TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/20 W217 2217159-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2019
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Entscheidungsdatum

20.05.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2217159-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA, MA, als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 19.02.2019, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Frau XXXX (in der Folge: BF) beantragte am 08.05.2018 einlangend die Ausstellung eines Behindertenpasses, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO 1960.

In einem von der belangten Behörde hierzu eingeholten Sachverständigengutachten vom 12.12.2018, basierend auf der persönlichen Begutachtung der BF, stellt Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, fest:

"Anamnese:

TE, AE, ChE, HE, WS-OP, Starop- bds., K-TEP rechts, Knöchelbruch rechts - konservative Therapie. Aortenaneurysma bekannt.

Derzeitige Beschwerden:

Frau XXXX berichtet über ihre Wirbelsäulenbeschwerden - Ausstrahlung der Beschwerden in beide Beine - sie kann daher nicht weit gehen - sie ist aber mit der Straßenbahn zur Untersuchung ins SMS gekommen.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Tramal, Adamon long retard, Ibuprofen, Mefenabene, Parkemed, Blopress, Pravastatin, Daflon, Arca-Be.

Sozialanamnese:

Pensionist, verwitwet, 2 Kinder; Frau XXXX gibt an, dass sie zu dieser Antragstellung förmlich ‚gezwungen' wurde.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

CT-Befund LWS vom 19.4.2018: schwere Spondylosis deformans lumbalis mit Achsenfehlstellung, seitlichem Wirbelgleiten und teilweise auch Höhenreduktion der seitlichen Wirbelkörperhöhen. Ausgeprägte Osteochondrosen mit Gasphänomen, aber kein eindeutiger Hinweis auf Stenose des Spinalkanals (knöchern) oder der Neuroforamina.

Orthopädische Befundnachreichung - Dr. XXXX - vom 13.2.2018:

Knieprothese vor 5 Jahren - September 2013 WS-OP wegen Vertebrostenose - beschwerdefrei bis vor einem Jahr - jetzt wieder Beschwerden beim Sitzen, Liegen, Aufstehen und längerem Gehen - Gehleistung 500 - 600 Meter - Flat back Syndrom, radiologische Coxarthrose links (klinisch aber unauffällig) - lumbale Skoliose mit Wirbeldrehgleiten bis L3 - eine mögliche OP wurde erklärt.

Befundnachreichung AKH XXXX vom 18.1.2018: Aneurysma der Aorta ascendens 4,8 cm p. m. bei kompetenter Aortenklappe - keine Operationsindikation gegeben.

Befundnachreichung - CT-Angiographie der Aorta - Dr. XXXX - vom 15.11.2017: Aneurysma der Aorta ascendens Querschnitt maximal 48 mm.

Befundnachreichung - Echokardiographie vom 30.10.2017 - Internist

Dr. XXXX : normaler linker Ventrikel, gute RVF, Aorta ektatisch/aneurysmatisch mit 47 mm im tubulären Bereich.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal.

Ernährungszustand:

Sehr gut.

Größe: 164,00 cm Gewicht: 75,00 kg Blutdruck: 145/85

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus (Lesen mit Brille) und Gehör altersentsprechend unauffällig, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: inspektorisch und auskultatorisch unauffällig, Nichtraucherin, keine Atemauffälligkeiten.

Abdomen: gering über TN, unauffällige Organgrenzen, keine Druckempfindlichkeit.

Obere Extremitäten: frei beweglich, kein Tremor.

Untere Extremitäten: Narbe nach K-TEP rechts mit funktionell sehr gutem Ergebnis, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, ausreichend frei bewegliche HWS, BWS/LWS - Narbe lumbal - FBA im Stehen: 20 cm.

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit 2 UASK ins Untersuchungszimmer, kann im Zimmer frei auf den Beinen stehen und auch frei (verlangsamt und gering hinkend) im Zimmer gehen.

Status Psychicus:

voll orientiert, sehr gesprächig, Stimmung weitgehend unauffällig, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Aortenaneurysma Oberer Rahmensatz, da keine Operationsindikation gegeben ist.

05.03.02

40

2

Degenerative, posttraumatische und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorgan Unterer Rahmensatz, da nachvollziehbare belastungsabhängige Beschwerden mit leichtergradigen/mäßiggradigen Funktionseinschränkungen; Kniegelenksersatz rechts und konservativ behandelter Knöchelbruch rechts in der Beurteilung mitberücksichtigt.

02.02.02

30

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen fehlender ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

////

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Entfällt, da Erstuntersuchung.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Entfällt, da Erstuntersuchung.

X Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine - Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke), das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus. Das behinderungsbedingte ständige Erfordernis der Verwendung eines Rollators oder zweier Unterarmstützkrücken zur Fortbewegung für kurze Wegstrecken ist durch die festgestellten Funktionseinschränkungen und unter zumutbarer Therapie nicht begründbar. Die beobachtete Gesamtmobilität ist nicht in hohem Maß eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut, ausreichende Stand- und Trittsicherheit ist gegeben. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist möglich, da der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ausreichend ist und das Festhalten bei guter Beweglichkeit und guter Kraftentfaltung der oberen Extremitäten nicht maßgeblich eingeschränkt ist. Diese Feststellungen sind auch mit dem vorliegenden orthopädischen Befund kompatibel.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

2. Mit Schreiben vom 12.12.2018 wurde der BF das Gutachten von Dr. XXXX im Rahmen des Parteiengehörs zugeleitet.

3. Hierzu führte die BF aus, seit Ende 2017/Anfang 2018 sei sie mit zwei Krücken unterwegs und zu Hause mit dem Rollator. Sie sei zur Untersuchung mit der Straßenbahn gekommen, ihr Sohn habe sie zur Straßenbahnhaltestelle gebracht, dann habe sie keine 150m gehen müssen. Sie arbeite jeweils 2 Stunden an 5 Wochentagen. Die Büroarbeit, Arztbesuche und vor allem ihre Einkäufe erledige sie mit einem PKW. Schwierigkeiten habe sie in den Supermärkten mit den Parkplätzen: so habe man sie beschimpft und bedroht, weil sie einen Behindertenparkplatz benützt hätte, ebenso sei ihr eine Benachrichtigung hinterlassen worden, dass man sie zur Anzeige bringen würde. Zu Hause benötige sie Hilfe beim Putzen, Bügeln und vor allem beim Baden. Sie würde vor allem in der kalten Jahreszeit auf Grund ihrer Schmerzen gerne ein Vollbad nehmen, benötige dabei jedoch Hilfe, um aus der Wanne wieder heraus zu steigen. Sie sei auf fremde Hilfe angewiesen. Bisher habe sie dies privat beglichen, so wie sie auch zu Zielen ohne Parkplatzmöglichkeiten mit dem Taxi kommen müsse. Die Befunde über ihr Aneurysma hätten mit dem Bewegungsapparat nichts zu tun. Am 06.04.2017 sei sie auf dem Schutzweg angefahren worden und habe einen Knöchelbruch rechts, Gehirnerschütterung etc., erlitten. Der Fahrer sei schuldig gesprochen worden. Auf Grund des im Gutachten erwähnten CT-Befundes vom 19.04.2018 werde eine vierteljährliche CT-Infiltration im Krankenhaus bei Tagesaufnahme durchgeführt.

Beiliegend übermittelte die BF erneut den Befund vom 13.02.2018 sowie ein Schreiben vom 18.09.2018 über den Ablauf der wirbelsäulennahen Schmerzinfiltrationen.

4. In seiner Stellungnahme vom 18.02.2019 führte der bereits befasste Arzt für Allgemeinmedizin aus:

"Antwort(en):

Stellungnahme zu den Einwendungen zum Parteiengehör betreffend SVGA vom 12.9.2018

Frau XXXX wurde am 12.9.2018 im SMS, Landesstelle XXXX , nach Anamneseerhebung untersucht und dabei wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v. H. festgestellt. Festgestellt wurde auch, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Zu den Einwendungen zum Parteiengehör wird auch ein Befund nachgereicht.

Einwendungen: (...)

Befundnachreichung: Orthopädischer Befund - Dr. XXXX - wurde auch im Rahmen der Untersuchung vorgelegt - im Gutachten auch dezidiert erwähnt.

Gutachterliche Stellungnahme:

Aus gutachterlicher Sicht ist anzumerken, dass sich durch die Stellungnahme keine neuen gutachterlichen Aspekte ergeben. Der wieder nachgereichte Befund wurde bereits im Rahmen der Gutachtenserstellung mitberücksichtigt.

Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher Durchsicht des vorliegenden Aktenmaterials eine Änderung der getroffenen Beurteilung nicht vorgeschlagen wird, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen in der Beurteilung nach dem BBG und ihre Auswirkungen auf die Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel korrekt berücksichtigt und auch ausführlich begründet wurden. Gegenteilige Befunde liegen nicht vor."

5. Mit Bescheid vom 19.02.2019, OB: XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. Begründend wurde auf das Gutachten von Dr. XXXX und dessen Stellungnahme hingewiesen und festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 40% die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen würden.

6. Mit Schriftsatz vom 03.04.2019 erhob die BF fristgerecht das Rechtmittel der Beschwerde und brachte dazu vor, dass ihr Sohn sie am 12.09.2018 (Tag der Untersuchung) mit dem PKW zur Straßenbahn-Haltestelle gebracht habe, da sie Zweifel gehabt habe, in der XXXX einen Parkplatz zu finden, ohne Behindertenkarte. Von der Straßenbahnhaltestelle hätte sie ca. 50m zu gehen gehabt. Obwohl sie gezwungen sei, Krücken zu verwenden, sei das für sie damals kein Problem gewesen. Um ihre Eigentumswohnanlage zu verlassen, müsse sie eine Wegstrecke von ca. 250m zurücklegen, um zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zu gelangen, nochmals 300-400m. Den Rollator benütze sie in der Wohnung, da es ihr unmöglich sei, diesen unfallfrei zusammen zu legen - sie habe leider schon einen kleinen Unfall gehabt und den rechten Fuß verstaucht - und im Kofferraum zu verstauen oder in öffentliche Verkehrsmittel hinein zu heben. Wegen ihrer Schmerzen könne sie nicht mehr als ca. 2kg bewältigen. Anlässlich des Verkehrsunfalles im April 2017 sei sie ohne Bewusstsein gewesen und habe eine Gehirnerschütterung, einen Bluterguss und Schwellungen am linken Jochbein erlitten, der rechte Innenknöchel sei gebrochen, der rechte Daumen verstaucht sowie weitere kleine Abschürfungen. Sie verstehe nicht, wieso sie eine Bewilligung benötige, nur weil sie zur Unterstützung beim Parken einmal im Leben um Hilfe angesucht habe? Wenn sie zum Büro fahre, müsse sie leider immer öfter in der Hauptstraße parken und daher alle 1 1/2 Stunden einen neuen Parkplatz suchen. Eine Behindertenkarte würde den Staat doch kein Geld kosten. Sie fühle sich derzeit nicht 40% behindert, sondern mindestens 90% eingeschränkt in ihren Tätigkeiten.

Neue Befunde wurden keine beigebracht.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 09.04.2019 von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF beantragte am 08.05.2018 einlangend die Ausstellung eines Behindertenpasses, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO 1960.

Sie hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der BF wurden folgende Funktionsstörungen festgestellt:

1. Aortenaneurysma (Pos.Nr. 05.03.02)

2. Degenerative, posttraumatische und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorgan (Pos.Nr. 02.02.02)

Der Gesamtgrad der Behinderung der BF beträgt 40 v.H.

Mit Bescheid vom 19.02.2019 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der BF im Inland ergibt sich aus der Einsichtnahme im zentralen Melderegister.

Die Feststellung hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung der BF in der Höhe von 40 v.H. beruht auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 12.12.2018 eines Arztes für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, sowie auf dessen Stellungnahme vom 18.02.2019.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der BF, deren Ausmaß und allfällige wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussungen ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Sachverständige setzte sich auf Grundlage der persönlichen Begutachtung mit den vorgelegten Befunden, die im Gutachten angeführt sind, auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.

Pos.Nr. 05.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung lautet:

"05.03 Arterielles Gefäßsystem

05.03.01 Funktionseinschränkungen leichten Grades 10 %

Arterielle Verschlusskrankheit I

05.03.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 20 - 40 %

20 %: Arterielle Verschlusskrankheit Stadium II a

40 %: Arterielle Verschlusskrankheit II b mit Therapieoption Aortenaneurysma ohne baldige Operationsindikation

05.03.03 Funktionseinschränkungen fortgeschrittenen Grades 50 - 70 %

50 %: Arterielle Verschlusskrankheit II b trotz Intervention oder OP Aortenaneurysma mit baldiger Operationsindikation (1 Jahr)

70 %: Arterielle Verschlusskrankheit II b ohne Therapieoption

05.03.04 Funktionseinschränkungen schweren Grades 80 %

Deutliche secundäre Folgeschäden (Hautschäden), schlechten Therapieoptionen"

Der Sachverständige begründete die Heranziehung der im Rahmen der EVO angewandten Pos.Nr. 05.03.02 mit 40 %, dass keine Operationsindikation gegeben sei. Die Einstufung ist somit korrekt erfolgt.

Pos.Nr. 02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung lautet:

"02.02 Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates

Es ist die resultierende Gesamtfunktionseinschränkung bei entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen, degenerative rheumatischen Erkrankungen und systemischen Erkrankungen der Muskulatur einzuschätzen. Falls sie mit Lähmungserscheinungen einhergehen, sind sie entsprechend den funktionellen Defiziten nach Abschnitt 04. ‚Neuromuskuläre Erkrankungen' im Kapitel ‚Nervensystem' zu beurteilen.

02.02.01 Mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades 10 - 20 %

Leichte Beschwerden mit geringer Bewegungs- und Belastungseinschränkung

02.02.02 Mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades 30 - 40 %

Mäßige Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität

02.02.03 Mit funktionellen Auswirkungen fortgeschrittenen Grades 50 - 70%

50 %: Dauernde erhebliche Funktionseinschränkungen, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität, Notwendigkeit einer über mindestens 6 Monate andauernden Therapie 70 %: Dauernde erhebliche Funktionseinschänkungen mit maßgeblichen Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität, Gehbehinderung

02.02.04 Mit funktionellen Auswirkungen schweren Grades 80 - 100 %

Irreversible Funktionseinschränkungen mehrerer großer Gelenke mit entsprechender Mobilitätseinschränkung, hochgradige Progredienz"

Der Sachverständige begründete die Heranziehung der im Rahmen der EVO angewandten Pos.Nr. 02.02.02 mit 30 %, dass nachvollziehbare belastungsabhängige Beschwerden mit leichtergradigen/mäßiggradigen Funktionseinschränkungen bestehen. Der Kniegelenksersatz rechts und konservativ behandelter Knöchelbruch rechts wurden in der Beurteilung mitberücksichtigt.

Diese Schlussfolgerungen des medizinischen Sachverständigen finden Bestätigung in seinen Aufzeichnungen bei der persönlichen Untersuchung am 12.09.2018 im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes ["Obere Extremitäten: frei beweglich, kein

Tremor. Untere Extremitäten: Narbe nach K-TEP rechts mit funktionell sehr gutem Ergebnis, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, ausreichend frei bewegliche HWS, BWS/LWS - Narbe lumbal - FBA im Stehen: 20 cm. Gesamtmobilität - Gangbild: kommt mit 2 UASK ins Untersuchungszimmer, kann im Zimmer frei auf den Beinen stehen und auch frei (verlangsamt und gering hinkend) im Zimmer gehen."]. Auch in dem von der BF vorgelegten Befund von Dr. XXXX vom 13.02.2018 bestätigt dieser eine Gehleistung von 500-600m.

Abschließend legt der Sachverständige klar, dass der GdB der führenden Gesundheitsschädigung unter Leiden 1 infolge des Fehlens eines ungünstigen Zusammenwirkens und des Fehlens maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht werde.

Die BF ist dem eingeholten Sachverständigengutachten nicht und damit auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Die von der BF eingebrachte Beschwerde enthält kein substantielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde. Neue Befunde wurden keine vorgelegt. So brachte die BF in ihrer Beschwerde zusammengefasst vor, wenn sie ins Büro fahre, müsse sie leider immer öfter in der Hauptstraße parken und alle 1 1/2 Stunden einen neuen Parkplatz suchen. Eine Behindertenkarte würde den Staat kein Geld kosten. Um zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu gelangen, müsse sie zunächst 250 m zurücklegen, um ihre Wohnanlage zu verlassen, und dann weitere 300-400m, um zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zu gelangen. Ihre Beschwerde richtete sich sohin allein darauf, einen Parkausweis zu erhalten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens, welches durch die Stellungnahme vom 18.02.2019 bestätigt wird. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung:

§ 2 Abs. 1 Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit diese durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das oben dargestellte Sachverständigengutachten zu Grunde gelegt, aus dem sich ein Grad der Behinderung der BF von 40 v. H. ergibt.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Sachverständige setzte sich auf Grundlage der persönlichen Begutachtung mit den vorgelegten Befunden, die in dem Gutachten angeführt sind, sowie auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden objektivierten Gesundheitsschädigungen auseinander.

Die BF ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat - wie bereits oben ausgeführt - kein aktuelles Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher in sachverhaltsbezogener und rechtlich erheblicher Form die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Befundnahmen und Schlussfolgerungen des dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, ein Gutachten einer medizinischen Sachverständigen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie oben bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W217.2217159.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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