Entscheidungsdatum
05.02.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I416 1225238-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL über die Beschwerde von XXXX, alias XXXX, alias XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, alias XXXX, StA. Burundi, alias United Republic of Tanzania, vertreten durch RA Mag. Láslo Szabó, Claudiaplatz 2, 6020 Innsbruck, wegen der Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes betreffend den am 15.02.2017 gestellten Folgeantrag zu Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
I. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 15.02.2017 wird hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 15.02.2017 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
III. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Fremde, ein Staatsangehöriger von Burundi und sohin Drittstaatsangehöriger, wurde unter dem Namen XXXX, ausgewiesen durch einen gefälschten tansanischen Reisepass, 1996 in Rumänien verhaftet und 1999 von den rumänischen Justizbehörden wegen Suchtgifthandels rechtskräftig zu einer 3-jährigen Haftstrafe verurteilt. Vor Antritt seiner Haft hat der Fremde das Hoheitsgebiet von Rumänien verlassen.
2. Der Fremde wurde am 04.06.2001 mit einem gefälschten britischen Reisepass im Bundesgebiet festgenommen und stellte am 20.06.2001 unter dem Namen XXXX, einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.11.2001, Zl. XXXX gemäß § 7 ASylG 1997, BGBL. I 1997/76 idgF (Asylgesetz 1997) abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Burundi gemäß § 8 leg. cit für zulässig erklärt wurde.
3. Mit Schreiben vom 20.01.2004 wurde seitens Interpol XXXX mitgeteilt, dass in Bezug auf den nationalen Haftbefehl keine Auslieferung beantragt werde. 4. Am 10.02.2005 wurde der Fremde festgenommen und mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.09.2006, rechtskräftig seit 15.03.2007, XXXX von einem Geschworenengericht wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 erster Fall, Abs. 4 Z 3 und Abs. 5 SMG, und wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 erster Fall, Abs. 4 Z 3 und Abs. 5 SMG in Form der Bestimmungs- und Beitragstäterschaft nach § 12 2. und 3. Alt. StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt.
5. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 16.10.2006, Zl. XXXX, wurde gegen den Fremden ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX vom 14.06.2007, Zl. XXXX gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
6. Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.11.2001, Zl. 01 14.373-BAI erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.07.2010, Zl. A13 225.238-0/2008/13E gemäß §§ 7 iVm 13 Abs. 2, 8 AsylG 1997, BGBl. I 1997/76 idF. BGBl I Nr. 126/2002 abgewiesen.
7. Mit Schriftsatz vom 09.02.2017 stellte der Fremde (im Folgenden: Antragsteller genannt) aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz und führte dazu zusammengefasst aus, dass er mit seiner Lebensgefährtin, mit der er seit 1993 zusammen sei, mit den beiden gemeinsamen Kindern in XXXX leben würde. Seine Kinder seien hier fest verwurzelt, seine Frau habe hier eine gute Arbeit und werde seine Familie in Österreich bleiben. Er führte weiters an, dass er nicht nach Burundi zurückkehren könne, da er dort um sein Leben fürchten müsse, da es dort sehr gefährlich sei. Er habe dort keine Familie mehr und keine Freunde, er könne nirgends wohnen und habe auch keine Aussicht auf Arbeit. Seine Frau habe auch schon Kontakte geknüpft und könne er sich nach seiner Entlassung bei Firmen vorstellen. Am 15.02.2017 wurde der Antragsteller von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab er gefragt, warum er einen neuerlichen Asylantrag stellen würde und was sich nach der Rechtskraft der ersten Entscheidung geändert habe, wörtlich an: "Ich glaube, wenn ich in mein Herkunftsland zurückkehre, bin ich in Gefahr, dann werde ich gefangen genommen und eingesperrt. Aus diesem Grund suche ich nochmals um Asyl an. Was genau in meinem Herkunftsland los ist kann ich nicht sagen, weil ich seit 2005 in Österreich in Haft bin."
Gefragt, seit wann ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt seien, gab er wörtlich zu Protokoll: "Es gibt keine Änderung der Fluchtgründe. Ich möchte aus denselben Gründen wie bei meinem ersten Asylantrag nicht mehr zurück in meine Heimat."
8. Der Antragsteller wurde am 17.02.2017 mit Beschluss des LG XXXX, TZl. XXXX bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen und die Bewährungshilfe angeordnet.
9. In Folge einer Ladung zur niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, brachte der gewillkürte Rechtsvertreter eine Stellungnahme ein und führte darin zusammengefasst aus, dass der Antragsteller seit 1993 in einer Lebensgemeinschaft mit der rumänischen Staatsangehörigen XXXX, geb. am XXXX, leben würde und diese Lebensgemeinschaft die 12-jährige Haft überdauert habe, sodass von einer Lebenspartnerschaft im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 4 NAG auszugehen sei und ihm daher ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommen würde. Seine Lebenspartnerin arbeite in Österreich als Autobahnkontrolleurin, habe sich hier dauerhaft niedergelassen und verfüge über eine Eigentumswohnung. Er habe einen volljährigen und einen minderjährigen Sohn mit seiner Lebenspartnerin. Als Beweis dafür beantragte der Rechtsvertreter die Einvernahme der Lebensgefährtin und der beiden Kinder und legte den Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des BG XXXX hinsichtlich der Kinder vor. Letztlich beantragte er, die Unzulässigkeit der Ausweisung aus Österreich und ein Aufenthaltsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Z 4 NAG festzustellen.
10. Am 01.09.2017 wurde der Antragsteller vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er von seinem Heimatland ursprünglich nach Rumänien gereist sei, wo er auch seine Lebensgefährtin kennengelernt habe. Ursprünglich habe er in Belgien um Asyl ansuchen wollen, die deutschen Behörden hätten ihn jedoch zurückgeschoben. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er zusammengefasst aus, dass er den Behörden schon 2001 alles detailliert erklärt habe, er seinen Fluchtgrund aufrecht halte und es keine anderen Gründe gebe. Er führte noch aus, das er nicht in seine Heimat zurückkönne, weil er dort auch keine Familie mehr habe, sein jüngster Bruder auch nicht mehr im Land sei und das Land nicht sicher sei, was alle wissen würden. Er führte weiters aus, dass er über die aktuelle politische Lage und über die Sicherheitslage in seinem Heimatland Bescheid wisse und wurden ihm die Länderfeststellungen zur Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen der Einvernahme übergeben. Zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich gab er an, dass er, da er keine Arbeit habe, zu Hause sei und den Haushalt machen würde und für seine Familie koche. Leben würde er vom Einkommen seiner Frau, besuche einen Deutschkurs, sei kein Mitglied in einem Verein und habe österreichische Freunde. In Österreich lebe er zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seinen beiden Kindern in einer Doppelhaushälfte, die seine Lebensgefährtin mit einem Kredit finanziert habe und die als Autobahnkontrolleurin arbeite. Zuletzt führte er aus, dass ihn seine Familie im Gefängnis regelmäßig besucht habe.
11. Mit Schriftsatz seines gewillkürten Rechtsvertreters vom 14.09.2017 wurden Kopien der Geburtsurkunden der beiden Kinder, sowie die Kopien von Unterlagen über einen XXXX vorgelegt und ausgeführt, dass es sich hiebei um den Cousin des Antragstellers handeln würde. Weiters wurden Ausführungen zur Integration gemacht und die Einvernahme der Lebensgefährtin beantragt. Letztlich wurde ausgeführt, dass die strafrechtliche Verurteilung im Asylverfahren unberücksichtigt zu bleiben habe, da die Verurteilung des Antragstellers zu einem Zeitpunkt (2001) erfolgt sei, indem dem Asylgesetz noch eine Rückstufung wegen Straftaten fremd gewesen sei und sei die Verurteilung noch vor Inkrafttreten des Fremdenrechtspaketes 2005 erfolgt. Eine rückwirkende Sanktionierung durch asylrechtliche oder aufenthaltsrechtliche Konsequenzen die aus dieser Verurteilung abgeleitet würden seien daher sachlich nicht gerechtfertigt und würden dem Rückwirkungsverbot unterliegen. Es werde daher beantragt den Anträgen des Antragstellers vollinhaltlich stattzugeben.
12. Mit Schriftsatz vom 04.05.2018 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Besucherliste der JA XXXX übermittelt und seitens der Anstaltsleitung mitgeteilt, dass es bis auf geringfügige Verfehlungen keine Beanstandungen während seines Aufenthaltes gegeben habe und sein Verhalten der Hausordnung entsprochen habe. Gearbeitet habe der Häftling zuerst im anstaltseigenen Schuhmachereibetrieb und ab Juli 2015 in der anstaltseigenen Küche. Mit Schriftsatz vom 07.05.2018 wurde die Besucherliste und die Aufstellung der Arbeitsverhältnisse in der JA XXXX übermittelt.
13. Am 22.08.2018 wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Anfrage hinsichtlich einer Sprachanalyse an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement EJPD, Staatssekretariat für Migration SEM, Sektion LINGUA gestellt und ausgeführt, dass diese zur eindeutigen Länderzuweisung notwendig sei.
14. Mit Schriftsatz seiner gewillkürten Rechtsvertretung vom 28.08.2018 stellte der Antragsteller, den Antrag das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache entscheiden. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde über den Antrag auf internationalen Schutz und Aufenthaltsrecht ungeachtet des Verstreichens der gesetzlichen Höchstfrist nicht entschieden habe.
15. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018 wurde der LINGUA Auftrag zur Herkunftsabklärung an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement EJPD übermittelt und in weiterer Folge ein Interview für den 08.10.2018 vereinbart.
16. Am 08.10.2018 wurde der Antragsteller in Anwesenheit seiner Lebensgefährtin zur Durchführung einer Sprachanalyse einvernommen. Dabei führte er befragt zu seinem Gesundheitszustand aus, dass er gesund sei und an keinen Krankheiten leide. Zu seinem Fluchtgrund befragt führte er zusammengefasst aus, dass der Grund warum er seine Heimat verlassen habe, der gleiche bleibe und seine Angaben von der vorherigen Einvernahme im Jahr 2017 korrekt seien. Zu seinem Privat- und Familienleben führte er aus, dass er seit 6 Wochen einen Deutschkurs A1 besuche und legte eine Teilnahmebestätigung betreffend eines Deutsch- Anfänger Kurses aus der JA XXXX vom 06.08.2013 vor. Er führte weiters aus, dass er bislang nicht habe heiraten können, da er keine Dokumente aus seinem Heimatland habe, er sei aber schon 25 Jahre mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Zu seinem Alltag führte er aus, dass er zu Hause sei, seine Frau und sein älterer Sohn würden arbeiten und sein jüngerer Sohn gehe zur Schule. Er würde kochen, putzen und führe den Haushalt, manchmal gehe er auch zum Joggen oder fahre Rad. Finanziell unterstützt werde er von seiner Familie, er wohne bei seiner Lebensgefährtin und erhalte auch seit 3 oder 4 Monaten soziale Unterstützung. Er gab weiters an, dass er keine Unterhaltspflichten habe und außer seiner Lebensgefährtin und den Kindern keine Verwandten oder Familienangehörige in Österreich habe. Gefragt ob er Gründe namhaft machen könne, die für seine Integration in Österreich sprechen würden, gab er wörtlich an: "Ich mag Österreich. Die Leute sind sehr freundlich. Ich verstehe mich sehr gut mit den Nachbarn. Meine Kinder sind hier aufgewachsen, sie sind wie Österreicher. Der kleine Sohn ist den österreichischen Kindergarten gegangen. Dort wo wir leben, leben nur Einheimische. Ich besuche einen Deutschkurs, ich möchte mehr über das Land erfahren." Letztlich führte er zu seiner Familie im seinem Heimatland aus, dass er telefonischen Kontakt zu seinem Cousin in Uganda habe würde, seine Eltern seien vor langer Zeit gestorben und sein Bruder habe aus der Heimat flüchten müssen. Er habe noch Freunde und Bekannte in seiner Heimat aber keinen Kontakt zu diesen.
17. Mit Schriftsatz vom 10.10.2018 wurde seitens des Rechtsvertreters darauf hingewiesen, dass die Vaterschaft durch ein österreichisches Gericht festgestellt worden und diese bindend sei, sowie ein weiteres Mal die Einvernahme der Lebensgefährtin und der Kinder beantragt und angeführt, dass die Lebensgefährtin und auch die Kinder für den Unterhalt des Antragstellers aufkommen würden und ihm auch aus diesem Grund ein gemeinschaftliches Aufenthaltsrecht zukommen würde. Deshalb werde beantragt die Unzulässigkeit der Ausweisung aus Österreich festzustellen und das Aufenthaltsrecht des Antragstellers gemäß § 52 Abs. 1 Z 4 NAG festzustellen.
18. Mit Schriftsatz vom 29.11.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 05.12.2018, wurde die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und ausgeführt, dass mit einer Erledigung innerhalb der 3-Monatsfrist nicht gerechnet werden könne, insbesondere, da noch das Ergebnis der Sprachanalyse ausständig sei.
19. Am 08.01.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht das linguistische Gutachten übermittelt, in welchem zusammengefasst festgestellt wurde, dass die Sozialisation des Antragstellers sehr wahrscheinlich in Bujumbura/ Burundi stattgefunden hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person des Antragstellers:
Beim Antragsteller handelt es sich um einen männlichen, burundischen Staatsbürger, und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Weitere Feststellungen zu seiner Identität können allerdings nicht getroffen werden.
Der Antragsteller ist gesund, volljährig, arbeitsfähig und zum Entscheidungszeitpunkt nicht verheiratet.
Der Antragsteller befindet sich in einer Lebensgemeinschaft mit der rumänischen Staatsangehörigen namens XXXX, geb. am XXXX und ist der Vater von XXXX, geb. am XXXX und XXXX, geb. am XXXX, beide geboren in Rumänien und Staatsangehörige von Rumänien.
Der Antragsteller war zwischen 10.02.2005 und 17.02.2017 durchgehend in Strafhaft. Der Antragsteller wurde am 17.02.2017 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren vorzeitig aus der Haft entlassen. Der Antragsteller ist seit 21.03.2017 bei seiner Lebensgefährtin mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Gegen den Antragsteller besteht ein unbefristetes Rückkehrverbot.
Das Familien- und Privatleben des Antragstellers hat sich seit Rechtskraft seines letzten Verfahrens nicht wesentlich geändert. Er befand sich bereits vor seiner strafrechtlichen Verurteilung in einer Lebensgemeinschaft mit Frau XXXX und waren auch ihre beiden Söhne zu diesem Zeitpunkt bereits geboren. Der Antragsteller war zwischen 10.03.2003 und 29.04.2005 an derselben Meldeadresse wie seine Lebensgefährtin mit Hauptwohnsitz gemeldet, die Söhne des Antragstellers waren vom 10.03.2003 bis 08.09.2003 ebenfalls an derselben Adresse wie der Antragsteller gemeldet, vom 09.09.2003 bis 29.03.2007 scheint keine offizielle Meldeadresse im Bundesgebiet auf. Der Antragsteller hat gegenüber seinen Söhnen keine Unterhaltsverpflichtungen. Der Antragsteller hat in Österreich keine weiteren Angehörigen oder sonstige Verwandte zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht. Der Antragsteller hat in Österreich keine weiteren sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden.
Der Antragsteller weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Der Antragsteller ist kein Mitglied eines Vereines geht keiner Erwerbstätigkeit nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer weist nachstehende strafgerichtliche Verurteilung auf:
01) LG XXXX XXXX vom 26.09.2006 RK 15.03.207
PAR 28/2 28/3 (1. Fall) 28 ABS 4/3 28/A SMG
PAR 12 (2.3. Fall) StGB
Freiheitsstrafe 15 Jahre
1.2. Zu den Gründen für den neuen Antrag auf internationalen Schutz:
Der erste Antrag auf internationalen Schutz vom 04.06.2001, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.11.2001, Zl. 01 14.373-BAI gemäß § 7 ASylG 1997, BGBL. I 1997/76 idgF (Asylgesetz 1997) abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Burundi gemäß § 8 leg. cit für zulässig erklärt und die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Asylgerichthofes vom 05.07.2010, Zl. A13 225.238-0/2008/13E gemäß §§ 7 iVm 13 Abs. 2, 8 AsylG 1997, BGBl. I 1997/76 idF. BGBl I Nr. 126/2002 abgewiesen und zusammengefasst festgestellt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers bereits aufgrund der fehlenden Glaubwürdigkeit die Asylrelevanz zu versagen war. Darüberhinaus wurde festgestellt, dass während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte zu Tage getreten sind, die auf die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, oder darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in eine ausweglose und die Existenz bedrohende Lage geraten würde, weshalb von einer jederzeitigen Rückkehrmöglichkeit des Beschwerdeführers auszugehen wäre, wie wohl außergewöhnliche Umstände, die eine Rückführung nach Burundi unzulässig erscheinen ließen, nicht hervorgekommen sind.
Festgestellt wird, dass der Antragsteller zu seinem ersten Asylantrag vor dem Bundesamt ausführlich zum Fluchtweg und Fluchtgrund befragt wurde und hierbei sowie auch im Zuge der weiteren Verfahren hinreichend Gelegenheit hatte, alle seine Fluchtgründe wahrheitsgemäß vorzubringen.
Fest steht, dass der Antragsteller keinen neuen maßgeblichen Sachverhalt im Zuge seiner Erstbefragung am 15.02.2017 bzw. in seinen weiteren Einvernahmen am 01.09.2017 und 08.10.2018 geltend gemacht hat.
Der Antragsteller brachte im gegenständlichen Asylverfahren (Folgeantrag) keine neuen Fluchtgründe vor. Im Rahmen seiner Einvernahmen führten er im Wesentlichen aus, dass es keine Änderung der Fluchtgründe gebe, dass er aus denselben Gründen wie bei seinem ersten Antrag nicht mehr zurück in sein Herkunftsland wolle, er den Behörden bereits 2001 alles detailliert erklärt habe und er seinen bisherigen Fluchtgrund aufrecht halte. Darüberhinaus gebe es keine anderen Gründe.
Der von Antragsteller zur Begründung des Asylantrages vorgebrachte Fluchtgrund konnte aufgrund entschiedener Sache gem. § 68 AVG somit als nicht asylrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Burundi mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.2 Zu den Feststellungen zur Lage in Burundi:
1.2.1. Politische Lage
Burundi ist ein Post-Konflikt-Land. Die Auswirkungen des Bürgerkriegs (von 1993 bis 2002) sind noch deutlich zu spüren, die demokratischen Strukturen sind noch nicht gefestigt. Auch nach den Wahlen 2015 ist die Opposition kaum in Parlament und Senat vertreten, da viele Vertreter der Opposition die Wahlen boykottiert haben oder ihre Mandate aus Protest nicht annehmen. Das Misstrauen zwischen Regierung und Opposition ist groß, ein Dialog kommt nur schwer zustande (BMZ o.D.).
Staatspräsident Nkurunziza löste mit der Ankündigung seiner Kandidatur für eine dritte Amtszeit im April 2015 eine seither andauernde innenpolitische Krise aus. Die burundische Verfassung gründet auf dem Friedensvertrag von Arusha aus dem Jahr 2000, der vorsieht, dass ein Staatsoberhaupt nach zwei Amtszeiten nicht erneut zur Wahl antreten darf. In der auf die Verkündung der Kandidatur folgenden Auseinandersetzung geht Gewalt von Regierung und Opposition aus. Ein eskalierender Konflikt und hasserfüllte öffentliche Äußerungen verantwortlicher Politiker in Bujumbura bergen das Risiko weiterer Destabilisierung (AA 12.2015a).
Am 21.7.2015 fanden in Burundi Präsidentschaftswahlen statt. Amtsinhaber Pierre Nkurunziza, seit 2005 an der Macht und gestützt von der Regierungspartei "Conseil National pour la Défense de la Démocratie - Forces pour la Défense de la Démocratie" (CNDD-FDD), gewann die Wahl mit 69% der Stimmen. Oppositionsführer Agathon Rwasa und seine Koalition "Amizero Y'abarundi" erreichten 19%. Internationale Wahlbeobachter bezweifeln die Korrektheit des Wahlprozesses. Bei den Parlamentswahlen am 29.6.2015 hatte der CNDD-FDD 70 der 100 Sitze gewonnen. Vorausgegangen waren monatelange gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern Nkurunzizas, vor allem der berüchtigten Parteijugendmiliz Imbonerakure auf der einen Seite und hochrangigen Militärs, Oppositionsführern und Bürgern auf der anderen Seite, die gegen ein drittes Mandat Nkurunzizas protestierten (BPB 30.9.2015).
Die Regierung versuchte zunächst, das dritte Mandat auf parlamentarischem Wege durchzusetzen. Der Antrag auf Verfassungsänderung mit dem Ziel, die Beschränkung der Amtsperioden des Präsidenten aufzuheben, scheiterte jedoch im März 2014 mit einer Stimme am notwendigen 4/5-Quorum. Selbst die Abgeordneten der beiden Koalitionsparteien UPRONA (Union pour le Progrès National) und FRODEBU (Front pour la Démocratie au Burundi) waren der Abstimmung ferngeblieben. Am 25.4.2015 kündigte Nkurunziza dennoch seine Kandidatur an. Im Mai 2015 bestätigte das unter Druck gesetzte Verfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit einer dritten Amtszeit. Zuvor war allerdings der stellvertretende Präsident des Verfassungsgerichts ins Ausland geflohen (BPB 30.9.2015).
Am 15.5.2015 scheiterte ein Putschversuch von Generälen. Die Demonstrationen, die sich gegen den Verbleib des Präsidenten und der ihn stützenden Machtelite an der Spitze des Staates richteten, wurden mit noch größerer Gewalt niedergeschlagen (BPB 30.9.2015).
Schlichtungsversuche unter der Schirmherrschaft der Ostafrikanischen Gemeinschaft gerieten ins Stocken, obwohl der ehemalige Staatspräsident Tansanias, Benjamin Mkapa, im März 2016 zum Vermittler ernannt wurde. Nach Angaben der Nationalen Kommission für den innerburundischen Dialog (Commission Nationale de Dialogue Interburundais) sprachen sich die Dialogteilnehmer mehrheitlich für Verfassungsänderungen aus, u. a. für die Abschaffung der Beschränkung der Amtszeit des Präsidenten. Da sich viele burundische Staatsangehörige im Exil befanden bzw. es nicht wagten, abweichende Meinungen zu äußern, waren die Schlussfolgerungen der Kommission möglicherweise einseitig geprägt (AI 22.2.2017).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (12.2015a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Burundi/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.3.2017
-
AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/336449/479108_de.html, Zugriff 10.3.2017
-
BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/burundi/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 10.3.2017
-
BPB - Bundeszentrale für politische Bildung (30.9.2015): Burundi, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/212902/burundi, Zugriff 10.3.2017
1.2.2. Sicherheitslage
Die Lage bleibt infolge der andauernden politischen Krise in Burundi gespannt und unübersichtlich und kann sich rasch ändern (EDA 10.3.2017). Amnesty International berichtet, dass das Jahr 2016 insgesamt weniger von offener Gewalt geprägt war (AI 22.2.2017, vgl. UNSC 23.2.2017). In Bujumbura und in anderen Landesteilen fordern politisch motivierte Gewalttaten immer wieder Todesopfer und Verletzte. Straßensperren durch Militär und Milizen sind im ganzen Land anzutreffen. Zudem kommt es vor allem in Bujumbura immer wieder zu Angriffen mit Handgranaten und Minenwerfern. Eine weitere Verschlechterung der Sicherheitslage ist möglich (EDA 10.3.2017). Immer wieder kommt es zu Gefechten zwischen Opposition und Regierungsmilizen bzw. der Armee, insbesondere in den an die Demokratische Republik Kongo angrenzenden Provinzen (BMEIA 10.3.2017).
Das Risiko von Terroranschlägen kann nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 10.3.2017, vgl. EDA 10.3.2017). Die somalische Al Shabaab droht mit Anschlägen in Burundi, insbesondere in Bujumbura (EDA 10.3.2017), aufgrund der Beteiligung Burundis an der AMISOM-Mission in Somalia (BMEIA 10.3.2017). Zu den möglichen Zielen von Terrorangriffen zählen öffentliche und touristische Einrichtungen sowie große Menschenansammlungen, z.B. belebte Märkte, Einkaufszentren, öffentlicher Verkehr (Bus- und Flugverkehr), Sportveranstaltungen, kulturelle Anlässe, Nachtlokale, bekannte internationale Hotels, beliebte Restaurants (EDA 10.3.2017).
Quellen:
-
AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/336449/479108_de.html, Zugriff 10.3.2017
-
BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (10.3.2017): Burundi,
https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/burundi/, Zugriff 10.3.2017
-
EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.3.2017): Reisehinweise für Burundi, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/burundi/reisehinweise-fuerburundi.html, Zugriff 10.3.2017
-
UNSC - United Nations Security Council (23.2.2017): Report of the Secretary-General on Burundi,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1488381657_n1704462.pdf, Zugriff 10.3.2017
1.2.3. Rechtsschutz/Justizwesen
Auch wenn die Verfassung und die Gesetze eine unabhängige Justiz vorsehen, ist diese politischer Einflussnahme, Bestechungen um Ermittlungen und Strafverfahren nicht weiter zu verfolgen, Ergebnissen von Gerichtsverhandlungen vorherzubestimmen oder das Umgehen von gerichtlichen Anordnungen ausgesetzt (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 27.1.2016). Es gilt die Unschuldsvermutung. Angeklagte haben das Recht auf eine sofortige und ausführliche Beschreibung der Anklage und auf die unentgeltliche Inanspruchnahme eines Dolmetschers/Übersetzers. Weiters haben Angeklagte das Recht auf ein faires Verfahren ohne unnötige Verzögerung und ausreichend Zeit um eine Verteidigung vorzubereiten. Diese Rechte werden nicht immer gewährt. Angeklagte haben ein Recht auf Rechtsbeistand, aber nicht auf Kosten der Regierung. Nur wenige Angeklagte werden rechtlich Vertreten, da sich nicht alle Rechtsbeistand leisten können. Einige lokale und internationale NGOs bieten Rechtshilfe an. Alle Angeklagten, außer denen in Militärgerichten, haben das Recht, ihre Fälle beim Obersten Gerichtshof anzufechten (USDOS 3.3.2017).
Die aktuelle Krise hat die bereits vorhandene systematische und institutionelle Dominanz der Exekutive über das Justizwesen verschärft. Mitglieder der Exekutive verwenden gewalttätige Methoden gegen (vermeintliche) Gegner, was dazu führt, dass Opfer Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzungen nicht einreichen und das Justizwesen nicht mehr als Instrument gesehen wird, um Differenzen beizulegen (UNIIB 20.9.2016)
Quellen:
-
FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/320143/459398_de.html, Zugriff 3.4.2017
-
USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/337133/479897_de.html, Zugriff 10.3.2017
-
UNIIB - United Nations Independent Investigation on Burundi (20.9.2016): Report of the United Nations Independent Investigation on Burundi (UNIIB) established pursuant to Human Rights Council resolution S-24/1,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1474454917_a-hrc-33-37-e-auv.doc, Zugriff 14.3.2017
1.2.4. Sicherheitsbehörden
Die Regierung des Landes gründete 2004 eine neue Armee sowie Polizei, in die viele demobilisierte Kämpfer früherer bewaffneter Gruppen integriert wurden. Heute ist Burundi gekennzeichnet durch einen überdimensionalen Armee- und Polizeikörper sowie schwache Regierungsinstitutionen. Die Herausforderung für die burundische Regierung besteht darin, die notwendigen Reformen durchzuführen und Sicherheit als Dienstleistung für die Bürger zu gewährleisten, damit gesellschaftliche Spannungen ohne Gewalt beigelegt werden können (GIZ o.D.).
Die nationale Polizei untersteht dem Ministerium für öffentliche Sicherheit und ist verantwortlich für die Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung. Die Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind verantwortlich für die äußere Sicherheit, aber auch für einige Aspekte der inneren Sicherheit. Zivilbehörden konnten manchmal die Kontrolle über die Sicherheitskräfte nicht wahren. Beobachter halten das Militär im Allgemeinen für professionell und unpolitisch, aber der Nationale Geheimdienst (SNR) und die Polizei werden direkt von der herrschenden "National Council for the Defense of Democracy-Forces for the Defense of Democracy" (CNDD-FDD) Partei beeinflusst (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (o.D.): Entwicklung des Sicherheitssektors, https://www.giz.de/de/weltweit/31478.html, Zugriff 14.3.2017
-
USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/337133/479897_de.html, Zugriff 10.3.2017
1.2.5. NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Seit dem Beginn der politischen Krise hat die Regierung die Arbeit der unabhängigen Medien und der Zivilgesellschaft unterdrückt. Trotz Beschränkungen berichten NGOs weiter über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen (AI 13.3.2017). Viele Menschenrechtsaktivisten, die im Jahr 2015 geflohen waren, blieben außerhalb des Landes (USDOS 3.3.2017). Der Einsatz für die Menschenrechte ist zunehmend mit Gefahren und Schwierigkeiten verbunden. Menschenrechtsverteidiger und andere vermeintliche Kritiker der Regierung werden vom SNR verstärkt überwacht. Der Innenminister verbot im Oktober 2016 fünf große Menschenrechtsorganisationen, die ihre Tätigkeit bereits 2015 hatten einstellen müssen. In der Woche darauf untersagte der Minister fünf weiteren Organisationen die Ausübung ihrer Arbeit. Eine der betroffenen Organisationen, Lique Iteka (Burundische Menschenrechtsliga), wurde im Dezember 2016 nach Veröffentlichung eines kontroversen Berichts dauerhaft geschlossen. Im Dezember 2016 verabschiedete die Nationalversammlung zwei Gesetze, die eine strengere Kontrolle der Arbeit von nationalen und ausländischen NGOs vorsehen (AI 22.2.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/336449/479108_de.html, Zugriff 10.3.2017
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AI - Amnesty International (13.3.2017): Burundi: Amnesty International's Oral Statement to the 34th Session of the UN Human Rights Council (27 February - 24 March 2017), http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489475264_afr1658632017english.pdf, Zugriff 11.4.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/337133/479897_de.html, Zugriff 10.3.2017
1.2.6. Allgemeine Menschenrechtslage
Die politische Krise ist zwar insgesamt weniger von offener Gewalt geprägt, dennoch kommt es weiterhin zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen wie rechtswidrigen Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen sowie willkürlichen Festnahmen (AI 22.2.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). UNHCR vermerkt, dass Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen durch Sicherheitskräfte zunehmen (FH 27.1.2017). Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit werden eingeschränkt (AI 22.2.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). Durch zunehmende Unterdrückungsmaßnahmen und die weiterhin bestehende Straflosigkeit herrscht in der Hauptstadt Bujumbura und in anderen Landesteilen ein Klima der Angst (AI 22.2.2017).
Die Meinungs- und Pressefreiheit sind durch die Verfassung garantiert (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 27.1.2016), "diffamierende" Reden über den Präsidenten und andere Regierungsbeamte sind jedoch verboten (USDOS 3.3.2017). Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird in der gesamten Gesellschaft unterdrückt. Zwar konnten zwei private Radiosender im Februar 2016 den Betrieb wieder aufnehmen, burundische und ausländische Journalisten sind jedoch weiter Ziel strafrechtlicher Verfolgung (AI 22.2.2017).
Die Verfassung garantiert Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, aber die Regierung schränkt dieses Recht sehr stark ein (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 27.1.2016). Mitglieder von Oppositionsparteien sind Repressalien ausgesetzt. Im März 2016 wurden in der Provinz Kirundo mindestens 16 Mitglieder der Oppositionspartei Forces Nationales de Libération in einer Bar festgenommen. Die Polizei gab an, dass sie eine nichtgenehmigte politische Versammlung abgehalten hätten. Mitglieder von Imbonerakure schlugen und bedrohten führende Politiker von Oppositionsparteien, die sich gegen die Wiederwahl von Präsident Nkurunziza ausgesprochen hatten. Im ganzen Land setzte Imbonerakure Menschen unter Druck, um sie dazu zu bringen, der Jugendorganisation selbst oder der Regierungspartei CNDD-FDD beizutreten. Diejenigen, die sich weigern, werden zum Ziel von Einschüchterungskampagnen (AI 22.2.2017).
Die Verfassung schützt die Religionsfreiheit (USDOS 10.8.2016) und die Regierung haltet dies üblicherweise auch ein (FH 27.1.2016). Es ist politischen Parteien verboten über religiöse Gewalt oder Hass zu predigen (USDOS 10.8.2016).
Quellen:
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/336449/479108_de.html, Zugriff 10.3.2017
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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/320143/459398_de.html, Zugriff 3.4.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/337133/479897_de.html, Zugriff 10.3.2017
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USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/328310/469089_de.html, Zugriff 11.4.2017
1.2.7. Minderheiten
In Burundi leben drei unterschiedliche Volksgruppen oder Ethnien:
die Hutu, die zahlenmäßig die größte Gruppe darstellen (ca. 80%) und zu den Bantu-Völkern gehören, die Tutsi, eine Minderheit von ca. 10-15% wahrscheinlich nilotischen Ursprungs und die Twa. Letztere stellen mit ca. 1-2% nur noch eine Randgruppe dar, gelten aber als die eigentlich ursprüngliche Bevölkerung Zentralafrikas (LIP 3.2017).
Die Gesellschaft Burundis ist noch immer stark gespalten. Dabei ist inzwischen nicht mehr so sehr die ethnische Zugehörigkeit entscheidend, sondern die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit zwischen Hutu und Tutsi. Im Gegensatz zum Nachbarland Ruanda verfolgt Burundi eine Politik der festen ethnischen Quotierung. Sie ist in der Verfassung verankert (zum Beispiel im Parlament 60 Prozent Hutu, 40 Prozent Tutsi) und wird von Burundi als Weg zur nationalen Versöhnung angesehen (BMZ o.D.).
Historisch ist der Konflikt zwischen den Hutu und Tutsi um politische Vormachtstellung und wirtschaftliche Ressourcen einer der Hauptursachen der Genozide in Ruanda, aber auch in Burundi. Die Twa oder Batwa sind heute eine Randgruppe, die von den beiden anderen Volksgruppen marginalisiert wird. Sie leben häufig in separaten Vierteln und bestreiten ihren oftmals kargen Lebensunterhalt mit Betteln, Prostitution oder einfachen Arbeiten (LIP 3.2017).
Quellen:
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BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D. 11.4.2017): Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/burundi/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 11.4.2017
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LIP - Das Länder-Informations-Portal (3.2017): Gesellschaft, https://www.liportal.de/burundi/gesellschaft/, Zugriff 11.4.2017
1.2.8. Bewegungsfreiheit
Die Verfassung und Gesetze garantieren Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, wobei die Regierung diese Rechte stark einschränkt (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 27.1.2016). Laut mehreren Nachrichtenquellen müssen sich in einigen Stadtvierteln der Hauptstadt die Bewohner und Hausangestellte registrieren. Bei Hausdurchsuchungen werden Personen, die nicht registriert sind, verhaftet. Personen, die versuchen der Gewalt zu entkommen und zu Flüchtlingslagern außerhalb Burundi zu gelangen, werden manchmal von Polizei, SNR oder Mitglieder der Imbonerakure bei Grenzübergangen aufgehalten und zurück geschickt (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/320143/459398_de.html, Zugriff 3.4.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/337133/479897_de.html, Zugriff 10.3.2017
1.2.9. Grundversorgung und Wirtschaft
Aufgrund der Auswirkungen des Bürgerkriegs von 1993 bis 2002 und der fortgesetzten innenpolitischen Spannungen, Misswirtschaft und weit verbreiteter Korruption gehört Burundi trotz kleiner makroökonomischer Erfolge zu den ärmsten Ländern der Welt (AA 12.2015b; vgl. LIP 3.2017). Missernten und die schlechte Ernährungslage der Bevölkerung auf dem Land führen dazu, dass ein Großteil der Einwohner Burundis (ca. 70-80%) unterhalb der Armutsgrenze lebt (LIP 3.2017).
Der wichtigste Wirtschaftssektor ist die Landwirtschaft. Hier werden Kaffee, Tee, Maniok, Hirse, Gemüse, Süßkartoffeln und Bananen angebaut, zumeist in Subsistenzwirtschaft. Der Fischfang und die Viehzucht (Rinder, Schafe und Ziegen) sind nur von untergeordneter nationalwirtschaftlicher Bedeutung (LIP 3.2017). Etwa 90 Prozent der Bevölkerung leben traditionell von Ackerbau bzw. Viehzucht in Subsistenzwirtschaft. 70 Prozent der Agrarproduktion wird von Frauen erbracht (AA 12.2015b).
Faktoren wie eine unvermindert hohe Armutsrate, mangelnder Zugang zu Bildung und Arbeit, ein schwaches Justizsystem und eine hohe Korruption sowie die aktuell äußerst schwierige politische Lage behindern die wirtschaftliche Entwicklung. Das Wirtschaftswachstum von ca. 4% jährlich bleibt weit hinter den Raten der Nachbarländer, wie z.B. Ruanda, zurück. Wirtschaftsembargos im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg hatten einen nachhaltigen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung. Hohe Transportkosten sowohl für Im- als auch für Exporte und sich auf die Wirtschaft unmittelbar auswirkende politische Konflikte sind weitere Hemmfaktoren. Der Staat ist bis heute auf internationale Finanzgeber angewiesen und verzeichnet, bis auf wenige Ausnahmen, wenige Investitionen z.B. von wichtigen Handelspartnern wie Südafrika (LIP 3.2017).
Bodenschätze sind zwar vorhanden (Kobalt, Gold, Uran, Erdöl, Nickel und Kupfer), werden aber kaum abgebaut. Die Industrie konzentriert sich auf die Textil- und Nahrungsmittelverarbeitung (LIP 3.2017).
Durch die konfliktreiche Situation ab 2015 und die Streichung von Hilfsgeldern durch die EU ist die wirtschaftliche Lage 2016 desaströs, die Nahrungsmittelpreise steigen, Medikamente gehen aus. Um die Staatskassen aufzufüllen, erhebt die Regierung höhere Steuern, was sich auch auf die Nahrungsmittelpreise auswirkt - ein weiterer Schritt in die Armut vieler Burunder (LIP 3.2017). Infolge dessen und einer Reihe von Naturkatastrophen waren Ende 2016 etwa 3 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen (AI 22.2.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2015b): Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Burundi/Wirtschaft_node.html, Zugriff 10.3.2017
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Burundi, http://www.ecoi.net/local_link/336449/479108_de.html, Zugriff 10.3.2017
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LIP - Das Länder-Informations-Portal (3.2017): Wirtschaft & Entwicklung,
https://www.liportal.de/burundi/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 11.4.2017
1.2.10. Medizinische Versorgung
Burundi gehört zu den medizinisch äußerst unzureichend versorgten Ländern in der Region Ostafrika (AA 12.4.2017). Die medizinische Versorgung ist nur beschränkt gewährleistet. Krankenhäuser verlangen vor der Behandlung eine finanzielle Garantieleistung (Vorauszahlung). Medizinische Notfalldienste gibt es praktisch nicht. Ernsthafte Erkrankungen und Verletzungen müssen im Ausland (Europa) behandelt werden (EDA 10.3.2017). Die Lage in den Krankenhäusern entspricht aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Versorgung mit Medikamenten sowie des Mangels an entsprechendem Fachpersonal nicht dem europäischen Standard. Die Zahl der HIV-infizierten Personen unter der Lokalbevölkerung ist sehr hoch. Aufgrund der unzureichenden Wasserversorgung bzw. Wasseraufbereitung kann es zu Ausbrüchen von Cholera kommen. In Burundi besteht ein ganzjähriges, hohes Malariarisiko, es gibt keine Schutzimpfung (BMEIA 13.10.2017).
Quellen: