Gbk 2017/1/9 GBK III/196/16

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Veröffentlicht am 09.01.2017
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Norm

§31 Abs1 iVm §32 Abs1 und §35 Abs1 GlBG

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Einlassverweigerung in Diskothek

Text

 

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

 

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen gelangte am 19. Jänner 2017 über den am 1. Juni 2016 eingelangten Antrag von Herrn Rajat Agarwal und Herrn Ali Karimi (in der Folge „Antragsteller“), vertreten durch den Verein ZARA - Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sowie einer Belästigung, durch die Antragsgegner

 

1.    Club U – Ing. Bürger & Kochauf KEG

2.    Herrn Patrick Mayer

 

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

1.    durch die Erstantragsgegnerin und den Zweitantragsgegner eine unmittelbare Diskriminierung der Antragsteller aufgrund ihrer ethnischen Herkunft gemäß § 32 Abs. 1 GlBG vorliegt.

2.    durch die Erstantragsgegnerin und den Zweitantragsgegner eine Belästigung der Antragsteller aufgrund ihrer ethnischen Herkunft gemäß § 35 Abs. 1 GlBG nicht vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Am Samstag, den 7. Mai 2016, habe der Erstantragsteller gemeinsam mit dem Zweitantragsteller und weiteren Freunden und Freundinnen das Lokal der Erstantragsgegnerin besucht. Der Erstantragsteller sei in Indien geboren, der Zweitantragsteller im Iran. Der Rest der Freundesgruppe habe mehrheitsösterreichisch ausgesehen.

Die Gruppe sei bereits im Lokal gesessen und habe sich etwas zu trinken bestellt. Nach einiger Zeit sei der Zweitantragsgegner zu den Antragstellern gekommen. In ihrer Nähe hätten sich weitere Lokalbesucher mit dunkler Hautfarbe befunden. Der Zweitantragsgegner habe zu den beiden Antragstellern gesagt, dass sie (alle mit dunkler Hautfarbe) gehen sollten und habe die beiden bei der Schulter genommen.

Während die Gruppe von Männern mit dunkler Hautfarbe aufgestanden sei und vermutlich das Lokal verlassen habe, hätten die Antragsteller nicht verstehen können, warum sie das Lokal verlassen sollten und seien aus diesem Grund sitzen geblieben. Der Erstantragsteller habe den Zweitantragsgegner gebeten, mit einer Freundin aus der Gruppe, mit Frau Koncz, zu sprechen.

Der Zweitantragsgegner habe sie gefragt, ob die Antragsteller zu ihr gehören würden. Frau Koncz habe dies bejaht und habe nachgefragt nach, warum er das wissen wolle. Darauf habe er erwidert, dass er sie rausschmeißen wolle, weil sie große Probleme machen würden. Als Frau Koncz nachgefragt habe, ob etwas passiert sei, habe der Zweitantragsteller gemeint: „Sagen wir es so. Es ist nicht das erste Mal, dass hier gestohlen wird. Es kommen immer wieder welche hier rein und dann vermissen Leute ihre Geldbörsen. Sie nehmen sie einfach aus der Tasche. Wir können es nicht darauf ankommen lassen.“

Aus dieser Aussage gehe hervor, dass sich der Zweitantragsgegner nicht auf ein konkretes Ereignis, sondern auf eine generelle Annahme, dass bestimmte Leute nicht-österreichischer Herkunft wie die beiden Antragsteller, eher stehlen würden und daher nicht im Lokal erwünscht wären. Schließlich habe der Zweitantragsgegner Frau Koncz gefragt, ob sie für die beiden bürgen könne. Als sie das bejahte, habe er den beiden Antragstellern erlaubt, weiterhin im Lokal zu verbleiben.

Etwa 10-15 Minuten später habe die die Freundesgruppe beschlossen, das Lokal zu verlassen. Frau Koncz sei beim Eingang nochmals stehengeblieben, um mit dem Zweitantragsgegner zu sprechen. Sie habe ihn darauf hingewiesen, dass er nicht einfach Menschen ohne Grund schubsen und aus dem Lokal werfen könne. Er habe erwidert, dass sich der Chef aussuchen könne, wer hier sein darf und wer nicht. Frau Koncz habe nachgefragt, ob er auch das Recht habe, Leute vom Sessel zu schubsen. Der Zweitantragsgegner habe darauf geantwortet: „Ja okay, das war nicht so cool. Schau, es tut mir ja auch leid, dass es so ist. Mein Chef sagt halt, er will die nicht hier drinnen haben. Das ist nicht meine Entscheidung.“

Frau Koncz habe in der Folge wissen wollen, ob das mit dem Aussehen zusammen hängen würde. Der Zweitantragsgegner habe das bejaht und habe gemeint, dass sein Chef schon gewisse Vorurteile habe, man aber auch sagen müsse, dass diese sich eben immer wieder bestätigt hätten.

Der Erstantragsteller habe am 9. Mai 2016 via Facebook an die Erstantragsgegnerin geschrieben und habe das Verhalten ihm gegenüber beanstandet. Im Zuge dieser Unterhaltung habe der Zweitantragsgegner mit dem Facebook-Usernamen „Patrick Swazy“ über seinen Chef geschrieben: „He is kinda scared at rhinoplasty and uses prejustice.“

Damit gestehe er ein, dass sein Chef Vorurteile heranziehe, um eine Auswahl zu treffen, wer sich in seinem Club aufhalten dürfe und wer nicht. Der Zweitantragsgegner habe darüber hinaus gemeint, dass ihm der Erstantragsteller aufgefallen sei, da er ihn noch nie im Club gesehen habe und er nicht wirklich zu feiern schien, da er nur da gesessen sei und in die Luft geschaut habe. Diese Begründung sei nicht nachvollziehbar, da sowohl die Antragsteller als auch Frau Koncz abwechselnd getanzt hätten und bei ihren Getränken gesessen seien.

 

Von der Erstantragsgegnerin langte zu den Vorwürfen am 24. Juni 2016 im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein.

Richtig sei, dass in der Nacht vom 7. Mai 2016 auf den 8. Mai 2016 die Veranstaltung „Rhinoplasty“ stattgefunden habe. Bei dieser Veranstaltung handle es sich um eine Veranstaltung größeren Umfanges, die vornehmlich von homosexuellen Personen besucht und an der beispielsweise auch Transvestiten teilnehmen würden.

 

Zur besagten Veranstaltung seien erwartungsgemäß sehr viele Gäste gekommen. Aus Erfahrungen aus der Vergangenheit sei bereits bekannt gewesen, dass es bei solchen „Events“ mit einer Vielzahl von Besuchern leider auch sehr oft zu Diebstählen und daraus resultierenden Konflikten komme. Bei der gegenständlichen Veranstaltung sei deswegen auch der Zweitantragsgegner als (weiterer) Security hinzugezogen worden, um einen konfliktfreien Verlauf des Abends tunlichst zu gewährleisten und über die Sicherheit der Gäste und deren Eigentum zu wachen.

Dabei habe der Zweitantragsgegner insbesondere auch die Aufgabe gehabt, Personen aus dem Lokal zu weisen, die durch ihr Verhalten dazu auch entsprechenden Anlass gegeben hätten, was aber in keinerlei Zusammenhang mit der Hautfarbe oder der ethnischen Herkunft dieser Personen stehe.

Am besagten Abend seien schlussendlich auch fünf Personen „inflagranti“ bei Diebstählen erwischt worden, wovon dann auch drei Personen von der Polizei festgenommen worden seien. Bei diesen drei Personen hätten auch gestohlene Gegenstände sichergestellt werden können.

Nach Information der Erstantragsgegnerin habe keine Diskriminierung der Antragsteller aufgrund ihres Aussehens oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit stattgefunden und die Antragsteller seien auch keiner erniedrigenden oder herabwürdigenden Behandlung ausgesetzt worden.

 

In den Sitzungen der GBK am 20. Oktober 2016 und 15. Dezember 2016 wurden die Antragsteller, Herr Ing. Alfred Bürger, Herr Patrick Mayer und Frau Edda Koncz als Auskunftspersonen befragt:

Der Erstantragsteller erläuterte in seiner Befragung am 20. Oktober 2016 im Wesentlichen, dass er mit dem Zweitantragsteller, Frau Edda Koncz und noch zwei Frauen den Klub der Erstantragsgegnerin besucht habe. Er sei zum ersten Mal dort gewesen. Sie hätten Getränke bestellt, getanzt, sich hingesetzt und geplaudert. Ihre Jacken hätten sie mit hineingenommen, sie aber auf den Sitzgelegenheiten abgelegt.

In der Nähe seien noch drei andere Ausländer gesessen. Nach ca. 30 Minuten sei der Zweitantragsgegner zu ihnen gekommen und habe zuerst zu den drei Ausländern gesagt, dass sie das Lokal verlassen sollten. Diese seien dann aufgestanden und gegangen.

Danach habe er den Erstantragsteller an der Schulter genommen und auch ihnen gesagt, dass sie gehen sollten. Er habe zunächst nicht verstanden, was der Zweitantragsgegner wolle, aber er habe so etwas wie „Geh!“ gesagt und habe versucht ihn zu schubsen.

Der Zweitantragsgegner sei dann zu Frau Koncz gegangen und habe gefragt, ob sie zusammengehören würden und sie bereit sei, die Verantwortung für die Antragsteller zu übernehmen und zu bürgen, dass sie nichts stehlen würden. Frau Koncz habe dies bejaht und habe nachgefragt, was denn der Grund dafür sei. Der Erstantragsteller wisse nicht, was der Zweitantragsgegner darauf geantwortet habe. Der Zweitantragsgegner sei daraufhin hinausgegangen. Frau Koncz habe draußen noch einmal mit ihm gesprochen. Nach diesem Gespräch seien sie gegangen.

 

Der Zweitantragsteller erläuterte in seiner Befragung am 15. Dezember 2016 im Wesentlichen, dass die Antragsteller und drei Freundinnen nach einem Treffen in das Lokal der Erstantragsgegnerin gegangen seien. Sie hätten getanzt und Bier getrunken, die Stimmung sei gut gewesen.

An ihrem Tisch seien auch andere Personen gesessen, als plötzlich der Zweitantragsgegner gekommen sei. Er habe diese Personen auf Deutsch aufgefordert, das Lokal zu verlassen, was diese nach einer Minute auch gemacht hätten. Dann sei der Zweitantragsgegner zu den Antragstellern gekommen. Dabei habe er sich relativ aggressiv verhalten und habe gedeutet, dass sie gehen sollten.

Der Zweitantragsgegner habe zum Erstantragsteller gemeint, dass er nicht verstehe, warum sie hier seien und nicht getanzt hätten. Der Erstantragsteller habe erklärt, dass sie mit einer Gruppe junger Frauen hier seien. Auch hätten sie getanzt und Bier getrunken. Auch hätten weder sie noch ihre Sitznachbarn ihre Jacken angehabt. Dann sei Frau Koncz hinzugekommen und habe dem Zweitantragsgegner erklärt, dass sie eine Gruppe seien. Der Zweitantragsgegner habe ihr erläutert, dass es viele Diebstähle zu der Zeit gegeben habe und dies der Grund für sein Handeln gewesen sei. Da sei ihm klar geworden, dass die Antragsteller irgendwo dazugehören würden und er habe sie gelassen. Der Zweitantragsteller sei sich sicher, dass sie, wenn sie ohne die Frauen dort gewesen wären, hinausgeworfen worden wären. Die Gruppe sei noch cirka 30 Minuten geblieben. Der Erstantragsteller sei aber sehr aufgeregt und wütend gewesen, sodass sie dann doch das Lokal verlassen hätten.

 

Der Vertreter der Erstantragsgegnerin, Herr Ing. Alfred Bürger, erläuterte in seiner Befragung am 20. Oktober 2016 im Wesentlichen, dass er Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin sei. Das Lokal fasse ca. 150 Personen und veranstalte manchmal Partys wie die gegenständliche.

Professionelle Sicherheitsmitarbeiter seien nicht im Einsatz. In den letzten drei bis vier Jahren hätten aber Diebstähle und Übergriffe von Betrunkenen zugenommen, sodass das Personal mehr Unterstützung gefordert habe. Es sei versucht worden, dies mit eigenen Mitarbeitern zu bewerkstelligen, indem man sie unterwiesen habe und mit einem Security T-Shirt ausgestattet habe.

Für den gegenständlichen Abend habe man nicht vorhersehen können, dass die Veranstaltung so viele Besucher anziehen würde. Man habe daher auf den Zweitantragsgegner als Stammgast zurückgegriffen und habe ihn gebeten zu helfen. Der Zweitantragsgegner habe nach Personen Ausschau halten sollen, die Probleme machen würden oder es so aussehe, dass es Probleme geben könnte.

Auch gebe es Banden, welche Lokale besuchen würden. Diese könne man an gewissen Kriterien erkennen. Solche Kriterien seien, dass sie sich an verschiedenen Stellen positionieren und Blickkontakt halten würden. Dabei würden sie die Gäste beobachten, wer wo sitze und seine Handtasche liegen lasse und die Toilette aufsuche. Es würde ein Regelablauf festgelegt, wie das Diebesgut weitergegeben werde. Diese Personen würden ihre Jacken in der Regel nicht ausziehen, da sie schnell den Standort wechseln müssten, würden auch keine Getränke konsumieren und nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Diese Kriterien würden unabhängig von Geschlecht oder ethnischer Herkunft gelten. Insbesondere unter den Mitarbeitern der Erstantragsgegnerin würde niemand Personen für eher straffällig diagnostizieren, weil sie eine dunklere Hautfarbe hätten oder sonst anders seien.

Für Herrn Bürger sei die ganze Situation schockierend, da die Erstantragsgegnerin vorwiegend Veranstaltungen für Minderheiten ausrichte, wie z.B. Schwulen- oder Lesbenveranstaltungen und israelische Veranstaltungen. Auch die Mitarbeiter kämen aus den verschiedensten Ländern.

Aus diesem Fall habe man gelernt, zukünftig noch mehr Augenmerk auf die Wortwahl zu legen, um Missverständnisse zu vermeiden und eindeutig klarzustellen, dass es im Lokal der Erstantragsgegnerin keinerlei Art von Diskriminierung gebe. Des Weiteren würde nun eine Frau, welche hauptberuflich für ein Sicherheitsunternehmen tätig sei, nebenberuflich zwei Mal im Monat beschäftigt werden.

 

Der Zweitantragsgegner erläuterte in seiner Befragung am 20. Oktober 2016 im Wesentlichen, dass an diesem Abend eine der größten Partys des Klubs stattfand. Der Zweitantragsgegner habe dort als Aushilfe als Security gearbeitet.

Der Zweitantragsgegner sei vom Geschäftsführer angehalten worden, genauer zu schauen, da sich zu der Zeit viele Gäste über Diebstähle beschwert hätten. Er habe im Untergeschoß Gäste beobachtet und es sei ihm eine Gruppe von fünf Personen aufgefallen, die 10 bis 15 Minuten lang einfach nur da gesessen seien, nichts gemacht hätten und auch komplett angezogen gewesen seien. Insbesondere seien ihm drei Personen im Vordergrund aufgefallen, welche nur in die Menge geschaut hätten. Der Zweitantragsgegner habe die Vermutung gehabt, dass es sich bei diesen Personen um „Späher“ handeln könnte, welche das Lokal ausspionieren würden.

Für den Zweitantragsgegner seien Kriterien wie Konsumverhalten, Partylaune und ob es sich um Stammkundschaft handle, ausschlaggebend. Das Abstellen auf einen möglichen Migrationshintergrund gehöre nicht zu diesen Kriterien und habe auch auf die Situation mit den Antragstellern keinen Einfluss gehabt.

Nachdem er die Personen beobachtet habe, sei der Zweitantragsgegner auf sie zugegangen und habe alle gleichzeitig angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Zweitantragsgegner nicht gewusst, dass es sich um zwei Gruppen handle. Für ihn habe es gewirkt, als würden sie zusammengehören, da sie direkt nebeneinander gesessen seien.

In erster Linie habe der Zweitantragsgegner mit den Gästen zur Abklärung vor die Tür gehen wollen, da es im Klub sehr laut gewesen sei und habe dies ihnen auch mitgeteilt. Im selben Moment seien die drei Personen, von denen der Zweitantragsgegner nicht gewusst habe, dass sie nicht zu den Antragstellern gehören würden, aufgestanden und hätten wortlos den Klub verlassen.

Die Antragsteller seien sofort zum Zweitantragsgegner gekommen und hätten gefragt, was los sei. Sie seien verständlicherweise ein wenig beleidigt gewesen. Der Erstantragsteller habe in englischer Sprache versucht, mit dem Zweitantragsgegner zu sprechen. Aufgrund der Lautstärke sei dies nicht möglich gewesen und der Zweitantragsgegner habe daher den Erstantragsteller gebeten, mit vor die Türe zu kommen. Dabei habe er den Erstantragsteller ganz leicht an der Schulter berührt. Der Zweitantragsgegner habe den Erstantragsteller aber nur angetippt und niemals geschubst. Aufgrund der Sprachdifferenzen und der Lautstärke hätten der Erstantragsteller und der Zweitantragsgegner jedoch aneinander vorbeigeredet. Hinzu gekommen sei, dass der Zweitantragsgegner aufgrund der Diebstähle sehr im Stress gewesen sei und die Situation zu eskalieren gedroht habe. Der Zweitantragsgegner habe darauf beharrt, dass ihn die Antragsteller vor die Tür begleiten würden.

Während sie Richtung Ausgang gegangen seien, sei Frau Koncz hinzugekommen und habe gefragt, was los sei. Dem Zweitantragsgegner sei klar gewesen, dass Frau Koncz zu den Antragstellern gehören würde. Mit Frau Koncz habe der Zweitantragsgegner Deutsch sprechen können und sie seien auch schon außerhalb des Lärmbereichs gewesen, sodass es kein Verständigungsproblem mehr gegeben habe.

Der Zweitantragsgegner habe Frau Koncz erläutert, dass für ihn der Eindruck entstanden sei, dass die Antragsteller nicht zur Party gehören bzw nicht an ihr teilnehmen würden, da sie sich nicht dementsprechend verhalten hätten. Auch habe er ihr gesagt, dass es zurzeit ein Problem mit Diebstählen geben würde und er daher die Antragsteller des Hauses verweisen wolle. Dies deshalb, da er den Auftrag habe, auffällige Personen präventiv des Hauses zu verweisen. Es sei vom Zweitantragsgegner jedoch niemand des Diebstahls bezichtigt worden.

Frau Koncz habe zwar gemeint, dass eine Diskriminierung vorliege, sei aber auch ziemlich verständnisvoll gewesen. Da für den Zweitantragsgegner nun klar gewesen sei, dass die Antragsteller nichts mit den Diebstählen zu tun hätten, habe er Frau Koncz angeboten die Antragsteller wieder einzulassen, wenn sie für sie bürgen würde. Die Antragsteller und Frau Koncz hätten daraufhin aber den Klub verlassen.

 

Frau Edda Koncz erläuterte in ihrer Befragung am 20. Oktober 2016 im Wesentlichen, dass sie kurz nach Mitternacht in den Klub der Erstantragsgegnerin gegangen seien. Mit den Antragstellern und zwei Freundinnen habe sie getanzt, getrunken und sie seien auch gesessen.

Als sie irgendwann gesessen sei, sei der Zweitantragsgegner auf sie zugekommen und habe gefragt, ob die Antragsteller zu ihr gehörten. Als sie das bejaht habe, habe er gemeint, dass er sie schon habe hinausschmeißen wollen. Auf Nachfrage habe er erläutert, dass jetzt gerade viel gestohlen würde und er vorbeugend Leute aus dem Lokal weisen müsse. Die Antragsteller seien ihm deshalb aufgefallen, weil sie herumgesessen seien und dies auffällig gewesen sei. Wenn die Befragte aber die Verantwortung dafür übernehmen würde, dass die Antragsteller nichts stehlen würden, sei das aber in Ordnung und sie würden alle bleiben können.

Die Befragte habe danach gefragt, ob der Lokalverweis mit dem Aussehen der Antragsteller zusammenhängen würde. Der Zweitantragsgegner habe darauf geantwortet, dass das schon so sei, aber nicht von ihm ausgehen würde, sondern von seinem Vorgesetzten.

 

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung der Antragsteller gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob der Lokalverweis durch die Antragsgegner aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit der Antragsteller erfolgte oder der Lokalverweis aus anderen, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Gründen erfolgte und den Antragsgegnern der Beweis darüber im Verfahren gelungen ist. Weiters war zu prüfen, ob durch die Antragsgegner eine Belästigung der Antragsteller gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit. vorliegt.

Da die Erstantragsgegnerin sich ihrer Mitarbeiter/innen zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten bedient, hat sie im Rahmen der Gehilfenhaftung gemäß § 1313a ABGB auch für fremdes Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter/innen einzustehen.

 

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (2) Für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sowie für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses

          1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,

          2. bei sozialen Vergünstigungen,

          3. bei der Bildung,

sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

§ 35. (1) Unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit einem der Gründe nach § 31 oder der sexuellen Sphäre stehen, und bezwecken oder bewirken,

              1.           dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird und

                     2. ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird,

gelten als Diskriminierung.

§ 38. (1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

 

Am 7. Mai 2016 hat der Erstantragsteller gemeinsam mit dem Zweitantragsteller und weiteren Freundinnen das Lokal der Erstantragsgegnerin besucht. Die Gruppe ist bereits einige Zeit im Lokal gewesen. Sie haben etwas getrunken und getanzt, bis zu dem Zeitpunkt, als der Zweitantragsgegner zu den Antragstellern gekommen ist. In ihrer unmittelbaren Nähe saßen drei weitere Lokalbesucher mit dunkler Hautfarbe. Nach Feststellung des Senates hatten die Antragsteller ihre Jacken neben sich auf der Sitzbank liegen bzw. hatten sie auch Getränke auf ihrem Tisch. Der Zweitantragsgegner hat den Anwesenden sodann mitgeteilt, dass sie alle gehen sollten.

An diesem Abend fanden im Lokal zahlreiche Diebstähle statt, worauf der Zweitantragsgegner den Auftrag erhielt verdächtige Personen des Lokals zu verweisen. Der Zweitantragsgegner hatte die Vermutung, dass es sich bei diesen Personen um „Späher“ handeln könnte, welche das Lokal ausspionieren und daraufhin Diebstähle begehen würden. Zu diesem Zeitpunkt hat der Zweitantragsgegner nicht gewusst, dass es sich um zwei Gruppen handelt.

Während die drei im Vordergrund sitzenden Personen sofort aufstanden und vermutlich das Lokal verließen, konnten die Antragsteller nicht verstehen, warum sie das Lokal verlassen sollten und blieben aus diesem Grund sitzen.

Aufgrund der Lautstärke im Lokal und der sprachlichen Hürden wollte der Zweitantragsgegner daraufhin mit den Antragstellern zur Abklärung vor die Tür gehen. Dass es dabei seitens des Zweitantragsgegners zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre, konnte der Senat nicht feststellen.

Nicht festgestellt werden konnte weiter, ob die Antragsteller den Zweitantragsgegner gebeten haben, mit Frau Koncz zu sprechen oder ob sie während dieses Gesprächs bzw. der Aufforderung das Lokal zu verlassen, zu den Antragstellern hinzugestoßen ist. Jedenfalls hat der Zweitantragsgegner sie gefragt, ob die Antragsteller zu ihr gehören würden. Frau Koncz hat dies bejaht und nachgefragt, warum er das wissen wolle. Darauf hat er erwidert, dass gerade viel gestohlen würde und er vorbeugend Personen des Lokals verweisen solle.

Der Zweitantragsgegner hat Frau Koncz danach gefragt, ob sie die Verantwortung für die Antragsteller übernehmen und garantieren würde, dass diese nichts stehlen würden. Nachdem sie das zugesagt hatte, hat der Zweitantragsgegner gemeint, dass sie im Lokal bleiben könnten. Die Gruppe hat das Lokal kurze Zeit später dennoch verlassen.

 

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 19. Jänner 2017 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit der Antragsteller durch die Antragsgegner iSd § 32 Abs. 1 und verneinte das Vorliegen einer Belästigung gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit.

Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf deren ethnische Zugehörigkeit erfolgt.

Von einer Belästigung ist auszugehen, wenn unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit einem der Gründe nach § 31 leg.cit. stehen, und bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird und ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird.

Den Antragsgegnern ist es nach Ansicht des Senates III nicht gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. zu entkräften. Gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Das bedeutet, dass für diesen ganz konkreten Einzelfall ein bestimmtes, vom GlBG nicht sanktioniertes Motiv erkennbar sein muss, das für die Abweisung genau dieses Antragstellers/dieser Antragstellerin ausschlaggebend gewesen ist.

Für den Senat stellt dieser Sachverhalt einen Grenzfall dar. Aus den Befragungen der Auskunftspersonen, speziell des Zweitantragsgegners, ist ein vorsätzlicher, auf rein rassistischen Motiven beruhender Lokalverweis nicht ohne weiteres erkennbar. Der Zweitantragsgegner hat dahingehend glaubwürdig dargestellt, dass er subjektiv keinen Vorsatz hatte, die beiden Antragsteller zu diskriminieren.

Nach Einschätzung des Senates ist das Handeln des Zweitantragsgegners jedoch von bestimmten, relativ typischen Vorurteilen bestimmt gewesen. Aus seinen Aussagen geht hervor, dass der Zweitantragsgegner nicht auf ein von den Antragstellern verursachtes konkretes Ereignis, sondern auf eine generelle Annahme, dass bestimmte Leute nicht-österreichischer Herkunft eher stehlen würden, abstellte und daher des Lokals zu verweisen wären.

Schließlich habe der Zweitantragsgegner Frau Koncz gefragt, ob sie für die beiden bürgen könne. Als sie das bejahte, habe er den beiden Antragstellern erlaubt, weiterhin im Lokal zu verbleiben. Auch diese Vorgangsweise zeigt, dass der Zweitantragsgegner nur den Antragstellern Diebstähle zutraute, nicht jedoch einer jungen Österreicherin.

Aus Sicht des Senates kommt erschwerend hinzu, dass die Erstantragsgegnerin den Zweitantragsgegner ohne jegliche Schulung als Securitypersonal eingesetzt hat. Dass dies von der Erstantragsgegnerin aber als problematisch erkannt und darauf reagiert wurde, ist ausdrücklich positiv zu vermerken.

Zusammenfassend ergibt sich, dass durch die Handlungen der Antragsteller keinerlei objektive Verdachtsmomente erkennbar sind, die einen Lokalverweis rechtfertigen würden. Auch die vom Zweitantragsgegner geäußerten verdächtigen Indizien, wie das Mitführen von Rucksäcken, das Anbehalten von Jacken und die Nichtkonsumation von Getränken durch die Antragsteller konnten vom Senat nicht festgestellt werden. Der Lokalverweis beruhte vorwiegend auf Zuschreibungen, welche in der ethnischen Herkunft der Antragsteller begründet waren.

Es ist den Antragsgegnern daher gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. nicht gelungen zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von den Antragsgegnern glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.

Dass den Antragstellern durch den Zweitantragsgegner eine Belästigung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes widerfuhr, konnte vom Senat nicht festgestellt werden.

 

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch die Antragsgegner eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung der Antragsteller aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz, aber keine Belästigung gemäß § 35 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass die Antragsgegner sich mit der geltenden Rechtslage vertraut machen, das Gleichbehandlungsgesetz respektieren und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, gleich behandeln.

Insbesondere sollen durch die Erstantragsgegnerin taugliche innerbetriebliche Strukturen zur Vermeidung von Diskriminierungen geschaffen werden, wie gründliche Schulungen der MitarbeiterInnen hinsichtlich aller relevanten Gesetzesmaterien, insbesondere dem Gleichbehandlungsgesetz.

Ferner soll auf der Homepage der Erstantragsgegnerin (http://www.club-u.at/main3.swf) ab sofort ein gut erkennbarer und dauerhafter Hinweis auf die Existenz des Gleichbehandlungsgesetzes aufgenommen werden, sowie an derselben Stelle explizit darauf hingewiesen werden, dass niemand aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert wird und dass sich Personen zur Beratung an den Verein ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit sowie die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden können.

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Demgemäß muss die Schadenersatzleistung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Der Senat III der Gleichbehandlungskommission empfiehlt daher den Antragsgegnern einen dementsprechenden Schadenersatz an den Antragsteller zu leisten.

 

 

19. Jänner 2016

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

 

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

 

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2019
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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