TE Vfgh Erkenntnis 1997/2/24 B2519/95, B2520/95

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Veröffentlicht am 24.02.1997
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung über die Festsetzung des Hundertsatzes der Verzugszinsen vom 13.12.82 für einen bestimmten Zeitraum mit E v 24.02.97, V81/96 ua. Kosten für den in den Verordnungsprüfungsverfahren abgegebenen, nicht abverlangten Schriftsatz waren nicht zuzusprechen, zumal der Schriftsatz zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auch nicht erforderlich war (vgl. VfSlg. 10957/1986).

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit je S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheiden der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 9.2.1995 und vom 3.5.1995 wurden zwei Steuerberatern für verspätet eingezahlte Sozialversicherungsbeiträge einerseits für November 1994 und Februar 1995, andererseits für Oktober und November 1994 sowie März 1995 Verzugszinsen von den rückständigen Beiträgen in der Höhe von 10,5 vH vorgeschrieben.

Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom

26. und vom 28.6.1995 wurden die gegen die genannten Bescheide fristgerecht erhobenen Einsprüche gemäß den §§58 Abs1 und 59 Abs1 ASVG iVm der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung BGBl. Nr. 612/1982 abgewiesen.

2. In den gegen diese Bescheide erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden der beiden Steuerberater wird jeweils die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten infolge der Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des jeweils bekämpften Bescheides begehrt.

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich als belangte Behörde hat in beiden Beschwerdeverfahren die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher er jeweils dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Mit Beschluß vom 10. Juni 1996 hat der Verfassungsgerichtshof aus Anlaß der Beratung über die genannten Beschwerden von Amts wegen zwei Verfahren gemäß Art139 Abs1 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 13. Dezember 1982 über die Festsetzung des Hundertsatzes der Verzugszinsen, BGBl. Nr. 612/1982, eingeleitet.

5. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V81,82/96, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß diese Verordnung von Oktober 1994 bis Ende März 1995 gesetzwidrig war.

6. Die belangte Behörde hat bei Erlassung der bekämpften Bescheide eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage der Fälle offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.

Die Beschwerdeführer wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG, wobei Kosten für den in den Verordnungsprüfungsverfahren abgegebenen, nicht abverlangten Schriftsatz nicht zuzusprechen waren, zumal der Schriftsatz zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auch nicht erforderlich war (vgl. VfSlg. 10957/1986). In den jeweils zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von jeweils S 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B2519.1995

Dokumentnummer

JFT_10029776_95B02519_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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