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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der M in I, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 18. September 1995, Zl. V - 7022 B, betreffend Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - in Bestätigung des von der Beschwerdeführerin mit Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheides einer regionalen Geschäftsstelle - der Beschwerdeführerin gemäß § 10 AlVG das Arbeitslosengeld "vom 18.7.1995 bis 14.8.1995 entzogen". Dieser Bescheid wurde - zusammengefaßt und der Sache nach - damit begründet, daß der Beschwerdeführerin eine am 18. Juli 1995 vermittelte Arbeitsstelle in Innsbruck (d.h. außerhalb ihrer Wohngemeinde) als Kassierin bei der "Österreichischen Mensa" mit "zumindest kollektiver Entlohnung" vermittelt worden sei, welche die Beschwerdeführerin jedoch nicht angenommen habe. Nach Hinweis auf § 10 Abs. 1 und 2 AlVG 1977 hält die belangte Behörde den Berufungsausführungen der Beschwerdeführerin, sie habe lediglich halbtägig arbeiten wollen, entgegen, daß sie verpflichtet sei, ihre Arbeitslosigkeit durch "raschestmögliche Arbeitsaufnahme beenden zu helfen". Sie hätte sich daher anläßlich des Vermittlungsversuches der regionalen Geschäftsstelle bereit erklären müssen, eine Tagesmutter einschließlich einer (ihr angebotenen) Kinderbetreuungsbeihilfe in Anspruch zu nehmen. Auch hinsichtlich der Arbeitszeit sei man der Beschwerdeführerin durch Anbot einer Halbtagsstelle (Arbeitszeit von 10.30 bis 14.30 Uhr) entgegengekommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Arbeitswillig im Sinne des § 7 Abs. 2 AlVG ist nach § 9 Abs. 1 AlVG, wer (u.a.) bereit ist, eine ihm vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Wann eine Beschäftigung zumutbar ist, bestimmt sich nach den weiteren Absätzen des § 9 AlVG. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Nach § 9 Abs. 3 AlVG ist eine Beschäftigung außerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen zumutbar, wenn hiedurch die Versorgung seiner Familienangehörigen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, nicht gefährdet wird und am Orte der Beschäftigung, wenn eine tägliche Rückkehr an den Wohnort nicht möglich ist, entsprechende Unterkunftsmöglichkeiten bestehen.
Ein von den genannten Kriterien unabhängiges Recht des Arbeitslosen zur sanktionslosen Ablehnung einer Beschäftigung wegen ihres Ausmaßes ist dem Gesetz ebensowenig entnehmbar, wie eine Differenzierung danach, ob der Arbeitslose in der Vergangenheit Ganztags- oder Teilzeitbeschäftigungen ausgeübt hat. Ein Arbeitsloser muß daher (auch) zur Annahme einer (die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden und Arbeitslosigkeit daher ausschließenden) Teilzeitbeschäftigung bereit sein, um das Erfordernis der Arbeitswilligkeit zu erfüllen (vgl. die Erkenntnisse vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0162 = Slg.
Nr. 12.986/A und vom 19. März 1996, 95/08/0212).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund vermag die Beschwerde eine
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen:
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Feststellungen des
angefochtenen Bescheides, wonach ihr die genannte
Teilzeitbeschäftigung sowie die Gewährung einer
Kinderbetreuungsbeihilfe für die Betreuung ihres Kindes durch eine
Tagesmutter angeboten wurde.
Sie vertritt in ihrer Beschwerde jedoch die Auffassung, daß ihr die angebotene Arbeitsstelle deshalb nicht zumutbar gewesen sei, da der Kindergarten an ihrem Wohnort bereits um 13.00 Uhr geschlossen werde und "die Kinder somit spätestens zu diesem Zeitpunkt abzuholen" seien.
Die Beschwerdeführerin verabsäumt es aber darzulegen, aus welchem Grund auch bei Inanspruchnahme der Betreuung durch eine Tagesmutter die angebotene Halbtagsbeschäftigung nicht möglich gewesen und dadurch die Versorgung ihres Kindes gefährdet worden wäre. Die Beschwerde erschöpft sich vielmehr in der schlichten Behauptung, daß eine solche Gefährdung der Versorgung eingetreten wäre, ohne diese jedoch näher zu begründen. "Außer Frage" steht dieser Umstand - entgegen der diesbezüglichen Beschwerdebehauptung - ohne Darlegung eines entsprechenden Sachverhaltssubstrats nicht.
Auch mit dem Hinweis auf das "fortgeschrittene Alter" des Kindes, welches es "erforderlich" mache, das Kind ab Sommer 1995 in den Kindergarten zu geben, wird die Gefährdung der Versorgung dieses Kindes im Falle der Betreuung (oder der teilweisen, ergänzenden Betreuung) durch eine Tagesmutter nicht dargetan; dies umso weniger, als das Kind bis 30. April 1995 während einer ganztägigen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin durch eine Tagesmutter betreut werden konnte.
Da somit die vorliegende Beschwerde auf dem Boden der Feststellungen der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun vermag, diesen Feststellungen andererseits aber auch nicht entgegentritt, erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996080012.X00Im RIS seit
18.10.2001