TE Bvwg Beschluss 2019/5/10 W103 2203098-1

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Veröffentlicht am 10.05.2019
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Entscheidungsdatum

10.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W103 2203095-1/9E

W103 2203098-1/9E

W103 2203079-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle STA. Ukraine und vertreten durch die XXXX , sowie XXXX , gegen die Spruchpunkte I. bis III. der Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2018 bzw. 26.05.2018, Zln. 1.) 1112520208/170067838, 2.) 1112515807/170067889, und 3.) 1016959510/151010392, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerden werden die bekämpften Bescheide

behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der volljährigen Drittbeschwerdeführerin.

Die Drittbeschwerdeführerin stellte am 05.08.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz, nachdem sie zuvor legal in das Bundesgebiet eingereist war. Anlässlich ihrer am gleichen Tag abgehaltenen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die Drittbeschwerdeführerin vor, sie gehöre der ukrainischen Volksgruppe an, bekenne sich zum christlichen Glauben und habe im Raum XXXX die Schule und die Universität absolviert. Sie sei am 24.07.2014 legal nach Österreich gekommen, um hier die Sprache zu erlernen. Ihr Visum sei am 24.07.2015 abgelaufen. Die Drittbeschwerdeführerin könne jedoch nicht in ihr Heimatland zurück, da sie dort Mitglied der Partei " XXXX " wäre und in Gefahr wäre, da sie von den Gegnern gesucht würde. Zudem sei sie mittellos.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten am 17.01.2017 die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, nachdem sie zuvor gemeinsam legal in das Bundesgebiet eingereist waren.

Anlässlich der am gleichen Tag abgehaltenen niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen aus, er gehöre der russischen Volksgruppe sowie dem christlich-orthodoxen Glauben an und sei zuletzt als Sportlehrer tätig gewesen. Er stamme aus XXXX , wo sich unverändert seine Mutter aufhielte und habe sich im Juli 2014 dazu entschlossen, seine Heimat zu verlassen. Er habe sich damals in die Russische Föderation begeben und sich dort zweieinhalb Jahre aufgehalten. Zum Grund seiner Flucht führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass im Sommer 2014 der Bürgerkrieg in der Ukraine begonnen hätte; seine Gattin und er seien russischer Abstammung und hätten damals in XXXX gewohnt. Da es im Osten der Ukraine zu Kampfhandlungen gekommen wäre und unzählige Bombenangriffe in XXXX stattgefunden hätten, hätten sie sich in Sicherheit bringen müssen. Aus diesem Grund sei er, wie zuvor schon seine Gattin, im Rahmen einer Evakuierung in das nächstgelegene Land, die Russische Föderation, gereist. Ein weiterer Grund seiner Asylantragstellung wäre, dass seine Gattin und er an einem Referendum, mit dem über die Unabhängigkeit des XXXX -Gebietes abgestimmt worden wäre, mitgewirkt hätten. Der Erstbeschwerdeführer befürchte, im Fall einer Rückkehr verhaftet zu werden.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer ebenfalls am 17.01.2017 abgehaltenen Erstbefragung zusammengefasst zu Protokoll, sie gehöre der russischen Volksgruppe sowie dem christlich-orthodoxen Glauben an, sie sei ausgebildete Lehrerin für Geschichte und hätte zuletzt als Regionalpolitikerin/Abgeordnete gearbeitet. Zum Grund ihrer Flucht führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, seit 2006 der politischen Partei " XXXX " von XXXX anzugehören und seit 2010 Abgeordnete in XXXX gewesen zu sein. Sie hätte bei der Organisation der Volksabstimmung für die Unabhängigkeit dieses Gebiets mitgewirkt. Als im Sommer 2014 die Kampfhandlungen begonnen hätten, seien besonders gefährdete Personen wie Frauen und Kinder zuerst aus dem Gebiet evakuiert und mit Autobussen nach Russland gebracht worden. Von da an hätte die Zweitbeschwerdeführerin mit ihrem Gatten in Russland gelebt. Im August 2016 hätten sie einen Antrag für einen Aufenthaltstitel gestellt. Im September 2016 hätte sie Probleme in Russland bekommen, da sie zu Unrecht verdächtigt worden wäre, Agentin des ukrainischen Geheimdienstes SBU zu sein. Aus diesen Gründen hätten sie nicht länger in Russland bleiben können. Im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat befürchte die Zweitbeschwerdeführerin, verhaftet zu werden; ihr Leben sei dort nicht in Sicherheit.

In Entsprechung einer diesbezüglichen Anfrage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl übermittelte die Konsularabteilung der Österreichischen Botschaft XXXX die im Visa-Verfahren des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen.

Am 18.04.2018 erfolgte im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache eine niederschriftliche Einvernahme der Drittbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, anlässlich derer die Drittbeschwerdeführerin zusammengefasst vorbrachte, sie habe bislang wahrheitsgemäße Angeben erstattet, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden wären und sie fühle sich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage. Sie benötige keine Medikamente und stünde aktuell nicht in ärztlicher Behandlung. Die Drittbeschwerdeführerin legte ihren ukrainischen Reisepass, ihren Aufenthaltstitel für Studierende, ihren Mitgliedsausweis der Partei XXXX und einen Nachweis ihres Studienabschlusses im Fach Psychologie vor. Weiters verfüge sie über einen Ausweis darüber, dass sie bei einem Abgeordneten als Rezeptionistin gearbeitet hätte sowie über einen Nachweis über ihre ehemalige Tätigkeit für eine Firma und ihr dort bezogenes Gehalt vor.

Die Drittbeschwerdeführerin stamme aus XXXX , wo sie nach wie vor eine Eigentumswohnung hätte. Ihre Großmutter halte sich unverändert in der Ukraine auf. Die Drittbeschwerdeführerin habe elf Klassen der allgemeinen Mittelschule sowie ein fünfjähriges Universitätsstudium absolviert und den Beruf der Psychologin erlernt. Sie gehöre der Volksgruppe der Russen an, sei christlich-orthodox und habe im Winter 2013 den Entschluss gefasst, ihre Heimat zu verlassen. Befragt, zu welchem Zweck sie sich ein Visum für Österreich ausstellen hätte lassen, erklärte die Drittbeschwerdeführerin, sie hätte an ihrer Dissertation gearbeitet, als es zu Kampfhandlungen in der Ukraine gekommen wäre und hätte keine Möglichkeit gehabt, ihre Arbeit fertigzustellen. Sie sei Mitglied einer Partei gewesen, was alles erschwert hätte. Ihr Betreuer hätte ihr den Rat gegeben, sie solle irgendwo im Ausland studieren; die Drittbeschwerdeführerin habe diesen Rat befolgt und sich für Österreich entschieden. Ihre Dissertation habe sie in der Ukraine grundsätzlich fertig geschrieben, doch sei ihr deren offizielle Fertigstellung aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der - zurzeit offiziell verbotenen - Partei nicht möglich gewesen.

Auf die Frage nach ihrem konkreten Ausreisegrund gab die Drittbeschwerdeführerin an, sie hätte in Österreich um Asyl angesucht, da sie vor einer Rückkehr in die Ukraine Angst hätte. Ihre Mutter hätte eine führende Position in zuvor erwähnter Partei innegehabt. Ihre Eltern seien in der Ukraine verfolgt worden und nach Russland umgezogen. Dann hätten sie Probleme mit russischen und ukrainischen Sicherheitskräften - XXXX und SBU - gehabt. Als sie in Russland und XXXX zu Besuch gewesen wäre, sei die Drittbeschwerdeführerin verfolgt worden. Als Psychologin habe sie mit Parteimitgliedern gearbeitet und natürlich einige Informationen über diese besessen. Als die Partei aufgelöst worden wäre, seien viele ihrer Mitglieder - so auch die Drittbeschwerdeführerin und ihre Eltern - verfolgt worden. Von der Nachbarschaft hätte sie gehört, dass unbekannte uniformierte Personen nach ihr gefragt hätten. Einer ihrer namentlich genannten Klienten sei sogar gefoltert und umgebracht worden; aus diesem Grund würde sich die Drittbeschwerdeführerin dort unsicher fühlen. Die Drittbeschwerdeführerin sei schon lange bei der erwähnten Partei, für welche sie seit 2009 offiziell als Psychologin gearbeitet hätte. Nachgefragt habe sie ihre Eltern im Juli 2015 in XXXX und in Russland besucht. Einmal habe sie ihre Großmutter in XXXX besuchen wollen; der Ex-Freund der Drittbeschwerdeführerin hätte Informationen bekommen, dass jemand nach ihr gefragt hätte. Ihr Ex-Freund vermute, dass diese Leute einer Gruppe namens " XXXX " angehören würden, welche eine von vielen Gruppierungen wäre, die um die Macht kämpfen. Zu einer konkreten persönlichen Verfolgung ihrer Person sei es nicht gekommen, sie hätte es geschafft, diesem Schicksal zu entkommen. Auf Vorhalt, wonach sie in der Erstbefragung angeführt hätte, in Österreich die Sprache lernen zu wollen, erklärte die Drittbeschwerdeführerin, dass dies damals aktuell für sie gewesen wäre, da sie im Vorfeld ihres Studiums ein B2-Sprachniveau hätte nachweisen sollen. Zu den Gründen ihrer Asylantragstellung gab die Drittbeschwerdeführerin an, sie würde im Fall einer Rückkehr in die Ukraine um ihr Leben bangen, da viele Parteimitglieder in ihrem Heimatland verfolgt und einige sogar umgebracht worden wären. Ihre Mutter sei in Russland von russischen Sicherheitskräften verhört worden, welche diese aufgefordert hätten, für sie zu arbeiten. Deswegen sei es auch in Russland gefährlich für ihre Mutter und sie. Außerdem habe die Drittbeschwerdeführerin keine Zukunft in der Ukraine. Da sie Mitglied der erwähnten Partei gewesen wäre, bekäme sie keine Arbeit. Sie wolle als Psychologin arbeiten und weiter studieren. Weitere Fluchtgründe habe sie nicht. Mit den Behörden ihres Heimatlandes habe sie nie persönliche Probleme gehabt.

Zu ihrem Leben in Österreich gab die Drittbeschwerdeführerin an, sie hätte mit ihren Eltern einen Verein für integrative Tätigkeiten gegründet, welcher jungen Leuten bei der Integration in die österreichische Gesellschaft helfen würde. Sie lebe zusammen mit ihren Eltern, welche sich seit Jänner 2017 als Asylwerber in Österreich aufhielten, in einer Mietwohnung und erhalte Unterstützung durch die Caritas. Sie ginge der zuvor erwähnten ehrenamtlichen Tätigkeit nach und besuche derzeit keine Kurse, Schule oder Universität. Sie spreche noch nicht so gut Deutsch, würde die Sprache jedoch bereits ganz gut verstehen. Sie mache zudem Online-Kurse.

Auf Vorhalt, dass die Ukraine zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung zählen würde und befragt, was sie im Fall einer Rückkehr in die Ukraine befürchte, gab die Drittbeschwerdeführerin an, sie fürchte, dass sie verfolgt und verhaftet werde. Als ehemaliges Parteimitglied könne sie des Terrorismus beschuldigt werden. Sie befürchte, dass der russische Sicherheitsdienst Druck auf ihre Mutter ausüben könnte. Die Partei sei seit dem Jahr 2014 aufgelöst; derzeit könnten sie weder in Russland, noch in der Ukraine leben, da sie sie dort als ehemalige Mitglieder der Partei verfolgt würden.

Die Drittbeschwerdeführerin legte ein an den österreichischen Bundeskanzler gerichtetes Schreiben eines Rechtsanwaltes vor, in welchem die Aufnahme der Ukraine in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten thematisiert wird.

Der Erstbeschwerdeführer gab anlässlich seiner am 17.05.2018 im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache abgehaltenen niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zusammengefasst zu Protokoll, er habe bis dato wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt zu Protokoll genommen und rückübersetzt worden wären, er fühle sich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen und stünde nicht in ärztlicher/medikamentöser Behandlung. Der Erstbeschwerdeführer legte ein Diplom, einen im Februar 2014 ausgestellten Pensionistenausweis, zwei Arbeitsbücher, einen Mitgliedsausweis der Partei XXXX , eine Bestätigung über die Beantragung eines russischen Aufenthaltstitels, Fotokopien bezüglich einer Parteiveranstaltung, ein Deutschzertifikat A2, eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs B1 sowie Referenz- und Unterstützungsschreiben vor.

In der Ukraine hielten sich noch die Mutter, die Schwester, eine Nichte und Cousins mit deren Familien auf. Der Erstbeschwerdeführer habe zuletzt in XXXX in einem eigenen Haus gelebt. Der Erstbeschwerdeführer verfüge über einen Hochschulabschluss, sei ausgebildeter Sportlehrer und habe als Pädagoge gearbeitet. Er gehöre der Volksgruppe der Russen an und sei christlich-orthodox. Den Entschluss, seine Heimat zu verlassen, habe er zu Beginn der Kriegshandlungen im Juni oder Juli 2014 gefasst. In der Ukraine sei er seither nicht mehr gewesen, in XXXX hätte er sich einmal monatlich aufgehalten, um seine Mutter zu besuchen und nach dem Rechten zu sehen. Die Ukraine hätte dann die Pensionszahlungen eingestellt, als die Bank geschlossen hätte. Bis Jänner 2017 habe er sich gemeinsam mit seiner Frau in der Russischen Föderation aufgehalten; seine Frau sei gebürtige Russin und sie hätten sich in deren Geburtsstadt niedergelassen, wo der Erstbeschwerdeführer bis zu den Winterferien 2017 als Sportlehrer gearbeitet hätte. Sie seien im Juli 2016 bereits einmal in Österreich gewesen, um ihre Tochter zu besuchen und im Anschluss in die Russische Föderation zurückgekehrt. Im Zuge der Ausstellung ihrer Reisepässe im November 2014 sei es zu keinen Problemen gekommen.

Gefragt nach dem konkreten Ausreisegrund im Juli 2014, erklärte der Erstbeschwerdeführer, er habe XXXX sowohl wegen der Kriegshandlungen als auch wegen konkreter Bedrohungen verlassen müssen, da er sich als Mitglied der Partei XXXX an der Organisation des Referendums in der Region XXXX beteiligt hätte. Das Referendum habe zum Zweck gehabt, sich gegen die Position der neuen Regierung in Kiev zu stellen. Sie seien für eine Freundschaft mit Russland eingetreten und hätten verlangt, dass die wirtschaftlichen Fragen in einem demokratischen Prozess durch das Volk entschieden würden. Die Macht in Kiev hätte dann Sondereinheiten in die Region XXXX und XXXX geschickt, es sei zu vielen Übergriffen und Verbrechen gekommen. Der Erstbeschwerdeführer hätte dann erfahren, dass alle an der Organisation des Referendums Beteiligten erschossen werden sollen. Eine Arbeitskollegin hätte ihnen telefonisch mitgeteilt, dass ihr Mann erschossen worden wäre. Dieses Ehepaar hätte ebenfalls an der Organisation des Referendums teilgenommen. Dem Erstbeschwerdeführer sei klar geworden, dass die ukrainischen Streitkräfte sie, sollten sie die Macht über XXXX zurückerlangen, verfolgen und erschießen würden. Aus diesem Grund seien zunächst seine Frau und später er selbst nach Russland geflüchtet. In der Stadt XXXX hätten in der letzten Zeit keine Kampfhandlungen mehr stattgefunden, sodass es für den Erstbeschwerdeführer immer wieder möglich gewesen wäre, für kurze Zeit zurückzukehren. Gegen den Erstbeschwerdeführer hätte es nie konkrete Drohungen aufgrund seiner Parteizugehörigkeit gegeben; bis zu diesen Ereignissen hätte er nie ein Problem gehabt, seither habe er sich nicht mehr in der Ukraine aufgehalten; in der Ukraine würden alle, die an der Organisation des Referendums mitgewirkt hätten, verfolgt. Er wisse von einer Frau, die vor Kurzem zu fünf Jahren Haft verurteilt worden wäre. Auf Vorhalt seines Aufenthalts in XXXX zwecks Ausstellung seines Reisepasses entgegnete der Erstbeschwerdeführer, dass niemand dort von seiner Parteimitgliedschaft und seiner Mitwirkung am Referendum gewusst hätte.

Nach den Gründen seiner Asylantragstellung in Österreich gefragt, erklärte der Erstbeschwerdeführer, sie hätten eigentlich in Russland bleiben wollen und hätten alles in die Wege geleitet, um einen Aufenthaltstitel und anschließend die Staatsbürgerschaft zu erlangen. Als sie dann einmal aus Russland kommend nach XXXX gewollt hätten, sei es zu Problemen an der ukrainischen Grenze gekommen. Seine Frau sei fast eine Stunde lang befragt worden. Dem Erstbeschwerdeführer sei die Weiterreise gestattet worden, seine Frau habe jedoch warten müssen, da Leute vom XXXX kommen würden, um sie zu befragen. Der russische XXXX wolle Nachweise dafür haben, dass seine Frau ukrainische Agentin beim SBU wäre. Dann hätten sie weiterfahren können und eine Zeitlang hätten sich die Grenzübertritte problemlos gestaltet. Nachdem sie ihre Tochter in Österreich besucht hätten, hätten sie die Dokumente für die Erlangung der Staatsbürgerschaft eingereicht, in diesem Zusammenhang sei seine Frau dreimal geladen und stundenlang verhört worden. Es sei immer noch um den Verdacht der Spionage gegangen; es sei ihr gedroht worden, zu tätlichen Übergriffen wäre es nicht gekommen. Es sei ihr angedroht worden, dass ihre Tochter, von deren Aufenthalt in Österreich sie gewusst hätten, in die Ukraine zurückgeholt werden würde; weiters sei seiner Frau gedroht worden, dass man ihr Drogen unterschieben könnte. Nachgefragt, habe niemand Beweise für deren Mitwirkung am zuvor erwähnten Referendum. Auf die Frage, weshalb sie nach Beendigung der Kampfhandlungen nicht nach XXXX zurückgekehrt wären, bestätigte der Erstbeschwerdeführer, dass es dort zu keinen Kampfhandlungen mehr komme und sie nie Probleme mit den dortigen Behörden gehabt hätten. Aber wenn der russische XXXX diese Dokumente, welche angeblich nachweisen würden, dass seine Frau ukrainische Agentin sei, nach XXXX schicken würde, würde man selbige sofort verhaften. Wie die Behörden zur Annahme hätten gelangen sollen, dass die Zweitbeschwerdeführerin eine ukrainische Agentin wäre, sei dem Erstbeschwerdeführer unerklärlich. Die Leute, welche mit seiner Frau gesprochen hätten, hätten seiner Frau gesagt, dass beim Sturm einer Verwaltungsbehörde entsprechende Dokumente aufgetaucht sein sollen. Ein weiterer Grund, weshalb der Erstbeschwerdeführer nicht in die Ukraine zurückkehren könne, sei ein Konflikt mit einem Mann, welcher jetzt stellvertretender Minister für Kohleindustrie wäre, im Jahr 2012. Der Erstbeschwerdeführer hätte damals Manipulationen bei Wahlen aufgezeigt, woraufhin der erwähnte Mann versucht hätte, ihn in Schwierigkeiten zu bringen und ihn zu Unrecht einer Straftat bezichtigt hätte. Ein Strafverfahren sei gegen den Erstbeschwerdeführer jedoch nicht eingeleitet worden.

Der Erstbeschwerdeführer habe einen B1-Deutschkurs abgeschlossen und lebe von staatlicher Unterstützung in einer Privatwohnung mit seiner Frau und seiner Tochter. Seine Frau hätte einen Verein gegründet, welcher unterschiedliche Veranstaltungen organisiere. Im Übrigen betreibe er Sport und besuche russische Kurse.

Eine konkrete Stellungnahme zu den ihm im Vorfeld der Einvernahme übermittelten Länderberichten zur Ukraine habe er nicht abzugeben. Auf Vorhalt, dass die Ukraine zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung zählen würde und befragt, was er im Falle einer Rückkehr in die Ukraine befürchten würde, erklärte der Erstbeschwerdeführer, er fürchte, im Fall einer Rückkehr im Gefängnis zu landen, da er an der Organisation des Referendums in XXXX mitgearbeitet hätte; diesbezüglich lege er zwei Internet-Meldungen über Verurteilungen vor. Zweitens habe er Befürchtungen aufgrund des zuvor erwähnten Mannes, dessen Leute dem Erstbeschwerdeführer unmissverständlich gedroht hätten. Außerdem fürchte er den Nationalismus von Seiten der ukrainischen Bevölkerung. Da er gegen den derzeitigen Machthaber in Kiev wäre, müsse er mit Feindseligkeiten und Diskriminierung rechnen. Im Falle einer Rückkehr nach XXXX habe er die Befürchtung, dass der russische XXXX seine Frau belastendes Material an XXXX übergeben werde und man sie folglich dort verfolgen werde. Sie wären als Familie gleichermaßen betroffen. Abschließend wolle er festhalten, dass sie nicht aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen wären.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer ebenfalls am 17.05.2018 im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache abgehaltenen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zusammengefasst an, sie habe bislang wahrheitsgemäße Angaben erstattet, fühle sich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage und stünde in ärztlicher Behandlung. Einem in Vorlage gebrachten Arztbrief vom 11.05.2018 lassen sich die Diagnosen Posttraumatische Belastungsstörung sowie mittelgradig depressive Episode entnehmen. Desweiteren legte die Zweitbeschwerdeführerin ihre Heiratsurkunde, ihr Arbeitsbuch, zwei Universitätsdiplome, Parteiausweise, einen Abegordnetenausweis für den Zeitraum 2010 bis 2014, einen Pensionistenausweis sowie eine Bestätigung über die Beantragung eines russischen Aufenthaltstitels vor. Sie habe die Ukraine Anfang Juli 2014 legal verlassen und fortan in der Russischen Föderation gelebt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe zunächst als Grundschullehrerin gearbeitet und später Geschichte und Sozialwissenschaften unterrichtet. Weiters habe sie als Politikerin gearbeitet. Seit 2006 sei sie Mitglied der Partei XXXX und habe bis 2014 als Leiterin des Parteiensekretariats in XXXX gearbeitet. In der Russischen Föderation habe sie als stellvertretende Direktorin einer Mittelschule gearbeitet. Nachdem ihr vom XXXX gedroht worden wäre, dass man sie in die Ukraine ausweisen werde, habe sie ihre Kündigung eingereicht. In der Ukraine würden alle wissen, dass sie langjährig als Politikerin in der Partei XXXX tätig gewesen wäre. In diesem Zusammenhang hätte sie auch an der Organisation des Referendums vom 11.05.2014 teilgenommen. Alle, die an der Organisation teilgenommen hätten, würden verfolgt werden. Beweise einer persönlichen Verfolgung der Zweitbeschwerdeführerin könne es nicht geben; die Sache werde von Sonderorganen bearbeitet, da gebe es nichts Schriftliches. Auf der Website der Partei XXXX gebe es viele Informationen über die Tätigkeit der Zweitbeschwerdeführerin. In diesem Zusammenhang legte die Zweitbeschwerdeführerin Ausdrucke von auf dieser Homepage ersichtlichen Fotos vor. Den Entschluss, ihre Heimat zu verlassen, habe sie im Juli 2014 gefasst, als die Kriegshandlungen begonnen hätten. Sie sei einerseits als Zivilistin von den Kriegshandlungen bedroht gewesen, andererseits hätte ihr konkrete Verfolgung gedroht, da sie in XXXX unmittelbare Kontaktperson in der Partei XXXX gewesen wäre, welche damals mit der Organisation und Durchführung des Referendums beauftragt gewesen wäre. Zweck des Referendums sei gewesen, dass XXXX selbständig werde und sich von der Macht in Kiev loslösen könne, zumal sie der Ansicht wären, dass die Machthaber widerrechtlich an die Macht gelangt wären. Außerdem sei ihr von ihrer Freundin mitgeteilt worden, dass deren Mann erschossen worden wäre. Innerhalb der Partei hätten sie immer mehr Informationen bekommen, dass ihre Leute verfolgt, eingesperrt und erschossen werden würden. Das zweite Visum für Österreich hätten sie für den Zweck beschafft, um hier einen Asylantrag zu stellen. Bei der Passausstellung im November 2014 sei es zu keinen Problemen gekommen; in diesem Zusammenhang hätten nur diejenigen Probleme gehabt, die zur Fahndung ausgeschrieben gewesen wären oder an Kampfhandlungen teilgenommen hätten. Damals hätte es noch keine Listen gegeben und die Leute in XXXX hätten keine Informationen über sie gehabt.

Ihr konkreter Ausreisegrund im Juli 2014 seien die beiden bereits erwähnten Aspekte gewesen: einerseits die Kriegshandlungen und andererseits die ihr drohende Verfolgung, da sie im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit maßgeblich an der Organisation des Referendums vom 11.05.2014 beteiligt gewesen wäre. Sie habe von mehreren Mitstreitern gewusst, welche verfolgt bzw. getötet worden wären. Der Bürgermeister von XXXX hätte sie im Juni 2014 angerufen und aufgefordert, dringend zu fliehen. Sie habe die Gelegenheit genutzt, als Anfang Juli Frauen und Kinder Richtung Russland evakuiert worden wären. Das erste Jahr in Russland hätten sie problemlos verbracht, an Wochenenden seien sie auch manchmal nach XXXX zurückgekehrt, wo ihre Pensionen ausgezahlt worden wären. Im Juni 2015 sei es zu Problemen beim Grenzübergang zu XXXX gekommen. Der Zweitbeschwerdeführerin sei ihr Reisepass abgenommen worden und man habe sie zum Warten aufgefordert. Ein Mitarbeiter des XXXX hätte dann ihre Daten aufgenommen. Sie hätten ein Dokument betreffend die Region Donbass gehabt und die Zweitbeschwerdeführerin hätte sofort geahnt, dass es sich um eine Verwechslung handle. Man habe ihr vorgehalten eine gewisse " XXXX " zu sein und ihr ihren angeblichen Akt vom ukrainischen Geheimdienst SBU gezeigt. Ihr sei vorgehalten worden, dass sie für den ukrainischen Geheimdienst arbeite, was sie entschieden zurückgewiesen hätte. Man habe sie lange verhört und ihr schließlich gedroht, die Informationen an XXXX weiterzuleiten. Die Männer hätten über sehr viele Dinge in ihrem Leben Bescheid gewusst. Im August 2015 sei sie von der gleichen Person neuerlich befragt worden. Dann sei etwa ein Jahr Ruhe gewesen, sie hätten ihre Tochter in Österreich besucht und in der Folge in Russland ihre Dokumente für die Aufenthaltsgenehmigung bzw. die Staatsbürgerschaft eingereicht. Zirka zwei Wochen später sei sie direkt vom XXXX angerufen worden. Mitte September 2016 sei sie neuerlich vom XXXX befragt worden, diesmal in unhöflicherem Ton; es sei ihr immer noch vorgeworfen worden, die Agentin " XXXX " zu sein. Sie habe noch einen Lügendetektortest machen müssen und sei am gleichen Tag gegen 23 Uhr entlassen worden. Am nächsten Tag habe sie wieder zum XXXX kommen müssen und sei neuerlich befragt worden; ihr sei mitgeteilt worden, dass der Lügendetektor gezeigt hätte, dass sie eine Agentin wäre und lüge; die Zweitbeschwerdeführerin hätte dies zurückgewiesen, woraufhin ihr der Man gesagt hätte, dass sie dem Kriegsrecht zufolge zum elektrischen Stuhl verurteilt werden müsse. Er habe von ihr die Unterzeichnung von Dokumenten verlangt, was die Zweitbeschwerdeführerin nicht getan hätte; er hätte dann ihrer ganzen Familie gedroht und ihr gesagt, er werde sie nicht gehen lassen, bevor sie etwas unterschreibe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe daraufhin einen Text unterschrieben, demzufolge sie jenen Mann, zu dem man sie befragt hätte, nur von der Arbeit kenne und mit diesem seit drei Jahren nicht mehr zu tun gehabt und nie für den Geheimdienst gearbeitet hätte. Er hätte sie dann nach Hause zurückgefahren und ihr zu verstehen gegeben, dass sie sich in einem halben Jahr wiedersehen würden. Die Zweitbeschwerdeführerin habe Angst gehabt, dass man sie immer wieder verhören würde und sie das nicht mehr aushalten werde. Im Falle einer Rückkehr nach XXXX befürchte sie eine strafrechtliche Verfolgung wegen der mutmaßlichen Zusammenarbeit mit Geheimdiensten. Sie sei nach wie vor Mitglied der Partei. In russischen Medien seien zuletzt viele Reportagen darüber gezeigt worden, dass der XXXX Agenten des ukrainischen Geheimdienstes entlarvt hätte. Außerdem gebe es in der Ukraine jetzt eine feindselige Haltung gegenüber Russen.

In Österreich habe die Zweitbeschwerdeführerin zuletzt einen A2-Deutschkurs abgeschlossen und eine ÖSD-Prüfung auf diesem Niveau bestanden, sie sei Mitbegründerin eines Vereins und verwies auf in Vorlage gebrachte Unterstützungserklärungen und Referenzschreiben. Sie würde mit ihrem Mann und ihrer Tochter in einer Privatwohnung von staatlicher Unterstützung leben.

Zu den ihr im Vorfeld der Einvernahme übermittelten Länderberichten zur Ukraine gab die Zweitbeschwerdeführerin an, die Ukraine sei ein gefährliches Land. Die Personen, welche in Kiev nunmehr widerrechtlich an der Macht wären, hätten nazistische Verhaltensweisen; in allen Medien würden Minderheiten, Russen, Juden und Zigeuner verunglimpft. Auf Vorhalt, dass es sich bei der Ukraine um einen sicheren Herkunftsstaat handle und befragt, was sie im Falle einer Rückkehr konkret befürchte, erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, sie befürchte politische Verfolgung; viele ihrer Mitstreiter aus ihrer Partei seien ermordet worden. Im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation fürchte sie, in die Ukraine abgeschoben zu werden. In der Ukraine gebe es illegale bewaffnete Gruppierungen, welche sich keiner staatlichen Struktur unterordnen würden; es gebe sehr viele politische Morde. Sie seien nicht aus wirtschaftlichen Gründen hier.

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 19.05.2018 (Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin) sowie vom 26.05.2018 (Drittbeschwerdeführerin) hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz vom 17.01.2017 (Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin) bzw. vom 05.08.2015 (Drittbeschwerdeführerin) bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I.) und die Anträge gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkte II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG jeweils nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde jeweils gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 4 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

Die Behörde stellte Staatsbürgerschaft, Identität, Volksgruppenzugehörigkeit sowie Religion der beschwerdeführenden Parteien fest und legte ihren Entscheidungen ausführliche Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat der BeschwerdeführerInnen zu Grunde. Festgestellt wurde, dass die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Herkunftsland nicht politisch tätig gewesen wären und keine asylrelevanten Probleme gehabt hätten. Die beschwerdeführenden Parteien seien Mitglieder der Partei XXXX gewesen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass diese in der Ukraine einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen wären oder eine solche im Falle einer Rückkehr zu befürchten hätten. Die beschwerdeführenden Parteien würden in der Ukraine über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen, sie seien arbeitsfähig und ihre Grundversorgung im Heimatland wäre gewährleistet. Es seien keine Umstände bekannt, dass in der Ukraine eine solch extreme Gefährdungslage herrschen würde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne der Artikel 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre oder sein Überleben mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.

Beweiswürdigend wurden im Bescheid der Zweitbeschwerdeführerin insbesondere die folgenden Erwägungen getroffen:

"(...) Zunächst wird angeführt, dass Sie mit einem Visum nach Österreich gekommen wären,

In der Erstbefragung gaben Sie zu den Fluchtgründen an, dass Sie seit dem Jahre 2006 der Partei " XXXX angehören. Seit dem Jahre 2010 wären Sie Abgeordnete in XXXX gewesen. Sie hätten an der Organisation der Volksabstimmung für die Unabhängigkeit des Gebietes von XXXX mitgewirkt. Als im Sommer 2014 die Kampfhandlungen begonnen hätten, wären besonders gefährdete Personen, Frauen und Kinder als Erste aus dem Gebiet evakuiert worden und mit Autobussen nach Russland gebracht worden. Seither hätten Sie mit Ihrem Gatten in Russland gelebt. Sie hätten im Jahre 2016 in Russland einen Antrag für einen Aufenthaltstitel gestellt. Im September 2016 hätten Sie in Russland Probleme bekommen. Sie wären verdächtigt worden, eine Agentin des ukrainischen Geheimdienstes " SBU" zu sein. Dies würde aber absolut nicht stimmen. Aus diesem Grund hätten Sie nicht länger in Russland bleiben können und wären geflüchtet.

Eine Bürgerkriegssituation in der Heimat des Asylwerbers schließt eine aus asylrechtlich relevanten Gründen drohende Verfolgung zwar nicht generell aus, der Asylwerber muss in diesem Zusammenhang jedoch behaupten und glaubhaft machen, dass die Ereignisse in seiner Heimat, die zu seiner Flucht geführt haben, als eine individuell gegen seine Person aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität etc. gerichtete Verfolgung zu werten wären und nicht als mehr oder weniger zufällige Folge im Zuge der Bürgerkriegshandlungen (VwGH 8.7.2000, 99/20/0203). Eine individuell gegen Sie gerichtete Verfolgung aufgrund der zuvor genannten Gründe haben Sie nicht vorgebracht. Sie hätten bis zum Jahre 2014 viele Jahre als Leiterin des Parteisekretariats XXXX gearbeitet. waren

Als weiteren Fluchtgrund brachten Sie vor, dass Sie ein Jahr problemlos in Russland gelebt hätten. Sie wären am Wochenende auch immer wieder nach XXXX zurückgekehrt, da dort ihre Pensionen ausbezahlt worden wären. Im Juni 2015 wollten Sie wiederum nach XXXX und hätten den Reisepass gezeigt. Sie hätten den Pass abgenommen und gesagt, Sie müssen warten. Dann wäre ein junger Mann gekommen und hätte gesagt, es sei ein Anruf eingegangen, ein Mitarbeiter des XXXX aus dem Gebiet von XXXX möchte mit Ihnen sprechen. Er wäre gekommen und hätte die Daten aufgenommen. Stunden später zwei Männer gekommen, hätten den Computer geöffnet und einer hätte gesagt, dass Sie das Dokument verfasst hätten. Sie hätten gesehen, dass es die Region XXXX betrifft und es sich um eine Verwechslung handeln müsse. Die Leute des XXXX meinten, dass es von einer gewissen " XXXX " geschrieben worden sei und hielten Ihnen vor, XXXX zu sein. Sie hätten auch auf einen Akt in Papierform gezeigt und gemeint, dass dies Ihr Akt beim ukrainischen Geheimdienst SBU sei und man hätte Ihnen vorgehalten, für den ukrainischen Geheimdienst zu arbeiten. Sie hätten dies zurückgewiesen, weil dies nicht stimmen würde. Das Verhör hätte dann zwischen eineinhalb und zwei Stunden gedauert. Sie wollten wissen, worauf Sie die Anschuldigungen stützen und hätten Beweise verlangt.

Sie hätten dann Ihre Tochter in Österreich besucht. Nach der Rückkehr hätten Sie in Russland um einen Aufenthaltstitel bzw. die Staatsbürgerschaft beantragen wollen. Zwei Wochen später hätten Sie direkt einen Anruf vom XXXX bekommen. Man hätte sich mit Ihnen noch am selben Tag treffen wollen, der Termin wäre dann auf nächsten Tag verschoben worden.. Am 14.09.2016 hat das Gespräch stattgefunden. Es hätte lange gedauert und es wäre wieder um den Vorwurf gegangen, dass Sie die " Agentin " XXXX wären. Im Zuge dieses Gespräches wäre auch der Name " XXXX gefallen. Sie hätten verstanden, dass der Verdacht gegen Sie damit zusammenhängt, das damals, als das Amtsgebäude in XXXX gestürmt wurde, irgendwelche Listen oder Unterlagen gefunden wurden. Sie hätten nie mit dem ukrainischen Geheimdienst zusammengearbeitet. Sie hätten einen Lügendetektor -Test absolvieren müssen und wären entlassen worden. Für den nächsten Tag wären wieder zum XXXX geladen worden. Sie wären befragt und wieder entlassen worden. Am dritten Tag sollten Sie wieder zum XXXX kommen. Es hätte dann ein Gespräch mit einem gewissen " XXXX " stattgefunden. Er hätte Ihnen gesagt, dass der Lügendetektor gezeigt hätte, dass Sie eine Agentin wären und lügen würden. Er hätte dann gesagt, dass Sie dem Kriegsrecht zu folge zum elektrischen Stuhl verurteilt werden müssen. Er hätte gesagt, Sie wären gefährlich und müssten ins Gefängnis. Retten würde nur ein freiwilliges Geständnis. Sie hätten nichts gestanden und as Gespräch hätte noch lange gedauert. Er hätte verlangt, Dokumente zu unterschreiben, dies hätten Sie nicht getan. Er hätte weiters gesagt, Sie können erst gehen, wenn Sie unterschrieben. Sie hätten dann den Text unterschrieben, zufolge Sie den Mann von der Arbeit kennen würden, aber schon drei Jahre mit ihm nichts zu tun hätten. Auch die anderen Familiennamen würden Sie nicht kennen. Sie hätten nie mit Geheimdiensten zusammengearbeitet. Er hätte Sie dann nach Hause gebracht und gesagt, dass sie sich in sechs Monaten wiedersehen.

Er hätte Ihnen gedroht, dass er Dokumente nach Österreich schicken würde, sodass Österreich Ihre Tochter in die Ukraine ausliefert. Sie hätten dem Mann gesagt, dass Sie den Akt gesehen hätten und es keine Hinweise auf Ihre Person geben würde. Er wäre darüber verwundert gewesen und gesagt, dass wegen der Idioten in der Sache nichts weitergehen würde.

Dieses Vorbringen ist für die Behörde nicht nachvollziehbar. Laut Ihren Angaben wurden Sie zu dem Verdacht der Agentin mehrmals einvernommen und dann wäre ein Jahr Ruhe gewesen. Das die neuerlichen Ermittlungen nach dem Besuch Ihrer Tochter in Österreich und dem Antrag auf A wieder aufgenommen worden wären, ist für die Behörde nicht nachvollziehbar. Auch dass ein Herr gesagt hätte, in einem halben Jahr sehen wir uns wieder, ist aufgrund Ihres Vorbringens nicht glaubhaft.

Auch das die neuerlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Besuch Ihrer Tochter in Österreich und dem Antrag auf Aufenthaltsbewilligung und Staatsbürgerschaft im Zusammenhang stehen, ist nicht glaubhaft.

Glaubhaft ist auch nicht, dass der " XXXX " nach Beendigung der neuerlichen Einvernahme Sie nach Hause gebracht und gesagt hätte, in einem halben Jahr sehen wir uns wieder. Gebe es tatsächlich den Verdacht, dass Sie als Spionin tätig gewesen wären, würden die Behörden sicherlich mit Hochdruck an der Aufklärung arbeiten. Auch der Umstand, dass Sie bis zum Erhalt des österreichischen Visums an Ihrem Arbeitsplatz verblieben sind, den Besuch Ihrer Tochter als Urlaubsreise tarnten, ist ein Indiz Ihrer Unglaubwürdigkeit zu Ihrem Vorbringen. Auch hätten Sie Beweismittel darüber, dass Sie am Referendum mitgearbeitet haben und deshalb verfolgt werden würden.

Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass es sich bei dem von Ihnen geschilderten Bedrohungsszenario um ein Konstrukt handelt, welches in dieser Art und Weise nicht existert. In Zusammenfassung Ihrer Angaben ist festzuhalten, dass Sie nicht in der Lage waren Ihrem Vorbringen durch detaillierten Angabe und nachvollziehbare Erklärungen die Substanz einer Verfolgung, Bedrohung oder die berechtigte Furcht vor solcher die Verweigerung des Schutzes seitens der Ukraine von einer solchen für Ihre Person glaubhaft machen. Ihre Angaben zu den Fluchtgründen sind vage und unschlüssig, nicht glaubhaft.

In Zusammenschau mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und Ihrem Vorbringen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon auszugehen, dass der von Ihnen geschilderte Ausreisegrund aus Russland nicht zur Zuerkennung von Asyl führen kann.

Denn die Voraussetzung wohlbegründeter Furcht wird in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 17.3.2009, 2007/19/0459; VwGH 19.10.2000, 98/20/0430). Dieser zeitliche Zusammenhang konnte in Ihrem Fall nicht festgestellt werden.

Die Darlegung von persönlich erlebten Umständen ist dadurch gekennzeichnet, dass man beim Vorbringen der eigenen "Lebensgeschichte" vor allem sich selbst in die präsentierte Rahmengeschichte dergestalt einbaut, dass man die eigenen Emotionen bzw. die eigene Erlebniswahrnehmung zu erklären versucht, sich allenfalls selbst beim Erzählen emotionalisiert zeigt, bzw. jedenfalls Handlungsabläufe bzw. die Kommunikation und Interaktion zwischen den handelnden Personen der Geschichte darlegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder einen Lebensweg dergestalt verändern, dass man sich letztendlich dazu veranlasst sieht, sein Heimatland oder das Land des letzten Aufenthaltes deshalb "fluchtartig" zu verlassen.

Den Grundanforderungen zur Schilderung einer Fluchtgeschichte entspricht Ihr Vorbringen ganz und gar nicht. Wenn man den Ablauf der Einvernahme und das Niedergeschriebene betrachtet, so erkennt man, dass es sich um eine emotions-, inhalts- und zusammenhanglose Schilderung von allgemeinen Lebensumständen in Russland handelt.

Dazu darf angeführt werden, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe der Behörde ist, durch Nachfragen derartige Details zu erfragen, vielmehr entspricht es der Erfahrung der ho. Behörde, dass Personen, die einen ins Treffen geführten Sachverhalt tatsächlich erlebt haben, aus freien Stücken bereit sind, eine Vielzahl von Details ihrer Fluchtgeschichte zu Protokoll zu geben, ohne dass seitens des Einvernehmenden immer wieder nachgefragt und der Asylwerber aufgefordert werden muss, konkrete Einzelheiten seiner Fluchtgeschichte zu erzählen bzw. dies auch unter Angaben seiner Befürchtungen und Gefühle schildert.

Gesamt betrachtet ergaben sich aus Ihrem Vorbringen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es konkret gegen Sie gerichtete asylrelevante Verfolgung gegeben hätte bzw. welche Ihre Flucht begründet hätte.

Es sind keine Umstände amtsbekannt, dass in der Ukraine derzeit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben sämtlicher dort lebender Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.

In Hinblick auf obige Ausführung ist es jedoch nicht glaubhaft, dass Sie in Ihrem Heimatland einer Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt gewesen sind oder eine solche zukünftig zu befürchten haben. Die Gründe für Ihre Ausreise mögen in der allgemeinen Verbesserung Ihrer Lebenssituation gelegen haben, das von Ihnen behauptete Bedrohungsszenario kann jedenfalls nicht als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden.

Die Feststellung zu Ihrem Gesundheitszustand und Ihrer Arbeitsfähigkeit hatte aufgrund Ihrer dazu gemachten Angaben zu erfolgen.

Da Ihnen, wie bereits in der Beweiswürdigung erörtert im Herkunftsstaat keine Verfolgung droht, und Sie eine erwachsene, arbeitsfähige Person sind, der es jedenfalls zumutbar ist, im Falle der Rückkehr, etwa durch Arbeitsaufnahme, selbst für ihr Auskommen zu sorgen, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich Ukraine nach § 1 Z 10 Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 25/2018, als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet, weshalb von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Ukraine auszugehen ist.

(...)"

Im Verfahren des Erstbeschwerdeführers wurden im Wesentlichen gleichlautende beweiswürdigende Erwägungen getroffen; darüber hinaus wurde festgehalten, dass sich auch eine Verfolgung aufgrund eines Konflikts mit dem nunmehrigen stellvertretenden Minister für Kohleindustrie im Jahr 2012 als nicht glaubhaft erweisen würde, zumal der Erstbeschwerdeführer selbst angeführt hätte, dass die Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Strafverfahrens gegen seine Person abgelehnt hätte.

Im Verfahren der Drittbeschwerdeführerin wurden überdies folgende beweiswürdigende Erwägungen getroffen:

"(...) Zunächst wird angeführt, dass Sie mit einem Visum nach Österreich gekommen wären, um die Sprache zu erlernen. Sie hätten in Österreich Philosophie studieren wollen. Vorher sollten Sie einen Vorstudium-Lehrgang absolvieren. Sie hätten nur ein Jahr davon absolviert und hätten dann um Asyl angesucht.

Weiters brachten Sie vor, dass Sie nach dem Uni -Abschluss an der Dissertation geschrieben hätten. Sie wäre schon fertig gewesen, als es in der Ukraine zu Kampfhandlungen gekommen wäre. Sie hätten keine Möglichkeit gehabt, die Arbeit fertig zu machen. Sie wären Mitglied einer Partei gewesen, dies hätte das ganze erschwert. Ein Betreuer hätte Ihnen den Rat gegeben, ins Ausland zu gehen, um die Dissertation zu Ende zu bringen. Sie hätten diesen Rat befolgt. In Österreich würde es starke psychologische Schulen und Tradition geben. Aus diesem Grund hätten Sie Österreich gewählt. Sie hätten die Dissertation in der Ukraine fertig gemacht, es würde eher um offizielle Schritte gehen. Weil Sie Mitglied der Partei gewesen wären, war es Ihnen nicht erlaubt.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme gaben Sie dann als Fluchtgrund vor, dass viele Parteimitglieder in Ihrem Heimatland verfolgt werden würden und einige sogar umgebracht worden wären. In Russland wäre Ihre Mutter von russischen Sicherheitskräften aufgefordert worden, für Sie zu arbeiten. Deswegen wäre es auch Russland für Sie und Ihre Mutter gefährlich. Außerdem hätten Sie in der Ukraine keine Zukunft. Weil Sie Mitglied der Partei wären bekommen Sie keine Arbeit. Sie möchten als Psychologin arbeiten und weiterstudieren.

Sie bringen in der Einvernahme weiters vor, dass Sie Mitglied einer Partei gewesen wären. Da viele Parteimitglieder in Ihrem Heimatland verfolgt und sogar getötet worden wären. Sie würden um Ihr Leben bangen, sollten Sie in die Ukraine zurückkehren. In Russland wäre Ihre Mutter von russischen Sicherheitskräften verhört worden. Sie hätten Sie aufgefordert, für sie zu arbeiten. Aus diesem Grund wäre es für Sie als auch für Ihre Mutter in Russland gefährlich Auch hätten Sie keine Zukunft in der Ukraine. Weil Sie Mitglied der Partei gewesen wären, hätten Sie keine Arbeit bekommen. Sie würden in Österreich als Psychologin arbeiten und weiterstudieren wollen.

Ihr Vorbringen ist nicht glaubhaft. So bringen Sie zunächst vor, dass Sie an Ihrer Dissertation geschrieben hätten und diese aufgrund der Kampfhandlungen nicht beenden hätten können. In weiterer Folge gaben Sie an, die Dissertation in der Ukraine doch fertig gemacht zu haben. Auch hätten Sie in der Ukraine bereits als Psychologin in der Partei gearbeitet.

Sie bringen in der Einvernahme vor, dass Ihre Mutter von russischen Sicherheitskräften verhört worden wäre. Ihre Mutter wäre aufgefordert worden, für Sie zu arbeiten und aus diesem Grund wäre es in Russland zu gefährlich. Diese Fluchtgründe hätte Ihre Mutter in Ihrer Einvernahme nicht vorgebracht.

Ihre Mutter hat bei Ihrer Einvernahme davon nichts erzählt. Ihre Mutter gab an, dass Sie von russischen Behörden als Agentin beschuldigt worden wäre. Aufgrund dieser unterschiedlichen Angaben ist nicht glaubhaft, dass der XXXX wegen Spionage gegen Ihre Mutter ermittelt hat.

Während Ihres Aufenthalts wären Sie nach Russland gereist, um Ihre Eltern zu besuchen. Ihr Ex-Freund hätte Ihnen einmal geholfen, problemlos von Russland nach XXXX zu reisen, um die Großmutter zu besuchen. Sie hätten als Psychologin mit Parteimitgliedern gearbeitet und hätten so Informationen über manche Mitglieder gehabt. Als die Partei aufgelöst wurde, wären Sie und auch Ihre Eltern verfolgt worden. Von der Nachbarschaft hätten Sie gehört, dass Ihnen unbekannte, uniformierte Personen nach Ihnen gefragt hätten. Auf konkrete Nachfrage gaben Sie an, persönlich nie verfolgt worden zu sein. Sie wären dem Schicksal entkommen.

Wie in den Feststellungen zur Ukraine ausgeführt, schreibt die Verfassung die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ausdrücklich vor. Auch im Übrigen gibt es keine rechtlichen Benachteiligungen. Nach ukrainischem Arbeitsrecht genießen Frauen die gleichen Rechte. Aus diesem Grund ist nicht glaubhaft, dass Sie in der Ukraine keine Anstellung als Psychologin finden.

Die Darlegung von persönlich erlebten Umständen ist dadurch gekennzeichnet, dass man beim Vorbringen der eigenen "Lebensgeschichte" vor allem sich selbst in die präsentierte Rahmengeschichte dergestalt einbaut, dass man die eigenen Emotionen bzw. die eigene Erlebniswahrnehmung zu erklären versucht, sich allenfalls selbst beim Erzählen emotionalisiert zeigt, bzw. jedenfalls Handlungsabläufe bzw. die Kommunikation und Interaktion zwischen den handelnden Personen der Geschichte darlegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder einen Lebensweg dergestalt verändern, dass man sich letztendlich dazu veranlasst sieht, sein Heimatland oder das Land des letzten Aufenthaltes deshalb "fluchtartig" zu verlassen.

Den Grundanforderungen zur Schilderung einer Fluchtgeschichte entspricht Ihr Vorbringen ganz und gar nicht. Wenn man den Ablauf der Einvernahme und das Niedergeschriebene betrachtet, so erkennt man, dass es sich um eine emotions-, inhalts- und zusammenhanglose Schilderung von allgemeinen Lebensumständen in Russland handelt.

Ihr diesbezügliches Vorbringen ist nicht glaubhaft und ist mit Widersprüchen behaftet.

So gaben Sie zunächst an, dass SIe nach dem Uni-Abschluss an der Dissertation geschrieben hätten. Sie hätten zunächst angegeben, dass nach Ausbruch der Kampfhandlungen Ihre Arbeit nicht fertigmachen hätten können. In der Folge gaben Sie an, dass Sie die Dissertation fertig gemacht hätten. Sie hätten am medizinischen College der Partei in XXXX offiziell als Psychologin gearbeitet. Somit ist auch nicht glaubhaft, dass Ihnen Verfolgung drohe. Auch gaben Sie auf konkrete Nachfrage an, persönlich nicht verfolgt worden zu sein. Sie hätten es geschafft, dem Schicksal zu entkommen.

Zusammengefasst ergibt sich, dass Ihnen in der Ukraine keine Verfolgung drohe, Sie sind mit der Absicht nach Österreich gekommen, um hier zu studieren bzw. als Psychologin zu arbeiten. (...)"

In rechtlicher Hinsicht wurde von der Erstinstanz ausgeführt, eine asylrelevante Verfolgung habe von den Beschwerdeführern nicht glaubhaft gemacht werden können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergäben sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der gemäß Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK zur Gewährung von Asyl führe. Den Angaben der Beschwerdeführer hinsichtlich ihrer Fluchtgründe hätte keine Glaubwürdigkeit beschieden werden können, da sie eine individuelle asylrelevante Gefährdungslage nicht glaubhaft machen haben können.

Zu Spruchpunkt II. wurde nach Wiedergabe des § 8 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 AsylG 2005 ausgeführt, dass sachliche Gründe für die Annahme sprechen müssten, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssten, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichten nicht aus. Die Beschwerdeführer hätten während des gesamten Verfahrens keinerlei glaubhaften Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht, welche die Annahme hätten rechtfertigen können, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würde, im Falle ihrer Rückkehr in den Heimatsstaat, der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu werden.

Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Wiedergabe der entsprechenden rechtlichen Grundlagen und auf Art. 8 EMRK bezugnehmender höchstgerichtlicher Judikatur aus, dass weder ein ungerechtfertigter Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sie sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum in Österreich aufgehalten hätten und sie in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen hätten.

3. Mit Schriftsätzen vom 09.07.2018 wurden unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch bezeichneten Vollmachtsverhältnisses fristgerecht die verfahrensgegenständlichen Beschwerden eingebracht. Begründend wurde zusammenfassend ins Treffen geführt, die Zweitbeschwerdeführerin sei seit 2006 Mitglied der Partei XXXX , welche von Februar 2010 bis Februar 2014 mit XXXX gestellt hätte. Von 2010 bis 2014 sei die Zweitbeschwerdeführerin außerdem Abgeordnete des Stadtrates XXXX gewesen. Sie hätte aktiv Anti-Maidan-Demonstrationen zur Unterstützung des damaligen Präsidenten und somit gegen die aktuelle ukrainische Regierung organisiert. Die Zweitbeschwerdeführerin habe in XXXX als unmittelbare Kontaktperson in der Partei XXXX gedient. In der Unabhängigkeitsbestrebung des Gebietes XXXX sei sie mit der Organisation und Durchführung des Unabhängigkeitsreferendums betraut gewesen. Da sich die Situation zugespitzt und die Zweitbeschwerdeführerin erfahren hätte, dass andere Personen, welche an dem Unabhängigkeitsreferendum beteiligt gewesen wären, verschleppt, verhaftet bzw. getötet worden wären, habe diese sich Anfang Juli 2014 zur Flucht in die Russische Föderation entschlossen. Auch der Erstbeschwerdeführer sei Mitglied der Partei der XXXX und habe sich an der Organisation des Unabhängigkeitsreferendums sowie der Anti-Maidan-Demonstrationen beteiligt. In Russland sei der Zweitbeschwerdeführerin vom dortigen Geheimdienst unterstellt worden, sie würde für den ukrainischen Geheimdienst arbeiten. Die Drittbeschwerdeführerin sei ebenfalls Mitglied der Partei XXXX und hätte sich aktiv an der Organisation von Anti-Maidan-Demonstrationen beteiligt. Diese sei seit Winter 2013 nicht mehr in der Ukraine gewesen; sie sei mit einem Studentenvisum nach Österreich gereist, um hier zu studieren. Sie hätte erfahren, dass unbekannte Personen, vermutlich der Gruppierung " XXXX ", welche in der Ostukraine um die Macht kämpfen würden, nach ihr gefragt hätten; außerdem befürchte sie Verfolgung aufgrund der sich ändernden politischen Lage in ihrem Heimatstaat. Die beschwerdeführenden Parteien hätten ihren Heimatstaat aufgrund wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aufgrund ihrer politischen Gesinnung verlassen, welche sich in ihren politischen Aktionen gegen die derzeitige Regierung geäußert hätte. Im Falle einer Rückkehr drohe ihnen Verfolgung durch die ukrainischen Behörden und nichtstaatliche Gruppierungen. Die Behörde sei ihren amtswegigen Ermittlungspflichten nicht nachgekommen und hätte die Verfahren dadurch mit Mangelhaftigkeit belastet. Die Behörde habe wenig bis gar keine Länderberichte zur Situation von Unterstützern des ehemaligen Präsidenten Janukowitsch, zu Anti-Maidan-Befürwortern und Gegnern des derzeitigen ukrainischen Präsidenten, insbesondere solchen, die an der Organisation von Demonstrationen und dem Unabhängigkeitsreferendum beteiligt gewesen wären, eingeholt. Auch Informationen über ehemalige Abgeordnete in XXXX , welche als Schnittstelle für die Partei XXXX in dieser Umgebung gedient hätten, seien nicht eingeholt worden. Die der behördlichen Entscheidung zugrunde gelegten, teils veralteten, Länderberichte seien demnach nicht geeignet, das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien abschließend und umfassend beurteilen zu können. Aus diesem Grund werde auf ergänzendes Berichtsmaterial verwiesen, aus welchem sich zunächst ergeben würde, dass sich die allgemeine Sicherheitslage in der Ukraine in den vergangenen Monaten verschlechtert hätte, der Waffenstillstand in der Ukraine mehr als brüchig wäre und es entgegen dem Minsker Abkommen auch aktuell zu Gewalthandlungen komme. Die Bewegungsfreiheit in XXXX und XXXX sei erheblich eingeschränkt. Aus einer ACCORD-Anfragebeantwortung aus Oktober 2017 ergebe sich, dass derzeit nur Prozesse gegen Anti-Maidan-Aktivisten geführt würden. Im OHCHR-Report des UNHCR aus Dezember 2017 werde festgehalten, dass Personen, welche am Unabhängigkeitsreferendum von

XXXX im Mai 2014 in der Ukraine teilgenommen hätten, als vermisst gemeldet worden wären, als die ukrainischen Soldaten die Kontrolle über diese Region übernommen hätten. Weiters werde von zwei Vorfällen im August 2015 berichtet, in welchem Unterstützer der Unabhängigkeit von XXXX und XXXX vom ukrainischen Geheimdienst mitgenommen und brutal gefoltert und inhaftiert worden wären. Die Feststellung der Behörde, dass die beschwerdeführenden Parteien im Herkunftsstaat nicht politisch tätig gewesen wären, stünde im Widerspruch zu der weiters getroffenen Feststellung, demzufolge die beschwerdeführenden Parteien Mitglieder der Partei XXXX gewesen wären und den hierzu in Vorlage gebrachten Beweismitteln. Die Behörde habe die Anforderungen an eine nachvollziehbare Bescheidbegründung verletzt und nicht offengelegt, weshalb sie die vorgebrachten Fluchtgründe als unglaubwürdig erachte. Die beschwerdeführenden Parteien seien ukrainische Staatsbürger, die Behörde setze sich jedoch fast ausschließlich mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens in Bezug auf die Verfolgung in der Russischen Föderation auseinander, ohne Ausführungen zur Glaubwürdigkeit einer Verfolgung in der Ukraine, dem Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Parteien, zu treffen. Obwohl die beschwerdeführenden Parteien angegeben hätten, dass sie der Partei der XXXX angehören, das Unabhängigkeitsreferendum in XXXX organisiert und andere Personen kennen würden, welche aus diesen Gründen umgebracht worden wären, habe die Behörde weder festgestellt, ob sie dieses Vorbringen als glaubwürdig erachte, noch, weshalb sie zu dem Schluss käme, dass die beschwerdeführenden Parteien keiner Verfolgung unterliegen würden, und hätte sich entgegen ihrer Begründungspflicht nicht mit dem asylrelevanten Teil des Vorbringens auseinandergesetzt. Wenn die Behörde mit einem fehlenden zeitlichen Zusammenhang argumentiere, übersehe sie, dass die beschwerdeführenden Parteien zum ehestmöglichen Zeitpunkt geflohen wären. Nach deren Flucht hätte XXXX unter Kontrolle russischer Separatisten gestanden und wäre über Russland zugänglich gewesen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten immer wieder in ihre Heimatstadt XXXX zurückkehren können, obwohl sie politische Verfolgung durch die Ukraine gefürchtet hätten, da diese de facto keine Kontrolle mehr über XXXX ausgeübt hätte. Zum Zeitpunkt, als die beschwerdeführenden Parteien sich zur Abholung ihrer Reisedokumente kurzfristig nach XXXX begeben hätten, habe es noch keine Verfolgung der offiziellen Behörden der Ukraine gegen Teilnehmer bzw. Organisatoren des Referendums vom 11.05.2014 gegeben, was durch Links zu entsprechender Online-Berichterstattung untermauert werde. Da die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt vorwiegend zu den Gründen befragt worden wäre, welche für das Verlassen der Russischen Föderation ausschlaggebend gewesen wären, hätte sie ihre Beteiligung an der Organisation der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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