TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/21 W241 2205121-2

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Veröffentlicht am 21.01.2019
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Entscheidungsdatum

21.01.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W241 2205121-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , staatenlos, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018, Zahl 1186944610/180340370, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge BF) brachte nach laut eigenen Angaben am 07.04.2018 erfolgter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 09.04.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) einen Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG), ein.

2. Eine EURODAC-Abfrage ergab eine erkennungsdienstliche Behandlung der BF im Rahmen einer Asylantragsstellung in Dänemark am 28.10.2014.

3. Im Zuge der Erstbefragung am 09.04.2018 gab die BF an, sich zuerst elf Monate im Libanon befunden zu haben und dann von Oktober 2014 bis Mai 2017 in Dänemark gewesen zu sein. Ihr Verfahren dort wäre negativ beschieden worden, weshalb sie - um der Abschiebung zu entgehen - ohne Reisepass ausgereist sei und sich ca. ein Jahr in der Türkei aufgehalten hätte. Nunmehr wäre sie von der Türkei nach Österreich gefahren, die Reise wäre selbständig und ohne Schlepper per PKW erfolgt.

In Dänemark würden sich noch immer ein Sohn und eine Tochter aufhalten. Hier in Österreich lebe ein Sohn von ihr in Wien, sie wolle bei diesem bleiben.

Die BF legte abschließend einen türkischen Mietvertrag vom 15.05.2017 vor.

4. Am 13.04.2018 wurde eine Anfrage gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), an Dänemark gestellt.

In der Anfrage wurde zum Reiseweg der BF ausgeführt, dass diese angegeben hätte, von 2014 bis Mai 2017 in Dänemark gewesen zu sein. Dann hätte sie Dänemark verlassen und wäre über die Türkei nach Österreich gereist.

5. Mit Schreiben vom 24.04.2018 teilten die dänischen Behörden mit, dass Dänemark der Wiederaufnahme der BF nach Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zustimme.

6. Im Rahmen ihrer ersten Einvernahme am 16.05.2018 legte die BF erneut den Mietvertrag und eine Zahlungsbestätigung vor und gab an, Asthma zu haben und dagegen einen Spray zu nehmen. Ferner nehme sie Tabletten gegen Entzündungen und eine Allergie, Befunde könne sie keine vorlegen.

Ferner brachte die BF vor (Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll, Schreibfehler teilweise korrigiert).

"LA: Von wann bis wann waren Sie in der Türkei?

VP: Am 07.05.2017 bin ich in der Türkei eingereist. Vor nicht einmal zwei Monaten bin von der Türkei ausgereist.

LA: Warum sind Sie in die Türkei gereist?

VP: Ich wollte nach Syrien zurück. Ich war davor in DK, ich habe es dort nicht ausgehalten und bin in die Türkei zurückgereist. Keiner wollte mich nach Syrien zurückbringen und deshalb musste ich in der Türkei bleiben.

LA: Wo waren Sie in der Türkei aufhältig?

VP: In einer Stadt Urfa. Ich war die ganze Zeit in dieser Stadt. Ich wurde dort untergebracht durch Bekannte. Nachgefragt gebe ich an, dass ich von DK mit dem Zug ausgereist bin, und in Deutschland wurde ich von Schleppern in ein Fahrzeug gesetzt und bin in die Türkei gereist. Die Schlepper haben mich 5 Tage untergebracht und dann haben Bekannte eine Wohnung organisiert. In dieser Wohnung habe ich ca. 9 bis 10 Monate gelebt.

LA: Geben Sie die Adresse in der Türkei bekannt.

VP: Das Haus hat die XXXX und XXXX . Den Namen der Straße weiß ich nicht. Die Straße hieß XXXX .

LA: Haben Sie weitere Beweismittel für Ihren Aufenthalt in der Türkei?

VP: Nein. Ich habe den Mietvertrag nur zufällig mit. Wenn ich gewusst hätte, dass mehr verlangt wird, hätte ich mehr mitgenommen.

LA: Wie hat der Vermieter geheißen?

VP: Er hieß XXXX .

LA: Wie viel hat die Miete gekostet?

VP: Monatlich 650 türkische Lira. Ich habe bar bezahlt. Es sind zwei Brüder, der eine hat von mir die Miete im ersten Monat erhalten und der andere in den restlichen Monaten. Der eine heißt XXXX und der andere XXXX . Ich habe immer am 15ten gezahlt.

LA: Haben Sie in der Türkei gearbeitet?

VP: Nein.

LA: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten?

VP: Ich wurde von Bekannten unterstützt. Ich wurde von Syrern in der Türkei unterstützt, die ich kenne. Der eine heißt XXXX und der zweite XXXX .

LA: Was haben Sie in der Türkei gemacht?

VP: Gar nichts. Ich habe im ersten Monat versucht, nach Syrien zurückzukehren.

LA: Warum haben Sie die Türkei wieder verlassen?

VP: Ich habe dort niemanden. Schon einen Monat nach der Ankunft in der Türkei wollte ich zurück, aber es dauerte lange, einen Schlepper zu finden. Ich konnte mich mit den Leuten nicht verständigen. Ich dachte, in der Türkei sprechen sie dieselbe Sprache und ich wusste nicht, wie es dort ist. Es leben aber viele Syrer in der Türkei, die mich unterstützt haben.

LA: Wie sind Sie aus der Türkei ausgereist?

VP: Ich wurde mit zwei weiteren Personen in ein Auto gesetzt. Wir waren ungefähr eine Woche unterwegs. Ich weiß es nicht, durch welche Länder ich gereist bin, der Schlepper war unhöflich und hat nichts gesagt. Die Reise war perfekt organisiert. Der Schlepper hat gesagt, dass wir nicht über Griechenland reisen werden. Nachgefragt gebe ich an, dass wir immer mit demselben Fahrzeug gereist sind. Einmal haben wir für zwei Tage eine Pause gemacht. Wo das war, weiß ich nicht. Wir haben einmal in einem Waldstück und einmal in einer Unterkunft des Schleppers übernachtet.

LA: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

VP: Keinen.

LA: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen, CH, Lichtenstein oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Ich habe einen Sohn und eine Tochter in Dänemark. Zwei Schwestern von mir leben in Deutschland, ein Bruder von mir lebt in Italien. Meine Kinder haben in Dänemark Asyl erhalten.

LA: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

VP: Ein Sohn lebt in Österreich. Mein Sohn heißt XXXX , er ist XXXX geboren. Er ist mein jüngster Sohn. Er lebt in Wien, ich weiß nicht wo, ich bin erst seit kurzem dort. Er lebt seit über drei Jahren in Österreich. Er ist ledig. Ich habe ihn vor drei Tagen zum letzten Mal gesehen. Er ist nach Traiskirchen gekommen. Wie sehen uns immer am Wochenende, weil ich da immer für 48 Stunden das Lager verlasse. Nachgefragt gebe ich an, dass er asylberechtigt ist (1031024204) Er besucht Kurse, aber arbeitet nicht.

LA: Erhalten Sie finanzielle Unterstützung durch Ihren Sohn?

VP. Ja, manchmal schon. Nachgefragt gebe ich an, dass ich letztens 50 Euro erhalten habe. Ich glaube, dass mein Sohn vom Staat finanziert wird.

LA: Ihnen wurde eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG 2005 zu eigenen Handen zugestellt. Anhand dieser Verfahrensanordnung wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass im gegenständlichen Fall Konsultationsverfahren mit Dänemark geführt werden. Aus diesem Grund fand auch am 16.05.2018 ein Rechtsberatungsgespräch statt.

LA: Der Staat Dänemark stimmte in Ihrem Fall bereits am 25.04.2018 gem. Art. 18.1.d der Dublin-Verordnung zu. Seitens des BFA ist nunmehr geplant, gegenständlichen Antrag auf int. Schutz gem. § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen und Sie aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Dänemark auszuweisen. Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

VP: Ich möchte nicht nach Dänemark zurück. Ich bin freiwillig aus Dänemark ausgereist. Ich bin illegal ausgereist. Ich habe keine freiwillige Ausreise beantragt, da ich nicht mehr dort bleiben wollte. Der Staat hat mir das Leben schwer gemacht. Das bedeutet, alles hat lang gedauert und mein Antrag wurde abgelehnt. Mir ging es psychisch schlecht und ich habe mich im Zimmer eingesperrt.

LA. Wie lange waren Sie in Dänemark aufhältig?

VP. Ein bis zwei Jahre.

LA. Warum wurde Ihr Antrag in Dänemark abgewiesen?

VP: Das weiß ich nicht, ich konnte es nicht lesen.

LA. Haben Sie gegen die Entscheidung Berufung eingebracht?

VP: Ich wurde von 5 Beamten einvernommen. Drei wollten mir Asyl geben, zwei nicht. Ich habe einen Anwalt eingeschaltet, aber der Anwalt hat sich nicht auf meine Anrufe hin darum gekümmert. Eigentlich hätte ich Asyl bekommen sollen, aber mein Anwalt hat sich um meinen Fall nicht gut gekümmert.

LA: Wo waren Sie in Dänemark aufhältig?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Ihnen wurden nachweislich die Länderfeststellungen von Dänemark ausgefolgt möchten Sie hierzu etwas angeben?

VP: Ich möchte gegen Dänemark nichts Schlechtes sagen, aber ich möchte auch nicht nach Dänemark zurück.

Dem RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen oder Anträge zu stellen.

RB bringt Stellungnahme ein: Aus dem Verfahren hat sich eindeutig ergeben, dass die Antragstellerin den EU-Raum über drei Monate verlassen hat und ist somit eine Zuständigkeit Österreichs gegeben. Die Zustimmung von Dänemark basiert auf einem mangelhaften Konsultationsverfahren, da in dem nicht ausgeführt wird, dass die Antragstellerin sich über ein Jahr in der Türkei aufgehalten hat und diesbezüglich in der EB einen Beweis vorgelegt hat (Mietvertrag). Somit ist das Verfahren in Österreich zuzulassen."

Im Zuge einer weiteren Einvernahme am 01.08.2018 gab die BF an:

"LA: Von wann bis wann waren Sie in der Türkei aufhältig?

VP: Ich bin im Mai 2017 in die Türkei gereist und war 10 Monate dort aufhältig. Ich bin Ende März ausgereist. Ich war 6 Monate in einer Privatwohnung und anschließend 4 Monate bei Bekannten. Nachgefragt gebe ich an, dass ich in Urfa aufhältig war. Nach meiner Ankunft in der Türkei habe ich eine Woche bei der Familie XXXX gewohnt. Die Bekannten heißen XXXX . Zwei Männer sind mit mir in die Türkei gefahren und durch die zwei Männer habe ich diese Familie kennen gelernt.

Durch XXXX habe ich die Familie XXXX kennen gelernt. Durch XXXX habe ich die Familie XXXX kennen gelernt und durch diese Familie wiederrum die Vermieter XXXX .

LA: Wie sah die Planung Ihrer Aufenthaltsdauer bei Ihrer Einreise in die Türkei aus?

VP: Mein Plan war von Anfang an, nach Syrien zu reisen. Aber beide Familien haben mir geraten, dass ich in der Türkei bleibe. Es gab keine Möglichkeit, dass ich nach Syrien gelangen konnte.

LA: Wie heißt der Besitzer Ihrer Unterkunft in der Türkei?

VP: XXXX und XXXX . Denen habe ich die Miete gezahlt.

LA: Wem gehörte die Wohnung?

VP: XXXX .

LA: In welchem Zusammenhang steht XXXX zu XXXX und XXXX ?

VP: Ich weiß es nicht. Aber bei dem XXXX habe ich den Vertrag gemacht und den anderen habe ich das Geld gegeben. Ich habe nicht darüber nachgedacht, warum ich nicht dem Vermieter das Geld gebe.

LA: Wann haben Sie den Mietvertrag unterzeichnet?

VP: Am 15.05.2017 habe ich den Schlüssel der Wohnung bekommen. Da müsste ich auch den Vertrag unterschrieben haben.

LA: Warum haben Sie im Vorhinein bereits gewusst, dass Sie nur 6 Monate dort wohnen werden?

VP: Ich wollte ja nur einen Monat bleiben. In der Türkei gibt es keinen Vertrag, der sich nur auf einen Monat beschränkt.

LA: Warum haben Sie den Vertrag anschließend nicht verlängert?

VP: Weil ich nicht in der Türkei bleiben wollte und immer abgewartet habe. Die Familien XXXX haben mir einen Schlepper gesucht. Die Familien haben mich finanziell unterstützt.

LA: In welchen Zusammenhang stehen Sie zu XXXX und XXXX ?

VP: Bekannte.

LA: Gehen diese einer Arbeit in der Türkei nach?

VP: Ich weiß nicht genau, was die arbeiten. Sie helfen. Sie haben mich finanziell 10 Monate unterstützt. Sie haben mir auch den Schlepper gezahlt.

LA: Beschreiben Sie die vier Monate bei der Familie?

VP: Ich habe vier Monate bei der Familie XXXX gelebt. Die Familien XXXX und XXXX haben mich nur finanziell unterstützt.

LA: Wie sind Sie zu dem Schlepper gekommen, der sie nach Europa gebracht hat?

VP: Das haben die Familien XXXX und XXXX organisiert.

LA: Warum sind Sie aus der Wohnung ausgezogen?

VP: Der Schlepper hat immer versprochen, dass er mich nach Europa bringt und er hat es jedoch immer wieder verschoben. Ich wollte nicht nochmals einen Vertrag auf 6 Monate unterzeichnen und bin dann ausgezogen.

LA: Gibt es weitere Beweismittel außer Ihrem Mietvertrag für Ihren Aufenthalt in der Türkei?

VP: Nein.

LA: Seit wann befindet sich Ihr Enkelkind in Österreich?

VP: Ich vermute seit dem Mai 2017.

LA: Seit wann haben Sie Kontakt zu Ihrem Sohn in Österreich?

VP: Ich hatte immer Kontakt zu meinem Sohn.

LA: Von wem haben Sie erfahren, dass sich Ihr Enkelkind in Österreich befindet?

VP: Durch meinen Sohn habe ich es erfahren.

LA: Seit wann haben Sie gewusst, dass sich Ihr Sohn in Österreich befindet?

VP. Schon länger.

LA: Seit wann wissen Sie, dass sich Ihr Enkelkind in Österreich befindet?

VP: Ich habe es im Juli 2017 erfahren. Ich hatte kein Telefon.

LA: Möchten Sie die Obsorge betreffend Ihr Enkelkind beantragen?

VP: Nicht unbedingt. Weil seine Eltern eh bald kommen, da eine Familienzusammenführung geplant ist.

LA: Warum haben Sie in Ihrer Einvernahme vom 16.05.2018 und in Ihrer Erstbefragung nicht angegeben, dass sich ihr Enkelkind in Österreich befindet?

VP: Durch den Stress habe ich es vergessen. Ich lüge nicht, aber ich habe es durch den Stress vergessen.

Dem RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen oder Anträge zu stellen.

RB bringt Stellungnahme ein: Aus dem Verfahren hat sich eindeutig ergeben, dass die Antragstellerin den EU-Raum über drei Monate verlassen hat und ist somit eine Zuständigkeit Österreichs gegeben. Die Zustimmung von Dänemark basiert auf einem mangelhaften Konsultationsverfahren, da in dem nicht ausgeführt wird, dass die Antragstellerin sich über ein Jahr in der Türkei aufgehalten hat und diesbezüglich in der EB einen Beweis vorgelegt hat (Mietvertrag). Somit ist das Verfahren in Österreich zuzulassen.

LA: Möchten Sie noch etwas angeben?

VP: Wenn es möglich ist, dass ich mein Enkelkind sehe, wäre das sehr schön. Ich sehe ihn ja eh, aber ich will ihn noch öfter sehen."

7. Aus dem von der BF vorgelegten Mietvertrag geht hervor, dass die BF in "Sanliurfa" von 15.05.2017 bis 15.11.2017 eine Wohnung gemietet hat.

8. Mit Bescheid vom 06.08.2018 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Dänemark für die Prüfung des Antrags gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung der BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF nach Dänemark gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

9. Gegen den angeführten Bescheid richtete sich die mit 03.09.2018 fristgerecht eingebrachte Beschwerde der BF an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG).

10. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 06.09.2018.

11. Mit Beschluss des BVwG vom 10.09.2018 wurde der Beschwerde der BF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

12. Mit Beschluss des BVwG vom 24.09.2018 wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Begründend wurde ausgeführt, dass es das BFA im Verfahren unterlassen habe, dem ersuchten Staat - entweder bereits im Zuge der Anfrage am 13.04.2018 oder nach den beiden Einvernahmen der BF - das relevante Vorbringen betreffend den behaupteten zehnmonatigen Aufenthalt der BF in der Türkei (gegebenenfalls mit einer nachvollziehbaren Glaubwürdigkeitseinschätzung) umgehend mitzuteilen und die vorgelegten Unterlagen anzuführen, um eine Beurteilung durch Dänemark zu ermöglichen.

13. Am 10.10.2018 übermittelte das BFA der dänischen Behörde den türkischen Mietvertrag und informierte diese über die Angaben der BF betreffend ihre Ausreise in die Türkei.

Am selben Tag teilte Dänemark dem BFA mit, dass die Zustimmungserklärung weiterhin aufrecht erhalten werde, zumal der türkische Mietvertrag auch aus Sicht der dänischen Behörden nicht geeignet sei, den Wahrheitsgehalt der Behauptungen der BF zu untermauern.

14. Bei einer weiteren Einvernahme der BF am 23.10.2018 durch das BFA gab diese an, dass sie zurzeit Medikamente gegen Kopfschmerzen nehme. Ferner brachte sie vor:

"LA: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

VP: Ich habe alles abgegeben.

LA: Können Sie betreffend Ihres Aufenthalts in der Türkei weitere Beweismittel vorlegen?

VP: Ich habe nur türkische Lira und den Mietvertrag, den ich bereits vorgelegt habe.

LA: Wie lange waren Sie in der Türkei?

VP: Ca. 10 Monate.

LA. Hat sich seit der letzten Entscheidung etwas Anderes betreffend Ihr Familien- bzw. Verwandtschaftsverhältnis in Österreich ergeben?

VP: Nein, Ich habe ein Leben hier. Ich habe einen Enkel, er ist 10 Jahre alt. Und ich habe einen Sohn. Mein Enkel würde sich sehr freuen, wenn ich hierbleiben darf.

LA: Mit wem wohnen Sie derzeit im gemeinsamen Haushalt?

VP: Ich wohne alleine im Lager, aber ich würde mich freuen, wenn ich bei meinem Sohn wohnen könnte.

LA: Die Zustimmung von Dänemark bleibt weiterhin aufrecht. Möchten Sie diesbezüglich eine Stellungnahme abgeben?

VP: Mir wurde gesagt, ich kann hierbleiben. Ich habe Dänemark seit langem verlassen.

LA. Möchten Sie sich zu Dänemark äußern?

VP: Nein, ich möchte hier bei meinem Sohn und bei meinem Enkel bleiben."

15. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 19.12.2018 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten erneut gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Dänemark für die Prüfung des Antrags gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung der BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF nach Dänemark gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Dänemark wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeit (DIS 8.12.2016; für weitere Informationen siehe dieselbe Quelle).

Quellen:

-

DIS - Danish Immigration Service (8.12.2016): More about applying for asylum,

https://www.nyidanmark.dk/en-us/coming_to_dk/asylum/asylum_process/more_about_applying_+asylum.htm, Zugriff 16.1.2017

2. Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer haben in Dänemark Zugang zum Asylverfahren. Ihre Verfahren werden gegebenenfalls wieder eröffnet. Die Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zu Unterbringung und medizinischer Versorgung wie andere Asylwerber auch (DIS 12.1.2017a).

Quellen:

-

DIS - Danish Immigration Service (12.1.2017a): Auskunft DIS, per E-Mail

3. Non-Refoulement

Dänemark gewährt temporäre Aufenthaltsgenehmigungen, wenn Personen im Falle einer Rückkehr in ihr Land mit Todesstrafe, Folter oder unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung oder Bestrafung konfrontiert wären (DIS 13.4.2016)

Quellen:

-

DIS - The Danish Immigration Service (13.4.2016): Asylum, https://www.nyidanmark.dk/en-us/coming_to_dk/asylum/asylum.htm, Zugriff 17.1.2017

4. Versorgung

Es gibt Empfangszentren für kürzlich eingetroffene Asylwerber. AW müssen während des Verfahrens in einem Unterbringungszentrum untergebracht werden, das gilt auch für Dublin-Rückkehrer. Nach einer endgültig negativen Entscheidung im Asylverfahren muss der Fremde bis zur Ausreise oder Außerlandesbringung in einem Ausreisezentrum bleiben. Für unbegleitete Minderjährige und Vulnerable gibt es besondere Unterbringungszentren (DIS 12.1.2017a; vgl. DIS 14.7.2016).

Unter Umständen kann AW auch erlaubt werden außerhalb der Zentren zu leben. Die Zentren unterstehen dem Immigration Service und werden von Vertragspartnern geführt (Rotes Kreuz, Gemeinden usw.) (DIS 14.7.2017).

Die Lebenskosten der AW werden in der Regel vom Immigration Service gedeckt. Die AW erhalten Unterbringung, notwendige medizinische Versorgung, Bildung für Kinder und Erwachsene. Zusätzlich gibt es verschiedene Beihilfen für Kleidung, Verbrauchsartikel und Transport. Wenn im Zentrum keine Mahlzeiten serviert werden gibt es auch dafür eine Beihilfe (DIS 5.2.2016a). Zusätzlich gibt es noch verschiedene Handgelder, z.B. für zu versorgende Kinder. Wenn AW aus Ländern mit geringem Verfolgungsrisiko kommen, gibt es keinerlei Geldzuwendungen, sondern nur Versorgung im Zentrum (DIS 13.1.2017).

Ein Antragsteller, der verpflichtet ist das Land zu verlassen und der die Frist hierfür verstreichen lässt, ist ein illegal aufhältiger Fremder. Der Immigration Service ist für dessen Versorgung zuständig, bis er das Land verlassen hat. Auch wenn ein Fremder aus einem anderen Grund illegal aufhältig ist, als ein negativ ausgegangenes Asylverfahren, kann er sich bezüglich Unterbringung und medizinischer Versorgung bis zur tatsächlichen Außerlandesbringung an den Immigration Service wenden. Lediglich Programme zur Integration in den Arbeitsmarkt usw. stehen dieser Gruppe nicht offen (DIS 21.10.2015).

Quellen:

-

DIS - Danish Immigration Service (12.1.2017a): Auskunft DIS, per E-Mail

-

DIS - The Danish Immigration Service (14.7.2016): Asylum centres, https://www.nyidanmark.dk/en-us/coming_to_dk/asylum/accomodation_centres/accomodation_centres.htm, Zugriff 17.1.2017

-

DIS - The Danish Immigration Service (5.2.2016a): Provision (support),

https://www.nyidanmark.dk/en-us/coming_to_dk/asylum/conditions_for_asylum_applicants/provision.htm, Zugriff 17.1.2017

-

DIS - The Danish Immigration Service (13.1.2017): Cash allowances, https://www.nyidanmark.dk/en-us/coming_to_dk/asylum/conditions_for_asylum_applicants/cash_allowances.htm, Zugriff 17.1.2017

-

DIS - The Danish Immigration Service (21.10.2015): Financial support for illegal aliens,

https://www.nyidanmark.dk/en-us/coming_to_dk/asylum/financial_support_illegal_aliens.htm, Zugriff 17.1.2017

4.1. Medizinische Versorgung

AW und Fremde ohne legalen Aufenthalt in Dänemark sind nicht von der nationalen Krankenversicherung erfasst. Die Kosten ihrer medizinischen Versorgung werden vom Immigration Service gedeckt, wenn die Behandlung dringend (unaufschiebbar wegen der Gefahr der Verschlechterung, chronischer Entwicklung oder irreversibler Folgen) und/oder schmerzlindernd ist (DIS 12.1.2017a; vgl. DIS 5.2.2016b).

In der Praxis muss der Betreiber eines Asylzentrums sich in jedem Einzelfall die Kosten einer medizinischen Behandlung vom Immigration Service bewilligen lassen. Für bestimmte Behandlungen (Konsultation eines praktischen oder Facharztes oder einer Hebamme, Erstkonsultation eines Psychologen/Psychiaters) ist eine direkte Überweisung durch das medizinische Personal der Zentren möglich. Kinder von AW haben das Recht auf dieselbe medizinische Versorgung wie dänische Kinder (DIS 5.2.2016b).

Quellen:

-

DIS - Danish Immigration Service (12.1.2017a): Auskunft DIS, per E-Mail

DIS - The Danish Immigration Service (5.2.2016b): Healthcare, https://www.nyidanmark.dk/en-us/coming_to_dk/asylum/conditions_for_asylum_applicants/healthcare.htm, Zugriff

Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO Dänemark für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der BF ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden.

Begründend wurde ferner im Wesentlichen ausgeführt, dass von einer Zuständigkeit Dänemarks ausgegangen werde, da sich die BF in den Einvernahmen mehrfach betreffend ihren Aufenthalt in der Türkei widersprochen hätte. Sie hätte daher einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten außerhalb der EU nicht glaubhaft belegen können - so läge der Mietvertrag nur in Kopie vor und könne leicht im Internet ausgedruckt werden. Auch hätte Dänemark eine Übernahme ihrer Person abgelehnt, wenn es sich für die Prüfung des Asylverfahrens nicht zuständig gefühlt hätte.

Es würden keine akut lebensbedrohlichen oder schweren Erkrankungen vorliegen, darüber hinaus sei eine medizinische Versorgung in Dänemark gewährleistet. Das private Interesse an einem Fortbestand der verwandtschaftlichen Beziehung ihrem in Österreich aufhältigen Sohn und Enkelkind sei im gegenständlichen Fall jedenfalls geringer zu werten als das öffentliche Interesse an einem geordneten Zuzug nach Österreich, weshalb die Außerlandesbringung des BF keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Gefahr der Verletzung der EMRK oder eine systematische notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Dänemark seien nicht zu erkennen. In Dänemark sei eine ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu, und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

16. Das BFA stellte der BF gemäß § 52 Abs. 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), einen Rechtsberater für die Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) amtswegig zur Seite.

17. Mit Schriftsatz vom 02.01.2019 wurde durch die gewillkürte Vertretung gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Begründend wurde versucht, der Beweiswürdigung des BFA betreffend die unglaubwürdigen Angaben der BF zu ihrem Aufenthalt in der Türkei entgegen zu treten, und vorgebracht, dass die BF den Mietvertrag bereits bei der Erstbefragung in Vorlage gebracht habe, wobei sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis der österreichischen bzw. europäischen Rechtslage hätte haben können. Auch sei es geboten gewesen, den Vermieter bzw. die Makler in der Türkei telefonisch zu kontaktieren, um die Angaben der BF zu überprüfen. Ferner wäre vom BFA nicht berücksichtigt worden, dass die BF türkische Lira vorlegen hätte können. Abschließend wurde auf das insbesondere emotionale Abhängigkeitsverhältnis zwischen der BF und ihrem Sohn bzw. Enkelkind verwiesen, auch könne sich der Sohn als Onkel des Enkelkindes aufgrund des Besuches von Deutschkursen nicht ausreichend um dieses kümmern.

18. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA VG erfolgte am 07.01.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

-

den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 09.04.2018, die Niederschriften der Einvernahmen vor dem BFA am 16.05.2018, 01.08.2018 und 23.10.2018 sowie die Beschwerde vom 02.01.2019

-

aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Dänemark im angefochtenen Bescheid

-

die Korrespondenz mit Dänemark

-

die vorgelegten Schriftstücke

2. Feststellungen:

2.1. Die BF ist staatenlos. Laut eigenen Angaben stammt sie aus Syrien.

2.2. Die BF verließ Syrien Ende 2013 und hielt sich elf Monate im Libanon auf. Danach reiste sie nach Dänemark, wo sie am 28.10.2014 einen Asylantrag stellte. Nunmehr begab sich die BF nach Österreich, wo sie laut eigenen Angaben am 07.04.2018 einreiste und am 09.04.2018 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Nicht festgestellt werden kann, dass die BF nach ihrer Antragsstellung Dänemark im Mai 2017 in Richtung der Türkei verlassen und sich dort von 07.05.2017 bis Ende März 2018 aufgehalten hat.

2.3. Das BFA richtete am 13.04.2018 ein Wiederaufnahmeersuchen betreffend die BF an Dänemark. Mit Schreiben vom 24.04.2018 stimmte Dänemark gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO der Wiederaufnahme der BF zu.

Mit Schreiben vom 10.10.2018 teilte Dänemark dem BFA nach Übermittlung weiterer Informationen zum Reiseweg der BF mit, dass die Zustimmungserklärung weiterhin aufrecht erhalten werde.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Dänemarks wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

2.4. Besondere, in der Person der BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Dänemark sprechen, liegen nicht vor. Das BVwG schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

2.5. Die BF leidet an Asthma, Kopfschmerzen und einer Allergie, sie nimmt dagegen Tabletten ein und verwendet einen Asthmaspray. Befunde wurden keine vorgelegt.

Akut schwerwiegende oder gar lebensbedrohende gesundheitliche Beeinträchtigungen konnten somit keine festgestellt werden.

2.6. In Österreich befinden sich seit ca. drei Jahren ein Sohn und seit ca. Mai 2017 ein zehnjähriges Enkelkind der BF, diese sind hier anerkannte Flüchtlinge. Betreffend das Enkelkind ist eine Familienzusammenführung in Österreich mit dessen Eltern geplant. Ein gemeinsamer Haushalt mit der BF besteht nicht, diese bekommt gelegentlich geringe finanzielle Unterstützung durch den Sohn, der wiederum selber von staatlicher Unterstützung lebt. Über weitere private, familiäre oder berufliche Bindungen im österreichischen Bundesgebiet verfügt die BF nicht.

3. Beweiswürdigung:

3.1. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der BF ergeben sich im Speziellen aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde von der BF kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren (siehe Punkt II.4.3.1.2.). Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Dänemark wurde nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Punkt II.4.3.1.1.).

3.2. Zum Aufenthalt der BF in Dänemark und ihrer behaupteten Ausreise aus der EU in die Türkei ist auszuführen, dass dem Vorbringen der BF, Dänemark Anfang Mai 2017 Richtung Türkei verlassen und sich von 07.05.2017 bis Ende März 2018 in der Türkei aufgehalten zu haben, kein Glauben geschenkt wird.

So ergab sich bereits betreffend die Schilderung der Reise der BF von der Türkei nach Österreich ein Widerspruch zwischen der Erstbefragung und den folgenden Einvernahmen. Brachte die BF in der Erstbefragung vor, selbständig per PKW ohne Schlepper von der Türkei nach Österreich gelangt zu sein, behauptete sie später in den Einvernahmen, schlepperunterstützt nach Österreich gereist zu sein. Dieser Widerspruch ist somit ein erstes Anzeichen dafür, dass die Aus- und erneute Einnreise in die EU ein gedankliches Konstrukt der BF darstellt.

Ferner ist festzuhalten, dass sich die BF bezüglich ihrer Unterkunftnahme in der Türkei widersprach. So gab sie in der Einvernahme am 16.05.2018 an, in einer von Bekannten organisierten Wohnung - offenbar die angesprochene Mietwohnung - ca. neun bis zehn Monate gelebt zu haben. In der Einvernahme am 01.08.2018 jedoch änderte die BF - angesichts des Umstandes, dass der Mietvertrag nur für sechs Monate abgeschlossen wurde und auf der vorgelegten Zahlungsanweisung auch nur sechs überwiesene Monatsmieten aufscheinen - diese Aussage und brachte nunmehr vor, sich sechs Monate in der Mietwohnung und danach vier Monate bei syrischen Bekannten aufgehalten zu haben. Auch ist es wenig nachvollziehbar, dass völlig unbekannte syrische Personen - bei denen es sich laut Beschwerde um Mitglieder eines syrischen Hilfsvereines handeln soll - die BF über Monate hinweg finanziell unterstützen und später sogar bei sich aufnehmen hätten sollen, zumal die BF angab, in der Türkei niemanden gekannt zu haben und sie deshalb nach einem Monat bereits wieder ausreisen hätte wollen.

Des Weiteren erscheint es befremdlich, dass die BF lediglich den Mietvertrag und die Zahlungsanweisung aus der Türkei mitgebracht hat und keinerlei weitere Beweismittel für ihren immerhin angeblich zehnmonatigen Aufenthalt in der Türkei vorlegen konnte. Werden in der Beschwerde türkische Lira erwähnt, welche sich im Besitz der BF befinden sollen, so wird dazu ausgeführt, dass diese durch die BF in jeder beliebigen Bank in Österreich oder Dänemark gewechselt werden hätten können. Ferner ist festzuhalten, dass den vorgelegten Unterlagen nur wenig Beweiskraft zukommt. So könnte es sich beim Mietvertrag und der Zahlungsbestätigung - in Hinblick auf die heutigen technischen Möglichkeiten, die es ermöglichen, solche Schriftstücke beliebig zu erstellen und zu verändern, sowie mangels Möglichkeiten, die Echtheit der Schriftstücke zu verifizieren - um Gefälligkeitsschreiben beliebiger Personen handeln. Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass die vorgelegten Unterlagen auch für die dänischen Behörden keine geeigneten Beweismittel für den behaupteten Aufenthalt in der Türkei darstellten.

Wird in der Beschwerde behauptet, die BF hätte den Mietvertrag bereits bei der Erstbefragung am 09.04.2018 und ohne Kenntnis der herrschenden Rechtslage vorgelegt, was ihre Glaubwürdigkeit untermauere, so wird dem entgegnet, dass sich die BF bereits seit 2014 in Europa befindet, dabei Kontakt zu ihren in Dänemark und Österreich aufhältigen Verwandten unterhielt und es ihr somit eine Leichtes war, sich über die Dublin-Regelungen zu informieren und mithilfe ihrer Angehörigen entsprechende Dokumente, die einen länger als drei Monate dauernden Aufenthalt außerhalb der EU belegen sollten, zu generieren.

Wird in der Beschwerde vorgebracht, durch Telefonate mit dem Vermieter und den Maklern in der Türkei hätte der Aufenthalt der BF in der Türkei bestätigt werden können, ist dem entgegenzuhalten, dass telefonischen Einvernahmen mit unbekannten, in der Türkei aufhältigen Personen aufgrund der Möglichkeit, dass diese lediglich aus Gefälligkeit eine für die BF günstige Aussage tätigen könnten, nur wenig Beweiskraft zukommt.

Weiters ist festzustellen, dass den dänischen Behörden durch das BFA der von der BF behauptete Reiseweg mit Schreiben vom 10.10.2018 beschrieben und der Mietvertrag übermittelt wurde. Dänemark sieht sich jedoch trotz des Mietvertrages und der Informationen des BFA weiterhin für die Führung des Asylverfahrens der BF als zuständig und bestätigte mit Schreiben vom 10.10.2018 seine Zustimmungserklärung vom 24.04.2018. Somit ist davon auszugehen, dass auch die dänischen Behörden keine Hinweise auf den behaupteten zehnmonatigen Aufenthalt der BF außerhalb der EU gefunden haben, zumal eine mehr als dreimonatige Abwesenheit der als Asylwerberin registrierten BF den dänischen Behörden wohl zur Kenntnis gelangt wäre.

Der Vollständigkeit halber wird auch angemerkt, dass das Vorbringen der BF als Gesamtes unglaubwürdig erscheint, zumal es nur wenig plausibel erscheint, dass Asylsuchende nach einer erfolgreichen Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union wieder schlepperunterstützt ausreisen und sich durch eine neuerliche Einreise zum zweiten Mal dem Risiko, an der Außengrenze aufgegriffen und abgewiesen zu werden, aussetzen sollten.

3.3. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen (siehe auch die Erwägungen unter II.4.3.1.1.).

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013, geregelt (§ 1).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

4.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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