Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Korner in der Strafsache gegen Damir P***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Damir P***** und Damir M***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 19. Dezember 2018, GZ 16 Hv 135/18m-105, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Konfiskation einer Gaspistole aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – Damir P***** und Damir M***** jeweils eines Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat Damir P***** am 24. Mai 2018 in D***** Gewahrsamsträgern eines Bankinstituts durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen, nämlich 38.090 Euro Bargeld, unter Verwendung einer Waffe mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, indem er einer Bankangestellten eine Gaspistole vorhielt und sie zur Herausgabe des Bargelds aufforderte, und
Damir M***** zur Ausführung der bezeichneten strafbaren Handlung des P***** beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er diesen in der Auswahl einer geeigneten Bankfiliale bestärkte, ihm einen Sturzhelm zur Maskierung überließ und zusicherte, ihm nach der Tat zur Flucht zu verhelfen.
Rechtliche Beurteilung
M***** bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 (richtig) lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider ist der vom Schöffengericht – in vernetzter Betrachtung einer Vielzahl von Beweisergebnissen (US 21 ff) – gezogene Schluss vom gezeigten Verhalten auf das diesem zugrunde liegende Wissen und Wollen des Beschwerdeführers (US 26 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).
Anträge auf Vernehmung des Emrah B***** und der Rasima G***** als Zeugen hat der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung zunächst gestellt (ON 104 S 31), jedoch später zurückgezogen (ON 104 S 32). Mit dem auf Z 5a gestützten Einwand, der betreffenden Beweisaufnahmen hätte es dennoch bedurft, um der Pflicht zu amtswegiger Wahrheitsforschung zu genügen, verkennt er die – unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehende – Subsidiarität der Tatsachen- gegenüber der Verfahrensrüge (RIS-Justiz RS0115823 [T2], RS0114036 [T11]).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz des Beschwerdeführers. Weshalb dessen überschießende Innentendenz – um seine Strafbarkeit als sonst Beteiligter (§ 12 dritter Fall StGB) zu begründen – darauf gerichtet sein müsste, sich oder einen Dritten (gerade)„durch seinen Beitrag zur Straftat“ des Mitangeklagten unrechtmäßig zu bereichern, macht sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet klar (siehe aber RIS-Justiz RS0116565).
Im Übrigen trägt der Urteilssachverhalt die (rechtliche) Annahme, dass der Eintritt einer solchen Bereicherung (des Beschwerdeführers oder eines Dritten) – wie vom Gesetz (§ 142 Abs 1 StGB) gefordert – durch die Zueignung der (vom unmittelbaren Täter unter Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels erlangten) Sachen vom Vorsatz des Beschwerdeführers umfasst war (US 16).
P***** hat binnen vier Wochen nach Zustellung einer Urteilsabschrift keine Ausführung seiner Beschwerdegründe überreicht und auch bei der Anmeldung keinen Nichtigkeitsgrund einzeln und bestimmt bezeichnet (vgl seine Erklärung in ON 118 S 4, die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde „nicht aus[zuführen]“). Daher war auf seine Nichtigkeitsbeschwerde vom Obersten Gerichtshof keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass dem angefochtenen Urteil in Bezug auf die Konfiskation nicht geltend gemachte, gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO anhaftet, weil das Erstgericht die in § 19a Abs 2 StGB zwingend vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung gänzlich unterließ (RIS-Justiz RS0088035 [insbesondere T7, jüngst 13 Os 124/18m).
Da das Konfiskationserkenntnis auch nicht mit Berufung bekämpft wird (RIS-Justiz RS0130617; 13 Os 137/15v), war der – (nur) den Angeklagten P***** betreffende (US 12) – Ausspruch der Konfiskation einer Gaspistole Blow F92, Kaliber 9 mm, bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).
Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E125307European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00030.19I.0529.000Im RIS seit
24.06.2019Zuletzt aktualisiert am
24.06.2019