Gbk 2017/11/16 GBK III/202/17

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Veröffentlicht am 16.11.2017
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Norm

§31 Abs1 iVm §32 Abs1 GlBG

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Einlassverweigerung in Diskothek

Text

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundeskanzleramt gelangte am 16. November 2017 über den am 16. März 2017 eingelangten Antrag von Herrn A (in der Folge „Antragsteller“), vertreten durch die Antidiskriminierungsstelle Steiermark, betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin

X GmbH &Co KG

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

durch die Antragsgegnerin eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft gemäß § 32 Abs. 1 GlBG vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Am … gegen … Uhr habe der Antragsteller gemeinsam mit einem Freund das Lokal der Antragsgegnerin besuchen wollen. Da der Antragsteller keinen Reisepass bei sich gehabt habe, sei ihm vom Türsteher der Zutritt zum Lokal verweigert worden.

Der Antragsteller habe sich daraufhin entschlossen, seinen Reisepass von zu Hause zu holen. Als er wieder beim Lokal eingetroffen sei und seinen Reisepass vorgezeigt habe, habe der Türsteher lediglich gesagt, dass sie nicht mehr in das Lokal dürften, da es jetzt schließen würde.

Dieser Aussage hätten beide keinen Glauben geschenkt, da es Freitags gegen 00:30 Uhr kaum zu einer Lokalschließung komme und andererseits weiterhin zahlreiche andere Personen ungehindert das Lokal hätten betreten dürfen.

Nach einiger Zeit seien sie vom Türsteher aufgefordert worden, den Eingangsbereich des Lokals zu verlassen, da sie dort nichts mehr zu suchen hätten.

Von der Antragsgegnerin langte zu den Vorwürfen am … und … im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein.

Die Antragsgegnerin halte fest, dass sie jede Form von Willkür bzw. Diskriminierung vermeide und es auch diesbezüglich regelmäßige schriftliche Dienstanweisungen an das Securitypersonal gebe.

Davon abgesehen handle es sich beim Securitypersonal um keine Angestellten der Antragsgegnerin, sodass die verfahrensgegenständlich erhobenen Behauptungen schon aus diesem Grund völlig unberechtigt seien.

Da die Eingangskontrollen bzw. die Überprüfung der Ausweise ausschließlich von den Bediensteten des beauftragten Securityunternehmens durchgeführt würde, sei es schon dem Grunde nach denkunmöglich, der Antragsgegnerin Willkür bzw. Diskriminierung vorzuwerfen. Die Antragsgegnerin sei daher im gegenständlichen Verfahren nicht passiv legitimiert.

In der Sitzung der GBK am … wurden der Antragsteller, Frau Y als Geschäftsführerin der Antragsgegnerin und Herr C als Auskunftspersonen befragt:

Der Antragsteller erläuterte in seiner Befragung im Wesentlichen, dass er und sein Freund zum Lokal der Antragsgegnerin gekommen seien und vom Türsteher aufgefordert worden seien, ihren Reisepass vorzuzeigen.

Da der Antragsteller keinen Pass bei sich gehabt habe, habe der Türsteher ihm den Einlass verweigert. Der Antragsteller habe gemeint, dass das in Ordnung sei, und, da er nicht weit entfernt wohne, er seinen Pass zuhause holen und wiederkommen würde. Da der Freund des Antragstellers seinen Pass dabei gehabt habe, habe er auf den Antragsteller gewartet, während dieser seinen Pass von zuhause geholt habe.

Ca. 15 Minuten später sei der Antragsteller wieder mit seinem Pass zum Lokal der Antragsgegnerin gekommen und habe demselben Türsteher seinen Pass gezeigt. Dieser habe auf die Vorlage des Passes gemeint, dass nunmehr kein Einlass mehr möglich sei, da das Lokal jetzt geschlossen sei.

Der Antragsteller und sein Freund hätten sich daraufhin auf die Seite gestellt und hätten dabei beobachten können, dass sehr wohl noch Personen eingelassen worden seien. Nach einer Weile habe der Türsteher gefragt, warum sie dort noch herum-stehen würden und gemeint, dass sie gehen sollten.

Frau Y erläuterte als Vertreterin der Antragsgegnerin in ihrer Befragung im Wesentlichen, dass sie die Betriebsleiterin der Antragsgegnerin sei. Die Türsteher würden von der „…“ gestellt. Sie wisse nicht, warum die rechtfreundliche Vertretung der Antragsgegnerin der Aufforderung des Senates zur Nennung der Türsteher nicht nachgekommen sei.

Die Befragte könne sich diesen Vorfall nicht erklären. Sie habe auch die Türsteher auf diesen Vorfall angesprochen, jedoch habe sich keiner an einen solchen erinnern können. Die Türsteher hätten von ihr die Anweisung in keinster Weise zu diskriminieren und hätten auch eine diesbezügliche Dienstanweisung unterschrieben. Auch würde unter „Einlasskriterien“ auf der Website der Antragsgegnerin die Möglichkeit bestehen, diskriminierendes Verhalten der Türsteher zu melden. Ebenso vorhanden sei ein Verweis auf die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft.

Grundsätzlich hätte das Lokal an einem Freitag von 21:00 Uhr bis „open end“ geöffnet. Keinesfalls würde das Lokal an einem Freitag um 00:30 Uhr schließen. Dies sei definitiv auszuschließen.

Die Türsteher würden von der Befragten Grundanweisungen erhalten. Zum Beispiel, dass der Eintritt erst ab 18 Jahren möglich sei. Diesbezüglich gelte weiters die Regel, dass Personen zu kontrollieren seien, welche optisch jünger als 30 Jahre aussehen würden, um Fehler auszuschließen. Die konkreten Arbeitsaufträge und Einteilung der Türsteher würde der Einsatzleiter erteilen.

Als Ausweise würden grundsätzlich Reisepässe oder Führerscheine akzeptiert. Ebenso akzeptiert würden Aufenthaltstitel oder andere offizielle Ausweise. Busausweise oder E-Cards in Verbindung mit Schülerausweisen würden nicht akzeptiert.

Herr C erläuterte in seiner Befragung, dass der Türsteher den Antragsteller und ihn nach dem Ausweis gefragt habe. Obwohl sie Ausweise dabei gehabt hätten, seien sie nicht eingelassen worden, da der Türsteher gemeint habe, dass er unbedingt die Reisepässe brauche. Der Befragte habe seinen Reisepass mitgeführt, der Antragsteller jedoch nicht.

Da die Wohnung des Antragstellers in der Nähe sei, sei dieser nach Hause gegangen, um seinen Reisepass zu holen. Als dieser mit dem Pass zurückgekommen sei, seien sie jedoch auch unter Vorlage der Reisepässe nicht eingelassen worden. Der Türsteher habe nur gemeint, dass er sie nicht einlassen würde und habe „Gute Nacht“ gesagt.

Während dieser Zeit seien andere Personen ohne Probleme eingelassen worden.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung des Antragstellers gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob die Einlassverweigerung durch die Antragsgegnerin aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers erfolgte oder die Einlassverweigerung aus anderen, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Gründen erfolgte und der Antragsgegnerin der Beweis darüber im Verfahren gelungen ist.

Da die Antragsgegnerin sich ihrer Mitarbeiter/innen als auch derer von Drittfirmen zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten bedient, hat sie im Rahmen der Gehilfenhaftung gemäß § 1313a ABGB auch für fremdes Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter/innen bzw. der Mitarbeiter/innen der mit ihr vertraglich verbundenen Drittfirmen einzustehen.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (2) Für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sowie für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses

      1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,

      2. bei sozialen Vergünstigungen,

      3. bei der Bildung,

sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Am … gegen … Uhr hat der Antragsteller gemeinsam mit einem Freund das Lokal der Antragsgegnerin besuchen wollen. Da der Antragsteller keinen Reisepass bei sich hatte, ist ihm vom Türsteher der Zutritt zum Lokal verweigert worden.

Der Antragsteller hat sich daraufhin entschlossen, seinen Reisepass von zu Hause zu holen. Als er wieder beim Lokal eintraf und seinen Reisepass demselben Türsteher zeigte, hat dieser ihn dennoch nicht eingelassen, mit der Begründung, dass das Lokal jetzt geschlossen sei. Jedoch sind weiterhin andere Personen ungehindert in das Lokal eingelassen worden.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 16. November 2017 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers durch die Antragsgegnerin iSd § 32 Abs. 1 leg.cit.

Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf deren ethnische Zugehörigkeit erfolgt.

Der Antragsgegnerin ist es nach Ansicht des Senates III nicht gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. zu entkräften. Gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Das bedeutet, dass für diesen ganz konkreten Einzelfall ein bestimmtes, vom GlBG nicht sanktioniertes Motiv erkennbar sein muss, das für die Abweisung genau dieses Antragstellers/dieser Antragstellerin ausschlaggebend gewesen ist.

Aus den Schilderungen des Antragstellers und der Auskunftsperson ging nachvollziehbar und glaubwürdig hervor, dass sich der Vorfall wie im Antrag ausgeführt, zugetragen hat. Diese Aussagen lassen für Senat III keinen Zweifel daran, dass der Türsteher den Antragsteller am gegenständlichen Abend allein aufgrund seiner ethnischen Herkunft nicht eingelassen hat.

Die Aussagen der Vertreterin der Antragsgegnerin vermochten den Senat nicht davon zu überzeugen, dass dem Antragsteller aufgrund eines vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Grundes der Einlass verweigert wurde. Zwar wurde betont, bei Einlasskriterien keinen Unterschied zwischen In- und Ausländern zu machen und es trifft auch zu, dass diese auf der Website der Antragsgegnerin abrufbar sind. Hinsichtlich dieses konkreten Einzelfalles erscheint es dem Senat jedoch nicht glaubhaft, dass ein nicht verpöntes Motiv für die Einlassverweigerung vorgelegen hat und konnte dies von der Vertreterin der Antragsgegnerin auch nicht widerlegt werden.

Insgesamt ist es der Antragsgegnerin daher gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. nicht gelungen zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass kein gemäß dem Gleichbehandlungsgesetz verpöntes Motiv der Einlassverweigerung des Antragstellers zugrunde lag. Vielmehr ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass der Antragsteller allein aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit nicht in das Lokal der Erstantragsgegnerin eingelassen wurde.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch die Antragsgegnerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass die Antragsgegnerin sich mit der geltenden Rechtslage vertraut machen, das Gleichbehandlungsgesetz respektieren und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, gleich behandeln.

Insbesondere sollen durch die Erstantragsgegnerin taugliche innerbetriebliche Strukturen zur Vermeidung von Diskriminierungen geschaffen werden, wie gründliche Schulungen der MitarbeiterInnen hinsichtlich aller relevanten Gesetzesmaterien, insbesondere dem Gleichbehandlungsgesetz.

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Demgemäß muss die Schadenersatzleistung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Der Senat III der Gleichbehandlungskommission empfiehlt daher den Antragsgegnern einen dementsprechenden Schadenersatz an den Antragsteller zu leisten.

Wien, November 2017

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2019
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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