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L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Bausperreverordnung; Ziel der Bausperreverordnung als Maßstab für die Angemessenheit von Preisen und Beurteilung der Leistbarkeit von Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung gesetzeskonform und ausreichend bestimmt; keine Bedenken gegen die Erklärung eines ortsplanerischen Gutachtens zum "integralen Bestandteil" der BausperreverordnungRechtssatz
Keine Prüfung des Inhalts der beabsichtigten Änderungen einer Planungsnorm aus Anlass einer Bausperreverordnung:
Der VfGH hat in stRspr für die Zulässigkeit einer Bausperre gefordert, dass anlässlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigten Planungsmaßnahmen in der kundgemachten Verordnung zum Ausdruck zu bringen sind. Er geht davon aus, dass es genügt, in der Verordnung über die Bausperre die beabsichtige(n) Änderung(en) zu benennen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der Bausperre von der Zulässigkeit der Änderungsabsichten abhängt: Ob nämlich die Voraussetzungen für eine Planänderung vorliegen, braucht bei der Erlassung der Verordnung über die Bausperre noch nicht geprüft werden. Alle Einwände, welche die Fehlerhaftigkeit der Änderungsabsichten dartun wollen, gehen sohin von vornherein ins Leere, wenn sie gegen die Bausperre anstatt gegen die auf deren Grundlage dann geänderte Planungsnorm erhoben werden. Wie der VfGH in VfSlg 9910/1983 bereits ausgeführt hat, ist es gerade Sinn und Zweck einer Bausperre, innerhalb ihres von vornherein begrenzten Geltungszeitraums die Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Planungsnorm vorliegen. Ob etwa §27 Abs2 litb TROG 2016 oder der Gleichheitssatz einer in Aussicht genommenen Änderung einer Planungsnorm entgegenstehen, kann sohin im Zuge der Prüfung der Bausperre - noch - nicht festgestellt werden, sondern ist erst im Falle der Anfechtung der geänderten Planungsnorm Prüfungsthema des VfGH. Angesichts dessen erweisen sich die Bedenken des LVwG Tirol ob der Rechtmäßigkeit der Wortfolge "in Götzens ansässige Bevölkerung" in der Bausperreverordnung des Gemeinderates der Gemeinde Götzens als nicht berechtigt.
"Zielvorgabe" der Befriedigung des dauernden Wohnbedarfs der Bevölkerung "zu leistbaren Bedingungen" gesetzeskonform und ausreichend bestimmt:
§27 Abs2 litb TROG 2016 nennt als Ziel der örtlichen Raumplanung unter anderem auch die Ausweisung ausreichender Flächen zur Befriedigung des dauernden Wohnbedarfes der Bevölkerung "zu leistbaren Bedingungen". Die Bezugnahme in §1 zweiter Absatz der Bausperreverordnung auf "Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung" konkretisiert dieses Kriterium in einer der Auslegung zugänglichen Weise, indem sie an die - jeweils maßgeblichen - Richtlinien und Schwellenwerte nach dem Tiroler Wohnbauförderungsrecht anknüpft.
Keine Bedenken gegen die Erklärung eines ortsplanerischen Gutachtens zum "integralen Bestandteil" der Bausperreverordnung:
§1 erster Absatz der Bausperrenverordnung ordnet an, dass die Bausperre der "Sicherung der mit der beabsichtigten Änderung der §§9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Götzens Ö/002/05/2015 verfolgten Planungsmaßnahmen" dient. Das zum Bestandteil der Verordnung erklärte Gutachten soll augenscheinlich im Umfang des in ihm ausformulierten Vorschlags einer Neufassung der §§9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzepts die beabsichtigten Planungsmaßnahmen und -ziele präzisieren, während es im Übrigen tatsächlich bloß Informationen enthält, die - über allenfalls auslegungsleitende Funktionen hinaus - keine normativen Wirkungen äußern. Dies begründet jedoch noch keine Gesetzwidrigkeit des normativen §1 dritter Absatz der Verordnung; ob die vom Gemeinderat der Gemeinde Götzens gewählte Vorgangsweise hingegen vom legistischen Standpunkt aus gesehen zweckmäßig war, hat der VfGH nicht zu beurteilen.
Schlagworte
Raumordnung, Baurecht, Bausperre, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:V35.2018Zuletzt aktualisiert am
06.08.2020