TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/21 W217 2213364-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.05.2019
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Entscheidungsdatum

21.05.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2213364-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA, MA, als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 04.01.2019, OB: XXXX , betreffend die Entfernung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX (in der Folge: BF) ist Inhaber eines am 17.11.2017 ausgestellten Behindertenpasses. Der Grad der Behinderung wurde mit 100 % festgesetzt. Zusätzlich wurde ihm ein Parkausweis mit der Nummer XXXX ausgefolgt, weil er über einen Behindertenpass mit der Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt.

In einem hierzu erstellten Sachverständigengutachten stellte Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, folgende Funktionseinschränkung, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird, fest:

1

Offene Schädelfraktur mit 3.°-igem Schädelhirntrauma mit schwerer Gehirnverletzung und erforderlichen Operationen Oberer Rahmensatz, da es sich um eine schwere Schädelhirnverletzung handelte und zusätzlich eine Halswirbelsäulenverletzung in 2 Etagen mit erforderlicher Versteigungsoperation aufgetreten ist. Er befindet sich jetzt noch in der Phase der posttraumatischen Rehabilitation.

04.01.03

100 % GdB

Als Termin

einer Nachuntersuchung wurde 08/2018 angemerkt, mit der Begründung, dass nach umfangreichen Rehabilitationsmaßnahmen eine Verbesserung möglich sei.

Weiters wurde ausgeführt:

"Aufgrund des schweren Schädelhirntraumas und der schweren Kopfverletzung ist davon auszugehen, dass die selbständige Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen psychischer, kognitiver und motorischer Beeinträchtigung nicht möglich ist."

2. Mit Antrag vom 17.09.2018, eingelangt bei der belangten Behörde am 19.09.2018, begehrte der BF die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung.

Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 01.11.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF, wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Anamnese:

aktenmäßiges VGA 30 08 2016:

offenes Schädelhirntraume GdB 100%

Benützung ÖVM nicht zumutbar, Begleitperson

7/2016 Sturz mit offenem SHT und Gesichtsschädelfraktur, Fraktur 3. und 4. Halswirbel und

Rippe 4-11 links, osteoklastische Schädeltrepanation am Aufnahmetag, Hirndrucksonde, 06 07 2016 Discektomie C3-C5 und ventrale Stabilisierung

Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Unzumutbarkeit und Parkausweis beantragt

Seit dem aktenmäßigen VGA:

2x Rehabilitation- zuletzt 29 05- 26 06 2018 weiteres:

Seit 2005 Diabetes mellitus- insulinpflichtig 1993 Ulnarisverlagerung linker Ellenbogen 90er Jahre Nasenscheidewandoperation

Derzeitige Beschwerden:

Er habe eine Bewegungseinschränkung der Schultern beidseits, nach hinten komme er kaum. Er habe relativ häufig Kopfschmerzen. Die Beweglichkeit von der HWS sei ein Problem, Zurückschauen sei eingeschränkt. Er könne gar nicht schnell gehen. Er könne langsam ca. 1 Kilometer gehen. Je nach dem wie die Steigung sei müsse er fallweise ein bisschen ausrasten.

9/2016 einmaliger epileptischer Anfall - seither mit Therapie anfallsfrei.

Ein Kalender sei schon wichtig für die Termine, im Alltag gehe es schon mit dem Gedächtnis.

Keine Harnwegsinfekte mehr seit 4/18, kein Harnverlust

Er dürfe sich nicht schneuzen nach der Operation der Brüche im Gesicht, er rieche nichts

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Levetiracetam 500-0-1000, Concor, Pantip, Atorvastatin, Aglandin, Insulatard, Novorapid, (ca. 3x/Tag Zuckermessung und spritzt selbst), Oleovit, Novalgin b. Bed: 20 Tropfen 1-2x/Tag

Physio/Ergotherapie, 2x/Woche mit Unterbrechungen

Sozialanamnese:

HTL mit Abschluss, selbstständig als Mechatroniker und Gewerbe ausgeübt

Krankheitsbedingte Pension unbefristet, kein Pflegegeld

Verheiratet, 3 erw. Kinder aus Vorbeziehung

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Arztbrief RZ XXXX 14 11- 12 12 2016

Augenbefund 29 11 2016: Vis. Bin Ferne 1,0 Nähe

HNO Befund Dr. XXXX 22 05 2018: ....NNH CT kein Hinweis auf Mucocele.....keine Rhinoliquorrhoe

Physiotherapiebericht Fr XXXX 23 05 2018: Diagnose Impingement GHG beidseits.

Innerhalb der Therapie konnte eine Schmerzfreiheit im Alltag und ein Zugewinn der Beweglichkeit bereits erreicht werden, die Abduktion zeigt beidseits aber noch Einschränkungen (aktuell 90°).

NNH CT 04 05 2018: Status post Schädel-Hirn-Trauma rechts mit fraktionierter Schädelkalotte frontotemporal und mehreren Spacem. Volumsgeminderter rechter Sinus frontalis, ohne nachweisliche Mukozele. Minimale Schleimhautschwellunq im linken Sinus sphenoidalis. Concha bullosa media links. Bds. intakte osteomeatale Einheit.

Orthopädischer Befund Dr. XXXX 28 02 2018: Diagnose: Krallenzehen D5 bds., Z.n. SHT, Aktivierte Arthrose PIP ind. sin....Senk-Spreizfuß bds., die 5. Zehe bds. nach medial verlagert mit Druck auf die 4. Zehe, Hautmantel dzt. geschlossen, ansonsten regelrechte Zehenstellung. Faustschluß mit dem 2. Finger links unvollständig aufgrund eines Beugedefizits im PIP-Gelenk, die Flexion bis 90° möglich, dann schmerzhaft. Übrige Gelenke frei beweglich. DMS intakt.

NLG 11 01 2018: Linksseitig klinisch und elektrophysiologisch keine Anhaltspunkte für eine

Medianusläsion, weder im distalen noch im proximalen Abschnitt. Sensorische Ulnarisneuropathie links, vermutlich Irritation auf Höhe des Sulcusabschnittes.

digitale Radiographie der linken Hand 25 10 2017:

Radiocarpalarthrose, geringe Ulnaplusvariante.

Orthopädischer Befund Dr. XXXX 14 08 2017: incipiente Krallenzehe V bds.

Befund XXXX 12 07 2017: Diagnosen:

Schädel-Hirn-Trauma Juli 2016,

klinisch Hinweise auf zumindest geringgradig ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom singuläres Anfallsgeschehen September 2016,

hochgradiges Cervikalsyndrom ohne Hinweis auf radikuläre Symptomatik;

Fract. cranii apertfract. oss. zygomaticus dext.,

Fract. maxillae bilaterales,

Fract. vert. C3/C4, Z. n. Discektomie C3/C4 und C4/C5 mit Verblockung Juli 2016,

arterielle Hypertonie,

Diabetes mellitus Typ 2,

Hyperlipidämie,

benigne Prostatahyperplasie.

HNO Befund 27 07 2017: kein Hw für Infektherd im HNO Bereich

zur Untersuchung mitgebrachte Befunde

Ambulanzbefund LK XXXX 27 07 2017, 27 07 2017: Dg.: Harnwegsinfekt

EEG 07 06 2017: Zusammenfassung:

EEG mit im Normbereich liegender Grundaktivität, Darstellung eines Breach-Rhythmus über der rechten Hemisphäre bei Zustand nach osteoplastischer Schädeltrepanation, ohne regionale Verlangsamung und ohne epileptiforme Aktivität.

Neurologischer Befund Dr. XXXX 31 01 2017: Z.n. schwerem Schädel-Hirn Trauma (07/2016)

Z.n. 1 x generalisiert tonisch klonischem Anfallsgeschehen

V.a. Impingement rechte Schulter

Ambulanzbefund KH XXXX 21 10 2016:

Z.n. Blasenentleerungsstörung bei SHT, HWIO mit Klebsiella pneumonia multiresistent

zur Untersuchung mitgebrachter Befund:

Arztbrief Reha XXXX 29 05- 26 06 2018:

..."Bradykinesie rechtsbetont, keine Pause......nach ca. 1 Km

Gehstrecke benötigt er eine Pause ....

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

58 jähriger in gutem AZ

Ernährungszustand:

gut

Größe: 174,00 cm Gewicht: 79,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Stuhl: unauffällig

Miktion: unauffällig

Händigkeit: rechts

Tracheostomanarbe, Narbe nach suprapubischen Katheter

Neurologisch:

blande Narbe über die Stirn und im behaarten Bercih rechts bogenfrömig, leicht asymmetrischer Augenstand, rechtes Auge wirkt etwas zurückversetzt

Hirnnerven:

Geruch: anamnestisch fehlend

Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung

Visus: Lesebrille

Pupillen mittelweit, rund isocor

Optomotorik frei, keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner

Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit

Sensibilität: unauffällig

Hörvermögen anamnestisch unauffällig,

Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich

Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch

Schulterhebung: unauffällig

OE:

Rechtshänder

Kraft: seitengleich unauffällig

Trophik: unauffällig

Tonus: unauffällig

Motilität: Nacken und Schürzengriff: endlagig eingeschränkt

Seitabduktion bds. bis ca. 120 Grad

Faustschluss und Fingerspreizen gut durchführbar

Pinzettengriff: bds. möglich

Feinmotorik: ungestört

MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich mittellebhaft

Pyramidenbahnzeichen: negativ

Hypodiadochokinese gering links

AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation

FNV: zielsicher bds.

Sensibilität: seitengleich unauffällig

UE:

Kraft: seitengleich unauffällig

Trophik: unauffällig Tonus: unauffällig

Motilität: nicht eingeschränkt

PSR: seitengleich mittellebhaft

ASR: seitengleich mittellebhaft

Pyramidenbahnzeichen: negativ

Laseque: negativ

Beinvorhalteversuch: kein Absinken

Knie- Hacke- Versuch: zielsicher bds.

Sensibilität: seitengleich unauffällig

Stand und Gang: unauffällig

Romberg: unauffällig

Unterberger Tretversuch: leicht unsicher, kein Abweichen, keine Falltendenz

Zehen- und Fersenstand: kurz möglich

Sprache und Sprechen: unauffällig

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt frei gehend in Begleitung der Gattin zur Untersuchung, kommen mit ÖVM Führerschein: ja, fahre auch selbst kurze Strecken

Status Psychicus:

Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein schwerwiegendes kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent;

Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen, stabil, gut affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Zustand nach Schädelhirntrauma und Gesichtsschädelfrakturen operat. 7/2016 Oberer Rahmensatz, da verminderte Belastbarkeit, feinmotorische Einbußen, Kopfschmerzen, Narben

04.01.01

40

2

Zustand nach Halswirbelsäulenverletzung 7/2016 operat., Schmerzen Oberer Rahmensatz, da Bewegungseinschränkung

02.01.02

40

3

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Unterer Rahmensatz, da stabile Stoffwechsellage

09.02.02

30

4

einmaliger symptomatischer epileptischer Anfall 9/16 Unterer Rahmensatz, da mit Therapie anfallsfrei

04.10.01

20

5

Bluthochdruck --

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, da eine wechselseitig ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. Die anderen Leiden erhöhen nicht weiter

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

wiederholte Harnwegsinfekte, da keine funktionellen Einschränkungen, keine Dauertherapie vorliegend

Z.n. N. Ulnaris Verlagerung links- da keine anhaltende Funktionseinschränkung

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 1 des aktenmäßigen VGA 8/16 wird auf die aktuellen Leiden 1 und 2 aufgeteilt- Reduktion um 6 Stufen, da deutliche Besserung

Leiden 3-5: neu aufgenommen

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Reduktion um 5 Stufen, da deutliche Besserung

X Dauerzustand

(...)

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und das Überwinden üblicher Niveauunterschiede sind zumutbar, der sichere Transport ist möglich. Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen oder intellektuellen Funktionen vor. Die Orientierung und Gefahrenabschätzung im öffentlichen Raum ist gegeben. Die behinderungsbedingte Notwendigkeit einer Begleitperson besteht nicht.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein"

3. Mit Schreiben vom 02.11.2018 wurde dem BF das Gutachten von Dr. XXXX im Rahmen des Parteiengehörs zugeleitet und darauf hingewiesen, dass ein GdB von 50% festgestellt worden sei. In einem weiteren Schreiben vom 30.11.2018 wurde dem BF mitgeteilt, dass ein neuer Behindertenpass auszustellen sei. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt, die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragung würden vorliegen: "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996". Der alte Behindertenpass sei ungültig und dem Sozialministeriumservice binnen einer Frist von 4 Wochen vorzulegen.

Mit Schreiben vom 03.12.2018 wurde dem BF der Behindertenpass im Scheckkartenformat zugestellt.

4. Mit Bescheid vom 03.12.2018, OB: XXXX , verfügte die belangte Behörde die Einziehung des Parkausweises des BF. Begründend wurde auf den Bescheid vom 30.11.2018 verwiesen, womit festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.

5. Mit Bescheid vom 04.01.2019, OB: XXXX , stellte die belangte Behörde fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht mehr vorliegen würden. Die Zusatzeintragung sei daher im Behindertenpass zu entfernen.

6. Mit Bescheid vom 07.01.2019, OB: XXXX , stellte die belangte Behörde fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht mehr vorliegen würden. Die Zusatzeintragung sei daher im Behindertenpass zu entfernen.

7. In einem Schreiben vom 11.12.2018 brachte der BF gemeinsam mit seiner Ehefrau Folgendes vor:

"Wir haben heute den Bescheid bezüglich Vorlage des Parkausweises Nr. XXXX erhalten. Da ich Sie laut telefonischer Auskunft erst am Donnerstag wieder erreichen kann, legen wir somit schriftlich Einspruch ein. Mein Gatte hat durch die Verplattung im Halswirbel beim Einparken erhebliche Einschränkungen, ist der geeigneter Parkplatz zu weit weg, ist es sehr anstrengend den Weg zurückzulegen. Wir benützen nur im Bedarfsfall eine Behinderten Parkplatz (falls ein normaler zu Verfügung steht, benutzen wir diesen).

Es muss doch eine gesetzliche Möglichkeit geben eine Genehmigung für einen Behinderten Parkplatz für solche Fälle auszustellen. Die Ärztin Dr. XXXX beim Sozialamt in XXXX hat zwar die "Unzumutbarkeit...." gestrichen, dennoch muss ich anführen dass ich meinen Gatten niemals alleine mit öffentlichen Verkehrsmittel fahren lassen würde. Bei jedem Stoss von anderen Passagieren oder anderem Drängeln, könnte er stürzen.

Ich ersuche um Bekanntgabe eventueller Möglichkeiten. Wir werden den Parkausweis in dieser Zeit natürlich nicht benützen."

8. In einem weiteren Schreiben vom 14.01.2019 erhob der BF gemeinsam mit seiner Ehefrau Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.01.2019 und brachte dazu Folgendes vor:

"Wir haben heute den Bescheid vom 4.1.2019 bezüglich der Eintragung "Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel" erhalten, der Behindertenpass wurde bereits ausgetauscht, ohne diesen Eintrag. Die Vorlage des Parkausweises wurde mit dem Bescheid Nr. XXXX angefordert. Mein Gatte hat durch die Verplattung im Halswirbel beim Einparken erhebliche Einschränkungen, ist der geeignete Parkplatz zu weit weg, ist es sehr anstrengend den Weg zurückzulegen. Außerdem ist der Transport von Waren beim Einkauf zum zu weit entfernten Parkplatz nicht möglich, durch die körperlichen Einschränkungen hat er Probleme beim Ein- und Aussteigen wegen zu enger Parkplätze. Er benützt nur im Bedarfsfall eine Behinderten Parkplatz, falls ein normaler zu Verfügung steht, benutzt er diesen. Es muss doch eine gesetzliche Möglichkeit geben eine Genehmigung für einen Behinderten Parkplatz für solche Fälle auszustellen.

Die Ärztin Dr. XXXX beim Sozialamt in XXXX hat zwar die "Unzumutbarkeit...." gestrichen, dennoch muss ich anführen dass ich meinen Gatten niemals alleine mit öffentlichen Verkehrsmittel fahren lassen würde. Bei jedem Stoss von anderen Passagieren oder anderem Drängeln, könnte er stürzen. Wir ersuchen um Bekanntgabe eventueller Möglichkeiten. Wir werden den Parkausweis in dieser Zeit natürlich nicht benützen."

9. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.01.2019 von der belangten Behörde vorgelegt.

10. Dieses forderte den BF mit Schreiben vom 31.01.2019 auf, folgende Mängel der Beschwerde - Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, Anführung der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt sowie Darlegung eines Begehrens - binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich zu verbessern. Weiters wurde der BF ersucht, innerhalb dieser Frist bekannt zu geben, ob er durch seine Ehefrau vertreten werde. Gegebenenfalls erging die Aufforderung, innerhalb dieser Frist dem Gericht eine Vollmacht vorzulegen.

Innerhalb offener Frist teilte der BF mit:

"Die Beschwerde betrifft OB: XXXX Einziehung Parkausweis, wegen Streichung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel'. Wie bereits im Email angeführt habe ich beim Einparken Probleme aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit im Halswirbelbereich. (Kopie Implantat Ausweis, Kopie alter und neuer Behinderten Pass wird beigelegt). Außerdem kann ich keine weiten Wegstrecken zurücklegen, schon gar nicht mit eventuellen Einkäufen. Es ist mir auch nicht möglich alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein, da meist ein Gedränge ist und meine Standfähigkeit nicht sehr gut, ein eventueller Sturz wäre fatal. Meine Gattin begleitet mich deshalb bei ÖFFIS Fahrten, falls weitere Wegstrecken zurückgelegt werden müssen. Der Parkausweis ist daher für meine Selbständigkeit sehr wichtig. (...)"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem BF wurde am 17.11.2016 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 100% und den Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie "Bedarf einer Begleitperson" ausgestellt.

Mit Schreiben vom 17.09.2018, eingelangt am 19.09.2018, begehrte der BF die Neufestsetzung des Grades der Behinderung.

Der BF hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim BF wurden folgende Funktionsstörungen festgestellt:

1. Zustand nach Schädelhirntrauma und Gesichtsschädelfrakturen operat. 7/2016

2. Zustand nach Zustand nach Halswirbelsäulenverletzung 7/2016 operat.,

Schmerzen

3. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus

4. einmaliger symptomatischer epileptischer Anfall 9/16

5. Bluthochdruck

Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 50 v.H.

Mit Schreiben vom 03.12.2018 wurde dem BF der unbefristet ausgestellte Behindertenpass im Scheckkartenformat zugestellt.

Mit Bescheid vom 03.12.2018, OB: XXXX , wurde festgestellt, dass der Parkausweis einzuziehen und unverzüglich dem Sozialministeriumservice vorzulegen ist.

Mit Bescheid vom 04.01.2019 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht mehr vorliegen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Entfernung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass führen, gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Unter Berücksichtigung der vom BF ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung des BF wurde von der medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den BF zumutbar ist.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des BF und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinische Sachverständige setzt sich auf Grundlage von persönlicher Begutachtung mit den vorgelegten Befunden, die im Gutachten angeführt sind, auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.

Die Sachverständige gelangte unter den von ihr geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung des BF am 31.10.2018 zu dem Schluss, dass im Fall des BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, da beim BF - trotz seiner anerkannten Gesundheitsschädigungen - keine erheblichen Funktionsstörungen der Extremitäten vorliegen. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und das Überwinden üblicher Niveauunterschiede sind zumutbar, der sichere Transport ist möglich. Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen oder intellektuellen Funktionen vor. Die Orientierung und Gefahrenabschätzung im öffentlichen Raum ist gegeben. Die behinderungsbedingte Notwendigkeit einer Begleitperson besteht nicht.

Diese Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen finden insbesondere Bestätigung in ihren Aufzeichnungen bei der persönlichen Untersuchung am 31.10.2018 im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes zu den oberen und unteren Extremitäten bzw. zum Gangbild ("OE: Rechtshänder, Kraft:

seitengleich unauffällig, Trophik: unauffällig, Tonus: unauffällig, Motilität: Nacken und Schürzengriff: endlagig eingeschränkt, Seitabduktion bds. bis ca. 120 Grad, Faustschluss und Fingerspreizen gut durchführbar, Pinzettengriff: bds. Möglich, Feinmotorik:

ungestört, MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich mittellebhaft, Pyramidenbahnzeichen: negativ, Hypodiadochokinese gering links, AVV:

beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation, FNV: zielsicher bds. Sensibilität: seitengleich unauffällig. UE: Kraft: seitengleich unauffällig, Trophik: unauffällig, Tonus: unauffällig, Motilität:

nicht eingeschränkt, PSR: seitengleich mittellebhaft, ASR:

seitengleich mittellebhaft, Pyramidenbahnzeichen: negativ, Laseque:

negativ, Beinvorhalteversuch: kein Absinken, Knie- Hacke- Versuch:

zielsicher bds., Sensibilität: seitengleich unauffällig, Stand und Gang: unauffällig, Romberg: unauffällig, Unterberger Tretversuch:

leicht unsicher, kein Abweichen, keine Falltendenz, Zehen- und Fersenstand: kurz möglich, Sprache und Sprechen: unauffällig.

Gesamtmobilität - Gangbild: kommt frei gehend in Begleitung der Gattin zur Untersuchung, kommen mit ÖVM. Führerschein: ja, fahre auch selbst kurze Strecken.") aus denen sich - auch unter Berücksichtigung der beim BF tatsächlich vorliegenden Funktionseinschränkungen - ergibt, dass die vom BF subjektiv empfundenen Leidenszustände nicht (mehr) in entsprechendem Ausmaß - im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der oberen oder unteren Extremitäten nach dem Maßstab des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und vom Parkausweisen - objektiviert werden konnten. Aus diesen Befundungen ergibt sich aber auch, dass der BF in der Lage ist, sich beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei der Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt festzuhalten. Wie der BF selbst im Rahmen der Befundung ausführte, ist er in Begleitung seiner Gattin zur Untersuchung mit öffentlichen Verkehrsmittel gekommen. Auch führte er aus, "er könne langsam ca. 1 Kilometer gehen. Je nach dem wie die Steigung sei müsse er fallweise ein bisschen ausrasten." (siehe "Derzeitige Beschwerden)

Die vom BF eingebrachte Beschwerde enthält kein substantielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde. Neue Befunde wurden keine vorgelegt. So führte er im Wesentlichen aus, dass er einen Behindertenparkplatz benötige, da er durch die Verplattung im Halswirbel beim Einparken erhebliche Einschränkungen habe. Ist der geeignete Parkplatz zu weit entfernt, sei es sehr anstrengend, den Weg zurückzulegen. Außerdem sei der Transport von Waren beim Einkauf zum zu weit entfernten Parkplatz nicht möglich, durch die körperlichen Einschränkungen habe er Probleme, beim Ein- und Aussteigen wegen zu enger Parkplätze.

Der BF ist dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093). Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde in dem seitens der belangten Behörde eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung des BF basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie am 31.10.2018 nachvollziehbar dargestellt, dass im Fall des BF - trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht (mehr) vorliegen. Beim BF sind, wie bereits in den beweiswürdigenden Ausführungen ausgeführt wurde, ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren sowie der oberen Extremitäten im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert; im Rahmen der persönlichen Begutachtung haben sich auch keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass der BF nicht in der Lage wäre, 300-400 m ohne Pause und ohne Auftreten starker Schmerzen, ohne Unterbrechung und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Auch unter Berücksichtigung der beim BF bestehenden Einschränkungen vermag der BF nicht (mehr) die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Beim BF liegen laut dem vorliegenden Sachverständigengutachten weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren noch der oberen Extremitäten vor, es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.

Der BF ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine Sachverständigenaussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß mehr erreichen, welches die Beibehaltung der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" im Behindertenpass rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rec

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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