Norm
§31 Abs1 iVm §32 Abs1 GlBGDiskriminierungsgrund
Ethnische ZugehörigkeitDiskriminierungstatbestand
Einlassverweigerung in DiskothekText
Senat III der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundeskanzleramt gelangte am 16. November 2017 über den am 16. März 2017 eingelangten Antrag von Herrn A (in der Folge „Antragsteller“), vertreten durch die Antidiskriminierungsstelle Steiermark, betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin
X GmbH
gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass
1. durch die Antragsgegnerin eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft gemäß § 32 Abs. 1 GlBG nicht vorliegt.
2. durch die Antragsgegnerin eine mittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft gemäß § 32 Abs. 2 GlBG vorliegt.
Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:
Am … um ca. … Uhr habe der Antragsteller, gemeinsam mit drei Freunden versucht, Einlass in das Lokal der Antragsgegnerin zu erlangen. Nachdem der Türsteher ihre Ausweise nicht akzeptiert habe, hätten sie ihre Reisepässe geholt, um dennoch das Innere des Lokals zu gelangen. Als sie wieder beim Eingang des Lokals eingetroffen seien, habe ein weiterer Türsteher ihnen den Einlass mit der Begründung verwehrt, dass sie einfach nicht hinein dürften. Nach langer Diskussion hätten schlussendlich doch noch alle das Lokal betreten dürfen.
Ein weiterer Vorfall habe am … stattgefunden. An diesem Abend sei der Antragsteller mit ein paar Freunden vor dem Lokal der Antragsgegnerin eingetroffen und habe bemerkt, dass noch weitere österreichische Freunde von ihm problemlos und ohne Ausweiskontrolle in das Lokal eingelassen worden seien. Nur der Antragsteller und sein Freund, Herr B, seien nach dem Ausweis gefragt worden.
Nachdem Herr B seinen Ausweis vorgezeigt habe, aber dem Antragsteller, der keinen Ausweis bei sich gehabt habe, der Einlass verweigert worden sei, habe sich Herr C eingeschaltet, um die Situation zu klären und die Türsteher nach den Gründen ihrer Ausweiskontrolle zu fragen. Diese hätten bloß entgegnet, dass dies ihr gutes Recht sei und sie Gebrauch vom Hausrecht machen würden. Eine Diskriminierung würde nicht vorliegen, trotz der Tatsache, dass lediglich der Antragsteller und Herr B nach ihren Ausweisen gefragt worden seien. Der Antragsteller habe sich daraufhin entschlossen, seinen Reisepass von zuhause zu holen, worauf ihm der Einlass aber neuerlich verwehrt worden sei.
Ein weiteres Mal sei dem Antragsteller am … um ca. … Uhr der Einlass in das Lokal der Antragsgegnerin verwehrt worden. Der Türsteher habe seinen Ausweis nicht akzeptiert und habe einen gültigen Reisepass verlangt. Ansonsten sei niemand nach dem Reisepass gefragt worden. Daraufhin habe Herr C den Türsteher zur Rede gestellt. Der Türsteher habe im Zuge dieses Gesprächs behauptet, dass hier das Hausrecht gelte, dieses sogar über der Verfassung stehen würde und die Lokalbetreiber bestimmen könnten, wem sie Einlass gewähren würden. Obwohl Herr C stets sachlich und ruhig geblieben sei, seien er und der Antragsteller gewaltsam aus dem Lokal entfernt worden.
Von der Antragsgegnerin langte zu den Vorwürfen am … und … im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein.
Die Antragsgegnerin bzw. die in ihrem Lokal für den jeweiligen Veranstalter tätigen Personen hätten absolut keine unzulässigen Diskriminierungshandlungen – insbesondere keine solchen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit – im Rahmen der Zugangsgewährung zum Lokal gesetzt.
Grundsätzlich gelte für den Zutritt zum hier interessierenden Lokal eine Altersbeschränkung dergestalt, dass Besucher ausnahmslos zumindest älter als 18 Jahre sein müssten. Dies aufgrund der Tatsache, dass im Lokalinneren alkoholische Getränke verkauft und konsumiert würden, welche vor dem Hintergrund der zwingenden Jugendschutzbestimmungen eben dieses Mindestalter voraussetzen würden. Da es den Mitarbeitern, welche für den Ausschank bzw. den Getränkeverkauf zuständig seien, nicht möglich und auch nicht zumutbar sei, zuverlässige Alterskontrollen lückenlos vorzunehmen, sei an die Türsteher im Eingangsbereich eine sehr streng einzuhaltende Anordnung vorgegeben worden, dass das Unterbleiben des Zutritts von Personen unter 18 Jahren ausnahmslos sicherzustellen sei.
Zu diesem Zweck sei für das Lokal die Anlehnung an die in Neuseeland vorherrschende Rechtslage vorgegeben worden, dass bei allen Personen, welche nach dem subjektiven Eindruck der kontrollierenden Person jünger als 25 Jahre zu sein scheinen bzw. aussehen würden, jedenfalls ein Reisepass vorzuweisen sei, widrigenfalls der Kauf alkoholischer Getränke verwehrt werden müsse.
Auf diese Art könne sichergestellt werden, dass für die Einhaltung der Jugendschutzvorschriften wirksam Sorge getragen sei, da – wie dies bei lebensnaher Betrachtung leicht zu erkennen sei – oftmals „Grenzfälle“ vorliegen würden, wenn Personen den Eindruck erwecken würden, beispielsweise 20 oder 22 Jahre alt zu sein und daher mit dieser Überlegung vielleicht das Verlangen eines Ausweises unterbleibe, letztlich die Person aber in Wahrheit noch nicht einmal 18 Jahre alt sei.
Aus diesem Grund sei die Entscheidung gefallen, dass analog zur neuseeländischen Rechtslage eben immer dann, wenn nach dem Eindruck des Türstehers ein unter 25 Jahre liegendes Alter des Besuchers vorliege, ein Reisepass vorgewiesen werden müsse. Naturgemäß könne dies unterbleiben, wenn ein Besucher häufiger zu Gast und dem Türsteher daher persönlich bekannt sei, da diesfalls auf andere Art der Regelungszweck sichergestellt sei.
Aus den eigenen Schilderungen der hier interessierenden Personen ergebe sich ja sogar eindeutig, dass der Zutritt ins Lokal stets gewährt worden sei, wenn man einen Reisepass habe vorweisen können. Nicht ergründlich sei demnach, weshalb man – obwohl man von den Vorgaben hinsichtlich des Zutritts zum Lokal in Kenntnis gewesen sei – augenscheinlich abermals den Versuch unternommen habe, ohne Reisepass zur Alterskontrolle zu erscheinen.
In der Vergangenheit habe sich immer wieder gezeigt, dass andere Arten von „Ausweisen“ wie etwa Studentenausweise, Schülerausweise, vermeintliche Personalausweise und Aufenthaltskarten augenscheinlich sehr leicht zu fälschen sein dürften, weshalb sich diese als nicht tauglich bzw. nicht dienlich erwiesen hätten, um für die zuverlässige Alterskontrolle herangezogen zu werden. Nicht unerwähnt bleiben solle diesbezüglich auch, dass die nahegelegene Polizeiinspektion bereits mehrfach um Mitwirkung an der Verbrechensaufklärung ersucht habe – in concreto habe in einem Anlassfall sogar ein Sexualverbrecher dank der Unterstützung von Personen, welche im Lokal tätig gewesen seien, ausgeforscht werden können – weshalb die selbst auferlegte Vorgehensweise insbesondere auch unter dem Aspekt der Sicherheit der Lokalbesucher zu rechtfertigen und beizubehalten sei.
Gestützt auf diese Ausführungen sei sehr klar zu erkennen, dass weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung hinsichtlich des Zutritts zum vorliegenden Lokal gegeben sei. Hervorzuheben sei nochmals in aller Entschiedenheit, dass im betreffenden Betrieb Dienstnehmer mit unterschiedlicher Herkunft und Religionszugehörigkeit tätig seien und absolut keine Veranlassung für irgendeine Diskriminierung oder Benachteiligung einer Person syrischer Abstammung zu erblicken sei.
Wie aus dem bereits erwähnten Konvolut hervorgehe, würde Gästen ungeachtet ihrer Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit ohne Unterschied der Zutritt zum Lokal gewährt. In den Reihen der Mitarbeiter befänden sich auch Personen, deren unmittelbare Vorfahren noch verfeindeten Gruppierungen angehört hätten, die sich in den sogenannten „Jugoslawien-Kriegen“ gewissermaßen wechselseitig bekriegt hätten. Trotz dieser historischen Gegebenheit sei die ehemalige Feindseligkeit der vorigen Generation überwunden, weshalb man trotz diametral unterschiedlicher Herkunft in der Lage sei, friedlich zusammenzuarbeiten.
Zusammengefasst sei nochmals hervorzuheben, dass das berechtigte Verlangen, einen Reisepass vorzuweisen, der Alterskontrolle diene bzw. unumgänglich sei. Ein Anhaltspunkt dafür, dass einer Person trotz Vorzeigen des Reisepasses der Zutritt verwehrt worden sei, liege nicht vor und würde eine Missachtung der lokalinternen Weisungen durch den betreffenden Türsteher samt den arbeitsrechtlichen Konsequenzen bedeuten.
Eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung einer Person wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit sei hier keinesfalls anzunehmen, da hinreichend und objektiv widerlegt sei, dass Personen ausländischer (insbesondere syrischer) Herkunft nicht ungünstiger als österreichische Staatsbürger behandelt würden.
In der Sitzung der GBK am … wurden der Antragsteller, Frau Y, Herr B und Herr Z als Auskunftspersonen befragt:
Der Antragsteller erläuterte in seiner Befragung zum ersten Sachverhalt am … im Wesentlichen, dass er und sein Freund, Herr B, zum Lokal der Antragsgegnerin gekommen und vom Türsteher aufgefordert worden seien, ihre Reisepässe vorzuzeigen. Sie hätten beide aber nur die „Aufenthaltsberechtigungskarte“ (weiße Karte) bei sich gehabt. Der Türsteher habe gemeint, dass diese Aufenthaltsberechtigungskarten nicht gelten würden und er den Reisepass brauche. Der Antragsteller und Herr B seien daraufhin nach Hause gegangen und hätten ihre Reisepässe (Konventionsreisepässe) geholt. Nach kurzer Diskussion seien sie dann in das Lokal eingelassen worden.
Am … hätten der Antragsteller und Herr B, gemeinsam mit einem österreichischen Freund, Herrn C, wieder das Lokal der Antragsgegnerin aufsuchen wollen. Der österreichische Freund sei bereits eingelassen worden, als der Antragsteller zum Türsteher gekommen sei und ihn dieser nach seinem Reisepass gefragt habe. Er habe kurz mit dem Türsteher diskutiert, warum er nur von ihm den Reisepass sehen wolle, von den anderen, vor und nach ihm eingelassenen Personen, jedoch keinen Pass verlangt habe. Der Antragsteller habe den Türsteher auch gefragt, ob dies mit seiner Hautfarbe zusammenhänge, was der Türsteher aber verneint habe. Der Antragsteller sei dann nach Hause gegangen und habe seinen Reisepass geholt. Nach seiner Rückkehr und Vorzeigen des Passes sei der Antragsteller in das Lokal eingelassen worden.
Am … habe es sich wieder so verhalten, dass Herr C schon im Lokal der Antragsgegnerin gewesen sei. Er habe den Antragsteller und Herrn B angerufen und habe gefragt, ob sie nicht vorbeikommen möchten. Der Antragsteller habe von Herrn B erst überzeugt werden müssen dorthin mitzugehen, da er sich schon gedacht habe, dass es wieder eine solche Diskussion geben würde.
Am Eingang des Lokals seien sie dann auch wieder nach einem Ausweis gefragt worden. Herr B habe seinen Ausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel vorgezeigt und wurde mit diesem eingelassen. Der Antragsteller habe seine weiße Asylkarte, seine E-Card und seinen Ausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel gezeigt. Dennoch sei dem Antragsteller der Einlass verweigert worden.
Wiederum seien andere Personen ohne Ausweiskontrolle eingelassen worden. Auf Frage des Antragsteller an den Türsteher, warum gerade der Antragsteller immer nach dem Reisepass gefragt werde und ob das vielleicht damit zu tun habe, dass er Ausländer sei, habe der Türsteher geantwortet, dass das Lokal nur für Österreicher sei und es Ausländern nicht erlaubt sei, dieses Lokal zu betreten.
Nachdem sich Herr C in dieses Gespräch eingemischt habe, habe der Türsteher gemeint, dass bei Vorlage des Reisepasses der Antragsteller eingelassen würde.
Was den Antragsteller verletze, sei, dass man nur ihn nach den Ausweis frage. Und wenn er die weiße Aufenthaltsberechtigungskarte vorzeige, würde diese nicht akzeptiert. Nur mit dem Reisepass würde er eingelassen werden, obwohl er Stammgast und alt genug sei.
Herr O führte als rechtsfreundliche Vertretung der Antragsgegnerin zur in der Stellungnahme erwähnten „Neuseeländischen Rechtslage“ aus, dass nach früherer Anordnung den Türstehern einfach gesagt worden sei, dass unter 18 Jahren kein Einlass erfolgen dürfe. Naturgemäß gebe es aber Personen, welche älter aussehen würden, obwohl sie dieses Alter noch nicht erreicht hätten.
Es sei daher an die Geschäftsführung der Vorschlag ergangen, dass jeder, der subjektiv maximal wie 25 Jahre erscheine, dem Türsteher einen Reisepass oder Führerschein vorzeigen müsse. Letzten Endes habe die Geschäftsführung diese Idee, welche ihre Grundlage im neuseeländischen Recht habe, übernommen. Ein Reisepass oder Führerschein würde deshalb verlangt, weil diese ein EU-genormtes Foto hätten und nicht wie andere Ausweise, ein kleines, nicht klar zu erkennendes. Es gehe generell darum, festzustellen, dass die Person diejenige sei, die auf dem Ausweis abgebildet sei. Auch gegen einen Personalausweis würde nichts sprechen. Das Foto auf der Aufenthaltsberechtigungskarte würde allerdings nicht der EU-Norm entsprechen.
Frau Y erläuterte in der Befragung im Wesentlichen, dass sie eine der beiden Geschäftsführerinnen der Antragsgegnerin sei.
An die Türsteher sei die Anweisung ergangen, alle Personen, die bis 25 Jahre alt aussehen würden, zu kontrollieren. Als Nachweis würde ein Reisepass oder Führerschein verlangt, da alle anderen Ausweise leichter zu fälschen wären. Auch der Antragsteller sei nach Vorweisen seines Reisepasses stets eingelassen worden. Diese Türpolitik solle sicherstellen, dass nur Personen über 18 Jahre das Lokal betreten würden und niemand Alkohol konsumieren könne, der noch nicht alt genug sei.
Herr B erläuterte in der Befragung im Wesentlichen, dass er ein paar Mal mit dem Antragsteller beim Lokal der Antragsgegnerin gewesen sei. Beim ersten Mal hätten der Antragsteller und ein weiterer Freund dem Türsteher ihre Aufenthaltsberechtigungskarte gezeigt. Der Türsteher habe sie aber aufgehalten und gesagt, dass diese Ausweise nicht anerkannt würden und sie einen Reisepass vorlegen müssten.
Beim zweiten Mal seien neben dem Antragsteller auch drei Österreicher dabei gewesen. Die Österreicher und der Befragte seien eingelassen worden. Der Antragsteller sei aber aufgehalten und vom Türsteher nach seinem Reisepass gefragt worden. Wiederum sei die Aufenthaltsberechtigungskarte vom Türsteher nicht akzeptiert worden.
Beim dritten Mal seien die österreichischen Freunde schon im Lokal gewesen, als der Befragte und der Antragsteller dorthin gekommen seien. Als der Befragte an der Reihe gewesen sei, habe ihn der Türsteher nach einem Ausweis gefragt und er habe ihm den Ausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel gezeigt, woraufhin er eingelassen worden sei. Als der Antragsteller an der Reihe gewesen sei und dem Türsteher genau den gleichen Ausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel gezeigt habe, habe dieser gemeint, dass der Antragsteller mit diesem Ausweis nicht eingelassen würde.
Herr Z erläuterte in seiner Befragung, dass er Cheftürsteher im Lokal der Antragsgegnerin sei und dort sechs bis acht Türsteher ihren Dienst versehen würden. Ihre Aufgabe sei unter anderem die Alterskontrolle der Gäste. Ausweise würden von allen Personen verlangt werden, welche jünger als 25 Jahre alt aussehen würden.
Als Altersnachweis würden nur der Reisepass und der Führerschein akzeptiert. Ausweise für öffentlichen Verkehrsmittel oder Schülerausweise würden nicht angenommen, da diese sehr oft gefälscht würden. Auch die Aufenthaltsberechtigungskarte würde oft gefälscht werden und werde deshalb nicht akzeptiert.
Lichtbildausweise, welche durch die Republik Österreich ausgestellt worden seien, würde der Befragte akzeptieren, wenn er das Foto richtig sehen könne und es kein schwarz-weiß oder zu kleines Foto sei.
Der Befragte könne sich an den Antragsteller erinnern, da er sehr oft im Lokal gewesen sei. Der Antragsteller sei immer eingelassen worden, wenn er einen Ausweis dabei gehabt habe. Der Antragsteller sei vom Befragten deswegen immer kontrolliert worden, da er ihn erst seit zwei oder drei Monaten kenne und er sich bei so vielen Gästen nicht merken könne, wann der Antragsteller geboren sei. Grundsätzlich würden jüngere Gäste immer kontrolliert.
Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung des Antragstellers gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob die Einlassverweigerung durch die Antragsgegnerin aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers erfolgte oder die Einlassverweigerung aus anderen, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Gründen erfolgte und der Antragsgegnerin der Beweis darüber im Verfahren gelungen ist.
Da die Antragsgegnerin sich sowohl ihrer eigenen Mitarbeiter/innen als auch Personal von Drittfirmen zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten bedient, hat sie im Rahmen der Gehilfenhaftung gemäß § 1313a ABGB auch für fremdes Fehlverhalten ihrer eigenen Mitarbeiter/innen bzw. der Mitarbeiter/innen der mit ihr vertraglich verbundenen Drittfirmen einzustehen.
Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:
§ 30. (2) Für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sowie für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses
1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
2. bei sozialen Vergünstigungen,
3. bei der Bildung,
sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.
§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.
§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines Geschlechts oder Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Am … um ca. … Uhr hat der Antragsteller, gemeinsam mit drei Freunden versucht, Einlass in das Lokal der Antragsgegnerin zu erlangen. Nachdem der Türsteher ihre Aufenthaltsberechtigungskarte nicht akzeptierte, haben sie ihre Reisepässe geholt, um dennoch das Innere des Lokals zu gelangen. Als sie wieder beim Eingang des Lokals eintrafen, durfte die Gruppe nach einer Diskussion mit dem Türsteher schlussendlich doch noch in das Lokal.
Am … ist der Antragsteller mit ein paar Freunden vor dem Lokal der Antragsgegnerin eingetroffen und wurde vom Türsteher nach dem Ausweis gefragt. Nachdem der Antragsteller keinen Ausweis bei sich hatte, ist ihm der Einlass verweigert worden. Der Antragsteller hat sich daraufhin entschlossen, seinen Reisepass von zuhause zu holen, worauf ihm der Einlass gestattet wurde.
Am … um ca. … Uhr ist dem Antragsteller der Einlass in das Lokal der Antragsgegnerin jedoch verwehrt worden. Der Türsteher hat die Aufenthaltsberechtigungskarte nicht akzeptiert und hat einen gültigen Reisepass verlangt.
Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
Der Senat III verneinte in seiner Sitzung vom 16. November 2017 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung, bejahte jedoch das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers durch die Antragsgegnerin iSd § 32 Abs. 2 leg.cit.
Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf deren ethnische Zugehörigkeit erfolgt.
Die vom Antragsgegner vorgebrachten Sachverhalte vom …, … und … lassen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung zu, da der Antragsteller an jedem dieser Tage bei Vorlage seines Konventionsreisepasses eingelassen wurde. Das Verlangen eines Ausweises für sich stellt noch keine ungünstigere Behandlung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes dar.
Eine mittelbare Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 2 leg.cit. liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines Geschlechts oder Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
Die Antragsgegnerin hat gegenüber den Türstehern angeordnet, dass von allen Personen, welche subjektiv maximal 25 Jahre alt erscheinen, ein Reisepass oder Führerschein zur Identifizierung zu verlangen ist. Reisepass oder Führerschein nach Aussage der Antragsgegnerin deshalb, weil sich darin ein „EU-genormtes“ Foto befinde, welches grundsätzlich den Inhaber/die Inhaberin klar erkennen lasse und die missbräuchliche Verwendung – zB. durch jüngere Geschwister – unterbinde.
Aus diesem – zunächst neutral erscheinendem – Kriterium ergibt sich aber, dass Personen, welche über keinen Reisepass oder Führerschein verfügen und unter die 25-Jahr-Regel fallen, keine Möglichkeit des Eintritts in die Diskothek der Antragsgegnerin finden würden.
Zu dieser Gruppe gehören – wie der Antragsteller– meist Personen, welche im Rahmen des Asylverfahrens in Österreich zum Aufenthalt berechtigt sind und öfters über keinerlei Dokumente, außer der weißen Aufenthaltsberechtigungskarte verfügen.
Zwar ist der Antragsgegnerin Recht zu geben, wenn sie vermeint, dass es sich bei der Aufenthaltsberechtigungskarte um kein offizielles Identitätsdokument handle, dies erscheint bei dem von der Antragsgegnerin im vorliegenden Sachverhalt akzeptierten Busausweis jedoch ebenso fraglich. Abgesehen davon ist zu hinterfragen, wie sich Personen ausweisen sollen, wenn sie nur über eine Aufenthaltsberechtigungskarte verfügen, diese jedoch nicht als Identitätsdokument gilt.
Der Senat kam daher zum Schluss, dass die Weigerung der Antragsgegnerin, die weiße Aufenthaltsberechtigungskarte zur Alterskontrolle zu akzeptieren, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit darstellt. Dieses Kriterium ist – wie im vorliegenden Fall gezeigt – geeignet Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, besonders zu benachteiligen. Ein rechtmäßiges Ziel dieser Vorgangsweise kann nicht erkannt werden.
Der Antragsgegnerin ist es nach Ansicht des Senates III nicht gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 2 leg.cit. zu entkräften oder einen Rechtfertigungsgrund glaubhaft zu machen. Gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.
Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch die Antragsgegnerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine mittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 2 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.
Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass die Antragsgegnerin sich mit der geltenden Rechtslage vertraut macht, das Gleichbehandlungsgesetz respektiert und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, gleich behandelt.
Insbesondere sollen durch die Antragsgegnerin taugliche innerbetriebliche Strukturen zur Vermeidung von Diskriminierungen geschaffen werden, wie gründliche Schulungen der MitarbeiterInnen hinsichtlich aller relevanten Gesetzesmaterien, insbesondere dem Gleichbehandlungsgesetz.
Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Demgemäß muss die Schadenersatzleistung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Der Senat III der Gleichbehandlungskommission empfiehlt daher den Antragsgegnern einen dementsprechenden Schadenersatz an den Antragsteller zu leisten.
Wien, November 2017
Mag. Robert Brunner
(Vorsitzender)
Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Zuletzt aktualisiert am
19.06.2019