, seine Partnerin lebte bereits seit dem Jahr 2004 in Österreich. In den folgenden Jahren hielt er die Beziehung zu seiner Partnerin über das Internet sowie durch jährliche Besuche in Österreich sowie in Kasachstan aufrecht. Im Jahr 2015 hat der Beschwerdeführer seine zu diesem Zeitpunkt in Österreich aufhältig gewesene Partnerin in der Russischen Föderation unter Vorlage ihres russischen Inlandspasses standesamtlich "geheiratet" (zur Gültigkeit der Ehe, siehe Seite 15 - 18). Im Anschluss haben sich der Beschwerdeführer und seine Partnerin dazu entschlossen, künftig ein gemeinsames Familienleben in Österreich führen zu wollen, weshalb der Beschwerdeführer die oben dargestellte Ausreise aus der Russischen Föderation und Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in Österreich vorgenommen hat. Im Bundesgebiet halten sich außerdem zwei volljährige Kinder und minderjährige Enkelkinder der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers auf. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer, seiner Partnerin oder einem ihrer Angehörigen liegt nicht vor. Die Partnerin des Beschwerdeführers bestreitet ihren Lebensunterhalt durch eine Teilzeit-Erwerbstätigkeit und erhält gelegentliche Unterstützung durch ihre Kinder.
Der Beschwerdeführer und seine Partnerin haben zu keinem Zeitpunkt auf die Möglichkeit zur Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Bundesgebiet vertrauen können und haben den gemeinsamen Wohnsitz in einer bewussten Umgehung der Regelungen über einen legalen Zuzug ins Bundesgebiet und durch missbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz durch den Beschwerdeführer begründet.
Der Beschwerdeführer ist zum Entscheidungszeitpunkt nicht selbsterhaltungsfähig und bestreitet seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und durch Unterstützung seiner Lebensgefährtin. Der Beschwerdeführer verfügt über grundlegende Deutschkenntnisse und hat an einem Integrationskurs sowie an einem Kompetenzworkshop teilgenommen. Eine tiefgreifende Verwurzelung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet konnte nicht erkannt werden. Eine den Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in dessen gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.
Der Beschwerdeführer hat keine Rückkehrbefürchtungen bezogen auf seinen Herkunftsstaat vorgebracht, er leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und ist dazu in der Lage, seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat, wie bereits vor seiner Ausreise, eigenständig zu bestreiten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers sowie seiner Lebensgefährtin als Zeugin.
2.2. Die Feststellungen über den Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem unstrittigen Inhalt der vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten. Die Feststellung der Identität und Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers erfolgte auf Grundlage seines im Original vorgelegten russischen Reisepasses, welcher in Kopie in dessen Verwaltungsakt einliegt (vgl. AS 35), in Zusammenschau mit seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben.
2.3. Die Feststellungen zum Reiseweg, zu den persönlichen Verhältnissen, zum Gesundheitszustand sowie zum Familien- und Privatleben einschließlich allfälliger Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin gegenüber der Behörde erster Instanz sowie aus dem Akteninhalt. Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Die Feststellungen zu dem zur Begründung des gegenständlichen Antrags erstatteten Vorbringen sowie den nicht vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen resultieren aus einer Durchsicht der im Akt einliegenden Niederschriften der Einvernahmen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes ? BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. §?66 Abs.?4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.1.2. Da sich die gegenständliche Beschwerde ausschließlich gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides, sohin den Ausspruch einer Rückkehrentscheidung sowie der Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 FPG wendet, sind die übrigen Spruchteile (insbesondere die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz) mit insofern ungenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen und nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
3.2. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§ 55 AsylG sowie § 52 FPG) wird Folgendes erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Fallgegenständlich wurden die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten in den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides, ebenso wie der Ausspruch bezüglich der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, nicht in Beschwerde gezogen. Die entsprechenden Spruchinhalte sind daher in Rechtskraft erwachsen, weshalb die daran anknüpfende Prüfung einer Rückkehrentscheidung zu Recht erfolgte.
§ 55 AsylG 2005 lautet:
"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).
Der Beschwerdeführer reiste mit einem gültigen tschechischen Schengenvisum in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, welchen er ausschließlich mit dem Wunsch nach der Führung eines gemeinsamen Familienlebens mit seiner in Österreich als anerkannter Flüchtling lebenden Ehefrau, welche er im Jahr 2008 traditionell in Kasachstan sowie im Jahr 2015 - in Abwesenheit seiner Partnerin - standesamtlich in der Russischen Föderation geheiratet hätte, begründet.
Zunächst ist auszuführen, dass selbst wenn man von der Gültigkeit der Eheschließung des Beschwerdeführers mit seiner in Österreich lebenden Frau nach russischem Recht ausgehen würde, in Österreich nicht von einer rechtsgültigen Eheschließung ausgegangen werden könnte. Gemäß der Vorbehaltsklausel zur Aufrechterhaltung des sogenannten "ordre public" im Sinne des § 6 IPR-G ist eine Bestimmung des fremden Rechts nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden. Die vorliegend behauptete Ehe wäre mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung jedenfalls nicht vereinbar. Im gegenständlichen Fall steht aufgrund der übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Partnerin fest, dass der Beschwerdeführer die behauptete Ehe mit seiner Lebensgefährtin in Abwesenheit der Genannten geschlossen hat. Auf Grund der Tatsache, dass der BF seine Lebensgefährtin nicht bei gleichzeitiger Anwesenheit der beiden Verlobten unter gegenseitiger Erklärung des jeweiligen freien Willens geheiratet hat, ist davon auszugehen, dass eine derartige Eheschließung selbst bei Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung jedenfalls nicht vereinbar wäre.
Die im Verfassungsrang stehende Grundrechtsbestimmung des mit "Recht auf Eheschließung" betitelten Art. 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bestimmt, dass mit Erreichung des heiratsfähigen Alters Männer und Frauen gemäß den einschlägigen nationalen Gesetzen das Recht haben, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. Diese Rechte stehen unter dem doppelten Vorbehalt des nationalen Rechts, das zum einen das heiratsfähige Alter festlegt und zum anderen die Regelungen des Rechts durch Formvorschriften, Ehevoraussetzungen, Ehehindernisse und Wirkungen der Eheschließung näher regelt. Gemäß § 44 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzesbuches (ABGB), JGS. Nr. 946/1811 idgF, iVm. § 17 Abs. 1 des Ehegesetzes (EheG), dRGBl. I S. 807/1938 idgF, wird die Ehe zwischen einem ehefähigen Mann und einer ehefähigen Frau dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, aus freiem Willen die (zivilrechtliche) Ehe miteinander eingehen zu wollen. Die Außerachtlassung der Formerfordernisse des § 17 EheG hat gemäß § 21 Abs. 1 EheG eine Nichtigkeit der Ehe zur Folge. Dies gilt vor allem dann, wenn die Ehepartner bei der Eheschließung nicht gleichzeitig anwesend waren, durch Stellvertreter gehandelt haben oder die Ehe nur befristet oder bedingt eingegangen sind. Die Nichtigkeit der Ehe wegen eines Formmangels wird gemäß § 21 Abs. 2 EheG nur dann nachträglich geheilt, wenn die Partner nach der Eheschließung fünf Jahre miteinander als Ehegatten oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.
Abgesehen davon, dass die vorliegende Ehe wohl auch nach nationalem russischen Recht nicht rechtswirksam zustande gekommen ist, bleibt dazu ergänzend (in Anlehnung an die Vorbehaltsklausel des § 6 iVm. §§ 9 und 16 IPRG) festzuhalten, dass die Eheschließung des BF mit seiner Gefährtin in der oben dargelegten Form mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung - selbst auch im Falle einer nach russischem Recht gültig zustande gekommenen Ehe - nicht vereinbar wäre. Es ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass der BF nicht rechtskräftig verheiratet ist.
Ungeachtet der Frage des Vorliegens einer rechtsgültigen Eheschließung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner als anerkannter Flüchtling im Bundesgebiet lebenden Partnerin führt das nach Einreise ins Bundesgebiet begründete Familienleben zu keiner Unzulässigkeit einer gegen den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung, zumal dessen Verhalten eine eindeutige Umgehung der Bestimmungen über den Familiennachzug gemäß § 35 AsylG 2005 sowie der allgemeinen Regelungen über die Möglichkeiten einer legalen Zuwanderung in das Bundesgebiet nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz darstellt.
Der Beschwerdeführer und seine Partnerin haben ihre Beziehung im Jahr 2007/2008 in Kasachstan und sohin zu einem Zeitpunkt begründet, als der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation gelebt hat und seine Frau bereits anerkannter Flüchtling in Österreich gewesen ist. In der Folge haben sie eine Fernbeziehung geführt, welche im Wesentlichen über das Internet sowie über jährliche Besuche des Beschwerdeführers in Österreich aufrechterhalten wurde. Im Jahr 2015 verließ der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat mit der Intention, künftig mit seiner Partnerin gemeinsam in Österreich zu leben. Er reiste mit einem tschechischen Schengenvisum in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher ihn lediglich zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigte.
Der Beschwerdeführer und seine Partnerin waren sich bereits zum Zeitpunkt, als sie die Beziehung zueinander eingegangen sind, der Unsicherheit der Möglichkeit zur künftigen Begründung eines Familienlebens im Bundesgebiet bewusst. In dieser Situation konnten weder der Beschwerdeführer, noch seine nunmehrige Ehefrau auch nur ansatzweise darauf vertrauen, künftig ein gemeinsames Familienleben im Bundesgebiet führen zu können. Die (erstmalige) Begründung eines gemeinsamen Wohnsitzes im Jahr 2015 war diesen nur möglich, da der Beschwerdeführer unter widmungswidriger Verwendung eines Schengenvisums ins Bundesgebiet eingereist war und hier einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte.
Es wird nicht verkannt, dass die Verfahrensdauer von zwischenzeitig rund vier Jahren nicht auf einem dem Beschwerdeführer anzulastenden Verhalten beruht; gleichzeitig ist aber festzuhalten, dass der Beschwerdeführer das Instrument des Antrages auf internationalen Schutzes bewusst dazu missbrauchen wollte, um die Bestimmungen über den Familienzuzug zu umgehen, indem er seinen Antrag ausschließlich mit dem Wunsch nach der Führung eines gemeinsamen Familienlebens mit seiner in Österreich lebenden Partnerin begründete, jedoch keinerlei konkrete Rückkehrbefürchtungen in Bezug auf seinen Herkunftsstaat und sohin keinen Sachverhalt, welcher potentiell die Gewährung internationalen Schutzes erforderlich machen könnte, vorgebracht hat.
Da die Begründung des Familienlebens zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Frau demnach nur durch bewusste Umgehung fremdenrechtlicher Bestimmungen erfolgen konnte und der Beschwerdeführer und seine Frau sich dieses Umstandes jedenfalls bewusst gewesen sind, ist die Schutzwürdigkeit der familiären Beziehung maßgeblich gemindert.
In Konstellationen, in welchen ein drittstaatsangehöriges Familienmitglied versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen, indem es sein Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet, in welchem es sich bereits nach rechtskräftig beendeten Verfahren rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält, ging der VwGH etwa in seiner Entscheidung vom 18.10.2012, Zl. 2011/23/0549, davon aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK von einer Ausweisung selbst im Fall einer aufrechten Ehe und dem Umstand, dass ein gemeinsames minderjähriges Kind vorhanden ist, nicht Abstand genommen werden muss. Auch der EGMR zieht zur Beurteilung der Zulässigkeit eines Eingriffes in das Familienleben den Aspekt heran, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt gegründet wurde, in welchem die betroffenen Personen wussten, dass der Bestand des Familienlebens durch den unsicheren Aufenthalt eines Familienmitglieds gefährdet ist. In diesem Fall verletzt die Abschiebung eines Familienmitglieds Art. 8 EMRK nur in Ausnahmefällen (vgl. EGMR 31.07.2008, Darren Omoregie and others v. Norway, Appl. 265/07; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50435/99; 08.04.2015, M.E. gg. Schweden, Appl. 71398/12).
Derartige außergewöhnliche Umstände (wie sie etwa in der Entscheidung EGMR 28.6.2011, Nunez gg. Norwegen, Appl. 55597/09, bejaht worden waren) sind im gegenständlichen Fall nicht zu Tage getreten. Die Partnerin des Beschwerdeführers (wie auch deren beide volljährige Kinder aus einer früheren Beziehung) sind auf eine Anwesenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet keineswegs angewiesen, zumal der Partnerin des Beschwerdeführers die Bestreitung des Lebensunterhalts auch in der Vergangenheit stets eigenständig möglich gewesen ist, der Beschwerdeführer über kein Einkommen verfügt und keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Der Beschwerdeführer und seine im Verfahren vor dem Bundesamt als Zeugin einvernommene Partnerin haben nicht vorgebracht, zueinander in einem Abhängigkeitsverhältnis zu stehen, welches eine (vorübergehende) Trennung als unzumutbar erscheinen lassen würde. Ebensowenig steht der Beschwerdeführer zu den im Bundesgebiet lebenden volljährigen Kindern seiner Partnerin und deren minderjährigen Enkelkindern in einem Abhängigkeitsverhältnis.
Der Beschwerdeführer und seine Partnerin haben bereits in der Vergangenheit in den Jahren 2007/2008 bis 2015 eine Fernbeziehung geführt und den Kontakt zueinander über das Internet sowie durch gelegentliche Besuche in Österreich und in Kasachstan, woher sie beide ursprünglich stammen und über ein verwandtschaftliches Netz verfügen, aufrechterhalten. Dies wäre dem Beschwerdeführer und seiner Partnerin auch nach dem Ausspruch einer Rückkehrentscheidung bis zur Klärung der rechtlichen Möglichkeit zur Fortführung des gemeinsamen Familienlebens, welche grundsätzlich in Österreich, der Russischen Föderation oder Kasachstan erfolgen könnte, neuerlich möglich. Der erfolgte Versuch einer bewussten Umgehung der Möglichkeiten einer legalen Niederlassung und der Stellung eines unbegründeten Antrages auf internationalem Schutz zu diesem Zweck vermag eine Besserstellung des Beschwerdeführers gegenüber sich rechtskonform verhaltenden Drittstaatsangehörigen nicht zu rechtfertigen.
Eine Rückkehrentscheidung stellt demnach im Ergebnis keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Familienlebens dar.
Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist
(Art. 8 Abs. 2 EMRK).
Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).
Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof - unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen - darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).
Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).
Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).
Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053, 282ff).
Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.
Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das die Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen hat, zu Lasten des Beschwerdeführers aus und stellt eine Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.
Mit Ausnahme der - in ihrer Schutzwürdigkeit, wie dargelegt, wesentlich geminderten - Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und deren Angehörigen verfügt der unbescholtene Beschwerdeführer über keine maßgeblichen familiären oder privaten Bindungen im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig, lebte zuletzt von der Grundversorgung und von Unterstützung seiner Partnerin und hat sich nicht durch die Verrichtung ehrenamtlicher Tätigkeiten oder in einem Verein engagiert. Zwar hat er sich hinsichtlich einer Integration im Bundesgebiet bemüht gezeigt, indem er sich Kenntnisse der deutschen Sprache angeeignet, an diversen Kursen teilgenommen und Bekanntschaften im Bundesgebiet geknüpft hat. Eine tiefgreifende Integration im Bundesgebiet, welche die Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens im Einzelfall überwiegen würde, hat er Beschwerdeführer jedoch nicht aufgezeigt.
Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung etwaiger privater Kontakte in Österreich ist, wie an anderer Stelle bereits angesprochen, noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei seinem Aufenthalt im Bundesgebiet seines unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus jedenfalls im hohen Maß bewusst sein musste. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die durch eine soziale Integration erworbenen Interessen an einem Verbleib in Österreich in ihrem Gewicht gemindert sind, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. Auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bewirkt in Fällen, in denen das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, eine Ausweisung nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 8 EMRK (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055 mwN).
Daher sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG nicht gegeben.
3.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gr